Eine letzte Randbemerkung zu Ihrer Affinität zur Automobil industrie – diese Affinität ist berechtigterweise in diesem Land vorhanden –: Ich glaube Ihnen, dass Sie das, was Sie da sa gen, ganz ernst meinen. Glauben Sie aber auch uns – wir be schäftigen uns damit datenbasiert –, dass wir überzeugt sind, dass es Voodoo-Ökonomik ist, die Sie da betreiben.
Blaue Plakette, Fahrverbote für Euro-5-Diesel – tun Sie bitte nicht so, als wäre das nicht schon sehr konkret angedacht – sind maximaler ökonomischer Blödsinn für einen minimalen ökologischen Ertrag.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! In der Tat haben wir in der Rede des Minis terpräsidenten sehr viel Belehrendes gehört. Vor allem haben wir vieles gehört, was ganz sicher nichts mit dieser Landes regierung zu tun hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn die statistischen Da ten – die für das Land allesamt sehr erfreulich sind – vorge tragen werden, dann besteht eine riesengroße Gefahr. Eine sol che Gefahr haben wir immer, wenn Rahmenbedingungen be sonders gut sind, nämlich, dass man anfängt – diese Landes regierung tut das schon heute –, sich auf den Lorbeeren aus zuruhen. Und hier sind es nicht einmal die eigenen Lorbee ren, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen.
Das geht sogar so weit, dass der Ministerpräsident das Grüne in Baden-Württemberg – wahrscheinlich noch jeden Wald und jeden Fluss – als ein Ergebnis grüner Regierungspolitik dar stellen möchte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das halte ich für reichlich vermessen. Dieses Land Baden-Württemberg ist ein sehr star kes und schönes Land. Dieses Land wurde von den Menschen in den letzten Jahrzehnten zu dem gemacht, was es ist. Wenn ich es einmal so deutlich sagen darf, auch als Sozialdemokrat:
Sie haben von den Eckpfeilern gesprochen, von Zusammen halt, Innovation und Nachhaltigkeit. Wer würde Ihnen auf der Ebene dieser abstrakten Begriffe denn widersprechen wollen? Aber, Herr Ministerpräsident, das Problem hier in diesem Par lament ist doch, dass Sie auf dieser Abstraktionsebene blei ben. In Ihrem Erkenntnisprozess bleiben Sie vor einer Frage stehen: Sie haben uns nicht gesagt, wie das Land gedenkt, auf die Herausforderungen der Zukunft zu reagieren.
Ich greife gern das Beispiel der Automobilindustrie auf. Ich habe vorhin, glaube ich, deutlich gemacht – Sie haben es be stätigt –, dass hier mehrere Entwicklungsstränge ineinander laufen: Globalisierung, Digitalisierung, Veränderungen im Mobilitätsverhalten. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich glaube, dass wir, wenn wir über diese Themen sprechen, eine Gruppe ganz sicher brauchen, eine Gruppe von Menschen, die auch Angst davor haben, was passiert, wenn dieser Transfor mationsprozess nicht gelingt: Das sind die Arbeitnehmerin nen und Arbeitnehmer genau in diesen Branchen. Es sind Hunderttausende in Baden-Württemberg. Wer diese, nämlich die Betriebsräte als Verkörperung der Beschäftigten, nicht zum Autogipfel einlädt, missachtet die Interessen der Beschäftig ten und hat Mitbestimmung nicht verstanden, liebe Kollegin nen und Kollegen.
Zum Thema Fahrverbote möchte ich noch auf eine kleine Feinheit hinweisen, auf die bisher offensichtlich noch niemand gestoßen ist, schon gar nicht die CDU, die diese ja mit be schlossen hat. Wenn Sie sich einmal die Formulierung in dem Vergleich anschauen, den Verkehrsminister Hermann ge schlossen und den das Kabinett im Juni 2016 bestätigt hat, so steht darin eines – schauen Sie es nach –: Die Landesregie rung verpflichtet sich, ab 1. Januar 2018 Maßnahmen zur Re duzierung des Verkehrsaufkommens um 20 % im Bereich Ne ckartor zu ergreifen, wenn die Feinstaubgrenzwerte gerissen werden.
Was heißt das? Hat Verkehrsminister Hermann überhaupt In teresse daran, Feinstaub und Stickoxide durch Nachrüstung zu reduzieren?
