Protokoll der Sitzung vom 24.01.2018

Das Land Baden-Württemberg und die Kommunen nehmen Flüchtlinge auf, und zwar auch unbegleitete Minderjährige. Es gibt sehr gute Gründe, warum diese Menschen hierher flüchten, und wir bekennen uns zu der Verantwortung, für die se Menschen Sorge zu tragen und sie hier aufzunehmen.

Wir sprechen mit den Verantwortlichen der Jugendhilfe und den Betreuerinnen und Betreuern in den Städten und Kreisen sowie mit den Trägern der Jugendhilfe. Sie berichten überein stimmend, dass unbegleitete minderjährige Ausländer zu ei nem großen Teil unauffällige, freundliche und zielstrebige jun ge Menschen sind. Sie berichten uns auch, dass es einen klei nen Anteil von Jugendlichen gibt – in Baden-Württemberg liegt dieser schätzungsweise im niedrigen zweistelligen Be reich; zumindest ist es das, was wir bislang aus dem Innenmi nisterium hören –, die sehr auffällig und hoch problematisch sind.

Das deckt sich mit Erfahrungen, die wir aus anderen Ländern hören. In diesen Fällen sind ganz ohne Frage Polizei und Staatsanwaltschaft in Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der Jugendhilfe zuständig.

In Baden-Württemberg gelten Recht und Gesetz, und der Rechtsstaat regelt auch die Altersfeststellung von Flüchtlin gen. Das ist kein rechtsfreier Raum, sondern dies funktioniert mit bundesgesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensstandards, und es ist Bestandteil der Kinder- und Jugendhilfe.

(Abg. Anton Baron AfD: Nach Aussehen, ja?)

Auf europäischer Ebene laufen derzeit Gespräche über eine Neuordnung. Wir halten eine europaweit einheitliche Rege lung für sinnvoll.

Noch ein Satz zur medizinischen Altersfeststellung: Sogar die Bundesärztekammer hegt massive Zweifel am Sinn der me dizinischen Altersfeststellung, weil es mehrjährige Abwei chungen – Abweichungen von bis zu vier Jahren – gibt, weil mit Vergleichsdaten gearbeitet wird, die erheblich abweichen de Muster aufweisen. Zu glauben, dass die medizinische Al tersfeststellung das allein selig machende Mittel wäre und prä zise Angaben liefern würde,

(Abg. Dr. Gerhard Aden FDP/DVP: Besser als nichts!)

ist so nicht richtig. Deshalb bleiben Zweifel am Sinn dieser Maßnahme.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Blenke.

(Abg. Norbert Beck CDU: Guter Mann! – Abg. Tho mas Blenke CDU schaut auf die Anzeige der Rede zeit. – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ist die Rede zeit schon abgelaufen? – Vereinzelt Heiterkeit)

Ich fange noch gar nicht an, und die Redezeit ist schon beendet. – Guten Morgen, Frau Präsi dentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Die AfD richtet 15 Fragen an die Landesregierung und setzt dann die Fragen auf die Tagesordnung des Plenums, ohne die Antworten abzuwar ten.

(Abg. Anton Baron AfD: Ja! In drei Wochen hätte die Antwort kommen sollen!)

Das kann man machen; das ist zulässig.

(Zurufe von der AfD)

Ja, aber Sie haben der Fristverlängerung zugestimmt.

(Abg. Anton Baron AfD: Ja, gut!)

Das ist zulässig. Mich persönlich hätten aber zuvor schon ein mal die Antworten der Regierung interessiert; Sie interessie ren die Antworten offensichtlich nicht. Das zeigt, worum es Ihnen eigentlich geht: Es geht Ihnen nicht um die Sache, son dern um Stimmungsmache, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der SPD und der FDP/DVP)

Deswegen einmal ganz ernsthaft: Worum geht es denn? Es geht insbesondere um die Situation in Mannheim. In Mann heim befinden sich derzeit gut 200 minderjährige Flüchtlin ge; der Großteil von ihnen verhält sich unauffällig. Aber es gibt eben eine Gruppe – das muss man auch sagen – von ca. zehn bis 15 Jugendlichen, hauptsächlich aus Marokko, die ex trem auffällig sind. Sie lehnen jegliche Mitwirkung ab und fallen durch hohe kriminelle Energie auf. Sämtliche Angebo te zu Betreuung und Integration werden kategorisch abge lehnt, und die Gesetze werden hemmungslos gebrochen. Mitt lerweile gibt es einen Anstieg – so wird berichtet – von Stra ßenkriminalität und anderem. Dazu sagen wir: Das können wir nicht einfach so hinnehmen, meine Damen und Herren.

(Beifall des Abg. Daniel Rottmann AfD)

Es ist doch klar, dass wir selbstverständlich Jugendlichen und Kindern die ihnen zustehende Hilfe zukommen lassen, die sie benötigen. Aber ebenso wird die Erwartung deutlich, dass auch Kinder und Jugendliche, wenn sie hierherkommen, ih ren Beitrag leisten, um Obhut zu bekommen. Dazu gehört auch, sich an unsere Regeln zu halten, sowie – das ist inso fern richtig – bei der Feststellung des Alters mitzuhelfen – in Mannheim, aber auch anderswo.

