Zweitens fordern wir die Beschränkung des Geltungsbereichs der Anmeldung auf Kreisebene, also nicht nur – wie die SPD fordert – auf Baden-Württemberg, sondern auf Kreisebene. Auch dadurch gibt man den Frauen ein gewisses persönliches Sicherheits- und Schutzgefühl. Denn – wie schon mehrfach gesagt wurde – es ist halt kein gewöhnliches Gewerbe.
Wir haben uns das nicht selbst ausgedacht, sondern wir haben uns an der Empfehlung der Polizeigewerkschaft orientiert. Denn die Polizei ist natürlich am nächsten an den Personen, den Strukturen und den Problemen dran.
Auch der Landesfrauenrat unterstützt diese Sichtweise, also die Forderung, die Anmeldung auf räumlich engsten Kreis zu begrenzen. Wie wir haben wahrscheinlich auch Sie alle inzwi schen die E-Mail des Vereins SISTERS bekommen; Sie ken nen diesen Verein. Dieser Verein betreut Prostituierte und setzt sich für den Ausstieg aus der Prostitution ein. Auch dieser Ver ein empfiehlt explizit eine starke räumliche Einengung. Den Einwand der SPD, es würde dann zu teuer, können wir nicht akzeptieren. Also: Entweder machen wir ein Gesetz, das wirk lich Wirkung zeigen soll, oder wir können es gleich lassen.
In diesem Fall schließen wir uns der Ansicht der CDU an; un sere Kollegin Neumann-Martin sagte bereits in der letzten Be ratung ganz deutlich: Die Würde und der Schutz der Frauen dürfen nicht gegen die Kosten abgewogen werden.
Im Ausschuss haben wir dem Änderungsantrag der SPD in al len drei Punkten zugestimmt. Sie haben es jetzt auf einen Punkt reduziert; auch diesem können wir zustimmen, da jede Verbesserung einfach wichtig ist.
Wir würden – das war jetzt zumindest unsere Empfehlung, die Empfehlung der Mitglieder des Sozialausschusses – auch dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen. Denn, wie gesagt, jede Verbesserung ist ein guter Ansatz. Der aktuelle Zustand ist einfach untragbar.
Nichtsdestotrotz sehen wir es wirklich als einen ersten guten Schritt in die richtige Richtung an. Er wird nicht ausreichend sein; das vermuten wir zumindest. Aber ganz fest steht, dass es natürlich überhaupt nicht tragbar ist, erst 2025 zu evaluie ren; bis dahin dauert es viel zu lang. Wir müssen spätestens nach zwei Jahren sehen: Wirkt das Gesetz, hat es den Erfolg, den wir uns davon versprechen, oder nicht?
Wir, die AfD-Fraktion, stimmen – das wissen Sie alle – sinn vollen Anträgen immer zu. Wir haben uns noch nie dagegen gesperrt. Das sehen Sie am Abstimmungsverhalten. Wir möch ten Sie deshalb alle selbst noch mal bitten, über unseren Än derungsantrag nachzudenken. Wir sollten hier alle gemeinsam Politik nach Vernunft und Gewissen und nicht nach Partei buch machen.
Wir haben in unserer Fraktion lange diskutiert. Man sieht: Dieses Thema ist emotional, es bewegt die Menschen. Wir ha ben einstimmig entschieden, dass bei der Abstimmung jeder sein Abstimmungsverhalten entsprechend seinem freien Man dat mit sich selbst, mit seinem Gewissen ausmachen muss. Die Empfehlung von uns war, dem Änderungsantrag der SPD und auch dem Gesetzentwurf der Landesregierung zuzustim men. Aber letztendlich wird das bei uns, bei der AfD, von je dem Einzelnen selbst entschieden.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es schon gehört: Heute werden wir in der zweiten Lesung das Ausführungsgesetz zum Prostituierten schutzgesetz verabschieden. Das entsprechende Bundesgesetz verspricht Frauen und natürlich auch Männern in der Prostitu tion nicht nur mehr Schutz, sondern soll auch den Behörden mehr Möglichkeiten geben, genauer hinzusehen, um Menschen handel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung sowie illegale Machenschaften von Bordellbetreibern aufzudecken.
Ich habe bereits in der ersten Lesung deutlich gemacht, dass ich es mir gewünscht hätte, die Landesregierung würde die Spielräume des Gesetzes besser nutzen. Sie hat sie eben nicht genutzt.
Für uns, die SPD-Fraktion, geht es hier nicht nur um einen Verwaltungsakt, sondern es geht uns um den Schutz der Frau en in der Prostitution.
Wir haben im Ausschuss einen Änderungsantrag eingebracht, der auf drei Punkte zielte. Erstens wollen wir eine Klarstel lung, dass für diejenigen, die die Prostituierten informieren und auch beraten, eine Mindestanforderung hinsichtlich der beruflichen Qualifikation gelten muss. Mit dem hohen Anteil an Beschäftigten im mittleren Dienst, den die Landesregie rung in ihrer Kostenfolgenabschätzung anpeilt, ist das nach unserer Auffassung nicht machbar. Weiter sollte von vornhe rein sichergestellt werden, dass notwendige Dolmetscherkos ten vom Land übernommen werden und die Dauer der Bera tungsgespräche nicht von vornherein begrenzt ist.
