Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrter, lieber Kollege Rainer Hinderer! Herzlichen Dank für diese Frage. Es ist in der Tat so, dass wir in der letz ten Legislaturperiode den ersten Armuts- und Reichtumsbe richt für Baden-Württemberg überhaupt auf den Weg gebracht haben. Das Ergebnis war ein sehr ausführlicher und sehr lan ger Bericht – 900 Seiten insgesamt –, der eine Fülle von Maß nahmen, insgesamt 200 Maßnahmen, umfasst hat.
Sie haben erwähnt, dass es gelungen ist, in einem sehr außer gewöhnlichen Beteiligungsprozess diesen Armuts- und Reich tumsbericht zu erstellen. Daran waren auch die Fraktionen be teiligt. Genau das wird fortgesetzt. Es gibt den Landesbeirat; dieser ist eingerichtet worden. Sie wissen sicherlich, dass es am 26. Juli dieses Jahres, also noch vor der Sommerpause, ei ne erneute Sitzung des Landesbeirats geben wird, in der ge nau das besprochen werden soll, was Sie gerade genannt ha ben. Es soll darüber diskutiert werden, welche konkreten Maß nahmen im Land Baden-Württemberg angegangen werden können.
In dem Armuts- und Reichtumsbericht ist sehr deutlich ge worden, dass es eine Fülle von Maßnahmen gibt, die die Bun desebene betreffen und die wir vonseiten der Landesebene nicht beeinflussen können, z. B. Transferzahlungen. Daher werden wir uns darauf konzentrieren, dass wir die Maßnah men, die auf Landesebene möglich sind, tatsächlich ins Auge fassen. Dazu soll es eine reduzierte Zahl von Indikatoren zu Maßnahmen geben, die im Landesbeirat besprochen und ent schieden werden und auf den Weg gebracht werden sollen.
Sie haben es gerade erwähnt: Die Situation der Alleinerzie henden ist ganz besonders prekär; fast 50 % leben in Armut oder sind von Armut bedroht. Es muss eine Fülle von Maß nahmen geben, die dazu führen, dass z. B. Erwerbstätigkeiten ausgeführt werden können, die existenzsichernd sind.
Ihre eigentliche Frage, die Sie ein bisschen unterschwellig ge stellt haben, was eigentlich die grün-schwarze Landesregie rung insgesamt dazu meint, beantworte ich folgendermaßen:
Die grün-schwarze Landesregierung betrachtet dieses Thema als ein interministerielles Thema, das von vielen Ministerien bearbeitet wird, einerseits vom Kultusministerium, aber eben auch z. B. vom Wirtschaftsministerium.
Wir haben erreicht, dass in diesem Jahr ein einmaliges För derprogramm für sozialen Wohnungsbau mit einem Volumen von 180 Millionen € aufgelegt worden ist. Das ist in der letz ten Legislaturperiode mit einem SPD-geführten Finanz- und Wirtschaftsministerium nicht gelungen. Das möchte ich ein mal deutlich sagen. Wir können sehr stolz darauf sein, dass das gelungen ist.
Denn eine Schiene bzw. eine Antwort von vielen ist natürlich: Wir brauchen preiswerten Wohnraum. Wir müssen erreichen, dass Menschen, die wenig Geld haben, etwa Alleinerziehen de, die nicht so viel Geld für die Wohnung ausgeben können, in den Städten, in den Ballungsbereichen, mittlerweile aber auch im ländlichen Raum überhaupt eine Chance haben, eine einigermaßen preiswerte Wohnung zu finden. Denn die Woh nungskosten sind ein ganz zentraler Bestandteil der Ausga ben. Wenn die Wohnungen extrem teuer werden, dann geht einfach ein Riesenbatzen des Einkommens allein für die Woh nung drauf. Darum ist die klare Antwort ein großes Investiti onsförderungsprogramm – 180 Millionen € in diesem Jahr – für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus.
Das andere ist, dass wir z. B. stark in das Thema Teilzeitaus bildung investieren, also in das Erwerben einer zusätzlichen Qualifikation bei der gleichzeitigen Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten.
Zusätzlich zum Ausbau der Ganztagsbetreuungseinrichtungen sind das unserer Meinung nach sinnvolle Maßnahmen, die un serer Meinung nach geeignet sind, Armut zu vermeiden.