Die genaue Altersfeststellung ist uns schon wichtig – auch der CDU-Fraktion –, da es beispielsweise andere Zuständigkei ten gibt, je nachdem, ob es sich um Kinder, Jugendliche oder bereits Volljährige handelt. Gerade im Strafrecht, Herr Justiz minister, spielt es eine Rolle, ob jemand 13, 17 oder 22 ist. Bei der Unterbringung spielt dies ebenfalls eine Rolle, vor al lem aber auch bei der Rückführung.

Bei den Jugendlichen liegt bislang die Zuständigkeit bei den Jugendämtern. Die Jugendlichen werden automatisch gedul det; Volljährige müssen ins normale Asylverfahren. Wir von der CDU plädieren dafür, dass die Jugendlichen bei der Al tersfeststellung aktiv mitwirken müssen, und wir sind auch der Meinung, dass man das erwarten kann.

(Abg. Anton Baron AfD: Inwiefern? Was genau?)

Wir würden es deshalb begrüßen, wenn die Altersfeststellung im Vorfeld der Inobhutnahme und der Betreuung von unbe gleiteten minderjährigen Ausländern nicht mehr durch die Ju gendämter, sondern durch die Ausländerbehörden erfolgen würde.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der AfD)

Dazu müssten die Regeln in § 42 f des Sozialgesetzbuchs VIII geändert werden, und man müsste diese Regelungen über die allgemeine Mitwirkungspflicht in den § 15 des Asylgesetzes überführen. Das ist eine Bundesangelegenheit. Wir sind ge spannt, ob sich im Rahmen der anstehenden Verhandlungen etwas tut.

(Abg. Anton Baron AfD: Im Saarland funktioniert das komischerweise!)

Wir würden das sehr begrüßen. Da es eine Bundesangelegen heit ist, macht Ihr Antrag, den Sie heute um 7:05 Uhr – ich weiß es jetzt nicht mehr – nachgeschoben haben

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: 19:05 Uhr!)

19:05 Uhr gestern Abend –, keinen Sinn, und deshalb wird er in diesem Haus auch nicht von Erfolg beschieden sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Wir werden niemanden an den Pranger stellen, der unseren Schutz benötigt und sich entsprechend verhält.

(Beifall des Abg. Daniel Rottmann AfD – Abg. An ton Baron AfD: Wie funktioniert das im Saarland? Können Sie das mal erklären?)

Wer aber offenkundig gerade bei der Altersfeststellung be trügt, um sich Dinge zu erschleichen, der muss mit Konse quenzen rechnen, und dazu sind wir bereit. Wir brauchen aber zunächst einmal die genannte Änderung auf Bundesebene.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der AfD so wie des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Binder das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Die AfD konfrontiert uns heute wieder ein mal mit einem Lehrstück, wie man an Themen herangeht, oh ne sie wirklich im Kern ernst zu nehmen.

(Abg. Anton Baron AfD: Ha, ha!)

Es kommt nicht oft vor, dass die Opposition die Regierung in Schutz nimmt, aber es gehört zum parlamentarischen und de mokratischen Brauch,

(Abg. Anton Baron AfD: Ach!)

dass das Parlament fragt und die Regierung antwortet. Wenn die Regierung nicht rechtzeitig antwortet, bittet sie um Frist verlängerung. Dieser haben Sie zugestimmt. Gleichzeitig erzäh len Sie, Herr Rottmann, es gebe Fälle von angeblich 15-Jäh rigen, die in Wahrheit 30 seien. Zu diesem Fall würde ich gern einmal wissen, wo er stattfand, wer das ist und in welchem Zusammenhang dies steht. Und dann erzählen Sie uns noch etwas von herausgefallenen Zähnen; auch dieser Fall würde mich mit Angabe von Ort und Zeit interessieren. Ich glaube nämlich, dass diese Fälle von Ihnen frei erfunden sind. An sonsten müssten Sie hier Ross und Reiter nennen.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Kollege Blenke hat auf die Mannheimer Situation hingewiesen sowie darauf, dass dort Straftaten begangen werden. Wir hatten kurz vor Weih nachten einen Disput zwischen dem Oberbürgermeister der Stadt Mannheim und dem Innenminister, weil der Oberbür germeister von Mannheim zu genau dem gleichen Ergebnis gekommen ist wie Sie, Herr Blenke, nämlich dass dort Straf taten begangen werden, dass dort eine Gruppe junger Men schen unterwegs ist, die Straßendelikte begehen, und dass die Zahl der Straßendiebstähle stark gestiegen ist.

Zuständig für die Bekämpfung von Straftaten und für gewalt bereite Jugendliche in unserem Land ist nun einmal der In nenminister dieses Landes. Er ist auch sonst für die Sicher heit zuständig; er ist auch für die Sicherheit in Mannheim zu ständig, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Statt sich mit diesem Problem auseinanderzusetzen, auf einen Brief wenigstens einmal eine Antwort zu geben – – Man ver sucht ja schon gar nicht mehr, daran zu denken, dass der In nenminister sich auch einmal vor Ort in Mannheim ein Bild macht, weil er sich zurzeit hauptsächlich in Berlin befindet.