Nicht wenige, die schon länger hier sitzen – ich meine nicht nur die Kolleginnen und Kollegen der SPD –, waren in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten an verschiedenen Lan desregierungen beteiligt und haben dazu beigetragen, die Po lizei in eine Mangelsituation zu treiben und damit unseren Rechtsstaat massiv zu gefährden.
Als Folge dieser verfehlten Politik fühlen sich unterschiedli che Gruppen bemüßigt – seien es nun randalierende Hooli gans, Salafisten oder sonstige gewalttätige Straftäter –, zuneh mend auch dazu verleitet, Rechtsstaat und Polizei herauszu fordern. Auch im Fußball erleben wir diese unselige Entwick lung seit Jahren in allen Klassen. Ich empfehle Ihnen, in die Suchmaschine einfach einmal „Gewalt im Fußball“ einzuge ben, und Sie werden auf unendlich viele Meldungen stoßen.
Im vorliegenden Gesetzentwurf soll der Rechtsstaat weiter ge schwächt werden, und zwar durch Privatisierung des Rechts und Abhängigmachung vom Geldbeutel des Veranstalters. Sie eröffnen damit Gewalttätern die Chance, gegnerische Verei ne durch Randale in die Kostenfalle zu treiben. Sie wollen die Möglichkeit der Abwälzung der Kosten für Polizeigroßeinsät ze auf die Veranstalter schaffen. Veranstalter sollen zukünftig Kosten für Polizeikräfte tragen, und zwar zusätzlich zu den Aufwendungen, die sie ohnehin schon für die Sicherung ih rer Veranstaltung bewältigen müssen.
Sprich: Vereine ohne üppiges Finanzpolster haben erhebliche Probleme, Kosten zu stemmen. Damit wird die Sicherheit vom
Meine Damen und Herren, hinzu kommt ein weiterer Aspekt: Der von der SPD vorgelegte Entwurf entspricht weitgehend dem aus dem rot-grün regierten Bremen von 2014. Für einen auf der Grundlage der Bremer Regelung erlassenen Gebüh renbescheid hat das Verwaltungsgericht Bremen mit Urteil vom 17. Mai 2017 entschieden, dass keine ausreichend be stimmte Grundlage für die Festsetzung von Gebühren vorlie ge. Weil ein Veranstalter selbst bei Kenntnis möglicher Be messungsfaktoren die Höhe der Gebühr im Vorhinein nicht abschätzen könne,
Im vorliegenden Entwurf stellt sich die gleiche Problematik. Zwar sieht er im Gegensatz zu der Bremer Regelung einen Gebührenrahmen mit Mindest- und Höchstsätzen vor, aber am Ende kommt es für die anfallenden Kosten auf den Umfang des Polizeieinsatzes an.
Welchen Kräfteaufwand die Polizei – das haben wir auch von Vorrednern schon gehört – üblicherweise und in der Situati on für notwendig erachtet, hat der Veranstalter hingegen eben nicht in der Hand. Er kann es auch nicht abschätzen, insbe sondere dann nicht, wenn Krawallmacher von auswärts anrei sen.
Meine Damen und Herren, wir, die AfD-Fraktion, lehnen die sen Vorschlag ab. Wir wollen nicht die Unschuldigen und Ge waltlosen zur Kasse bitten. Sicherheit ist eine Aufgabe des Staates und darf definitiv nicht vom Geldbeutel abhängig sein. Deshalb muss die Polizei, die trotz vieler widriger Umstände eine exzellente Arbeit in unserem Land leistet, personell wei ter gestärkt werden.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion – das kann man erkennen – ist nicht irgendwie eine Werbeveranstal tung, die wir in der Halbzeit machen. Vielmehr gehen wir auf das ein, was wir auch im letzten halben Jahr wieder erlebt ha ben.
Frau Kollegin Häffner, das mit Ihren Stadionallianzen ist ja alles recht und gut, das ist alles super. Aber schauen Sie sich einmal die Statistik des Innenministeriums von der Hinrunde an. Sie weist einerseits eine Reduzierung der Zahl der Straf taten aus – richtig –, aber gleichzeitig auch eine deutliche Er höhung der Zahl der Polizeieinsatzkräfte im Vergleich zum
gleichen Zeitraum der letzten Saison. Jetzt frage ich Sie, Kol leginnen und Kollegen: Was führt zu der Reduzierung der Kri minalität: Ihre Stadionallianzen oder die Arbeit der Polizeibe amtinnen und Polizeibeamten, die in vielen Überstunden die se Arbeit machen müssen?
