Protokoll der Sitzung vom 01.02.2018

In der Summe kommen wir jedenfalls nicht zu diesen Ergeb nissen, sondern sind meilenweit von dem entfernt, was wün schenswert wäre.

(Beifall bei der SPD)

Wie ich gesagt habe, sprechen die Zahlen Bände: Kontrollen in Betrieben mit Rinderhaltung alle zehn Jahre, in Betrieben mit Schweinehaltung alle 15 Jahre, in Betrieben mit Schafen und Ziegen alle 20 Jahre und in Betrieben mit Entenhaltung alle 35 Jahre. Da kann man doch nicht von einer Kontrolldich

te oder – wie es manche auch gern formulieren – von einem Kontrolldruck reden.

Das heißt, wenn jemand den Tierbetrieb von seinen Eltern übernimmt, dann ist die Chance – so will ich es einmal nen nen – ziemlich groß, dass er nur ein Mal in seinem Berufsle ben kontrolliert wird.

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

Jetzt noch einmal zu den Kontrollen: Ja, ich teile die Auffas sung, dass der allergrößte Teil der Tierhalter und Tierbetriebe redlich und ehrlich ist und sich bemüht, Tierschutzregeln auch einzuhalten.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der AfD und der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Jawohl!)

Wahr ist aber auch, dass selbst bei den wenigen Kontrollen – Herr Burger, Sie haben das bestätigt – bei 20 % der Betriebe Beanstandungen vorkamen. In der Tat waren die Beanstan dungen von unterschiedlicher Qualität –

(Abg. Klaus Burger CDU: Das muss man dazusagen! Genau!)

das will ich nicht verhehlen; das sage ich auch ausdrücklich.

Jetzt ziehe ich aber wieder einmal das Beispiel der Rinderhal tung heran. Dort gab es 300 Beanstandungen, die Hälfte da von beim Tränken, Füttern und bei Beimischungen. Ich finde, das ist schon Anlass, ernsthaft, redlich darüber zu reden, dass wir uns gemeinsam bemühen, dort Verbesserungen zu errei chen, und zwar – das will ich ausdrücklich sagen – nicht nur wegen der Tiere, sondern auch im Sinne der Verbraucherin nen und Verbraucher.

Denn ich bin zutiefst davon überzeugt, dass alle Labels, alle Qualitätssiegel, die erfunden werden, die wir auch für gut hal ten und die wichtig sind, was das Thema Vermarktung anlangt, mittelfristig ihren Wert verlieren werden, wenn der Verbrau cher nicht das Gefühl hat, dass diese Siegel auch wirklich red lich verdient sind.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grü nen, der AfD und der FDP/DVP)

Bei einer Beanstandungsquote von 20 % darf man in der Tat den einen oder anderen Zweifel haben. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, haben Sie, Herr Minister, bei den Haushalts beratungen Andeutungen gemacht, dass man dies beim Nach tragshaushalt nochmals ernsthaft erörtern kann. Ich will deut lich sagen: Da müssen Sie schon noch einmal eine kräftige Schippe an Personal drauflegen, damit dieser Mangel, den Ih re eigenen Leute durchaus auch bestätigen, weiter minimiert werden kann.

Dies sollten wir uns jedenfalls als gemeinsames Ziel vorneh men. Denn ich will Ihnen sagen: Was für die Automobilindu strie der Dieselmotorskandal gewesen ist, das kann sich zum Skandal für diejenigen, die in Tierbetrieben arbeiten, entwi ckeln – ohne eigenes Verschulden, will ich ausdrücklich sa gen –, weil sie dann auch die Leidtragenden sind, wenn die Menschen das Vertrauen in die Produkte verlieren.

Ich finde, der Staat ist gefordert, die Rahmenbedingungen richtig zu setzen. Der Staat hat die Kontrolle vorzunehmen, Herr Grath, und nicht – wie Sie es gesagt haben – die eigene Familie.

