Sehr geehrte Damen und Herren, Sie stehen in der Pflicht, zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg die Krankenhausversorgung im Land zu gewährleisten. Ich for dere Sie daher auf, zu handeln und nicht weiter die Augen zu verschließen.
Eine weitere Kraftanstrengung, vor der die Kommunen ste hen, ist das Thema Integration, die Integration von vielen Tau send Menschen, die aus dem Ausland zu uns gekommen sind. Die baden-württembergischen Kommunen erbringen in die sen Monaten – und haben es bereits in den vergangenen bei den Jahren getan – unter großen Anstrengungen und unter stützt durch Zehntausende ehrenamtliche Helferinnen und Helfer wirklich großartige Leistungen in diesem Bereich.
Uns allen ist klar, dass die Integration, dass dieser Prozess der wirklichen Integration einer großen Zahl von Migrantinnen und Migranten – zum einen der Arbeitskräfte, die mit ihren Familien aus den Ländern der Europäischen Union zu uns kommen, aber auch der Flüchtlinge mit Bleibeperspektive – nicht innerhalb von zwei Jahren abgeschlossen werden kann.
Anscheinend ist dies jedoch nicht bei der Landesregierung be kannt. Frau Ministerin Sitzmann hat es in der vergangenen Woche selbst hier vorgetragen: Die Mittel für den Pakt für In tegration sind auf das Haushaltsjahr 2018 beschränkt. Für das Jahr 2019 steht dort überall eine Null. Sehr geehrte Damen und Herren, geben Sie den Kommunen Planungssicherheit für diese zentrale Aufgabe der Integration. Diese Planungssicher heit muss für die Leistungen der Integration auch über das Jahr 2018 hinaus bestehen.
Ein weiterer Bereich, in dem hoher Investitionsbedarf besteht – ich glaube, das ist völlig unstreitig hier im Raum –, ist die Wohnraumförderung. Die Wohnungsknappheit in diesem Land nimmt zu. Viele Menschen mit kleinen, aber auch mit mittle ren Einkommen können sich aufgrund explodierender Mieten keine Wohnung mehr leisten. Sie rühmen sich zwar, dass Sie die Wohnraumförderung auf sehr hohem Niveau – mit einem Programmvolumen von jährlich 250 Millionen € – fortführen, verlieren aber kein Wort darüber, dass diese Landesregierung quasi letztlich nur die Bundesmittel weiterreicht, ohne genü gend eigene landespolitische Gelder zur Verfügung zu stellen.
(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Stimmt nicht! – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Stimmt doch nicht! Als ehemaliger Kultusminister muss man rechnen können! – Abg. Tobias Wald CDU: Stimmt nicht! Nachrechnen, Herr Kollege!)
Einzig auf den Bund zu vertrauen, meine sehr geehrten Da men und Herren, ist ein bisschen dünn. Wir fordern gerade die Fraktion GRÜNE auf, sich an die letzte Legislaturperiode und die damalige Wohnraumoffensive zu erinnern.
Nur darüber zu reden und nicht tatsächlich zu handeln ist zu wenig. Wohnraum darf in einem so reichen Bundesland nicht zu einem Luxusgut werden, liebe Kolleginnen, liebe Kolle gen.
Zur ÖPNV-Offensive. Eine positive Bemerkung vorweg: Wir begrüßen ausdrücklich, dass Sie mehr Geld für Investitionen in die Landesliegenschaften und die Landesstraßen einstellen. Wir haben im Sommer einen kräftigen Investitionsimpuls des Landes gefordert. Wir haben kritisiert, dass Sie im laufenden Haushalt weniger Mittel bereitgestellt haben als im Jahr 2016.
Wir haben gleichzeitig vorgeschlagen, mindestens 1 Milliar de € mehr zu investieren, als wir abschreiben müssen. In Ih rer Regierungszeit, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ist leider ein Sanierungsstau in diesem Land entstan den, der dafür sorgt, dass wir heute in vielen Bereichen der
öffentlichen Hand, im Hochbau genauso wie in der Infrastruk tur, einen erheblichen Sanierungsrückstand haben.
Sie haben nämlich Landesgebäude und Landesstraßen sträf lich vernachlässigt. Bei den öffentlichen Investitionen im Land geht es erst seit 2013 wieder aufwärts. Gut, dass dieser richtige Kurs nach einem Jahr Pause nun im vorliegenden Doppelhaushalt wieder fortgesetzt werden soll. Wir fordern zudem aber, dass nicht nur die Ersatzbeschaffung von Fahr zeugen, sondern auch die Neubeschaffung von Fahrzeugen gefördert wird. Deswegen fordern wir, 100 Millionen € pro Jahr, also 50 Millionen € mehr pro Jahr, für die Fahrzeugfi nanzierung zur Verfügung zu stellen. Das ÖPNV-Angebot muss flächendeckend verbessert werden. Es darf nicht nur alt durch neu ersetzt werden, sondern das Angebot muss tatsäch lich ausgebaut werden, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen.
