Protokoll der Sitzung vom 24.01.2018

(Heiterkeit des Abg. Ulli Hockenberger CDU)

Gebührentatbestände sind z. B. Genehmigungen jeglicher Art, Auskünfte nach dem Informationsfreiheitsgesetz, Adressän derungen auf amtlichen Dokumenten, die Anerkennung als Wildtierschützer, die Erteilung von Jagdscheinen, der Verhal tenstest bei bestimmten Hundearten, die Genehmigung von Krankentransporten, die Überprüfung von Badeseen und Schwimmbädern, die Überprüfung von Wasserversorgungs anlagen, um nur einige wenige zu nennen.

Gebühren, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden für Amtshandlungen erhoben, die zu Beanstandungen, aber auch nicht zu Beanstandungen führen können. Wo ist es nun geboten, eine Gebühr zu erheben, und wo ist es nicht gebo ten, eine Gebühr zu erheben? Ich könnte Ihnen einige Beispie le nennen, die mir jetzt explizit einfallen und bei denen es viel leicht auch gerechtfertigt wäre, keine Gebühr zu erheben.

Ich meine aber: Auf solche Diskussionen bzw. Einzelfallent scheidungen sollten wir uns hier im Landtag nicht einlassen. Vielmehr sollten wir die Entscheidung den jeweils zuständi gen kommunalen Gebietskörperschaften überlassen.

So sprachen sich auch die kommunalen Landesverbände im Rahmen einer öffentlichen Anhörung gegen die Gesetzent würfe aus, und dies in meinen Augen auch aus einem guten Grund. Denn die in den beiden Gesetzentwürfen vorgesehe nen Ergänzungen würden gegen die Systematik des Landes gebührengesetzes verstoßen, da die bisherigen Regelungen zur Gebührenfreiheit generell und fachübergreifend gelten. Die Systematik des Gebührenrechts ist auch durch die Ver waltungs- und Oberverwaltungsgerichte bestätigt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. An dreas Schwarz GRÜNE)

Deshalb können wir die vorliegenden Gesetzentwürfe nicht mittragen und sollten in der Tat den Stadt- und Landkreisen sowie den Großen Kreisstädten die Entscheidungen im Ge bührenrecht belassen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die AfD-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Stauch.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Nach meiner festen Überzeugung ist die Landesregierung in der Pflicht, auch bei den Kommunen eine einheitliche und nachvollzieh bare Regelung durchzusetzen. Alles andere verletzt das Rechts gefühl der Bürger.

Die Position der AfD ist hier eindeutig: Die Kontrollen sind regulär nicht mit Gebühren zu belegen, wenn der Waffenbe sitzer für die Amtshandlung keinen Anlass geboten hat.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

Ebenfalls darf nach unserer Auffassung keine Gebühr anfal len, wenn die Behörde bei der Kontrolle keine Mängel fest gestellt hat. Ein Anlass in diesem Sinn ist nicht gegeben bei erstmaligem oder wiederholtem erlaubtem Erwerb von Waffen und Munition. Die Menschen dürfen in einer liberalen Rechts ordnung keinen rechtlichen Nachteil aus erlaubter Handlung erleiden.

(Beifall bei der AfD)

Dies wäre nämlich ein Eingriff in die allgemeine Handlungs freiheit, und dieser, meine Damen und Herren, wäre erst ein mal begründungspflichtig.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Können Sie die allgemeine Handlungsfreiheit noch ein biss chen ausführen?)

Grundsätzlich möchte ich betonen: In einem Rechtsstaat kann es für keine Behörde einen Freibrief geben, nach Gutdünken in Grundrechte einzugreifen. Die Unverletzlichkeit der Woh nung ist ein solches Grundrecht. Dort können ohne jede be gründete Vermutung eines Verstoßes gegen die Aufbewah rungspflichten oder eines sonstigen Rechtsverstoßes kosten pflichtige Waffenaufbewahrungskontrollen durchgeführt wer den.