Wir kamen vor Kurzem mit Fanbeauftragten vieler Vereine in Baden-Württemberg zusammen. Da konnte uns niemand so richtig erklären, was jetzt der Unterschied zu dem ist, was sie ohnehin schon tun.
Meine Damen und Herren, wenn wir das erkennen, was die Statistik des Innenministeriums selbst darstellt, geht es uns natürlich um die Frage: Bekommen wir Fußballspiele, gera de Hochrisikospiele – – Um das geht es uns, und wer den Ge setzentwurf genau liest, kommt auch auf dieses Ergebnis.
Und, Frau Häffner: Ich muss in ein Gesetz nicht hineinschrei ben, wer bestimmt, wie hoch die Gebühren sind. Das macht bei uns der Staat. Wenn bei Ihnen ein Verein auf einem öffent lichen Platz eine Veranstaltung macht und der Bauhof im An schluss dort sauber machen muss, dann bestimmt der Bauhof, was er dazu braucht, um es sauber zu machen, und wird Ih rem Verein die entsprechenden Gebühren in Rechnung stel len. Dass diese Frage für Sie offen ist, ist weniger ein Prob lem dieses Gesetzentwurfs, sondern eher ein Problem Ihres Verständnisses, wie man in Baden-Württemberg Gebühren er hebt, Kollegin Häffner.
Meine Antwort auf die Frage, wie man weiter damit umgeht, lautet: Mit mehr Polizei. Wir brauchen immer mehr Polizei, um die Kriminalität rund um Fußballspiele einzudämmen. Ich kann mich noch gut an die folgende Aussage erinnern – scha de, dass der Kollege Walter nicht da ist; denn er war ein gro ßer Verfechter der neuen Willkommenskultur –: Weniger Po lizei an den Bahnhöfen und weniger Polizei unterwegs zu den Stadien würde dazu führen, dass wir ein geringeres Gewalt potenzial bei den Fans hätten. Ich kann nur konstatieren: Die se Willkommenskultur sieht im Ergebnis so aus, dass im Ver gleich zur letzten Saison insgesamt fast 6 000 Polizeieinsatz stunden mehr angefallen sind. Das ist die Willkommenskul tur, für die sich Kollege Walter so einsetzt.
Es ist Fakt: Nur mit mehr Polizei kann das Innenministerium dafür sorgen, die Gewalt einzudämmen. Die Stadionallianzen scheinen dazu wenig beizutragen.
Damit will ich die Arbeit der Vereine im Vorfeld gar nicht kleinreden. Die ist richtig, und es sind auch wichtige Präven tionsmaßnahmen. Aber es gibt eben einen Teil derer, die Fuß ballspiele besuchen, den ich mit allen Maßnahmen nicht er reiche, und wir haben nach wie vor in Teilen in diesem Be reich das Problem, dass es keine klare Abgrenzung zwischen Gewalttätern und Fans gibt.
Wie bekomme ich denn die Vereine dazu, Stadionverbote aus zusprechen? Darauf möchte ich noch einmal zurückkommen;
denn das ist unser Problem, dass die DFL nicht sagt, welche Vereine bereits Maßnahmen getroffen haben – Baumaßnah men usw. –, und es überhaupt keinen Überblick gibt. Weder das Innenministerium noch sonst irgendjemand kann sagen, was denn die Vereine von dem, was wir miteinander verein baren, selbst einlösen. Die gehen dort hin, sagen: „Wir ma chen das alles, und wir versuchen das alles“, und dann gehen sie wieder nach Hause.
Aber die Frage ist doch: Der Grund für diese Mehrarbeitsstun den bei der Polizei – er wird u. a. vom Innenministerium ge nannt – ist der Spielplan. Im Übrigen ist ein Bestandteil un seres gesamten Maßnahmenkatalogs, dass man den Spielplan nach der Sicherheitslage ausrichten muss. Wenn die DFL je doch meint, den Spielplan danach ausrichten zu müssen, bei welcher Ausgestaltung sie mehr TV-Gelder bekommt und auch die Vereine mehr TV-Gelder bekommen, aber dadurch die Einsatzstunden der Polizisten in Baden-Württemberg stei gen, dann, finde ich, gibt es genügend Gründe dafür, hierfür Gebühren zu erheben, Kolleginnen und Kollegen.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wir haben gehört, es geht um Hoch risikospiele, es geht um Fußball. Aber das Wort Fußball kommt in diesem Gesetz kein einziges Mal vor. Warum ist das so? Sie müssen es natürlich allgemeiner formulieren. Dabei han deln Sie sich aber gleich ein Problem ein, auf das ich noch zu sprechen komme.