Nein, das kann er nicht, denn er muss ja den Verkehr reduzie ren, also braucht er einen Sündenbock, und ein willkomme ner ist für ihn der Diesel.
Herr Kollege, an Ihrer Reaktion merke ich, dass Sie den Ver gleich noch nicht gelesen haben. Ein Vergleich ist so zu erfül len, wie er dasteht, und das müssen Sie uns erklären.
Der Verkehrsminister kann es nicht erklären, und das, was der Ministerpräsident tut, ist nichts anderes, als seinen Verkehrs minister wieder einzufangen; denn Ideologie ist in keinem po litischen Feld ein guter Ratgeber und in der Verkehrspolitik ebenfalls nicht.
Ein weiteres Stichwort, das der Ministerpräsident immer gern in die Manege wirft und vor allem in Sonntagsreden inflatio när gebraucht, ist – neben der Beschreibung, dass es sich hier um disruptive Vorgänge handle – das Thema Digitalisierung. Ja, die Digitalisierung ist schon längst im Gang, Herr Minis terpräsident. Im Übrigen war es ein Irrtum, zu glauben, dass die Digitalisierung in Baden-Württemberg Einkehr hielt, als Sie im Silicon Valley waren. Das ist ein großer Erkenntnis fehler. Wir haben den Prozess der Digitalisierung in vielen Unternehmen und auch in der Gesellschaft bereits seit vielen Jahren in Baden-Württemberg.
Dann, wenn es um die Frage geht, was die Strategie dieser Landesregierung ist, immer nur zu sagen – wie im Februar auf der Pressekonferenz –, die Strategie sei es, eine Strategie zu entwerfen, ist nichts anderes als der Ausdruck großer Ratlo sigkeit. Sie wissen nicht, wie Sie diese Prozesse gestalten sol len, aber die Menschen brauchen Antworten auf die Fragen, die von ihnen gestellt werden.
(Beifall bei der SPD und des Abg. Klaus Dürr AfD – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Bitte nicht mit der SPD-Fraktion kommen!)
Nehmen wir bei der Digitalisierung und bei anderen Wirt schaftsfeldern einen ganz wichtigen Punkt: Sie beklagen auch immer wieder, dass das Thema Gründerkultur in Baden-Würt temberg zu wenig ausgeprägt sei. Da kommen wir nämlich von der Analyse ins Umsetzen. Ihre Wirtschaftsministerin wollte in den Haushaltsberatungen für das Jahr 2017 die Ein richtung eines Risikokapitalfonds in Höhe von knapp 50 Mil lionen €, um einen Impuls und ein Zeichen der Landesregie rung dafür zu setzen, dass wir in Baden-Württemberg Grün dergeist unterstützen wollen, um zukunftsfähige Industrien zu bekommen. Was passiert? In den Haushaltsverhandlungen wird sie heruntergehandelt. Am Schluss stehen dafür 5 Milli onen € im Haushalt, und dann kommt man auf die innovative Idee: Jetzt vergibt die Landesregierung Mikrokredite. Herzli chen Glückwunsch! Das ist keine Strategie, um die Zukunft in Baden-Württemberg zu sichern.
Deshalb glaube ich in Summe – ich habe den Beifall der CDUFraktion auf Ihre Rede sehr genau gehört; das Wort „Beifall“ ist allerdings in Anführungszeichen zu setzen –: Die CDUFraktion ist – Herr Strobl, Sie sollten einmal mit Ihrer Frak tion sprechen – eines ganz sicher nicht: glücklich.
Sie tut sich ungemein schwer. Eines will die CDU-Fraktion garantiert nicht – zumindest noch bis zur Bundestagswahl wird sie versuchen, dies glaubhaft zu tun; sie schafft es heu te schon nicht –: Ihnen die nächsten Jahre als Juniorpartner
hinterherlaufen. Das Einzige, was die CDU ruhig hält, ist mo mentan die Beteiligung an der Regierung.
Aber hören Sie doch auf, den Menschen im Land oder im Bund zu erzählen, dass Grün-Schwarz oder Schwarz-Grün ei ne Option für die Zukunft wäre. Wenn dieses Land in den Tief schlaf geraten will, dann wählt es eine Regierung aus Grünen und Schwarzen.
Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Ich darf aus Ihrer Rede, Herr Ministerpräsident, zitieren: