Protokoll der Sitzung vom 15.11.2017

Ich würde ja sagen: „Schämen Sie sich einfach nur“, wenn ich nicht um die Vergeblichkeit dieses Imperativs in Ihrem Fall wüsste.

Ein Letztes dazu, ebenso hoch haushaltsrelevant: Seien Sie sich absolut sicher und hören Sie hier gut zu

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE verlässt seinen Ab geordnetenplatz.)

Herr Schwarz, das könnte auch Sie interessieren; Sie gehen raus –: Ich habe der Beteiligung der AfD in der Kommission zur Neuregelung der Altersvorsorge der Abgeordneten – wir haben ja bei Ihnen, Frau Präsidentin, zusammengesessen – nur deshalb zugestimmt, damit wir Sie in Ihrem Ansinnen ei ner weiteren Steigerung der Altersbezüge der Abgeordneten ausbremsen können.

Mit der AfD, mit den Abgeordneten unserer Fraktion, wird es eine weitere Steigerung der ohnehin schon üppigen Altersvor sorge nicht geben. Schreiben Sie sich das schon jetzt hinter die Ohren.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Sie gehen ja ins Eu ropäische Parlament! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Deshalb gehen Sie ins Europaparlament! Eine höhere Altersversorgung! Jetzt haben wir das wahre Motiv! – Weitere Zurufe)

Ach ja, jetzt geht es Ihnen an die Bezüge. Da kommen Sie, Herr Rülke, auch noch auf kreative Ideen. Alles gut, geschenkt. Empören Sie sich schön. Vergessen Sie auch nicht, mich gleich in Ihren Reden wieder nach Kräften zu verunglimpfen – das darf ja nie fehlen –

(Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

und bitte auch als üblen Rechtspopulisten zu beschimpfen. Das gehört doch zu Ihrem guten Standard. Wohlan denn! Ich werde Ihnen wie immer geduldig zuhören und danke nun für Ihre geradezu begeisterte Aufmerksamkeit.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Stoch das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Ich glaube – ich möchte es an dieser Stel le kurz machen –, wir wurden gerade Zeugen eines geradezu grotesken Schauspiels, wie einer, der sich hier ein Doppel mandat gönnen wollte – und zwar auf unbestimmte Zeit, wie er selbst sagte –, ertappt wurde

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Habe ich nie gesagt!)

und jetzt versucht, sich herauszureden und mit dem Finger auf andere zu zeigen. Herr Meuthen, es wird Ihnen nicht gelin gen, sich herauszureden.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grü nen, der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Sie lügen wie gedruckt! Wann habe ich das gesagt? Wo haben Sie das Zitat her? Lügner!)

Wir haben heute den Haushalt des Landes Baden-Württem berg – –

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Er hat „Lüg ner“ gesagt! – Gegenruf des Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Ja, er hat gelogen, weil ich das nie gesagt ha be! Natürlich! Habe ich nie gesagt, was Sie da be haupten! Habe ich nicht gesagt! Also behaupten Sie es auch nicht! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP: „Lügner“ hat er gesagt! – Gegenruf des Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Ja, er hat gelogen! Habe ich nämlich nicht gesagt! – Zuruf der Abg. Nicole Raza vi CDU – Unruhe)

Frau Präsidentin, das ist jetzt Ihr – –

Moment, Moment, Herr Abg. Stoch! – Herr Abg. Dr. Meuthen, der Begriff „Lügner“ ist nicht parlamentswürdig. Daher erteile ich Ihnen hiermit einen Ordnungsruf nach § 91 der Geschäftsordnung.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Dann revidiere ich auf „Unwahrheit sagen“! – Weitere Zurufe – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Dr. Meuthen, es gibt keine Debatte über den Ord nungsruf.

Wir fahren fort, und ich bitte um Ruhe. – Herr Fraktionsvor sitzender Stoch hat das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Wohl noch selten in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg konnte eine Landesregierung in die Aufstellung eines Landeshaushalts mit solch günstigen Vo raussetzungen gehen. Die Einnahmen regnen Ihnen ja förm lich durchs Dach hinein, und nach jeder Steuerschätzung müs sen von der Landesregierung auch die Einnahmen des Landes nach oben korrigiert werden.

Bereits im vergangenen Jahr, 2016, konnte ein Rekordüber schuss von gut 3,5 Milliarden € erzielt werden, und die ersten drei Quartale in diesem Jahr, 2017, deuten darauf hin, dass

auch der diesjährige Abschluss mit einem Jahresüberschuss von mehreren Milliarden Euro endet. Dies führt dazu, dass in dem nun zu behandelnden und zu beschließenden Doppel haushalt sage und schreibe 3,4 Milliarden € auf die Seite ge legt werden können. Nach der letzten Steuerschätzung vom vergangenen Freitag kommen nochmals ca. 1,5 Milliarden € an Steuermehreinnahmen hinzu.

Liebe Frau Finanzministerin, entgegen dem Eindruck, den Sie bei Ihrer Rede zur Haushaltseinbringung erweckt haben, hat diese günstige Ausgangssituation des Landes und der Landes regierung nichts, aber auch gar nichts mit den Leistungen die ser Landesregierung zu tun.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Zuallererst und zum allergrößten Teil verdanken wir diese his torisch gute Einnahmesituation den Menschen in diesem Land, den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes, und hier insbe sondere den Beschäftigten, den Arbeitnehmerinnen und Ar beitnehmern, die dieses Geld Tag für Tag hart erarbeitet ha ben und rechtschaffen und ehrlich ihre Steuern bezahlt haben.

