Protokoll der Sitzung vom 08.03.2018

(Beifall bei der AfD)

Das nenne ich ein unglaubliches Staatsversagen.

Hier in diesem Baden-Württemberg, wo Milch und Honig flie ßen, sind 650 000 Bürger auf Lebensmittelspenden angewie sen. Man sollte nun meinen, dass die SPD dieses Thema in die Diskussion und ins Parlament bringt. Weit gefehlt! Da muss erst die AfD kommen, um eines der aktuellsten Proble me in Deutschland zu thematisieren.

(Beifall bei der AfD)

Es ist ein Skandal, dass die politisch Verantwortlichen im Land und im Bund seit Jahren das bestehende und ständig grö ßer werdende Armutsproblem verharmlosen. Wer ist denn ver antwortlich für niedrige Renten und für Niedriglöhne? Wer ist verantwortlich dafür, dass jedes fünfte Kind in Deutschland, wo es uns so gut geht wie noch nie, in Armut aufwachsen muss? Wer ist dafür verantwortlich, dass nach den heute be stehenden Gesetzen rund zehn Millionen Vollzeitbeschäftig te in Deutschland der sicheren Altersarmut entgegengehen?

Wir haben nachgeschaut, wer dafür verantwortlich ist. In der ge samten Regierungszeit von Frau Angela Merkel, in den letzten zwölf Jahren, kannte die Armutsgefährdungsquote in Deutsch land nur eine einzige Richtung: Sie stieg immer mehr. Die Quote der Armutsgefährdeten, die zum Amtsantritt der Kanz lerin noch bei 14 % lag, hat sich auf 15,7 % gesteigert, und zwar nicht sprunghaft, sondern einfach Step by Step, von 2006 auf 2007, auf 2008, auf 2009 – ohne jede Ausnahme.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD – Abg. Dr. Christina Baum AfD: Hört, hört!)

13 Millionen Bürger in Deutschland sind direkt von Armut betroffen, und jedes Jahr werden es mehr. Da gibt es noch viel Potenzial für Tafelläden. Das sehen aber nicht nur wir so, son dern der Bundesvorsitzende der Tafel, Herr Jochen Brühl, hat

dazu gesagt – ich zitiere wörtlich –: „Die aktuelle Entwick lung ist eine Konsequenz Ihrer Politik.“ Und zu wem hat er das gesagt? Zur Bundeskanzlerin anlässlich eines Besuchs.

Was sagte am Dienstag dieser Woche der Hauptgeschäftsfüh rer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Herr Ul rich Schneider, in Berlin? „Lebensmittelspenden sind gut, doch darf in unserem Sozialstaat niemand darauf angewiesen sein.“

(Beifall bei der AfD – Abg. Dr. Christina Baum AfD: Genau!)

Eine pure Selbstverständlichkeit, sollte man meinen – nur nicht für die gewählten Volksvertreter der Kartellparteien.

Jetzt kommt das Thema, auf das Sie alle gewartet haben:

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Flüchtlin ge!)

die Essener Tafel. Die Essener Tafel hat richtig gehandelt. Die Essener Tafel hat den Finger in die Wunde gelegt, die jeder Bürger auch hier in Baden-Württemberg sieht. Die Essener Tafel hat einen Neuaufnahmestopp für Ausländer ausgespro chen. 75 % der Tafelteilnehmer sind Ausländer. Diese haben die deutschen Bedürftigen an den Rand gedrängt oder wegge drängt und ihnen – ganz sprichwörtlich, wenn man so will – das Essen weggenommen. Das müssen Sie sich auf der Zun ge zergehen lassen. Das sind die Zustände in unserem Land, das eben so hochgejubelt wurde.

(Abg. Bernd Gögel AfD: Gut und gern leben!)

Herr Reinhart, sind Sie unter die Sandmännchen gegangen oder eher schon ein Sandmann, weil Sie den Menschen so viel Sand in die Augen streuen?

