Protokoll der Sitzung vom 12.10.2017

Wir werden verantwor tungsvoll dafür sorgen, dass es zu einer Situation wie in Pe king und Shanghai nicht kommt und die Luft besser wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zurufe von der AfD)

Für die CDU-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Reinhart.

(Abg. Emil Sänze AfD: Aber er weiß, was eine Re vision ist!)

Herr Präsident, verehr te Kolleginnen und Kollegen! Die CDU hatte ein klares Ziel, und das lautete, dass es in Stuttgart keine überstürzten, unge ordneten Fahrverbote ab dem 1. Januar 2018 geben darf.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Dieses wichtige Ziel haben wir erreicht, und das ist gut für Stuttgart und für unser Land, verehrte Kolleginnen und Kol legen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für uns war immer klar: Wir wollen saubere Luft in dieser Stadt, aber auch überall in diesem Land. Das müssen wir mit intelligenten Lösungen, mit Technologie, mit Innovation er reichen und nicht mit Fahrverboten. Das war, das ist und das bleibt unsere Überzeugung.

(Beifall bei der CDU, der Abg. Hans-Ulrich Sckerl und Andreas Schwarz GRÜNE sowie Anton Baron und Hans Peter Stauch AfD)

Die Koalition hat jetzt entschieden, Revision gegen das Ur teil einzulegen. Das war übrigens das Ergebnis einer sehr ernsthaften und sorgfältigen Abwägung und auch einer gründ lichen Beratung. Die FDP/DVP nennt das jetzt heute einen „faulen Kompromiss“.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sehr faul!)

Nun will ich dem Kollegen Rülke gleich mit auf den Weg ge ben – gerade im Hinblick auf Berlin –: Helmut Schmidt, der große deutsche Kanzler, hat gesagt:

Wer keine Kompromisse machen kann, ist für die Demo kratie nicht zu gebrauchen.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie des Abg. Hans Peter Stauch AfD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rül ke FDP/DVP: Von faulen Kompromissen hat er nicht gesprochen! Faule Kompromisse hat er nicht genannt!)

Insoweit wird es noch einiger Lernprozesse bedürfen, wenn die gewünschte Jamaika-Koalition Realität werden soll.

Es ist wahr – das bestreiten wir doch gar nicht –: Aus unserer Sicht war die Berufung ein Rechtsmittel, das wir bevorzugt hätten. Da war die Union auch einhellig klar; da gibt es auch überhaupt keinen Dissens. Wir halten das Urteil der ersten In stanz auch für fehlerhaft. Es gibt sehr gute Argumente, die für eine Überprüfung des Urteils sprechen. Ich war immer der Meinung, dass man grundsätzlich kein Rechtsmittel verschen ken sollte,

(Zuruf von der AfD: Ja!)

schon gar nicht in der zweiten Tatsacheninstanz.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei der AfD und der FDP/DVP – Zuruf von der AfD: Eben!)

Aber man sollte hier fair und klar sagen: Es gibt auch die an deren Argumente, und das will ich genauso ansprechen. Zum einen gibt es eine Empfehlung des Anwalts, der das Land ver tritt. Zum Zweiten will ich hinzufügen: Wir kennen auch die Stimmungslage des Koalitionspartners, und wir erkennen die Kompromissbereitschaft deshalb ausdrücklich an. Sie haben von den Stimmen gesprochen, die keine Rechtsmittel einle gen wollten. Ich füge aber hinzu: Deshalb war für uns klar, dass wir sagen, dieses Urteil muss überprüft werden. Das wer den wir mit der Entscheidung für die Sprungrevision tun. Da mit werden wir unserer gemeinsamen Verantwortung gerecht.

Herr Kollege Rülke, konstruktiv haben Sie heute keine Bei träge geliefert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dann le sen Sie das Protokoll!)