(Beifall bei der AfD)

Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist für einen bestimmten Personenkreis damit de facto aufgehoben. Als Rechtsstaats partei bleiben wir dabei: Die Einschränkung eines Grund rechts bedarf der begründeten Vermutung auf Vorliegen eines Rechtsverstoßes.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Das Willkürverbot im Verwaltungshandeln muss auch im Um gang mit den Waffenbesitzern Beachtung finden. Eine Miss achtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist aus unserer Sicht nicht länger hinnehmbar.

Bemerkenswert ist aber auch, dass der Entwurf, den die FDP/ DVP nun vorgelegt hat, gegenüber unserem Entwurf eine Ver schlimmbesserung darstellt. Im FDP/DVP-Entwurf ist als Vo raussetzung für das Entfallen der Gebühr Folgendes vorgese hen – ich zitiere –:

... sofern bei den Maßnahmen keine Rechtsverstöße, die zur Einleitung von Ordnungswidrigkeits- oder Strafver fahren führen können, festgestellt wurden...

Ich möchte hier nochmals an meine Rede vom 9. November 2017 erinnern, in der ich auf die Allgemeine Verwaltungsvor schrift zum Waffengesetz vom 5. März 2012 hinwies. Dort lässt sich auf Seite 44 zu § 36 Absatz 3 Satz 1 – das können Sie nachlesen – Folgendes lesen – ich zitiere –:

Die verdachtsunabhängigen Kontrollen liegen im öffent lichen Interesse, es sollten deswegen keine Gebühren er hoben werden.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Gedeon [fraktionslos])

Da haben wir wieder eine schwammige Formulierung wie in Ihrem Gesetzentwurf. Formulierungen wie „sollen“, „sollten“, „können“ oder „könnten“ sind in einem Gesetzentwurf fehl am Platz. Damit ist der Willkür Tür und Tor geöffnet.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Sie könn ten doch mal was zur allgemeinen Handlungsfreiheit ausführen!)

Merken Sie was, Herr Professor Goll? Mal ganz ehrlich: An gesichts der Qualität Ihres Gesetzentwurfs habe ich mich schon gefragt, ob Sie schon einmal etwas vom verfassungs gemäßen Bestimmtheitsgebot einer Rechtsnorm gehört haben.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Was heißt denn das jetzt?)

Eine Vorschrift muss immer so gefasst sein, dass der Betref fende weiß, welches Verhalten welche Folgen hat. Das kann der Waffenbesitzer jedoch bei Ihrem Entwurf gerade nicht er kennen. Die Entscheidung über einen Verstoß ist im Vorhin ein für den Waffenbesitzer nicht klar erkennbar, sondern sie wird in das Ermessen des Kontrolleurs gestellt. Konsequen terweise haben Sie von der FDP/DVP ja auch auf eine aus führliche, die Tatbestände umfassend auflistende Begründung in Teil B Ihres Gesetzentwurfs verzichtet. Genau das ist der Unterschied zum Gesetzentwurf der AfD, von dem Sie an sonsten nur abgekupfert haben – aber leider unvollständig.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Herr Professor Goll, von Ihnen hätte ich etwas anderes als die sen mangelhaften Gesetzentwurf erwartet. Wenn Sie es nicht besser können, dann stimmen Sie doch gleich unserem besse ren Gesetzentwurf zu.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Sehr geehrte Damen und Herren von der FDP/DVP, bitte ha ben Sie Verständnis, dass wir Ihrem Gesetzentwurf so nicht zustimmen können.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Geben Sie Herrn Goll noch mal eine Chance!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort dem Kollegen Stickelberger.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE zu Abg. Rainer Stickelberger SPD: Sagen Sie was zur allge meinen Handlungsfreiheit?)

Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beschränke mich auch in der zweiten Lesung auf die Gebührenfrage. Dass ver dachtsunabhängige Kontrollen rechtskonform und verfas sungskonform sind, steht wohl außer Frage. Diese Kontrollen im Bereich des Waffenrechts sind auch notwendig. Das wird ja auch niemand ernsthaft bestreiten wollen.