(Beifall bei der AfD)

Dieses Thema ist mitnichten nur in Nordrhein-Westfalen, in Essen, aktuell. Auch hier in Baden-Württemberg berichten die Tafeln verbrämt von einem enormen Druck. Die Leutkircher Tafel berichtet von 80 % Ausländern, also von einem noch hö heren Anteil als in Essen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist ja interessant! – Gegenruf der Abg. Carola Wolle AfD: Getroffene Hun de bellen! Ihre Politik! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Unglaublich! Scheinheilige Argumentation!)

Auch dort wird von ständigen Regelüberschreitungen gespro chen. Dort wird berichtet, dass viele arme Deutsche in den letzten Monaten einfach weggeblieben sind. Gleiches hört man von vielen anderen Tafeln, wie z. B. in Ulm. Deutsche Bedürftige sind weggeblieben.

Wir bedanken uns bei der Essener Tafel für ihren Mut.

(Beifall bei der AfD)

Die Essener Tafel hat eine Wahrheit angesprochen, und sie teilt das Schicksal, das viele Menschen in Deutschland teilen, wenn sie die Wahrheit aussprechen.

Ihre Fahrzeuge wurden von Linksextremisten beschmiert und vollgesprüht. Wenn heutzutage jemand ein Nazi ist, nur weil

er dafür sorgt, dass auch Deutsche etwas zu essen bekommen, dann braucht man sich mit diesem hohlen Unsinn der Kartell parteien nun wirklich nicht weiter zu beschäftigen.

Vorläufig vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich das Wort Herrn Abg. Lede Abal.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wir sprechen heute über die Tafeln, die Ta felläden in Baden-Württemberg. Mir persönlich wäre es lie ber, wenn es die Tafelläden erst gar nicht gäbe, wenn man sie nicht bräuchte. Aber das ist leider nicht der Fall.

Die Existenz der Tafeln muss uns als Politiker schmerzen, weil sie uns zeigt, welche Defizite unser soziales Netz hat, weil staatliche Hilfen zur Daseinsfürsorge, Hilfen zur Sicherung des Lebensunterhalts unzureichend sind, nicht in Anspruch genommen werden oder nicht erteilt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Ulli Hockenberger CDU)

Es ist schade, dass es die Tafeln geben muss, aber Gott sei Dank gibt es sie.

(Abg. Winfried Mack CDU: Wieso ist es schade?)

Denn viele Menschen sind auf Unterstützung durch die Tafeln und andere Initiativen wie die Vesperkirchen angewiesen. Da her gibt es keinen Grund, die Arbeit der Tafeln und der Eh renamtlichen infrage zu stellen; denn sie helfen bedürftigen Menschen, und sie sind – weit über die Abgabe von Lebens mitteln hinaus – wichtige Treffpunkte und Anlaufstellen für Beratung und Information geworden. Dafür vielen Dank an die Tafeln, an die Helferinnen und Helfer und auch an die vie len Unterstützerinnen und Unterstützer der Tafeln hier im Land.

(Beifall bei den Grünen, der CDU und der SPD so wie Abgeordneten der AfD und der FDP/DVP)

Aber wir dürfen uns damit auch nicht zufrieden geben, weil sich dann auch immer mehr die Meinung einbürgert, die Ta feln seien fester Bestandteil des Sozialsystems. Das sind sie nicht, und das dürfen sie auch nicht werden.

Seit 1993 gibt es Tafeln; 1995 wurde die erste Tafel in BadenWürttemberg gegründet, damals in Heidelberg. Entstanden sind die Tafeln, weil es engagierte Menschen in der kirchli chen Arbeit und in der sozialen Arbeit, in der Arbeit gegen Ar mut, gab, denen es gewaltig gegen den Strich ging, dass gro ße Mengen an Lebensmitteln im Müll landeten, während hier Menschen hungerten, weil sie zu arm waren, um sich Lebens mittel kaufen zu können. Das ist bis heute so.

In dieser Zeit haben sich die Tafeln acht Grundsätze gegeben, die auch für alle Tafeln verbindlich gelten, wie z. B. die Samm lung überschüssiger, noch verwertbarer Lebensmittel, die Eh renamtlichkeit, die Unabhängigkeit von politischen Parteien und Konfessionen. Die Tafeln – übrigens auch die Essener Ta

fel – achten sehr darauf und verwahren sich auch ausdrück lich gegen Vereinnahmungsversuche von Politikern bestimm ter Parteien. Sie haben sich eben auch den Grundsatz gege ben: Die Tafeln helfen allen Menschen, die der Hilfe bedür fen.

