Protokoll der Sitzung vom 12.10.2017

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Wir wollen natürlich hier sehen: Es gibt Zeit für Verbesserun gen; Erfolge sind möglich. Beispielsweise hat die LUBW fest gestellt, dass von 2006 bis 2014 am Arnulf-Klett-Platz in Stuttgart die Stickoxidbelastungen um ein Viertel zurückge gangen sind. Das heißt, man kann viel tun, und zwar mit In novationen. Ich habe immer gesagt: Innovationskultur statt Verbotskultur.

(Beifall bei der CDU)

Dazu gehören vor allem beispielsweise neue Motorentechnik, fortlaufende Flottenerneuerung. Auch die Ergebnisse des Die selgipfels in Berlin ermöglichen absehbar weitere messbare Fortschritte, die nötig sind.

Abschließend noch ein paar Sätze zum Maßnahmenkatalog. Auch dazu will ich klar sagen: Es geht uns – nicht, wie ges tern gemeldet wurde, dass es schon eine Einigung über ein 400-Millionen-€-Paket gegeben hätte – natürlich darum, dass jetzt schlicht einmal beraten wird. Natürlich wird versucht, das, was der Bund im Gipfel beschlossen hat, umzusetzen, aber wir werden genau prüfen: Wirksamkeit, Kosten, Nutzen. Wir müssen in diesem Zusammenhang übrigens an alle 15 be troffenen Städte denken, nicht nur an die Landeshauptstadt. Wir müssen prüfen, wo der erforderliche Wirkungsgrad gege ben ist. Denn wenn wir Geld investieren, muss deutlich sein, dass die erwünschte Wirkung eintritt. Fahrverbote sind nicht unser Weg. Das ist unsere Botschaft. Wir wollen den Schad stoffausstoß senken, ohne Mobilität auszubremsen. Deshalb lautet unser Credo: Innovationskultur und keine Verbotskul tur. Dafür arbeiten wir.

(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Andreas Schwarz und Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Insoweit werden wir uns auf Bundesebene einbringen kön nen, auch die FDP. Wenn es zur blauen Plakette kommt, wird sich ohnehin manches Problem von selbst erledigen.

Herzlich Dank.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grünen)

Für die AfD-Fraktion er teile ich dem Kollegen Gögel das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese Aktuelle Debatte zeigt dem Wähler, was er in der Bundesrepublik Deutschland in den nächsten vier Jahren zu erwarten hat. Dieser eine faule Kompromiss, der hier im Vorfeld schon angesprochen wurde, wird sich sicherlich fort setzen. Ich freue mich schon heute auf die Koalitionsverhand lungen.

(Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)

Herr Rülke hat im Prinzip schon einmal nach Berlin gesen det, für was er sich hier in Stuttgart einsetzen möchte, und hat Herrn Lindner schon einen klaren Kurs mitgegeben.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Interessant!)

Das ist sehr interessant und freut uns natürlich.

Herr Minister Strobl, der ja in der Kommission in Berlin sitzt, ist im Prinzip schon etwas eingeknickt – gegenüber e i n e m Koalitionspartner –, und wir dürfen gespannt sein, wie sich das in den nächsten Wochen und Monaten fortsetzt.

Ob in der Zeit, bis im Wege der Sprungrevision ein Urteil vor liegen wird, bereits eine Koalition in Berlin steht, wage ich zu bezweifeln. Ich denke, wir stehen dann wahrscheinlich eher vor Neuwahlen. Aber wir dürfen gespannt sein, was sich da raus ergibt.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Mir war im Vorfeld nicht ganz klar, warum die FDP/DVP die ses neuralgische Thema heute noch einmal in den Landtag bringt.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Weil es aktuell ist!)

Aber inzwischen sind wir schlauer, und es ist aktuell. Es freut mich auch, dass man hier nicht einknickt, sondern Ruhe be wahrt und sagt: Auch wir warten mal sechs Monate ab, bis es in Berlin Ergebnisse gibt. Das freut uns. Sehr gern.

Zumindest vor der Bundestagswahl waren bis auf die Grünen alle Fraktionen gegen Fahrverbote. Heute haben sich mit Herrn Schwarz sogar die Grünen angeschlossen. Daher kön nen wir schon einmal einheitlich davon ausgehen: Wir möch ten keine Fahrverbote hier in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der AfD)

Die Sprungrevision ist also kein Kompromiss, sondern eigent lich eine politische Farce und eine Kapitulation der CDU vor einem zukünftigen Koalitionspartner auf Bundesebene. Mit der Pro-forma-Art von Revision wird nur eines bezweckt: Die Einführung von Fahrverboten für Diesel-Pkws wird auf die

Zeit nach den Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition vertagt.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Aber damit wir noch einmal zur Faktenlage zurückkommen, darauf, was wir hier im Land eigentlich diskutieren, möchte ich doch noch einige Argumentationshilfen mit auf den Weg geben.