Ich kann Ihnen nur sagen: In der Opposition kritisiert es sich immer leicht. Wer Verantwortung trägt, kann hier nicht mit flotten Sprüchen auftreten. Da ist Kompetenz gefordert. Das geht nicht mit Comedy. Vor diesem Hintergrund kann ich Ih nen sagen: Das mag für die „heute-show“ geeignet sein, aber nicht für Entscheidungen, die wir hier treffen müssen.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Heiterkeit bei der AfD und der SPD)

Das ist die Realität. Es geht um gewichtige Güter, die zu ei nem guten und richtigen Ausgleich gebracht werden müssen. Der Kollege Schwarz hat es angesprochen. Auf der einen Sei te geht es um die Gesundheit der Stuttgarter und um den Rechtsanspruch auf saubere Luft. Auf der anderen Seite geht

es um die Mobilität in der Stadt, die Existenz von Handel und Gewerbe, die Interessen der Autobesitzer,

(Abg. Anton Baron AfD: Richtig!)

die Arbeitsplätze in der Autobranche. Übrigens sind auch das alles Verfassungsgüter, von Eigentum über Handlungsfreiheit und vieles mehr.

Ich sage das deshalb: Wenn wir seriös und verantwortlich han deln, dann können wir weder das eine noch das andere ein fach ausblenden. Genauso wenig können wir uns über gelten des Recht oder gültige Grenzwerte einfach hinwegsetzen. Ob wir dies jetzt bedauern oder ob es in Amerika anders ist oder nicht: Wir haben hier europäisches Recht, und hier wohnen wir. Diese Rechtsordnung gilt.

(Beifall bei der CDU und den Grünen)

Deshalb kann man sich auch als Opposition in einer solchen Güterabwägung nicht einfach davonstehlen, sondern hier geht es darum – –

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wir haben eine klare Position!)

Ja, das haben wir ja gehört. Aber das Thema

(Abg. Sascha Binder SPD: Die hatten Sie auch mal! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja, die hat ten auch Sie einmal! Haben Sie ja selbst vertreten!)

Moment! – erlaubt keine einfachen populistischen Antwor ten. Es wurde zu Recht gesagt, dass in der Abwägung auch des Ministerpräsidenten und des Innenministers klar gesagt wurde: Man will hier auch einen Beitrag für schnelle Rechts sicherheit leisten

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Nein, für Koalitionsfrieden!)

und will bei der Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht in Berlin dabei sein, wenn über diese Frage im Februar höchst richterlich entschieden wird. Das ist ein wichtiger Punkt.

Es ist eine komplexe Tatsache. Das Problem ist bisher nicht gelöst worden, auch nicht in der letzten Legislaturperiode. Üb rigens war das auch schon früher ein Thema – das muss man der Ehrlichkeit halber sagen –, als ein FDP/DVP-Wirtschafts minister davon betroffen war. Ich weiß nicht, ob er jetzt des halb mehr in Costa Rica ist,

(Heiterkeit der Abg. Nicole Razavi CDU)

aber eines kann ich Ihnen sagen: Auch in dieser Zeit ist das Problem nie gelöst worden. Das ist die Realität, das muss man in der Gesamtbetrachtung einfach anerkennen.

Konkret haben wir es deshalb zuallererst mit einer Rechtsfra ge zu tun. Wir werden deshalb mit der Sprungrevision für Rechtssicherheit sorgen. Das ist vernünftig, folgerichtig und auch sinnvoll – und im Rechtsstaat übrigens ein hohes Gut.

Jeder Anwohner – 227 000 Pendler fahren hier jeden Tag hi nein und hinaus –, jeder Autobesitzer, jeder Ladeninhaber

muss verlässlich wissen können, worauf er sich einzustellen hat. Mit der Annahme des Urteils wäre diese Rechtssicherheit schlicht nicht zu erreichen gewesen, denn jedem ist klar: Wenn man diese Fahrverbotsregelung akzeptiert hätte, dann wäre das sofort erneut vor Gericht gelandet

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Klar!)

und durch die Instanzen gegangen.

Es geht hier auch nicht nur um Stuttgart; das will ich einmal betonen. Wir haben in diesem Land 15 Städte, die davon be troffen sind. Wir sorgen für alle Kommunen in diesem Land, nicht nur für eine Stadt.

(Beifall bei der CDU und den Grünen)

Deshalb wollen wir Rechtssicherheit und verhältnismäßige Lösungen für alle, die vom Stickoxidproblem betroffen sind. Aber das schaffen wir nur, wenn verbindlich und schnell ge rade die Frage geklärt wird: Gibt es in der StVO einen Nume rus clausus, wonach nur der Bund die Kompetenz hat, oder kann das tatsächlich auch das Land verfügen? Der Anwalt sagt, das Urteil sei mit 101 Seiten an der Rechtsproblematik vorbeigegangen. Deshalb muss das überprüft werden. Auch das gehört zur Wahrheit.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)