Aber wir wollen nach vorn schauen und zukunftsgerichtet denken. Was kann man also aus diesem Kompetenz- und Zu ständigkeitswirrwarr lernen? Wir brauchen ein eigenes Digi talisierungs- und Innovationsministerium, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Nur so kann gewährleistet werden, dass Digitalisierung in der Umsetzung den Stellenwert und den Nachdruck bekommt, die unser Land auch verdient. Wenn wir Baden-Württemberg zum Digitalisierungsland Nummer 1 machen wollen, dann müssen wir das Fundament dafür in den Schulen schaffen. Im Wan del des digitalen Zeitalters müssen wir Kinder und Jugendli che befähigen, die Technik kreativ und verantwortungsvoll nutzen zu können. „Ohne den Treibstoff Geld kann diese Di gitalisierungsrakete nicht zünden“, sagte beispielsweise der Städtetagsdezernent Norbert Brugger. Recht hat er. Im Übri gen insgesamt ein sehr kluger Mann.
Die Digitalisierungsstrategie setzt im Bereich der Erwachse nenbildung vor allem auf existierende Modelle, statt visionär zu denken und neue Modelle zu schaffen. Gerade im digita len Zeitalter brauchen wir die Chance eines zweiten Bildungs wegs für jeden Menschen. Investieren wir deshalb mehr in Bildung, damit weder der Bildungsweg eines Kindes noch der eines Rentners zur Sackgasse werden.
Beispiele gefällig? „Der Mensch steht im Mittelpunkt.“ Oder: „Daten sind der Rohstoff der Zukunft.“ Oder: „Die Digitali sierung verändert die Welt.“
Ja, Herr Strobl, die Digitalisierung verändert die Welt. Die entscheidende Frage ist aber: Wann verändern Sie Ihre Poli tik?
Die Digitalisierungsstrategie lässt ebenso konkrete Zeitpläne vermissen. Man könnte die Digitalisierungsstrategie auch „Di gitalisierungsankündigungen“ oder „Digitalisierungsschau fensterobjekte“ oder auch „Digitalisierungspräsentation“ nen nen und hätte auch damit den Inhalt Ihrer Regierungserklä rung gut zusammengefasst.
Herr Minister, dass wir erst heute die Aussprache zur Regie rungserklärung abhalten, ist weder Schikane noch Korinthen zählerei. Es ist schlicht und ergreifend ein Zeichen von Miss achtung, wenn Sie im Rahmen einer Regierungspressekonfe renz ein Thema präsentieren, welches Sie dann erst zwei Ta ge später dem Landtag vorstellen wollen. Um es mit den Wor ten von Norbert Lammert zu sagen, Herr Minister Strobl: Hier im Landtag schlägt das Herz der baden-württembergischen Demokratie, und „hier im Landtag“ heißt auch hier im Land tag und nicht in der Regierungspressekonferenz.
die der Würde dieses Hohen Hauses gerecht werden. Da Sie die Frist verpasst haben, uns Ihre Rede zukommen zu lassen, hätte ich eigentlich auch erwartet, dass Sie gegenüber der Op position Ihr Bedauern über Ihr fehlerhaftes Verhalten ausdrü cken würden. Dass Sie jedoch stattdessen auch noch Anschul digungen an die Adresse von SPD und FDP/DVP richten, ist jedenfalls für mich ein deutliches Zeichen von Überheblich keit im Regierungsamt.
Ich will an dieser Stelle ein fundamentales Grundproblem be nennen, das diese Digitalisierungsstrategie einmal mehr auf zeigt. Wir haben in Baden-Württemberg einen Minister für In neres, der zugleich Minister für Digitalisierung sein will. Bei de Politikbereiche sind aber von so immenser Bedeutung, dass es eher eines Ministers für Inneres und zusätzlich eines Mi nisters für Digitalisierung bedürfte. Herr Strobl, Sie hätten al lein schon mit der Bewältigung der schwierigen Sicherheits
Wegen Ihres Ehrgeizes, mit dem Ministerpräsidenten auf Au genhöhe zu sein, wollten Sie neben dem Thema „Innere Si cherheit“ so im Vorbeigehen auch noch die digitale Zukunft Baden-Württembergs gestalten. Wenn ich mir aber den fau len Kompromiss bei der Polizeireform und die sechsmonati ge Bearbeitungszeit bei Förderanträgen für den Breitbandaus bau anschaue, dann befürchte ich, dass Sie auf beiden Feldern scheitern werden. Die Menschen in unserem Land haben es aber verdient, dass Sie Ihren Geltungsdrang hintanstellen, da mit sowohl die innere Sicherheit als auch die Digitalisierung so ministrabel gestaltet werden, wie es diese wichtigen Poli tikbereiche verdient haben.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Ab geordneten! Herzlichen Dank den Fraktionen für diese Aus sprache und für die Ideen und Anregungen, die ich heute mit nehmen durfte. Ganz interessant war, dass es auch viel Wider sprüchliches gab. Herr Abg. Dr. Kern hat soeben beklagt, es sei so wenig Konkretes in der Digitalisierungsstrategie, und der vorhergehende Redner, Herr Abg. Stoch, sagte, ihm sei al les zu wolkig gewesen.
(Abg. Andreas Stoch SPD: Zu wolkig und zu wenig konkret, das passt doch! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rül ke FDP/DVP: Wolkig und unkonkret ist das Gleiche! Der Widerspruch erschließt sich mir nicht! – Gegen ruf des Abg. Andreas Stoch SPD: Das würde ich auch sagen! – Lachen bei Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP)
Dann hat Herr Stoch noch ausgeführt, es sei eine Aneinander reihung von Einzeltaten – zumindest das passt nicht so ganz zusammen.