Ich sage aber etwas Positives vorweg: Es ist kein Fehler, über einen solchen Vorschlag wieder einmal zu diskutieren – zu mal es auch bei den Menschen im Land sicher eine nahelie gende Vorstellung ist, dass man von den Vereinen ein bisschen Geld dafür verlangen kann, dass dort so viele Beamte hinge schickt werden müssen; denn sie verdienen viel Geld, bezah len ihre Spieler gut usw. Daher ist dieser Gedanke nicht fern liegend.
Dass hierüber diskutiert wird, ist vielleicht auch deswegen gut, weil man daran erinnern muss, dass wahrscheinlich – auch da haben Sie recht – die Vereine noch nicht genug dafür tun, uns zu helfen und darauf hinzuwirken, dass keine Gewalt stattfindet.
Es gibt natürlich eine gewisse Scheu gegenüber den Fans, nämlich die Scheu, dass man sie verprellt. Da darf man sich schon auf den Standpunkt stellen: Wir erwarten doch schon ein bisschen mehr von den Vereinen selbst, uns dabei zu hel fen, Krawalle während der Hochrisikospiele zu verhindern.
Aber trotzdem wollen wir diesen Vorschlag der SPD-Frakti on nicht mittragen – zumindest nicht in einem wesentlichen Teil. Was Sie zu den Meldeauflagen wollen, ist in Ordnung. Da kann man sagen: Das ist schon geregelt. Aber es ist kein Fehler, wenn es noch ein wenig deutlicher geregelt wird.
Aber der kritische Punkt ist natürlich der Kostenersatz. Da gibt es nach unserer Meinung ganz einfach Abgrenzungspro
bleme. Wann ist eine Veranstaltung kommerziell? Wann fällt sie unter dieses Gesetz? Wir würden bei der Durchführung dieses Gesetzes mit Sicherheit auf viel mehr Veranstaltungen stoßen, als wir jetzt denken, die einen ideellen Charakter ha ben, aber bei denen doch ordentlich Geschäft darum herum gemacht wird. Es gibt unseres Erachtens nach endlose Defi nitionsschwierigkeiten und Abgrenzungsschwierigkeiten.
Zweitens: Ein simpler Punkt ist das Thema Durchführung. Darauf haben wir bereits früher hingewiesen. Nehmen wir ein mal an, bei einem Hochrisikospiel bleibt es total ruhig. Auch dann muss der Verein trotzdem das Gleiche bezahlen. Das könnte den kuriosen Nebeneffekt haben, dass die denken: Na ja, wenn wir sowieso bezahlen, dann lasst es doch die Polizei machen. Das ist keine unwahrscheinliche Prognose.
Der dritte Punkt ist folgender: Es besteht natürlich die Gefahr, dass diese Kosten, wenn sie erhoben werden, schlicht und ein fach auf den Eintritt umgelegt werden. Das wird jeder Verein machen. Das heißt nichts anderes, als dass Fans, die eigent lich in harmloser Absicht dort hingehen, am Schluss die Ze che bezahlen, wenn Krawalle stattfinden.
(Beifall bei der FDP/DVP sowie der Abg. Siegfried Lorek CDU und Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos] – Abg. Dr. Rainer Podeswa AfD: Genau!)
Gestatten Sie mir natürlich noch eine letzte Bemerkung ord nungspolitischer Art, lieber Kollege Binder. Da geht es um die Aufgabe des Staates, um die Abgrenzung Staat/privat. Wenn es nun schon so ist, dass die SPD bereits Schnappatmung be kommt, wenn man dem Staat irgendeine Aufgabe abnimmt – und sei es nur die Sozialarbeit in der Bewährungshilfe –, dann sage ich Ihnen jetzt einmal: Man muss diese Grenze auch um gekehrt im Auge behalten. Wollen wir wirklich, dass für die Leistung „Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ Geld bezahlt wird, dass diese Leistung käuflich wird?
Herr Stickelberger hat darauf hingewiesen, dass der FC Basel jedes Jahr einen namhaften Betrag an den Kanton bezahlt. Ge rade das hat mir klargemacht: Da wird die öffentliche Sicher heit käuflich. Vielleicht kommen dann morgen ein paar ande re und sagen: „Wir haben genug Geld; wir zahlen jetzt Geld dafür, wenn ein Streifenwagen abends etwas häufiger bei uns im Viertel Streife fährt.“
Da wird klar: Es gibt Aufgaben des Staates, die er zu leisten hat und für die er im Grunde auch zu bezahlen hat. An diesem Grundsatz möchten wir festhalten.