Protokoll der Sitzung vom 08.03.2018

Wir unterstützen die Arbeit der Arbeitslosenzentren durch ei ne Förderung von jeweils 50 000 € im Jahr an zwölf Standor ten im Land. Das sind wichtige Anlaufstellen für Menschen, die ohne Arbeit sind oder im Begriff sind, ihre Arbeit zu ver lieren.

Wir haben ein Programm zur assistierten Beschäftigung, um Langzeitarbeitslose, Wiedereinsteiger und atypisch Beschäf tigte wieder in reguläre Beschäftigung zu bringen. Dieses Pro gramm soll bis zum Jahr 2020 rund 2 000 Menschen wieder zurück in den Arbeitsmarkt führen.

Wir haben natürlich auch verschiedene andere Maßnahmen. Dazu gehören beispielsweise ein ausgiebiges Wohnraumför derungsprogramm, das wir hier im Land haben, sowie die Stärkung sozialer Netzwerke und der Zugang zu Beratungs stellen.

Ich glaube, das ist ein wichtiger und richtiger Beitrag, wie wir im Land unterstützen können, dass Menschen wieder zurück in Arbeit kommen, um dann auch der Armut zu entgehen. Aber wir sind natürlich auch darauf angewiesen, dass die Bundes regierung die Ankündigungen, die sie jetzt getätigt hat, auch konsequent umsetzt. Wir werden sehen, was sich daraus er gibt.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Andreas Kenner SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Hockenberger das Wort.

(Zurufe von der CDU: Guter Mann!)

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, werte Kolleginnen und Kollegen! Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Aktuelle Debatte: Die „Tafel“ – eine deutsche Er folgsgeschichte auch in Baden-Württemberg? Die Ausführun gen des Kollegen Dr. Podeswa haben gezeigt, dass er sich mit diesem Thema wieder einmal nicht befasst hat. Das entlarvt auch den Hintergrund der Fragestellung heute einmal mehr in diesem Plenum.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD – Abg. Anton Baron AfD: Unglaub lich!)

Wer lesen kann, hat im Übrigen auch weitere Vorteile. Unser Kollege Dr. Rapp hat vor Kurzem zum Wesen und zum Wert der Tafeln einen Antrag gestellt.

(Abg. Nicole Razavi CDU und Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Einen sehr guten!)

In der Stellungnahme der Landesregierung stehen die Antwor ten zu den in dem Antrag gestellten Fragen. Wer lesen kann und verstehen will, hätte diese heutige Debatte nicht vom

Zaun brechen müssen, sondern wüsste, was wir zum Stellen wert der Tafeln sagen und was wir davon halten.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der SPD – Zuruf des Abg. Rüdiger Klos AfD)

Jeder hat so seinen eigenen Blick darauf, ob etwas erfolgreich ist, meine Damen und Herren. Deswegen halte ich die Frage für etwas unglücklich. Für mich müsste die Fragestellung et was anders lauten. Deshalb möchte ich mich von einer Frage stellung leiten lassen, die uns vielleicht eher zum Sinn und Wesen der Tafeln führt und vielleicht auch wertvollere Ant worten gibt.

Den wahren Wert der Dinge erkennt man nämlich erst, wenn man sie sich wegdenkt – als gäbe es sie nicht –, wenn man sich fragt: Was wäre eigentlich ohne die Tafeln? Wie wäre es ohne die Tafeln? Was war eigentlich der Grundgedanke der Tafeln?

Als Grundgedanke der Tafeln war handlungsleitend – wir ha ben es vom Kollegen Lede Abal gehört –: Lebensmittel ret ten,

(Lachen der Abg. Dr. Christina Baum AfD)

Menschen helfen – ohne Ansehen der Person – und Gutes tun.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD)

Wenn Sie einmal Zeit haben, dann lesen Sie das nach. Dann finden Sie das. Dann lassen Sie sich von diesen Gedanken vielleicht künftig leiten.

Ich glaube, es ist trotzdem wichtig, dass wir heute über die ses Thema sprechen, weil uns das Gelegenheit gibt, noch ein mal auf den Wert der Tafeln hinzuweisen.

(Zuruf von der AfD: Ja, was jetzt?)

Niemand kann sich darüber freuen, dass es diese Tafeln ge ben muss. Aber in der Wegwerfgesellschaft, in der wir leben, in der, wie wir genau wissen, Lebensmittel, die eigentlich noch qualitativ so sind, dass sie verwertet werden können, sonst auf dem Müll landen, finde ich es grundsätzlich gut, wenn es Firmen gibt, die diese Lebensmittel an Tafeln abge ben. Ich kann daran nichts Verwerfliches finden. Ich bin nicht naiv genug, zu glauben, dass das aus rein altruistischen Mo tiven heraus geschieht, aber sie tun es, und die Menschen, die die Kunden der Tafeln sind, profitieren davon. Das ist grund sätzlich eine gute Idee.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen, der SPD und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Selbstverständlich können Tafeln immer nur Ergänzungen der Aufgabe sein, die der Sozialstaat eigentlich hat: Das sind die Sicherung des sozialen Existenzminimums und der Kampf ge gen die Armut der Menschen. Wir haben dazu vom Kollegen Lede Abal etwas gehört. Wir haben gehört, dass wir zum ers ten Mal einen Armuts- und Reichtumsbericht haben. Wir ha ben uns im Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, diesen fortzu

schreiben und ihn zusammen mit den Sozialverbänden und engagierten Menschen weiterzuentwickeln. Die Landesregie rung wird am 19. März im Hospitalhof vorstellen, wie man in Form eines Ideenwettbewerbs vor Ort kreativ Lösungen fin det. Ich glaube, das sind die richtigen Antworten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Auch wir wissen, dass Bildung vor Armut schützt, und des wegen investieren wir weiter in Bildung, weiter in frühe Hil fen, in Schulsozialarbeit usw. Das kann nicht kleingeredet werden. Wir sind da auf einem guten Weg, ohne die Augen vor der Wahrheit zu verschließen.