(Glocke des Präsidenten)

Die Ehefrau möchte ich sehen, die ihren Mann anprangert, wenn er sich nicht an den Tierschutz in seinen Ställen hält. Ich will auch nicht, dass die Berufskollegen in anderen Ställen schnüffeln – andere schon gar nicht, will ich ausdrücklich sa gen. Ich will, dass es der Staat macht.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Deshalb müssen wir, was das Personal anbelangt, noch deut lich zulegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Für die Landesregierung erteile ich das Wort Herrn Minister Hauk.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kol legen! Ich danke der FDP/DVP, dass sie das wichtige Thema Tierschutz mit ihrem Antrag auf die heutige Tagesordnung ge setzt hat. Tierschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und für die Landesregierung ein wichtiger politischer Schwer punkt. Darin sind sich die Regierungsfraktionen einig, aber ich glaube, darüber ist sich auch der Landtag in seiner Grund gesamtheit einig.

Der Landesregierung liegen die Lebensbedingungen und das Wohl aller Tiere im Land am Herzen. Aus diesem Grund set zen wir uns ständig für Fortschritte im Tierschutz ein, gerade in der Nutztierhaltung. Auf der Nutztierhaltung liegt deshalb ein besonderer Fokus, weil wir feststellen, dass die gesell schaftlichen Veränderungen in Deutschland, durch die im Prinzip die Nutzung von Tieren und von Pflanzen zunächst einmal infrage gestellt wird, besonders stark den Nutztierhal ter treffen. Die arbeitsteilige Wirtschaft liefert das Fleisch und das Gemüse in den Supermarkt, aber blendet im Prinzip die Produktion vollkommen aus.

Deshalb steht gerade der Tierhalter, der nicht nur Tiere hält und damit auch Fleisch produziert, sondern auch Futter für die Tiere produziert, jedenfalls in Baden-Württemberg, in ei ner besonderen Verantwortung, in einem besonderen Fokus. Dem Tierschutz muss natürlich bei der Haltung, beim Trans port, aber auch bei der Schlachtung der Tiere Rechnung ge tragen werden. Der verantwortliche Landwirt, der Nutztiere hält, hat im Regelfall eben nicht nur den Ackerbau fachlich zu beherrschen, weil er das Futter für seine Tiere selbst er zeugt – übrigens ein tolles Prinzip der Kreislaufwirtschaft.

Eigentlich müsste man die baden-württembergischen Land wirte jeden Tag dafür loben, dass sie nicht in den Fehler ver fallen sind wie im Norden, in Niedersachsen und in den ehe maligen LPGs

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

so ist es doch –, wo intensiv Tierhaltung betrieben wird, aber nur Tierhaltung ohne die entsprechende Futterproduktion. Da

mit sind dort letztlich häufig die ganzen Gülleprobleme etc. verstärkt aufgetaucht.

Der Tierhalter bei uns ist im Prinzip umfassend tätig. Aber wir haben uns im Zusammenhang mit dem Thema Tierhaltung nicht nur bei der Produktion, sondern auch bei den Transpor ten und der Schlachtung auf tiergerechte Möglichkeiten nicht nur verständigt, sondern diese schon früh aufgegriffen.

Kollege Grath hat vorhin auf das Qualitätszeichen BadenWürttemberg abgehoben. Dieses gibt es schon lange, und es war im Prinzip immer auch für Fleischprodukte offen. Der zeit wird es nicht genügend genutzt – um das klar zu sagen. Wir liegen dort bei einem Anteil von 0,5 %. Das ist deutlich ausbaufähig, übrigens auch, was das Thema Tierschutz und artgerechte Anforderungen, die über die gesetzlichen Stan dards hinausgehen, angeht.

