Es gibt nun seit Kurzem einen Vorschlag aus den Reihen der CDU, die Beweislastumkehr bei der Altersangabe einzufüh ren. Dem Flüchtling wird zur Auflage gemacht, seine Minder jährigkeit zu beweisen; andernfalls würde er sofort als voll jährig gelten. Das ist grundsätzlich ein vernünftiger Ansatz. Aber zum einen kommt er, wie man das jedem informierten Bürger gar nicht zu sagen braucht, viel zu spät, und zum Zwei ten hat auch dieser Vorschlag bei genauerem Hinsehen durch aus seine Nachteile, jedenfalls wenn man das ernst nimmt, was die Presse schreibt. Da ist ja vielleicht nicht alles drin, was dazugehört.
Denn letzten Endes könnte das wieder zu einer Umkehr füh ren, sodass dann plötzlich jeder, der keine Dokumente hat, der sein Alter nicht beweisen kann, als Erwachsener gilt – viel leicht auch der Dreijährige, der Säugling oder das Kleinkind mit Windeln. Auch das kann nicht zielführend sein, liebe CDU.
Wir benötigen die Beweislastumkehr und eine medizinische Altersbestimmung. Dabei macht es Sinn, die Grenze der Al tersbestimmung nach unten bei der Strafmündigkeit anzuset zen und mit einer Inaugenscheinnahme zu verbinden. Ein Säugling muss dann nicht geröntgt oder sonst wie auf sein Al ter untersucht werden, weil das aufgrund der Inaugenschein nahme dann klar ist, und wer als unter 14-Jähriger gilt, wird dann vielleicht auch nicht verwechselt mit einem 18-Jährigen, 20-Jährigen, 30-Jährigen, 70-Jährigen, 100-Jährigen – wo man das Alter ja heutzutage manchmal nicht genau erkennen kann. Es gibt Fotos, auf denen man jemanden sieht, der wenige Zäh ne im Mund hat, und dann steht darunter: Das ist ein Flücht ling, der gerade die ersten Zähne bekommt.
Ihr Handeln, liebe CDU – bzw. Ihr Nichthandeln –, ist im Sin ne des Grundgesetzes sowie auch völkerrechtlich mehr als zweifelhaft.
Herr Innenminister, Sie wissen sehr wohl, dass Sie quasi über Nacht die ergänzende Verwaltungsvorschrift des Landes zum Ausländerrecht zu Nummer 49 ändern könnten, um die Aus länderbehörden in die Lage zu versetzen, flächendeckende Volljährigkeitsprüfungen durchzuführen. Dass Sie dies bisher
nicht getan haben oder dass das nicht umgesetzt wird, hat aus meiner Sicht nur einen einzigen plausiblen Grund: Sie wollen es nicht.
und keine fürsorgelosen gesellschaftlichen Experimente in Verbindung mit Minderjährigen mehr zu veranstalten. Wir wehren uns ausdrücklich gegen diese Experimente mit Min derjährigen und die falsche Behandlung von Minderjährigen und scheinbar Minderjährigen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wir diskutieren heute Morgen über eine oder mehrere Drucksachen zu unbegleiteten minderjährigen Ausländern in Mannheim.
Dazu eine Vorbemerkung. Es ist ohne Frage Ihr gutes Recht, das Thema einer Aktuellen Debatte hier frei zu wählen. Aber es ist doch alles andere als normal, dass wir hier über einen Antrag diskutieren, in dem Sie 15 Fragen an die Landesregie rung stellen und diese hier für eine Aktuelle Debatte einrei chen,
ohne dass die Antworten vorliegen und während die Beant wortungsfrist für die Landesregierung noch läuft. – Wie ge sagt, es ist Ihr gutes Recht.
Sie haben erst gestern Abend bemerkt, dass Sie in den letzten Wochen gleich mehrere Anfragen und Beschlussanträge zum gleichen Thema eingereicht haben. Auf den letzten Drücker, nämlich gestern Abend, E-Mail-Eingang 19:05 Uhr, haben Sie
dann noch einen Änderungsantrag zum Beschluss nachge reicht. Diesen Änderungsantrag zum Beschluss legen Sie jetzt hier im Plenum vor.
Sie wollen jetzt flächendeckend alle unbegleiteten und beglei teten minderjährigen Ausländer, die „augenscheinlich bereits strafmündig sind“, medizinisch auf das Alter untersuchen las sen.
Nein, ich lasse keine Zwischenfragen zu; denn die Form der Debatte, die Sie gewählt haben, beschränkt unsere Redezeit, während Ihnen das Doppelte zugebilligt wird. Aber das ist ein anderes The ma.
Einen Sinn ergibt diese Forderung auch nicht, außer dass sie Ihnen einmal mehr ermöglicht, lautstark von den eigenen Un zulänglichkeiten abzulenken,
weil Sie jetzt sogar diejenigen medizinisch auf ihr Alter un tersuchen lassen wollen, deren Alter durch Ausweisdokumen te zweifelsfrei belegt ist. Das steht in Ihrem Beschluss.
Uns, der Fraktion GRÜNE, ist selbstredend wichtig, dass Min derjährige – und nur Minderjährige – in Obhut genommen werden. Das schreibt uns das Gesetz auch so vor. Wir achten darauf – nach meiner Erfahrung achten auch die Jugendäm ter, schon allein aus Kostengründen, sehr sorgfältig darauf –, dass eine realistische Alterseinstufung vorgenommen wird –
Wir haben in diesen Tagen lesen können, dass das Innenmi nisterium von den 7 500 in Baden-Württemberg bekannten unbegleiteten minderjährigen Ausländerinnen und Ausländern 2 200 nacherfasst hat, offenbar deshalb, weil die Bundesbe hörde in den Jahren 2015 und 2016 eine erkennungsdienstli che Registrierung so, wie es die europäische Asylverfahrens richtlinie vorschreibt, unterlassen hat.
In 800 Fällen sind offenbar Doppelregistrierungen erfolgt, zu meist wegen abweichender Schreibweisen der Namen.
Am Ende blieb eine Gruppe von etwa 50 Problemfällen, die sich einerseits aus Personen zusammensetzt, gegen die straf rechtlich ermittelt wird, und andererseits aus Personen, bei de nen fragwürdige Altersangaben vorliegen.
Das Land Baden-Württemberg und die Kommunen nehmen Flüchtlinge auf, und zwar auch unbegleitete Minderjährige. Es gibt sehr gute Gründe, warum diese Menschen hierher flüchten, und wir bekennen uns zu der Verantwortung, für die se Menschen Sorge zu tragen und sie hier aufzunehmen.