Ebenso notwendig – das wurde heute bereits in mehreren Bei trägen angesprochen – für die Gestaltung einer guten Zukunft sind alle Themen, die den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und insbesondere auch den Zugang zur Bildung zum Gegen stand haben. Wir sehen hier insbesondere die Notwendigkeit, den gesamten Bereich Bildung so auszustatten, dass Erziehe rinnen und Erzieher sowie Lehrerinnen und Lehrer die Ar beitsbedingungen und die Wertschätzung bekommen, die sie benötigen, um ihre schwieriger werdende Aufgabe auch be wältigen zu können.
Dabei ist für uns von besonderer Bedeutung, dass wir uns ge meinsam dafür einsetzen, dass an unseren Schulen und an al len anderen Bildungseinrichtungen in unserem Land eine gu te Personalausstattung und gute Arbeitsbedingungen herr schen. Es kann nicht sein, dass ein reiches Land wie die Bun desrepublik Deutschland und auch ein Land wie Baden-Würt temberg weniger Geld für Bildung ausgeben, als dies im OECD-Durchschnitt der Fall ist.
Uns allen sollte in diesem Zusammenhang klar sein, dass das Lernen, der Erwerb der Bildung, nicht mit dem Abgang aus der Schule oder der Ausbildung bzw. der Hochschule endet. Ich glaube, es liegt eine Schlüsselaufgabe für uns, die Politik, aber auch für die Gesellschaft darin, bei immer dynamischer werdenden Veränderungen der Lebens- und Arbeitswirklich keit den Begriff des lebenslangen Lernens aus den Sonntags reden herauszuholen und in tatsächliches Handeln umzuset zen. Wir brauchen Weiterqualifizierungsmöglichkeiten über das gesamte Leben eines Menschen hinweg. Dafür brauchen wir auch die notwendigen Mittel. Da reichen keine Sonntags reden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Denn was passiert, wenn wir den Menschen diese Qualifika tion nicht geben? Wenn wir den Menschen nicht die Gelegen
heit geben, sich weiterzuqualifizieren, verlieren diese Men schen den Anschluss an das Erwerbsleben. Es darf schlicht und einfach nicht sein, dass Menschen den Anschluss verlie ren und dadurch in die Perspektivlosigkeit fallen.
Hierauf finden wir nur dann eine Antwort, wenn wir gemein sam mit den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh mern, den Betriebsräten sowie den Unternehmerinnen und Unternehmern gute Lösungen für qualifizierte Weiterbildungs angebote finden.
Auch hier vermissen wir einen wirklichen Handlungsschwer punkt der Landesregierung. Wir halten es für fahrlässig, wenn zwar in Sonntagsreden vom Ministerpräsidenten viel von der Digitalisierung und den dadurch verursachten disruptiven Pro zessen die Rede ist, gleichzeitig aber die Auswirkungen auf die Lebens- und Arbeitswirklichkeit vieler Menschen ausge blendet werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen verdeutlichen, dass die Gestal tungsaufgaben, aber auch die Gestaltungsmöglichkeiten, die das Land aufgrund der sehr guten Einnahmesituation hat, sehr umfangreich sind. Dabei ist es grundsätzlich richtig – Sie ha ben auch das Wort Vertrauen häufiger genannt, Frau Finanz ministerin –, wenn diese Gestaltungsmöglichkeiten des Lan des auf dem Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger beruhen.
Aber ich möchte auch einen Satz aufnehmen, der vom Kolle gen Reinhart von der CDU kam. Er hat auf den Bund verwie sen und hat darüber geredet, dass es gerade in einer solchen Zeit extrem guter Einnahmen, die von den Menschen in die sem Land erarbeitet werden, auch darauf ankommt, den Men schen etwas zurückzugeben.