(Beifall bei der SPD)

Was für ein Skandal ist es dann, dass im Gegensatz dazu vie le Konzerne, viele Reiche und Superreiche in unserem Land und auf der ganzen Welt alles Legale, Illegale und vor allem auch alles Illegitime dafür tun, weniger Steuern zu zahlen. Die Affäre um die sogenannten Paradise Papers zeigt eines ganz deutlich: Wir müssen mehr Energie darauf verwenden, als Ge setzgeber Steuerschlupflöcher zu stopfen und dafür zu sorgen, dass sich alle Menschen, und zwar nach ihrer Leistungsfähig keit, an den für das Gemeinwohl zu tragenden Lasten beteili gen.

Nicht zuletzt deshalb schlagen wir auch in diesem Haushalt vor, die Steuerverwaltung deutlich zu stärken. Zusätzliche Stellen und eine bessere Bezahlung der Kolleginnen und Kol legen – das ist unser Beitrag für mehr Steuergerechtigkeit im Land, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Es ist aber nicht nur diese äußerst gute und günstige Einnah mesituation des Landes, was diesen Doppelhaushalt in einem solch positiven Licht erscheinen lässt. Frau Finanzministerin, Sie haben in Ihrer Rede vom vergangenen Mittwoch mehr fach darauf hingewiesen, dass es erstmals in der Geschichte des Landes gelingt, zum fünften Mal in Folge einen Haushalt ohne neue Schulden vorzulegen. Dies ist nur deshalb möglich, weil wir in der vergangenen Legislaturperiode, unter Regie rungsbeteiligung der SPD, bereits in vier von fünf Haushalts jahren eine Nullneuverschuldung und eine tatsächliche Kon solidierung des Landeshaushalts erreicht haben – das heißt wirkliche Einsparmaßnahmen – und die strukturelle Über schuldung des Haushalts beseitigt haben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Umso erstaunlicher ist es für uns, dass diese Landesregierung aus Grünen und CDU nicht wirklich weiß, was sie mit diesem ohne eigene Leistung erlangten Geldsegen überhaupt anfan

gen soll. Dies ist letztlich doch wieder ganz einfach erklärt: Nach gut eineinhalb Jahren grün-schwarzer Regierung wird immer deutlicher, dass diese beiden Regierungspartner nicht wirklich eine Idee, schon gar nicht eine gemeinsame Idee für die Zukunft dieses Landes haben.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen zitiere ich einen scharfzüngigen Kommentator der Landespolitik, der in diesen Tagen Folgendes geschrieben hat:

Jeder neuen Steuerschätzung fiebert Grün-Schwarz ent gegen wie einst der spanische Königshof den Silberflot ten aus der Neuen Welt. Silbermünzen quellen aus prall gefüllten Truhen, Edelsteine leuchten, Golddukaten klim pern zu Boden.

Zutreffend wird konstatiert:

schlicht und einfach –

das viele Geld, das diese Koalition zusammenhält.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Zutreffend wird auch weiter konstatiert, dass über die Scheck buchdiplomatie des Herrn Strobl hinaus, wenn es z. B. um die Förderbescheide für den Breitbandausbau geht, kein wirkli cher politischer Gestaltungswille und schon gar keine politi sche Gestaltungsfähigkeit vorliegen.

Sehr geehrte Frau Finanzministerin, gebrauchen Sie daher das Wort „historisch“ doch nicht in diesem inflationären Maß, wie dies bei der Einbringung des Doppelhaushalts der Fall war. Historisch sind doch allenfalls die verpassten Chancen, die Sie trotz der hervorragenden Einnahmesituation nicht genutzt haben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Aber kommen wir zunächst zur grundsätzlichen Frage: Wie seriös, wie glaubhaft ist die Haushaltspolitik dieser Landes regierung? Besonders augenfällig wird dies beim Umgang mit den Schulden des Landes, seien dies Kreditmarktverbindlich keiten oder seien dies auch sogenannte implizite Schulden. Dabei wird besonders deutlich, dass bei Grünen und CDU ei ne geradlinige Argumentation nicht vorhanden ist. Erst hieß es, Schulden, also Kreditmarktverbindlichkeiten, sollten nicht getilgt werden, es sei besser, den Sanierungsstau zu bewälti gen, implizite Schulden seien schließlich auch Schulden.

Jetzt heißt es, die historische Trendwende sei eingeleitet. Der Schuldenabbau würde jetzt gelingen, so die Ministerin bei der Einbringung des Haushalts in der letzten Woche.

Ich glaube, es gehört schon ein besonderer Hang zur Komik dazu, das Vorhaben, in den kommenden beiden Jahren insge samt 500 Millionen € zur Tilgung von Kreditmarktverbind lichkeiten zu verwenden, als historische Trendwende zu titu lieren. Zunächst dürfen wir darauf hinweisen, Frau Finanzmi nisterin: In dem von Ihnen bislang vorgelegten Haushaltsent wurf steht kein müder Euro für die Tilgung von Kreditmarkt verbindlichkeiten. Wir gehen jetzt einmal zu Ihren Gunsten