Zur Absurdität dieses Themas gehört der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickoxid je Kubikmeter Außenluft – die Be tonung liegt auf Außenluft. Am Neckartor wird der natürlich in einer gewissen Regelmäßigkeit überschritten. Stickoxide gelten als Indikator für Verbrennungsabgase in der Atemluft. Eine konkrete Gesundheitsgefahr durch Stickoxide im Mik rogrammbereich ist jedoch weder wissenschaftlich belegt noch aus unserer Sicht wahrscheinlich.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, die wissenschaftliche Begründung des Grenzwerts wird von Ihnen nicht einmal im Ansatz ein gefordert. Man zieht sich auf rein legalistische Argumente zu rück. Diese Kritiklosigkeit legt nahe, dass die heute gültigen Grenzwerte für die Außenluft mehreren Akteuren als Hebel für die Verfolgung interessengeleiteter Ziele dienen.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Zunächst einmal dienen sie sicher als Hebel der EU in ihrer Strukturpolitik. Unter dem Vorwand des Gesundheitsschutzes werden zentralistische Brüsseler Ambitionen, Strukturpolitik zu betreiben, an nationalen Parlamenten vorbei durchgesetzt.

(Beifall bei der AfD)

Man macht damit den erfolgreichen deutschen Automobilbau unrentabel und präsentiert eine unausgegorene Vision allge meiner Elektromobilität.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, diese Vision vermag sich im Wett bewerb der Technologien aus eigener Kraft nicht am Markt durchzusetzen und wird für Bezieher niedriger Einkommen in der Zukunft unbezahlbar sein. Sie hat – so rechnet die Lan desregierung selbst – Baden-Württemberg seither nicht mehr als 20 000 bis 25 000 Arbeitsplätze in Herstellung und For schung zu bieten. Sie ist ein weiterer willkommener Hebel für ideologische Projekte der Landesregierung.

Dass es sich um linksautoritäre, planwirtschaftliche Ideologi en handelt, zeigen uns Ihre arroganten Antworten im Verkehrs ausschuss. Ein Antrag, den Landtag über die dritte Fortschrei bung des Luftreinhalteplans für die Region Stuttgart abstim men zu lassen, wurde kühl abgewiesen. Für den Luftreinhal teplan sei das Regierungspräsidium zuständig. Meine Damen und Herren, über eine Frage von essenzieller strukturpoliti scher Bedeutung soll dieser Landtag nach dem Willen der bei den regierenden Parteien nicht abstimmen dürfen. Auf die Fra ge, warum in Produktionsbetrieben 23-mal höhere Grenzwer te für Stickoxide gelten als in der Außenluft, wird dummdreist geantwortet: In einer Produktion arbeiten eben gesunde Men schen.

(Lachen bei der AfD – Abg. Klaus Dürr AfD: Fas sungslos!)

Ein anderer Ausdruck als dummdreist fällt mir dazu leider nicht ein.

(Beifall bei der AfD)

Übrigens: Wer hat denn den Bürger gefragt, ob er mit Verzicht auf Eigentum, mit Verzicht auf Verfügbarkeit, mit Verzicht auf Privatsphäre einverstanden ist und ob er für autonomes, von Computern verwaltetes Fahren bereit ist?

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Dr. Murschel?

Bitte schön, Herr Kolle ge.

Herr Gögel, vielen Dank für die Möglichkeit, eine Frage zu stellen, aber es hat mich jetzt einfach gepfupfert, weil immer wieder die Argumentati on kommt, am Arbeitsplatz seien die Konzentrationswerte für Stickoxide

(Zuruf von der AfD: Grenzwerte!)

wesentlich höher. Ich glaube, der Faktor beträgt übrigens das Neunfache.

Ist Ihnen denn bewusst, dass man am Arbeitsplatz in der Re gel acht Stunden am Tag ist, dass wirklich nur die gesunden Menschen diesem Wert ausgesetzt sind und dass es hier auch Urlaubs- und Krankheitstage gibt? Und ist Ihnen bewusst, dass die anderen Werte für alle – auch für Schwangere, für Kinder, für kranke Menschen – gelten und dass die Grenzwer te in der Außenluft überall in der ganzen Welt wesentlich tie fer gesetzt werden, um die verletzlichen Menschen zu schüt zen?

(Zuruf von der AfD: Ist das Ihr Ernst? – Weitere Zu rufe)

Ist Ihnen das eigentlich klar, oder wollen Sie immer wieder die Welt auf den Kopf stellen?

(Lachen bei der AfD)