Gerade wegen dieser Grundsätze und wegen des einen zent ralen Grundsatzes der Bedürftigkeit ist das Vorgehen der Es sener Tafel auch Ziel von Kritik innerhalb der Tafelbewegung geworden. Einen Aufnahmestopp hat ja nicht nur die Essener Tafel erlassen; den gibt es auch in anderen Ausgabestellen. Es gibt auch Konflikte, auch inakzeptables Benehmen von Ein zelpersonen, auch von Gruppen. Aber es gibt andere Lösun gen als die in Essen. Es gibt auch Äußerungen, prominente Äußerungen aus der Tafelbewegung, die das betonen, z. B. aus der Essener Nachbarstadt Wattenscheid oder auch aus der Berliner Tafel oder aus der Tafel hier in Mannheim.

Ich sage Ihnen ganz offen: Ich halte das Vorgehen der Esse ner Tafel für einen Fehler, weil ich glaube, dass man das Gan ze nicht zu Ende gedacht hat. Die Tafeln haben ja Ideen ent wickelt – z. B. auch die Tafel in meinem Wahlkreis, in Tübin gen –, wie man mit dem großen Andrang, auch mit Konflik ten, die entstehen, umgeht. Es hätte andere Möglichkeiten ge geben als die Entscheidung in Essen, und ich hoffe, sie wird revidiert.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Aber die Entscheidung der Tafel in Essen darf nicht vom ei gentlichen Kern des Problems ablenken. Das ist die Armut in unserer Gesellschaft. Die löst man nicht dadurch auf, dass man verschiedene Gruppen von Bedürftigen gegeneinander aus spielt, und auch nicht dadurch, dass man Versprechungen macht, sondern durch konkrete Handlungen.

Deshalb möchte ich jetzt nicht darüber sprechen, was die Po litik tun könnte, sondern darüber, was die grün-schwarze Lan desregierung in Baden-Württemberg tut.

Baden-Württemberg ist ein wirtschaftlich erfolgreiches Land. Viele Menschen finden einen Weg in die Arbeitswelt und kön nen selbstverantwortlich leben. Das reicht aber nicht aus, weil es aus verschiedenen Gründen Menschen gibt, die durch das soziale Netz fallen. Betroffen können Alleinerziehende, alte oder kranke Menschen sein, oder andere Umstände können eine Rolle spielen.

Der Bund ist für das Leistungsrecht und die Sozialgesetzge bung, vor allem auch für die Rente, zuständig – nicht der Landtag. Aber wir haben auch als Landtag eine Verantwor tung und die Pflicht, gegen Armut im Land vorzugehen. Da für stellt die Landesregierung in den Jahren 2018 und 2019 jeweils 850 000 € zur Verfügung – für den Armuts- und Reich tumsbericht und für Projekte, die daraus folgen.

Die Landesregierung bemüht sich auch um den Arbeitsmarkt und stellt in den drei Jahren 2018, 2019 und 2020 knapp 20 Millionen € für das Landesprogramm „Neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt“ zur Verfügung. Mit dem Passiv-AktivTausch PLUS, der Fortführung des alten Passiv-Aktiv-Tau sches aus der Zeit der grün-roten Landesregierung, haben wir seit vergangenem Jahr ein Förderprogramm, mit dem Lang

zeitarbeitsarbeitslose mit mehrfachen Vermittlungshemmnis sen langfristig und nachhaltig in sozialversicherungspflichti ge Beschäftigung kommen können.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wir unterstützen die Arbeit der Arbeitslosenzentren durch ei ne Förderung von jeweils 50 000 € im Jahr an zwölf Standor ten im Land. Das sind wichtige Anlaufstellen für Menschen, die ohne Arbeit sind oder im Begriff sind, ihre Arbeit zu ver lieren.