Protokoll der Sitzung vom 11.10.2017

eher mit einer Diktatur denn mit einer Demokratie in Verbin dung bringt – auch das haben Sie gemacht; Sie werden jetzt wieder entrüstet schauen –,

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Nein! Herr Maas! Ge nau! Zensurgesetz! Das hat mit Demokratie nichts zu tun! Er macht nicht verfassungskonforme Politik!)

der hat im Prinzip seine Berechtigung zu Kritik verwirkt. Wer Sozialdemokratie in Verbindung zur Diktatur stellt und nicht zur Demokratie, der hat dies meines Erachtens allemal ver wirkt.

(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie Abgeord neten der CDU)

Zu den von allen hier im Haus verurteilten Vorkommnissen in Schorndorf – darüber haben wir hier in diesem Haus dis kutiert – haben Sie, Herr Meuthen, folgende Sprüche gemacht: Es ist

ein gewalttätiger Mob in unser Land eingedrungen, der dieses Land ungehemmt als Beute betrachtet, unsere Töchter als verfügbare Schlampen, unsere Söhne als Ag gressionsmülleimer und unsere Sozialleistungen als Star ter-Set für eine Gangsterkarriere...

Wer in diesem Zusammenhang solche Sprüche verwendet, der sollte vorsichtig sein, einem anderen hier in diesem Haus – in diesem Fall dem Ministerpräsidenten – gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu unterstellen.

(Anhaltender Beifall bei der SPD, den Grünen und der CDU sowie Abgeordneten der FDP/DVP – Zuru fe: Sehr gut! – Jawohl! – Bravo!)

Meine Damen und Herren, wer – auch in diesem Haus, an ei nem historischen Datum, dem 9. November – den anderen hier im Haus unterstellt, sie wären Volksverräter – das ist auch aus den Reihen Ihrer Fraktion passiert –, der stellt sich außerhalb des von mir angesprochenen Grundkonsenses eines demokra tischen Miteinanders.

(Beifall bei der SPD, den Grünen und der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU – Zurufe von der AfD – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, auch bevor Sie in den Landtag von Baden-Württemberg eingezogen sind, gab es hier heftige Dis kussionen,

(Lachen des Abg. Anton Baron AfD)

emotionale Debatten, überhaupt keine Frage. Ja, und es gab auch den einen oder anderen verbalen Ausrutscher. Aber es gab trotz allem immer diesen gemeinsamen Grundkonsens des Miteinanders, des Parlamentarismus, und eine der Würde des Hauses entsprechende Diskussionskultur.

(Abg. Anton Baron AfD: Nicht mehr so bequem hier, nicht?)

Das haben Sie durch Ihren Einzug im Prinzip aufgekündigt, jedenfalls versuchen Sie es von Plenartag zu Plenartag.

(Vereinzelt Beifall – Zuruf der Abg. Carola Wolle AfD)

Meine Damen und Herren, ich finde,

(Glocke der Präsidentin)

wer anderen Vorwürfe machen möchte,...

(Der Redner dreht sich zur Präsidentin um.)

Nein, machen Sie bitte weiter.

... der sollte zuerst einmal schau en, dass er dann vielleicht tatsächlich als Vorbild taugt, damit er solche Vorwürfe wenigstens in der Gewissheit machen kann,

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Ich bezeichne nieman den als Arschloch!)

dass er sich selbst anders verhält. Wenn es wie in Ihrer Partei zu Vorkommnissen kommt wie Hausverboten, Klagen gegen die Fraktion, ein Redeverbot, das in der Fraktion erteilt wur de,

(Vereinzelt Lachen bei der AfD)

wenn es dort Vorkommnisse gibt, die bis hin zu Handgreif lichkeiten reichen, dann sollte man doch einfach ganz vorsich tig dabei sein, andere an demokratische Prinzipien zu erinnern und deren Einhaltung anzumahnen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie Abgeord neten der CDU und der FDP/DVP)

Die Aussage von Frau Petry möchte ich an dieser Stelle gar nicht wiederholen; das wäre zu viel der Ehre.

Ihr Verhalten, was Transparenz und Ehrlichkeit gegenüber den Bürgern anbelangt – auch das wurde schon angedeutet; ich will dazu nicht viel mehr sagen –, was den Umgang mit Par teienfinanzierung, was Spenden und anderes angeht, werden jetzt andere klären – der Rechnungshof und wahrscheinlich auch Gerichte. Davon wird die Öffentlichkeit dann entspre chend Kenntnis nehmen können.