Ausgangspunkt für die Diskussion ist die unterschiedliche Ge bührenerhebung in den Kommunen. Da ist von „Wildwuchs“,

von „Willkür“ die Rede. Ich möchte das etwas einschränken. Wir haben ein Landesgebührengesetz, das Gebührentatbestän de vorsieht und die Gebührenerhebung an den entsprechen den Verwaltungsaufwand und an die Bedeutung knüpft, die die jeweilige Handlung für den Betroffenen hat – wirtschaft lich oder aus sonstigen Gründen. Wenn es da im Einzelfall dann zu Willkür oder zu Wildwuchs käme, könnten die Ver waltungsgerichte diese Gebührenanforderungen entsprechend korrigieren.

(Abg. Emil Sänze AfD: Die sind beschäftigt!)

Ich würde dieses Geflecht der Zuständigkeiten zwischen dem Land und den Kommunen, wie es das Landesgebührengesetz vorsieht, auch nicht durchbrechen, schon gar nicht wegen des Waffenrechts. Es handelt sich um ein austariertes Rechtssys tem unter Wahrung der Selbstverwaltung der Kommunen. Diese Selbstverwaltung ist uns ein heiliges Gut, das wir nicht geringschätzen dürfen und an dem wir auch nicht drehen soll ten.

Wir sollten uns auch nicht dazu durchringen, hier die sachli che oder die persönliche Gebührenfreiheit zu erweitern. Das sind eng abgegrenzte Tatbestände in besonders gelagerten Fäl len im öffentlichen Interesse. Die Befreiung von Gebühren schuldnern im Waffenrecht steht in der Wertigkeit diesen Aus nahmen in keiner Weise gleich.

Wir sollten es also bei den bisherigen Regelungen belassen und den Vorschlag, den der Vorsitzende des Innenausschus ses auch im Innenausschuss gemacht hat, aufgreifen, dass viel leicht die kommunalen Landesverbände an die Gemeinden herantreten und gegebenenfalls auf eine einheitliche Regelung hinwirken, wenngleich natürlich der Verwaltungsaufwand in den Kommunen durchaus unterschiedlich sein kann. Auch da sollten wir die Gebührenhoheit der einzelnen Kommunen re spektieren. Ich hielte auch nichts davon, wenn das Land so zusagen hier par ordre du mufti in diese Regelungen eingreift. Hier kann man nur werben, dass sich die Kommunen abstim men.

Aber wir, das Land, sollten uns aus dieser Diskussion heraus halten, weil wir nämlich sonst ein Tor aufmachen. Es gibt vie le Bereiche. Die Gebührentatbestände, Herr Klein, die im Ein zelnen vorliegen, haben Sie schon gestreift. Es gibt viele an dere. Wenn wir da das Tor aufmachen, werden wir eine Rie sendiskussion bekommen, und da sehe ich insbesondere die Gefahr, dass wir dann an den Grundfesten der Selbstverwal tung rütteln. Das ist im Bereich des Waffenrechts nicht ange bracht.

Deswegen werden wir beide Gesetzentwürfe ablehnen, auch wenn sie sich voneinander unterscheiden. Der Gesetzentwurf der AfD knüpft an Mängeln an und zielt sehr stark auf den Waffeninhaber ab, was im Polizeirecht und im Waffenrecht im Hinblick auf die Zuverlässigkeit des Waffeninhabers auch ein Ansatzpunkt wäre, während der FDP/DVP-Entwurf an knüpft an Verstöße in ordnungs- und strafrechtlicher Hinsicht bei Maßnahmen, bei denen dann solche Mängel festgestellt werden. Aber in der Zielsetzung stimmen beide Entwürfe im Grunde überein. Diese Zielsetzung tragen wir nicht mit und werden deshalb beide Gesetzentwürfe ablehnen.