Ich möchte Sie, Herr Kollege Reinhart, beim Wort nehmen. Denn wenn wir über die Frage reden, wo wir konkret etwas für die Menschen tun können, dann fällt uns ein ganz wesent licher Bereich ein, nämlich die Frage, wie wir mit jungen Fa milien in diesem Land umgehen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind der Auffassung, dass die Einnahmeseite des Landes so gut ist, dass es an der Zeit ist, nun auch die Bür gerinnen und Bürger zu entlasten. Dies soll zielgerichtet er folgen und vor allem bei denjenigen ankommen, die es wirk lich brauchen:
bei den jungen Familien mit Kindern. Wir fordern daher den Einstieg in die gebührenfreie Kita, eine Maßnahme, die alle jungen Familien entlastet, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir können Sie da auch beim Wort nehmen, was Ihren eige nen Koalitionsvertrag angeht. In Ihrem Koalitionsvertrag ist nämlich von einem Kinderbildungspass die Rede gewesen, den Sie aber sang- und klanglos beerdigt haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus unserer Sicht ist dies eine falsche Entscheidung. Denn die hohen Gebühren der Kindertageseinrichtungen belasten längst nicht nur Gering verdiener. Auch die Mittelschicht, viele Familien sind davon betroffen. Deswegen fordern wir Sie auf, den Einstieg in die Gebührenfreiheit der Kita, wie dies dieser Tage in vielen Bun desländern verhandelt wird, auch in Baden-Württemberg mög lich zu machen. Deswegen müssen für diese Maßnahme, näm lich für ein beitragsfreies Kindergartenjahr, als Einstieg 120 Millionen € jährlich zur Verfügung gestellt werden.
Dieser Betrag wäre finanzpolitisch vorsichtig und verantwort bar. Für alle drei Jahre kostet die Abschaffung der Gebühren für den Kindergarten gut 350 Millionen €. Das ist ungefähr die Hälfte von dem, was wir an jährlichen Steuermehreinnah men allein 2018 und 2019 erwarten. Das ist fast genau die Summe, die wir ab 2020 als Ergebnis der Verhandlungen zum Finanzausgleich vom Bund bekommen.
Dann bleibt immer noch genügend Geld übrig, um Landes schulden zu tilgen, und zwar echte, vorhandene Schulden und nicht fiktive, die es gar nicht gibt. Es ist deswegen aus unse rer Sicht sinnvoll und richtig, wenn zumindest ein Kindergar tenjahr beitragsfrei gestellt wird.
(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ach, jetzt wird ein geschränkt! Jetzt wird eingeschränkt! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD)
Ich sprach vom Einstieg in die Beitragsfreiheit, Herr Kolle ge Schwarz. Wenn Sie einen Antrag einbringen, der darüber hinausgeht, werden Sie bei uns offene Türen einrennen.
(Abg. Tobias Wald CDU: Luftbuchungen, Herr Kol lege! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Zuhören und nicht bloß im Wald stehen! – Abg. Rein hold Gall SPD: Nichts eingeschränkt!)
Es ist und bleibt die zentrale Konstante sozialdemokratischer Bildungspolitik, dass der Zugang zu Bildung keine Frage des Geldbeutels sein darf. Deswegen fordert die Landtagsfrakti on der SPD die Gebührenfreiheit von der Kindertagesstätte bis zum Abschluss der Ausbildung oder des Studiums, damit alle Kinder in diesem Land die gleichen Zukunftschancen er halten. Die gute Finanzlage in diesem Land ermöglicht es, nun auch in Baden-Württemberg den Einstieg in die Gebühren freiheit anzugehen und, Herr Kollege Reinhart, den Menschen dann auch wieder etwas zurückzugeben, und zwar gerade den Menschen, die besonders unsere Hilfe brauchen, nämlich jun gen Familien mit Kindern, liebe Kolleginnen und liebe Kol legen.
(Beifall bei der SPD – Abg. Sascha Binder SPD: Sehr gut! – Abg. Tobias Wald CDU: Warum haben Sie es nicht gemacht? Sie waren Kultusminister!)
Um an dieser Stelle einem Argument entgegenzutreten: Es muss eines klar sein: Ein kostenloser Zugang darf nicht auf Kosten der Qualität des Angebots gehen. Deswegen fordern wir den Einstieg in die Gebührenfreiheit bei gleichzeitiger Qualitätssicherung und Qualitätssteigerung. Ein qualitätsvol
les Angebot, das kostenfrei zugänglich ist, stellt für GrünSchwarz offensichtlich einen Widerspruch dar. Für die SPDLandtagsfraktion sind es schlicht zwei Seiten ein und dersel ben Medaille.
Gerade – ich habe vorhin das Thema Integration angespro chen – in Zeiten einer verstärkten Zuwanderung wird uns al len vor Augen geführt, wie wichtig es ist, dass Bildung unab hängig von der Herkunft jedem Einzelnen zuteil wird. Je frü her ein Kind entsprechend gefördert wird, desto besser.