Dazu haben wir noch bei der Anzahl von Indikatoren, die wir uns vorstellen und die für die landespolitischen Maßnahmen sinnvoll sind – das ist mir wichtig –, die Verbindung von Qua lifikationsniveau der Berufsausbildung und Armutsbekämpfung. Dieser kausale Zusammenhang ist noch deutlich stärker herauszuarbeiten und zu benennen, um eine entsprechend gu te Voraussetzung dafür zu haben, dass wir passgenaue, ziel genaue Maßnahmen ergreifen können, um Armut zu vermei den.
Darum muss es gehen. Es geht nicht in erster Linie darum, Ar mut, wenn sie da ist, zu bekämpfen. Vielmehr geht es vor al lem darum – das ist unser Ziel –, im Präventivbereich tätig zu sein und Armut zu vermeiden.
Vielen Dank. – Für die nächs te Frage – da bitte ich wirklich darum, die fünf Minuten ein zuhalten, was Sie bisher auch gemacht haben; vielen Dank – darf ich das Wort Herrn Abg. Haußmann erteilen.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin, für die Informationen. In der letzten Legis laturperiode gab es den Beirat auch schon. Die Einladung für die Sitzung im Juli ist bereits erfolgt.
Insofern stellt sich auch ein Stück weit die Frage nach der Strategie der Landesregierung. Wir wissen, der Bericht hat
900 Seiten. Das ist ähnlich wie beim Bericht der Enquetekom mission „Pflege“: Man wird nicht alle Empfehlungen umset zen können. Es gibt aber sicherlich aus dem Sozialministeri um heraus Überlegungen, gewisse Prioritäten zu setzen. Da stellt sich die Frage, inwieweit die Überlegungen – ähnlich wie bei der Enquetekommission „Pflege“; da möchte man Gel der budgetieren – mit Blick auf den nächsten Haushalt schon konkretisiert sind.
Dann habe ich noch eine weitere Frage. In der Phase, als es um die Gestaltung ging, haben wir die Situation, die Entwick lung der Flüchtlinge noch nicht mit betrachtet. Denn das wur de damals noch nicht so thematisiert. Da stellt sich die Frage: Setzen Sie im Beirat die Initiative, dass man diese Betrach tung zusätzlich mit aufnimmt?
Mir geht es darum: Seit der Erstellung des Armuts- und Reichtumsberichts hat sich die Situation insofern verändert, als auch sehr viele Flüchtlin ge länger da sind. Da stellt sich die Frage, ob man dieses The ma im Beirat aufgreifen wird.
Herzlichen Dank für diese ergänzenden Fragen. – Wir sind jetzt kurz vor der Sommer pause. Der Landesbeirat wird extra vor der Sommerpause ein gerichtet bzw. wird dann tagen. Es ist das Ziel der Landesbei ratssitzung, zu überlegen, ob konkrete Maßnahmen auch fi nanziell hinterlegt werden müssen, die wir dann wiederum in die Haushaltsberatungen, die nach der Sommerpause begin nen, einspeisen können.
Es ist in der Tat so, dass wir die Flüchtlingssituation deutlich berücksichtigen in den Maßnahmen, die in diesem Jahr ange laufen sind, die besonders auch im ESF-Fonds hinterlegt sind. Die Förderungen über den ESF-Fonds sind weiterhin im So zialministerium verortet. Das heißt, wir haben jetzt stark in die assistierte Ausbildung, in die Helferausbildung, wo auch ganz besonders die Flüchtlinge angesprochen werden sollen, investiert.
Hier sind verschiedene Programme an acht Modellschulen aufgelegt worden. Diese werden sehr gut angenommen. Wir bieten in diesem Zusammenhang auch eine Maßnahme an, die Assistenzberufe in der Pflege betrifft. Diese wird auch von Flüchtlingen sehr gut angenommen. An acht Schulen werden assistierte Ausbildungen angeboten. Momentan gibt es insge samt 300 Beteiligte. Wir planen, dies auf jeden Fall auszubau en, weil wir auf diese Weise Helferberufe, vor allem in der Al tenhilfe, deutlich besser besetzen können.
Frau Staatssekretärin, herzlichen Dank. – Im Rahmen des Armuts- und Reichtums berichts wurden für 220 000 € auch zwei Gutachten zur Situ ation bei der Wohnungs- und Obdachlosigkeit in Auftrag ge geben. Wie gestalten sich hier bisher die Schlussfolgerungen, die Überlegungen aus diesen Gutachten in der Abfolge der Handlungsempfehlungen aus dem Bericht?
