Protokoll der Sitzung vom 15.12.2017

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dem Gesetz ist damit mehrheitlich zugestimmt.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Konrad Epple CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben noch über Ab schnitt B der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Fi nanzen abzustimmen. Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, von der Mitteilung des Ministeriums für Finanzen vom 9. November 2017 – Bericht der Gemeinsamen Finanzkommission –, Druck sache 16/3020, Kenntnis zu nehmen. – Sie stimmen dem zu.

Damit ist Punkt 2 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD – Gesetz zur Änderung der Landeshaushaltsordnung – Drucksache 16/2861

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Fi nanzen – Drucksache 16/3101

Berichterstatter: Abg. Tobias Wald

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Frakti on festgelegt.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich das Wort für die Fraktion GRÜNE dem Kollegen Dr. Rösler.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in zweiter Lesung den Gesetzentwurf der SPD zur Änderung der Landeshaushaltsordnung.

Die SPD greift in ihrem Gesetzentwurf eine zentrale Frage der Finanzpolitik auf, über die wir uns nicht nur in den letz ten Monaten, sondern auch in den letzten Jahren im Finanz ausschuss immer wieder über alle Parteigrenzen hinweg aus getauscht haben, in einem Wettbewerb durchaus gerechtfer tigter, konkurrierender Ideen.

Erstens: Wie sollen wir mit der Rückzahlung von Kreditmarkt schulden umgehen? Es gibt hier einen parteiübergreifenden Konsens, das ist wichtig; über die Höhe streiten wir. Dazu ge hören natürlich auch die Ausgaben oder die Rückzahlungen, die irgendwann erforderlich sind – bei der NECKARPRI oder bei der Finanzierungsgesellschaft für öffentliche Vorhaben des Landes Baden-Württemberg. Wir Grünen waren – das darf man auch einmal sagen – nicht an der Entstehungsgeschich te dieser verdeckten Schulden beteiligt. Auch das gehört aber zur Debatte.

Zweitens: die Pensionsansprüche, die sich inzwischen auf über 100 Millionen € aufgetürmt haben – berechtigte Pensi onsansprüche von Beamtinnen und Beamten des Landes –, und im Kontext dazu der Aufbau einer Versorgungsrücklage und eines Versorgungsfonds, in denen sich aktuell 6,3 Milli arden € befinden. An dieser Stelle gehört ausdrücklich noch einmal dem ehemaligen Ministerpräsidenten Oettinger ein Lob ausgesprochen, der als Erster veranlasst hat,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau! Ja!)

dass das Land für jeden neu eingestellten Beamten 500 € pro Monat in den Versorgungsfonds des Landes einzahlt. Das war

damals eine schwarz-gelbe Entscheidung, daran war auch die FDP beteiligt. Grün-Rot hat es gemeinsam weitergeführt und im Gegensatz zu Bayern nicht gedeckelt oder heruntergesetzt. Grün-Schwarz erhöht das jetzt noch einmal, wie auch heute schon zu hören war, auf jeweils 750 € bzw. 1 000 € pro Monat für neue Stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Bei fall bei den Grünen)

Es gibt als dritten Punkt die implizite Verschuldung, über die heute auch schon viel strittig diskutiert wurde – beim Sanie rungsstau des Landes, bei unseren Liegenschaften. Es besteht ein hoher Bedarf, hier nachzujustieren und die zum Teil ma roden Verhältnisse zu verbessern. Natürlich gibt es auch hier einen weitgehenden Konsens. Der ehemalige Finanzminister Schmid hatte die Frage, wie wir mit impliziter Verschuldung umgehen, mit ins Spiel gebracht, Grün-Schwarz hat es jetzt umgesetzt – die Finanzministerin und die Finanzstaatssekre tärin haben es immer wieder vorgetragen –, und auch der Rechnungshof trägt dieses Konstrukt mit, auch wenn es hier einen – ich sage einmal so – Wettbewerb der Ideen oder Ge wichtungen gibt, wie man damit umgehen soll. In diesem Kontext ist durchaus auch der Gesetzentwurf der SPD zu ver stehen.

Vorletzter Punkt: Wir werden bis zum Jahr 2019 natürlich, wie im Grundgesetz vorgesehen, kein strukturelles Defizit mehr haben. Dann ist diese Baustelle abgeräumt.

Fünfter und letzter Punkt: Es gibt einen Mehrbedarf – der von der jeweiligen Landesregierung politisch begründet wird – für die politischen Schwerpunkte.

Diese fünf Punkte sind die großen Punkte, innerhalb derer sich die Finanzpolitik bewegt und bewegen muss und bei denen wir uns wohl in dem Sinn streiten, dass es den Schweiß der Edlen wert ist, hier zu gewichten und zu priorisieren. Das tun wir; das tut die Opposition mit anderen Vorschlägen. Das ist legitim, auch wenn wir denen nicht zustimmen.

