Protokoll der Sitzung vom 08.06.2016

Nein, Herr Kollege, das kommt von außerhalb, das kommt nicht von Parteitagen, sondern von klaren Stellungnahmen – –

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Das Wort hat Kollege Pro fessor Dr. Reinhart.

Das kommt von klaren Aussagen und Kommentierungen. Das ist auch die Realität. Denn Sie wissen, dass beide ihre Aussagen dazu gemacht ha ben und erklärt haben, dass sie nicht bereit sind, in irgendwel che Koalitionen zu gehen. Zum Schluss war das Ergebnis, dass im Grunde genommen die grün-schwarze Koalition als einzige Option realistisch übrig geblieben ist. Auch das muss man einmal klar sagen. Ich bin froh darüber, dass daraus nun vor allem eine Perspektive mit 141 Seiten Koalitionsvertrag gemacht wird, wo – –

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wo nix drinsteht!)

Herr Kollege Drexler, zu dem, was da drinsteht, kann ich Ihnen eines sagen: In vielen Bundesländern ist der Koalitions vertrag erheblich kürzer

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Klar! – Weitere Zuru fe)

und vor allem weniger konkretisiert. Doch zwei Gewisshei ten sollten Ihnen bekannt sein. Zum einen, Herr Rülke, hatte der hochgeschätzte verstorbene Kollege Westerwelle immer damit zu leben und darunter zu leiden, dass er 2009 zu rasch ein Ende der Koalitionsverhandlungen wollte,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Richtig! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

um als Außenminister unterwegs zu sein, und einen Koaliti onsvertrag geschlossen hat, in dem die meisten Punkte offen geblieben sind.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Genau! So wie Sie!)

Alle Analytiker haben gesagt: Das war damals bei der Koali tion in Berlin ein Problem, das mit dazu geführt hat, dass es schiefgegangen ist.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Genau! – Zuruf des Abg. Andreas Glück FDP/DVP)

Zum anderen sage ich Ihnen: Wenn Sie sich einmal mit der Geschichte dieser Bundesrepublik befassen, dann werden Sie feststellen – deshalb kann ich Sie alle wieder zu einer ganz lo ckeren Gelassenheit zurückführen – –

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wir sind ja locker!)

Das freut mich, Herr Kollege Drexler. Wenn man den 70. Geburtstag gefeiert hat, dann muss man ein bisschen lo cker sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aber nur bei der ersten Sitzung!)

Gut. – Ich will aber hinzufügen: Jeder, der sich mit Koaliti onen und Politikgeschichte befasst, wird Ihnen erklären und bestätigen, dass auch in der deutschen Politik viele große Fra gen entschieden worden sind, die gar nicht im Koalitionsver trag vereinbart waren. Vielmehr müssen sie von den Partnern auf der Strecke entschieden werden.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Wollen Sie damit sagen, es kommt auf den Koalitionsvertrag gar nicht an?)

Darauf wird es ankommen. Der Wille ist vorhanden – bei Tho mas Strobl, auch beim Ministerpräsidenten, bei uns allen –, dass wir auf der Strecke dieser fünf Jahre das Beste daraus machen für dieses Land, dass wir Verantwortung fühlen für dieses Land.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Es wird immer so getan, als enthielte der Koalitionsvertrag nichts Konkretes. Ich nenne einmal einen einfachen Punkt. Nehmen Sie die E-Mobilität. Ich sage Ihnen voraus: Wir wer den hier auf das Gaspedal treten und in die Poleposition vor stoßen. Das ist unser Ziel.

(Beifall bei der CDU und den Grünen – Zurufe)

Für uns wird der Grundsatz der deutschen Mannschaft vor der Fußballeuropameisterschaft gelten: Wir wollen die Erwartun gen sogar übertreffen, die an diese Koalition gestellt werden, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist keine große Kunst! – Abg. Konrad Epple CDU: Bravo!)

Herr Kollege Gall, ich weiß, Sie haben auch in Interviews zum Ausdruck gebracht: „Wie schön wäre es gewesen, wenn ich als Innenminister von den Grünen das bekommen hätte, was der Innenminister Strobl jetzt durchgesetzt hat.“ Ich kann den Schmerz verstehen,

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

aber wir haben es jetzt nun einmal durchgesetzt. Die innere Sicherheit ist in diesem Vertrag eine Kernkompetenz gewor den. Das ist doch die Realität.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Kollege Stoch hat kritisiert, dass die 500 Millionen € in fünf Jahren in die Infrastruktur investiert werden. Nur hat er natür lich unterlassen, zu sagen, dass diese 500 Millionen € zusätz lich investiert werden. Das ist der Punkt: Sie werden zusätz lich investiert werden!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Warten Sie einmal die Finanzberatungen ab!)

