Meine Damen und Herren, beim Sparen sind Sie nicht ganz so ambitioniert, wohl aber beim Geldausgeben. Denn diese Regierung ist beim Geldausgeben von einem Ehrgeiz, der in der Landesgeschichte einmalig ist. Herr Ministerpräsident, seit Ihrem Amtsantritt – Regierung Kretschmann I zusammen mit der SPD und dann anschließend, jetzt, Regierung Kretsch mann II zusammen mit der CDU – haben Sie es geschafft, das Haushaltsvolumen innerhalb von acht Jahren – wenn man bis 2019 rechnet – von 35 Milliarden € auf rund 52 Milliarden € zu steigern. Das ist ein Anschwellen des Haushaltsvolumens um rund 50 %. Wenn Sie einmal in die Geschichte schauen – schwarz-gelbe Koalition –, stellen Sie fest: Zwischen 1996 und 2011, in der doppelten Zeit, ist das Haushaltsvolumen nur um rund 10 % gewachsen. Das macht deutlich, wie ver schwenderisch Sie Haushaltspolitik betreiben, meine Damen und Herren.
Und da behaupten Sie ernsthaft, Sie würden eine nachhaltige Haushaltspolitik betreiben. Nein, die „Stuttgarter Nachrich ten“ haben recht, wenn sie am 26. September dieses Jahres geschrieben haben:
Ja, so viel Geld gab es nie zuvor. In diesem Doppelhaushalt gibt es ungefähr zweieinhalbtausend neue Personalstellen, und in Ihrem eigenen Haushalt, im Haushalt des Staatsministeri ums, Herr Ministerpräsident, sind Sie genauso ambitioniert dabei, einen Schluck aus der Pulle zu nehmen: 23 zusätzliche Stellen im Dritten Nachtrag 2016, jetzt schon wieder zehn zu
sätzliche Stellen. Ein permanentes Aufrüsten. Wenn Sie es ein mal vergleichen, sehen Sie: Demnächst haben Sie es geschafft, rund 50 % mehr Personalstellen zu haben als der viel geschol tene Stefan Mappus. So bauen Sie Ihre Regierungszentrale auf, Herr Ministerpräsident – mal ganz abgesehen von der Staatssekretärsinflation in der Villa Reitzenstein. Da ist ja mittlerweile fast jeder, der nicht bei drei auf den Bäumen ist, Staatssekretär.
Herrn Murawski haben Sie ja mittlerweile zum Staatsminis ter getauft, damit die ganzen Staatssekretäre wissen, wer da der Chef ist. So machen Sie Haushaltspolitik in Ihrem Staats ministerium.
Richtig viel ist nicht dabei herausgekommen. Aber eines muss ich Ihnen und Herrn Strobl lassen: Sie hatten sozusagen das Gefühl für den Augenblick, Herr Kretschmann, den Kairos, um es griechisch zu benennen. Sie wussten: Wo ist der ent scheidende historische Ort? Und Sie hatten das Gespür, den letzten Akt von Jamaika dann in die baden-württembergische Landesvertretung zu holen. Sie haben sich natürlich vorge stellt, die Landesvertretung werde für Jamaika zum Kreißsaal, aber am Ende wurde die Landesvertretung dann zur Ausseg nungshalle für Jamaika.
„Bad luck!“, kann man da nur sagen. So kann es in der Poli tik manchmal passieren, wenn man sich verkalkuliert, meine Damen und Herren.
Wenn Sie jetzt darüber jammern, dass Jamaika nicht zustan de gekommen ist, kann man feststellen: Sie hätten sich viel leicht an der einen oder anderen Stelle etwas kooperationsbe reiter zeigen sollen, beispielsweise bei der Diskussion um das Kooperationsverbot. Als nämlich über das Kooperationsver bot diskutiert wurde, haben Sie sofort presseöffentlich alle
Nicht „zu Recht“, Herr Kollege Mack. – Auch ich bin nicht dafür, das Kooperationsverbot in dem Sinn abzuschaffen, dass man nun erklärt: Wir opfern die Hoheit der Länder, schaffen sozusagen einen Bundesschulminister, der dann der Vorge setzte von einer Million Lehrerinnen und Lehrern ist. Das soll mit Sicherheit nicht geschehen; das hat auch niemand ver langt. Vielmehr muss man darüber diskutieren, ob man bei spielsweise das Kooperationsverbot lockert und sagt: Wir neh men das Geld des Bundes – wir brauchen es auch – und ver wenden es für die Modernisierung der Schulen.
Wenn man sich die bauliche Substanz vieler Schulen im Land anschaut, sieht man: Wir brauchen dieses Geld, im Übrigen auch für die digitale Entwicklung unseres Bildungswesens.
Man könnte beispielsweise dem Bund anbieten, darüber zu reden, gemeinsame Standards zu vereinbaren. Man könnte ge meinsam darüber nachdenken: Was soll ein junger Mensch können, wenn er das Abitur ablegt?
Was soll ein junger Mensch können, wenn er einen mittleren Bildungsabschluss macht? Darüber kann man doch diskutie ren. Aber man kann mit dem Bund im Gegenzug auch darü ber diskutieren, dass die Entscheidungen über den Weg dahin weiterhin in die Kompetenz der Länder fallen.
Ja, okay, der Weg kann auch über die Gemeinschaftsschule führen; auch das soll möglich sein, wenn die Landespolitik das entscheidet. Aber es müssen genauso die Werkrealschule und die bayerische Hauptschule möglich sein. Über so etwas muss man doch diskutieren können.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD sowie des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])
Wenn man jedoch von vornherein den Rollladen herunterlässt und sagt: „Über so etwas diskutieren wir erst gar nicht“, sich dann kräftig aufmandelt und über die Presse erklärt: „Nur über meine Leiche“, dann darf man sich auch nicht wundern, Herr Ministerpräsident, dass das Projekt Jamaika scheitert und in unserer Landesvertretung zu Grabe getragen wird, meine Da men und Herren.
Das war Fundamentalopposition des Ministerpräsidenten. Da haben Sie völlig recht, Kollege Reinhart. Ich bedanke mich für den Zwischenruf.
Ein Wort noch, Herr Kollege Stoch, zum Thema Testergeb nisse. Sie wissen, wir sind da unterschiedlicher Meinung. Klar ist: Wäre ich in der letzten Legislaturperiode Kultusminister gewesen, würde auch ich behaupten: „Mit meiner Politik ha ben die Testergebnisse überhaupt nichts zu tun.“
Die Wissenschaftler, Herr Stoch, sind sich in einem völlig einig, nämlich darin, dass Sie zusammen mit Ihrer Vorgänge rin – ich gebe auch zu: Ihre Vorgängerin mehr als Sie – Un ruhe an den baden-württembergischen Schulen geschaffen ha ben,
Ich darf Sie zitieren: „Wir brauchen... keinen ideologischen Streit.“ Da haben Sie völlig recht. Aber ich glaube, meine Da men und Herren, darüber, wer den ideologischen Streit in der Bildungspolitik angefangen hat, kann man trefflich nachden ken und kommt wahrscheinlich zu zutreffenden Ergebnissen.