(Abg. Anton Baron AfD: „Auf einem guten Weg“?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, dass in diesem Zusammenhang noch zwei weitere Aspekte wichtig sind.

Ein weiterer Aspekt ist vom Kollegen Lede Abal genannt wor den: Tafeln sind auch Orte der Begegnung. Dort begegnen sich Menschen mit unterschiedlichen Lebenserfahrungen, mit unterschiedlichen Lebenserwartungen,

(Abg. Anton Baron AfD: Aha!)

mit Lebensbrüchen. Diese Menschen tauschen sich aus,

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD – Gegenruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Ja, Herr Kollege Baron, wenn Sie mal hingehen!)

sie begegnen einander, sie werden gegebenenfalls auch unter stützt. – Wenn Sie zuhören, können Sie etwas lernen, Herr Ba ron.

(Beifall bei der CDU, den Grünen, der SPD und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

(Abg. Anton Baron AfD: Sie reden etwas schön!)

Zuhören, nachdenken, schwätzen. Das ist die richtige Rei henfolge. Nicht zuhören und reinschwätzen.

(Beifall bei der CDU, den Grünen, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Anton Baron AfD: Das kann doch nicht ihr Ernst sein, was Sie hier von sich geben! Sie hätten vorhin zuhören sollen!)

Oftmals bieten Tafeln auch Beispiele und Gelegenheit für ge lingende Integration, beispielsweise dann, wenn sich Flücht linge dort engagieren: als Dolmetscher, als Vermittler zwi schen den unterschiedlichen Kulturen.

Ein ganz, ganz wichtiger Aspekt: In den Tafeln – das ist auch schon angeklungen, und das ist sozusagen der einzige Punkt, bei dem Sie den Kern getroffen haben, Herr Dr. Podeswa – engagieren sich viele, viele Menschen ehrenamtlich. Ehren amtlich!

Es sind ehrenamtlich tätige Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten, die sich dort aus unterschiedli chen Motivationen heraus engagieren. Da sind Menschen da

bei, die etwas von dem, was ihnen der Staat gegeben hat, zu rückgeben möchten. Da sind Menschen dabei, die den Kun den – und das sind die Menschen in den Tafeln für uns; sie sind nicht Almosenempfänger – das Gefühl geben, dass da et was für sie getan wird. Da sind durchaus auch Menschen da bei, die durch die Herausforderungen in der Zusammenset zung der Kundschaft – das darf nicht geleugnet werden – vor Probleme gestellt werden. Aber es sind ehrenamtlich tätige Menschen.

Die Lösungen dieser Probleme sind so unterschiedlich, wie die Tafeln unterschiedlich sind. Auch das hat Kollege Lede Abal gesagt. Da gibt es unterschiedliche Arten und Weisen, mit so etwas umzugehen. Für meine Begriffe verdienen die se Menschen unseren uneingeschränkten Dank, unsere Aner kennung und unseren Respekt. Das sollte an dieser Stelle auch noch einmal deutlich werden.

(Beifall bei der CDU, den Grünen und der SPD so wie Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Nicole Ra zavi CDU: Sehr gut!)

Wir leben ja in einer Multioptions-Freizeitgesellschaft. Das heißt auf gut Deutsch: Jeder kann machen, was er will, und er muss sich gar nicht für die Menschen engagieren. Die Men schen, die sich in diesen Bereichen engagieren, tun ein biss chen mehr, als sie eigentlich tun müssten, und das finde ich persönlich gut. Das sind Menschen, die in diesen Tafeln Ver antwortung übernehmen. Mein Pfarrer hat mir einmal gesagt: „Verantwortung zu übernehmen ist schwerer, als Kritik zu übernehmen.“ Letzteres ist relativ einfach; Kritik kommt ins besondere von denen, die das Innenleben von Tafeln nicht kennen.

Nach unserer Auffassung – dafür gibt es Beispiele – löst eine Tafel durchaus auch ein Signal in die Bürgerschaft hinein aus. Es werden nämlich Menschen motiviert, mitzumachen: ent weder an der Verkaufstheke, an der Kasse oder dadurch, dass sie spenden, oder – ein Beispiel, das ich nennen darf, ist die Bruchsaler Tafel, deren Gründung ich als seinerzeitiger Sozi albürgermeister noch miterlebt habe – durch das Spenden von Geldern aus der Pfandrückgabe. Durch Letzteres ist es mög lich geworden, einen so großen Beitrag zu erwirtschaften, dass damit in Bruchsal das erste erdgasbetriebene Kühlfahrzeug für eine Tafel bundesweit erworben werden konnte. Das kann man belächeln, aber ich finde das toll, denn es zeigt: Jeder bringt sich mit seinen Talenten ein, um den Menschen, die nicht auf der Sonnenseite stehen, ein bisschen zu helfen.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der SPD und der FDP/DVP – Abg. Winfried Mack CDU: Bravo!)