Deshalb will ich Ihnen sagen: Wer ständig versucht, in unse re Gesellschaft einen Keil zu treiben, wer ständig versucht, Gräben zu verbreitern – das wurde in beeindruckender Weise auch von Kollegin Razavi angesprochen; da gibt es Hand lungsbedarf, und den Auftrag des Wählers haben wir, glaube ich, allesamt ganz gut verstanden –, der verletzt genau die Spielregeln, die er einfordert. Aber wir haben das Ansinnen, Gräben zu schließen, Brücken zu bauen, während Sie an der Spaltung unserer Gesellschaft interessiert sind.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grü nen, der CDU und der FDP/DVP)

Deshalb ist unsere Demokratie nicht, wie Sie es im Titel der von Ihnen beantragten Debatte zum Ausdruck zu bringen ver suchen, gefährdet, weil im einen oder anderen Fall unter Um ständen doch einmal eine Spielregel verletzt wird. Meist ge schieht dies, wie ich ausführte, von Ihnen und nicht von an deren. Das gefährdet unsere Demokratie nicht.

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Ausschussbesetzung?)

Unsere Demokratie ist dann gefährdet, wenn der Grundkon sens in der Gesellschaft aufgekündigt wird. Sie sind auf dem besten Weg hierzu, und damit werden wir uns in den kommen den Monaten und Jahren sehr intensiv auseinandersetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie Abgeord neten der CDU und der FDP/DVP)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Rülke das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der von der AfD gewählte Titel einer Aktuellen Debatte hat uns zunächst etwas vor Rät sel gestellt. Ich darf zitieren: „Gefahr für die Demokratie durch zunehmende Missachtung der demokratischen Spielre geln durch gewählte Volksvertreter“.

Wir kamen zunächst zu dem Ergebnis: Es kann sich eigent lich nur um ein Selbstgespräch der AfD handeln.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP, den Grü nen, der CDU und der SPD)

Wie wir dann aber festgestellt haben, war das der neueste Schwank in der Reihe: Die AfD inszeniert sich selbst als Op fer. Das ist ja im Grunde das einzige Politikangebot, das Sie in den letzten Wochen und Monaten haben –

(Abg. Anton Baron AfD: Wie sieht es bei der Aus schussbesetzung aus?)

auch um von dem aktuellen Aggregatzustand Ihrer Partei ab zulenken. Man stellt sich ja schon die Frage: Welche AfDLandtagsfraktion löst sich heute wieder auf? Welcher Bundes tagsabgeordnete überantwortet sich der Fraktionslosigkeit? Welcher führende Funktionär tritt zurück, weil er festgestellt hat, dass das Weltbild der AfD von der Erde als einer Schei be sich bedrohlich nahe dem Rand nähert, wo man dann rechts runterfällt?

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP, den Grü nen und der CDU sowie Abgeordneten der SPD)

Das ist die Entwicklung Ihrer Partei. Da bleibt letztlich nur noch die Inszenierung als Opfer. Das Ganze ist ja nun wirk lich in höchstem Maße reduziert. Herr Meuthen, Sie haben über ein einziges Zitat des Herrn Ministerpräsidenten eine ge samte Aktuelle Debatte bestritten.

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Oh, da war ja noch ein bisschen mehr!)

Das ist schon bemerkenswert; das muss ich sagen. Sie haben dann aus dem Wort des Ministerpräsidenten sozusagen eine Äußerung der „Kartellparteien“ gemacht. Der Ministerpräsi dent habe also für die „Kartellparteien“ gesprochen. Herr Meuthen, Sie haben es wirklich geschafft, heute im Landtag von Baden-Württemberg für eine Premiere zu sorgen: Rülke verteidigt Kretschmann –

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP, den Grü nen, der CDU und der SPD – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Quod erat demonstrandum!)

und zwar nicht, was die Äußerung anbelangt; für die Äuße rung trägt er selbst die Verantwortung. Sie haben ja wahr scheinlich die Presse gelesen. Der Ministerpräsident hat zu dieser Äußerung auch Stellung genommen, hat sie eingeord net. Es ist nicht meine Aufgabe, seine Äußerung zu verteidi gen, aber eines muss ich an dieser Stelle schon sagen: Wenn ausgerechnet Sie, Herr Meuthen – ausgerechnet Sie! –, sich aufschwingen zum Opfer und zu demjenigen, der das Recht hat, jemanden in einer gesamten Aktuellen Debatte wegen ei ner einzigen Äußerung zur Rede zu stellen, dann ist das schon sehr bemerkenswert.

Kollege Halder hat ja angesprochen, was Sie über unser Land schon einmal gesagt haben: „links-grün versifft“.