Das ist in der heutigen Zeit ganz wichtig, weil wir alle im Grunde natürlich wissen, dass es einen Investitionsstau gibt und es bei den Kommunen, auch bei den Ländern weiterhin zu viele konsumtive und zu wenige investive Ausgaben gibt. Deshalb ist der Weg, der hier beschritten wird, richtig. Das muss man festhalten.

Damit komme ich auch zu dem Thema Finanzen. Die badenwürttembergische Landesregierung hatte beispielsweise in der Zeit 2008/2009 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 5 % zu verkraften; da musste man Mangel verteilen. Da mals hatte man keine fünf Jahre mit einem Zuwachs der Steu ereinnahmen um insgesamt 40 %.

(Abg. Winfried Mack CDU: So ist es!)

Deshalb sollte man hier, wenn man über Haushaltszahlen re det, auch das vergleichen, was verglichen werden kann.

(Beifall bei der CDU – Abg. Martin Rivoir SPD: Bei fall bei der CDU!)

Herr Kollege Rülke, Sie haben immer gefragt: „Wo ist etwas Konkretes?“ Ich habe die Innovationsoffensive, die Ressour ceneffizienz, die Umwelttechnik und vor allem die 320 Mil lionen € für die Digitalisierung und die Breitbandoffensive angesprochen. Wir wollen doch, dass dieses Land – auch in den ländlichen Räumen – endlich Anschluss hat, dass es kei ne weißen Flecken mehr gibt. Das ist doch konkret – wie auch die 500 Millionen € oder übrigens auch das, was wir für die Familien tun.

Zum Stichwort Schuldenbremse: In der damaligen Kommis sion in Berlin war auch der Ministerpräsident dabei. Sie stand unter der Führung seines Vorvorgängers Günther Oettinger. Herr Drexler war auch dabei; er nickt zustimmend.

(Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch: Er war auch dabei! Ja!)

Ich habe jede Sitzung begleitet. Die Schuldenbremse ist eine Erfindung des Landes Baden-Württemberg. Wir haben das umgesetzt und wollen die Schuldenbremse in der Verfassung verankern. Es tut allen 16 Ländern und dem Bund gut, wenn die Schuldenbremse ab 2020 eingehalten wird. Deshalb ist es gut, wenn diese Erfindung jetzt auch von der baden-württem bergischen Regierung realisiert wird. Hier wollen wir mit gu tem Beispiel vorangehen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

In vielen Bereichen werden wir auf der Strecke auch Themen wie beispielsweise die Flüchtlingskrise etc. zu besprechen ha ben. Es wurde hier bedauert, dass das Integrationsministeri um aufgelöst wurde. Auf der anderen Seite hat der Minister präsident hier zu Recht gesagt: Die Kompetenzen und Hand lungsmöglichkeiten eines solchen Mini-Miniministeriums, das wir hatten, waren so beschränkt, dass dieser große Auftrag von dem, was früher ein Referat war, überhaupt nicht hat er füllt werden können.

Deshalb hat diese Regierung, wie ich finde, auch in der Struk tur zwei Dinge richtig gemacht. Die entsprechende Forderung trägt natürlich auch unsere Handschrift. Das eine ist, dass man die Integration in größere Ministerien, nämlich in das Innen- und das Sozialministerium, integriert. Das andere ist – das fü ge ich hinzu –, dass es ein Fehler war, dass Sie das Finanz- und das Wirtschaftsministerium fusioniert hatten. Das war ein Fehler in Ihren Regierungsjahren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Deshalb ist es richtig, dass wir das Wirtschaftsministerium wieder zu einer eigenen Bedeutung zurückführen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Diese Aussage können Sie nicht ansatzweise belegen!)

Wir werden eine Innovationswerkstatt einrichten, die nach weltweiten Trends forscht und vor allem auch das Handwerk und den Mittelstand auf dem Weg in die Zukunft unterstützt. Bürokratische Hürden werden abgebaut, und den Familien unternehmen wird wieder mehr Eigenverantwortung zuge standen. Dazu zählt auch das eben vom Kollegen Stoch kriti sierte Bildungszeitgesetz.

Wenn hier evaluiert wird – – Oder nehmen Sie auch den an deren Begriff. Sie haben ja Begriffe gezählt. Angeblich sind es – – Wie oft? 187-mal.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Prüfen, aber ohne „evaluieren“!)

Prüfen. In der Bibel kommt das Wort „Wein“ 167-mal vor. Sie haben jetzt 187-mal das Wort „prüfen“ gezählt. Das ist si cherlich auch berechtigt, Herr Kollege Rülke.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Die Bibel ist noch etwas seriöser!)