Zweitens haben wir gefordert, dass sich die Prostituierten, wenn sie aus einem anderen Bundesland zu uns kommen, in Baden-Württemberg noch einmal anmelden müssen und da mit ein zweites oder auch ein drittes Mal – je nachdem – Hilfs angebote erhalten.
Und der letzte Punkt: Es muss eine gute und verbindliche Zu sammenarbeit zwischen zuständiger Behörde und Polizei zum Schutz von Prostituierten aufgebaut werden.
Im Bericht zu der Beschlussempfehlung, der Ihnen schriftlich vorliegen wird, ist unser Änderungsantrag auch dokumentiert.
Die Abgeordneten der Regierungsfraktionen haben jeden ein zelnen Punkt unseres Änderungsantrags abgelehnt, und – ich muss es leider sagen – ich hatte den Eindruck, sie taten dies, ohne sich inhaltlich wirklich damit auseinanderzusetzen.
(Abg. Gerhard Kleinböck SPD: Das geht gar nicht! – Abg. Anton Baron AfD: Das kommt mir immer so vor!)
Erste Frage: Kann sich der Anteil beim Einsatz von Personal im mittleren und im gehobenen Dienst gegenüber der Kosten folgenabschätzung durch die Evaluation noch ändern, und wird dies dann beim tatsächlichen Kostenausgleich gegenüber den Kommunen auch berücksichtigt?
Zweite Frage: Werden notwendige Dolmetscherkosten in der nachlaufenden Berechnung für den Kostenausgleich an die Kommunen eingerechnet?
Und letzte Frage: Kann sich die Dauer der Informations- und Beratungsgespräche, die jetzt in der Kostenfolgenabschätzung angenommen wird, durch die Evaluation noch ändern, und wird sich das dann bei dem tatsächlichen Kostenausgleich auch auswirken?
Herr Minister Lucha hat zu diesen drei Fragen sichtbar ge nickt und sie auch mündlich positiv beantwortet. Weder wir noch die kommunalen Vertreter müssten all diese Fragen stel len, wenn der Gesetzestext hier klarer formuliert worden wä re.
Neben der Finanzierung noch ein paar Worte zur Gültigkeit der Anmeldebescheinigung. Wir wollen, dass die Gültigkeit
Das Bundesgesetz gibt den Ländern hierfür ja in der Tat auch den Spielraum. Im Übrigen sollte Herrn Minister Lucha, der jetzt leider nicht da ist, diese Forderung auch bekannt vorkom men, denn dieser Forderung hat er selbst einmal zugestimmt. Die Beschränkung auf das Bundesland stand nämlich tatsäch lich im Anhörungsentwurf.
Die Argumente aus der Bewertung der Anhörung, mit der der Herr Minister den Rückzug seines eigenen Vorschlags begrün dete, haben mich nicht überzeugt und im Übrigen anscheinend Herrn Innenminister Strobl auch nicht.
Während der DGB, der Landesfrauenrat, die Deutsche Poli zeigewerkschaft und wohl auch Innenminister Strobl die Be schränkung auf Baden-Württemberg als sinnvoll ansehen, gab es seitens der kommunalen Landesverbände aufgrund der Ver waltungskosten den Wunsch, keine vom Bundesgesetz abwei chende Regelung zu treffen.
Aber wie ich gehört habe, war der Hintergrund eher der, dass eine auf das Bundesland beschränkte Regelung natürlich mit höheren Kosten verbunden wäre und das federführende Mi nisterium diese zusätzlichen Kosten nicht übernehmen woll te.
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Lächerlich! – Abg. Ga bi Rolland SPD: Aha! – Zuruf des Abg. Daniel Born SPD)
Die Gründe, vor allem aus polizeilicher Sicht, werden wei testgehend auch von der kommunalen Seite ganz genauso ge sehen wie von uns. Es scheitert an der Bereitschaft, diese Kos ten auch finanzieren zu wollen.
Ich komme zum Schluss. Trotz meiner Bedenken und trotz unserer Kritik werde ich meiner Fraktion empfehlen, dem Ge setzentwurf zuzustimmen,
obwohl er nicht ambitioniert ist und auch das Ziel verfehlt. Denn selbst ein schlechtes Landesgesetz, mit dem nun das Bundesgesetz in Baden-Württemberg umgesetzt wird, ist bes ser als gar keines. So kommen diejenigen, die es ausführen müssen, auch zur Kostenerstattung durch das Land.
Ich möchte aber abschließend noch einen Satz sagen: Weder durch ein Bundesgesetz noch durch das Ausführungsgesetz wird verhindert, dass der Körper von Frauen eine Ware ist, die man billig aus Rumänien importiert und für 30 oder 40 € be nutzen kann.