Auch hier ist das große The ma natürlich – das habe ich bereits am Anfang angesprochen – die Schaffung von preiswertem Wohnraum. Wir haben in der Tat immer wieder die Situation, dass Menschen in Woh nungslosigkeit fallen. Hier brauchen wir noch eine deutlich konkretere Datengrundlage. Wir brauchen eine Überarbeitung der Wohnungslosenstatistik; diese ist beim Institut Familien Forschung, das im Sozialministerium angesiedelt ist, bereits in Arbeit.
Das Ganze steht und fällt natürlich letztendlich nicht nur mit einer Statistik, sondern steht und fällt mit sinnvollen Maßnah men. Das heißt, wir brauchen eine schnelle Investition und schnelle Abhilfe, um mehr preiswerten Wohnraum zu schaf fen. Deswegen gibt es dieses sehr gut und hoch angesiedelte Förderprogramm. Die Rahmenbedingungen für Investoren sind ausgesprochen günstig. Es gibt dort sehr flexible Gestal tungsmöglichkeiten, damit Investoren entsprechend angeregt werden, um möglichst schnell – möglichst noch in diesem Jahr – in preiswerten Wohnraum zu investieren.
Frau Staatssekretärin, nach unse rem Kenntnisstand hat der Beirat im April letzten Jahres ge tagt, seitdem nicht mehr. Können Sie erklären, warum bisher keine weitere Sitzung stattgefunden hat?
Es gab noch die Frage des Kollegen Hinderer nach dem Un terhaltsvorschuss. Beim Bund und in anderen Ländern ist die ser zum 1. Januar in Kraft getreten, bei uns erst zum 1. Juli. Diese Frage hatten Sie leider noch nicht beantwortet.
Der Beirat hat im April letz ten Jahres getagt. Im März waren die Landtagswahlen. Wir mussten uns dort neu aufstellen. Wir mussten uns in der neu en, grün-schwarzen Landesregierung erst einmal verständi gen, in welche Richtung wir gehen werden. Wir haben uns da zu im Koalitionsvertrag klar positioniert.
Daher ist es für uns völlig in Ordnung, dass wir den Landes beirat erst jetzt einberufen. Ich würde sagen, dass er sich in der letzten Legislaturperiode nicht gerade dadurch ausgezeich net hat, dass wir mit dem Armuts- und Reichtumsbericht schnell vorangekommen wären. Auch da lag der Bericht vor, und es hat einige Zeit gedauert, bis dieser ausgewertet war. Da stellte sich heraus, dass es sich eben um eine schwierige und sehr komplexe Aufgabe handelt. Dass dies in der Tat so ist, erkennen wir, wenn wir uns überlegen, welche Möglich keiten wir auf Landesebene haben und was wir auf Landes ebene letztendlich auch bewegen können. Da werden wir uns auf diese Möglichkeiten konzentrieren.
Da müssen natürlich auch, weil es in der Tat unterschiedliche Ministerien betrifft – z. B. ist das Thema Arbeit im Wirt schaftsministerium verortet, während die Themen Bildung und frühkindliche Bildung anders verortet sind –, die Unterstüt zungsangebote, die es insgesamt gibt, koordiniert werden. Da brauchen wir eine gute Linie, um das alles zusammenzufas sen. Das haben wir jetzt geschafft. Wir haben jetzt sozusagen die Vorarbeiten geleistet und können Entsprechendes im Lan desbeirat vorstellen. Wir hoffen sehr – Sie, die Fraktionen, sind ja auch beteiligt –, dass wir dann mit den Verbänden und
den Fraktionen einen guten Beteiligungsprozess fortsetzen können, wie wir ihn auch in der letzten Legislaturperiode hat ten.
(Abg. Gerhard Kleinböck SPD: Ein Teil der Frage ist noch nicht beantwortet! – Abg. Sabine Wölfle SPD: Unterhaltsvorschussgesetz!)
Die Zeit für die Regierungsbefragung ist um. Es tut mir leid. Frau Staatssekretärin, Sie können maximal noch einen kurzen Satz dazu sagen.
Ministeriums für Verkehr – Was wird aus dem Landes gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz? – Drucksache 16/936
Ministeriums für Verkehr – Zukunft des Landesge meindeverkehrsfinanzierungsgesetzes nach 2019 si chern – Drucksache 16/1827