Wir könnten auch im Bereich der Bioproduktion – der Schwei neproduktion, der Rinderproduktion – eine deutliche Schippe drauflegen. Die Nachfrage wäre durchaus da. Doch das An gebot kann nicht bereitgestellt werden. Das liegt zum einen daran, dass die Unternehmer fehlen, die zu der entsprechen den Produktion bereit sind. Zum anderen fehlt die Bereitschaft in der Gesellschaft, tierische Produktion in der Nachbarschaft zu akzeptieren, und zwar heutzutage auch in ländlichen Ge bieten, auch in kleinen Dörfern. Das muss man einfach fest halten.

Das will ich gar nicht beklagen, sondern das ist einfach ein Fakt. Ich bitte darum, dafür zu sorgen, dass auch Tierhalter in Baden-Württemberg in Zukunft eine Chance haben, dass dort, wo Tiere gehalten werden, dies auch in der Nachbarschaft und gesellschaftlich akzeptiert, toleriert und unterstützt wird.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der AfD)

Wer regionale Erzeugung will, wer den Daumen auf dem The ma Tierschutz halten will, der muss auch bereit sein, zu ak zeptieren, dass die Tiere im Land und nicht irgendwo jwd ge halten werden, wo wir überhaupt keinen Einfluss haben. Das ist doch die logische Konsequenz.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Vorfeld des FDP/ DVP-Antrags – er wurde bereits vor einiger Zeit eingebracht – gab es in einem Schweine haltenden Betrieb im Alb-DonauKreis einen Tierschutzfall, über den die Medien intensiv be richtet haben. Ich will hier nicht besonders betonen, dass ich – und hoffentlich wir alle – solche Fälle im Land nicht dulden kann und auch nicht dulden werde. Ich betone aber auch, dass es sich hier um einen Einzelfall gehandelt hat.

(Zuruf von den Grünen: Ja!)

Es handelt sich wirklich um ein schwarzes Schaf in einer Her de weißer Schafe. Dieses schwarze Schaf eignet sich aller dings und reicht vollkommen aus, um die gesamte Tierpro duktion in Misskredit zu bringen. Denn dann heißt es: „So wird es schon überall sein. Man kann ja nicht überall hinein schauen, es wird schon überall so ähnlich sein.“ Deshalb war es uns nach dem Bekanntwerden des Tierschutzfalls im AlbDonau-Kreis wichtig, dass man sich mit der ganzen Branche zusammensetzt, um sich über aktuelle Tierschutz- und Tier haltungsfragen auszutauschen und mögliche Verbesserungen

insbesondere auch zur Vermeidung solcher bedauerlichen Fälle – zu erörtern. Denn Verbesserungen für den Tierschutz und das Tierwohl können nur mit den Erzeugern zielführend erörtert werden.

Jetzt noch mal zur Aufarbeitung des Falles. Herr Kollege Dr. Bullinger, ich verstehe Sie gar nicht. Sie meinen, Tierschutz wäre nur eine Frage der Kontrollen. Ich sage: Tierschutz ist eine Frage der gesellschaftlichen Einstellung,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Habe ich doch gesagt!)

vor allem auch der Halter. Wir müssen dazu kommen, dass sich die Einstellung verbessert, dass aber auch die Bereit schaft, tierschutzgerechte Ware abzunehmen, zu kaufen

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Zu bezah len!)

und dafür auch höhere Preise zu zahlen, steigt. Das ist der ent scheidende Punkt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Die tollsten Kontrollen nützen nichts, wenn die Schweineprei se wie aktuell wieder bei 1,40 oder 1,30 € pro Kilogramm lie gen. Das muss man ganz realistisch sehen: Der Landwirt braucht gutes Geld

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Einkom men!)

für tierschutzgerechte Produktion und tierschutzgerecht er zeugte Ware. Das ist der entscheidende Punkt.

(Vereinzelt Beifall bei den Grünen und der CDU)

Ich würde lieber dafür um Unterstützung werben als um Un terstützung für eine Schar weiterer Kontrolleure, die am En de den letzten Missbrauchsfall auch nicht verhindern.