Aber all die Dinge, die Sie gesagt haben, nehme ich gern mit. Es ist wichtig, dass wir in diesem Haus über dieses Thema sprechen.
Die Veränderungen sind gewaltig, und die Zukunft unseres Landes und unserer Heimat hängt maßgeblich davon ab, wie wir diese Jahrhundertaufgabe gestalten.
Ich will es einmal sehr zugespitzt sagen: Es geht auch darum, hier ein bisschen wachzurütteln. Denn wir sind in einer ge fährlichen Situation: Eine brummende Wirtschaft, Vollbe schäftigung, sprudelnde Steuereinnahmen sind nicht nur Ver heißung, nein, diese Faktoren laden auch dazu ein, sich zu rückzulehnen und in Selbstzufriedenheit zu erstarren. Selbst zufriedenheit lähmt uns aber und macht uns bequem. Was wir
brauchen, ist eine Aufbruchsstimmung. Ich will nun keine Kri se herbeireden – die kommt von allein noch früh genug –,
ich will allerdings dafür werben, die Digitalisierung als Her ausforderung zu begreifen. Sie ist eine Herausforderung, der wir uns mit voller Aufmerksamkeit und mit unserer ganzen Kraft widmen müssen. Die Landesregierung hat das erkannt und hat mit ihrer Digitalisierungsstrategie einen Plan vorge legt. – Herr Abg. Dr. Kern, eine Strategie ist notwendigerwei se nicht etwas, in dessen Rahmen das, was bereits geschehen ist, was bereits gemacht worden ist, beschrieben wird. Eine Strategie dient vielmehr dazu, den Blick in die Zukunft zu richten.
Ich bin froh, dass es gelungen ist, ressortübergreifend eine Di gitalisierungsstrategie zu entwickeln. Digitalisierung kann man nicht in einem Einzelressort bearbeiten, sondern die Di gitalisierung durchdringt alle Lebensbereiche. Deswegen bin ich den Kolleginnen und Kollegen in der Landesregierung dankbar, dass es gelungen ist, eine solche Strategie zu erar beiten. Den Koalitionsfraktionen bin ich dankbar, dass wir dies mit Geld unterlegen. Herr Abg. Dr. Reinhart hat zu Recht darauf hingewiesen: Wir haben vor über anderthalb Jahren ge sagt, dass wir 320 Millionen € für die Digitalisierungsaktivi täten des Landes Baden-Württemberg ausgeben wollen, und am Ende des Jahres wird es nun eine Milliarde sein, die wir dafür zur Verfügung stellen.
Ich danke den Koalitionsfraktionen für die Unterstützung. Wir haben eine Strategie, und wir haben Geld für diesen Bereich, und zwar in einem Umfang, wie es ihn in der Vergangenheit noch nie gegeben hat.
Es ist wichtig, dass wir bei diesem Thema das Ressortdenken überwinden und zu einer Teamarbeit und einer gemeinsamen Strategie kommen. Das ist entscheidend für die Zukunft. Was wir nicht brauchen, sind kleinkarierte politische Scharmützel, und ich will Sie alle einladen, dass wir uns gerade bei diesem Thema nicht in Kleinigkeiten verhaken, sondern diese Her ausforderung gemeinsam annehmen.
Wir sind mit unserer Digitalisierungsstrategie Vorreiter in der Bundesrepublik Deutschland. Sie werden sehen, dass auch am Ende der Regierungsneubildung in Berlin die Digitalisierungs aktivitäten jedenfalls bei einem Minister gebündelt sein wer den. Und Sie werden sehen, dass auch die nächste Bundesre gierung eine ressortübergreifende Digitalisierungsstrategie er arbeiten wird. Da ist es doch schön, dass wir in Baden-Würt temberg schon einen wichtigen Schritt weiter sind. Ich danke allen, die dazu beigetragen haben.
Herr Minister, vielen Dank für das Zulassen der Zwischenfrage. – Sie haben jetzt wohl fünfmal gesagt: Man braucht eine gemeinsame Strate gie in den verschiedenen Ressorts. Das heißt für mich: Man hat noch keine, aber sie kommt dann irgendwann.
Meine Frage ist: Eine Strategie ist ein Zielerreichungspfad. Das heißt, man braucht ein Ziel. Was ist dann das gemeinsame Ziel, das diese Landesregierung bei der Digitalisierung hat? Denn wenn sie kein Ziel hat, ist die Strategie ein Muddling through, ein Durchwursteln, und das kann hoffentlich nicht ihr Ziel sein.
Nein, Herr Abg. Dr. Schweickert, das ist kein Durchwursteln, sondern wir haben für alle Ressorts – Bildung, Wissenschaft, den Innenbereich, die Landwirtschaft, den Jus tizbereich – jeweils eine Strategie entwickelt: Wo stehen wir, und wo wollen wir hin?
Wenn Sie möchten, schicke ich es Ihnen gern noch einmal zu. Dann können Sie gern einen Blick in die Digitalisierungsstra tegie der Landesregierung werfen.
Eine Strategie unterscheidet sich im Übrigen von der Taktik dadurch, dass sie langfristige Ziele verfolgt. Unser langfristi ges Ziel, Herr Abg. Schweickert, ist, dass wir Baden-Würt temberg nach vorn bringen wollen. Wir wollen Baden-Würt temberg zur digitalen Leitregion