Das möchte ich auch begründen: Mit Ihrem Gesetzentwurf, werte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, schlagen Sie vor, die Tilgung impliziter Schulden auf Einzahlungen in die Versorgungsrückstellungen und Nettobauinvestitionen zu be schränken. Sie haben in den Beratungen darzulegen versucht, dass das ein vermittelnder Vorschlag wäre. Wir sind dem nicht beigetreten; denn bereits die Ausschussberatungen haben ge zeigt, dass dieser Gesetzentwurf der SPD eben doch nicht wirklich für Maß und Mitte steht. Vielmehr würden aus Ihrem im Entwurf vorliegenden Gesetz teils drastische negative Fol gen entstehen, die wir, die grün-schwarzen Regierungsfrakti onen, nicht mittragen.

Erstens: Der kommunale Sanierungsfonds in Höhe von 380 Millionen € für 2018 und 2019, auf den sich die kommunalen Landesverbände mit uns, dem Land, geeinigt haben, könnte nicht realisiert werden. Es wäre wohl ein einmaliger Vorgang, wenn das Land diese einvernehmliche Vereinbarung mit den Kommunen nachträglich und mitten in der Laufzeit aufkün digen würde. Das kann nicht Sinn und Zweck der Angelegen heit sein.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Es war übrigens eine freiwillige Entscheidung von GrünSchwarz, diesen kommunalen Sanierungsfonds aufzulegen bzw. 10 % an die Kommunen abzugeben. Das war freiwillig, kommunalfreundlich, während die SPD, der ich jetzt wahr haftig nicht Kommunalfeindlichkeit unterstellen will – das wäre zu weitgehend; das wäre nicht richtig – –

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Völlig falsch!)

Aber Sie haben diesen Effekt wohl nicht bedacht, den dies auslösen würde und der im Effekt kommunalfeindlich wäre.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: In Ihrem Konzept, ja!)

Die Kommunen haben die zugesicherten Gelder bereits fest verplant, für Schienenfahrzeuge – –

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, ich bitte Sie, zum Ende zu kommen. Ihre Sprechzeit ist beendet.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Schon lange!)

Ja, seit zwei Sekunden.

Beendet ist beendet.

(Vereinzelt Heiterkeit und Beifall)

Jawohl. – Ich will der SPD diese Kommunalfeindlichkeit nicht vorwerfen, aber Sie haben es im Endeffekt nicht bedacht. Aus diesen und anderen Gründen – wie im Finanzausschuss bereits vorgetragen – wer den wir Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Sabine Wölfle SPD: Welche Überraschung! – Abg. Andreas Kenner SPD: Das ist der Fehler!)

Für die CDU-Fraktion er teile ich das Wort dem Kollegen Dr. Schütte.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Jetzt kommt die Zuga be!)

Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zentral geht es doch beim Thema „§ 18 der Landeshaushaltsordnung“ darum, wie sehr der Staat auf Kosten der Vergangenheit bzw. zulasten zu künftiger Generationen lebt: Straßen oder Gebäude, die vor 20 Jahren erstellt worden sind und heute nur noch abgenutzt werden, finanzielle Lasten in Form von Schulden oder unter lassene Investitionen in Zukunftstechnologien. Allzu häufig hat sich Politik nur um das Jetzt gekümmert.

Bei zugegebenermaßen guten Steuereinnahmen macht die grün-schwarze Landesregierung damit Schluss. Zum Ersten werden im Doppelhaushalt 2018/2019 Kredite in der Summe von einer halben Milliarde Euro getilgt. In den Jahren 2008 bis 2017 – zehn Jahre – gab es drei Haushalte, in denen es Neuverschuldung gab. Selbst der Haushalt in der wirtschaft lich schwierigsten Zeit – 2009 – ist ohne Neuverschuldung

ausgekommen; in den Jahren 2013 und 2014 – jeweils; so, wie Sie es bestätigt haben, Herr Kollege Hofelich – sind unter Re gierungsbeteiligung der SPD damals Kredite aufgenommen worden.

Interessanterweise behaupten Sie auch jetzt, dass Krediter mächtigungen eigentlich keine Rolle spielen. Man könne sie einfach so ablösen. Das haben Sie nicht getan, und ich möch te hier kurz erklären, warum das auch nicht so einfach mög lich ist.

Am Ende eines Jahres bleiben Mittel, die zu dem Jahr gehören, aber nicht ausgegeben werden, beispielsweise Zuschüsse an Kommunen, die nicht abgerufen werden. Damit wir dann das Geld haben, wenn es so weit ist, müssen wir das Geld entwe der auf der Bank haben oder müssen über Kreditermächtigun gen verfügen.

(Abg. Winfried Mack CDU: So ist es!)

Wenn wir jetzt 900 Millionen € an Kreditermächtigungen we niger haben, haben wir 900 Millionen € mehr auf der Bank. Da das Finanzministerium clever ist, nehmen sie natürlich die existierenden Schulden und „netten“ das mit den 900 Millio nen €, sodass wir netto genau 900 Millionen € weniger Schul den haben, als wenn wir die Kreditermächtigungen behalten würden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen – Abg. Tobias Wald CDU: Sehr gut erklärt, Herr Kol lege! – Abg. Thomas Blenke CDU zur SPD: Haben Sie es jetzt kapiert?)

Neben der Reduktion der expliziten Verschuldung legen wir noch einmal 120 Millionen € bei der Zuführung in den Ver sorgungsfonds drauf.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)