Protokoll der Sitzung vom 08.03.2018

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Völlig falsch!)

dann beschäftigen Sie sich einmal näher mit dem Sender, der in unserem Land als öffentlich-rechtlicher Rundfunk aufge stellt ist, und mit der Frage, wie viele Stellen dort in den letz ten zehn Jahren abgebaut worden sind, wie viel dort einge spart worden ist.

(Zuruf des Abg. Raimund Haser CDU)

Wir haben in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz ei ne Fusion zum SWR ermöglicht. In dieser Hinsicht haben vie le andere sicherlich noch Nachholbedarf, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Zum Gegenstand selbst: Wir sind zunächst einmal froh, dass die Landesregierung erkannt hat, dass es eine DatenschutzGrundverordnung gibt und diese dazu führt, dass im Land Ba den-Württemberg vielerlei Gesetze geändert werden müssen, und zwar eigentlich bis zum 23. Mai.

(Zuruf des Abg. Nico Weinmann FDP/DVP)

Oder bis zum 25. Mai. Herzlichen Dank, Kollege Wein mann. Aber egal, ob es der 23. oder der 25. Mai ist, Kollege Weinmann: Ich glaube, das Land Baden-Württemberg und diese Landesregierung werden es nicht schaffen, bis dahin die notwendigen Gesetze hier durch das Parlament zu bringen. Das ist ein Armutszeugnis für den Datenschutz in BadenWürttemberg, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Der Staatsminister hat darauf hingewiesen: Zuständig ist das Innenministerium. Das Innenministerium sollte diese ganze Gesetzgebung eigentlich koordinieren. Bisher liegt dem Land tag in diesem Zusammenhang außer dem Landesmedienge setz und dem Landespressegesetz kein einziges Gesetz vor. Das heißt, nicht nur die Behörden und die Wirtschaft, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land wissen am Ende nicht mehr, welche Gesetze gelten, weil die Daten schutz-Grundverordnung ja direkt gilt und deshalb nicht mehr klar ist: Was genau ist anwendbar? Diese Landesregierung sorgt für Unklarheit beim Datenschutz in Baden-Württem berg, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben in Bezug auf das Landespressegesetz und das Lan desmediengesetz wirklich – der Kollege Maier hat vorhin zu Recht darauf hingewiesen – eine schwierige Abwägung zu treffen zwischen der informationellen Selbstbestimmung, der Presse- und der Meinungsfreiheit. Da hat, meine ich, das Staatsministerium, dieser Teil der Landesregierung, die rich tige Abwägung getroffen. Denn wir müssen weiterhin dafür sorgen, dass investigativer Journalismus freie Fahrt hat und nicht durch den Datenschutz eingeschränkt wird. Nicht nur in Baden-Württemberg und in Deutschland, sondern auf der gan zen Welt sehen wir, was bei Ländern los ist, in denen die freie Presse keine Chance hat, investigativ tätig zu werden. Es wä re paradox, würden wir im Land Baden-Württemberg und in Europa dieses Medienprivileg nicht durchsetzen. Insofern stimmen wir dieser Regelung zu: immer für den Journalismus und für die Presse- und Meinungsfreiheit, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Die zusätzliche Aufgabenerteilung an die LFK, die diese Da tenverarbeitung jetzt unter Aufsicht stellt, geht einher mit ei ner zusätzlichen finanziellen Herausforderung im Hinblick auf die personelle Ausstattung. Da sind wir gespannt auf die Vor schläge der zusätzlichen Finanzierung der LFK. Das wird nicht ganz ohne finanzielle Mittel gehen, denn sonst kann die LFK diese zugesprochenen Aufgaben nicht lösen.

Das Gleiche gilt für die Regelungen im Rundfunkstaatsver trag, die damit einhergehen. Deshalb werden wir diesen Vor lagen zustimmen. Es ist ein klares Signal an den Journalismus und an die Pressefreiheit.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Alexander Mai er und Alexander Salomon GRÜNE)

Für die FDP/DVP-Frakti on erteile ich dem Kollegen Weinmann das Wort.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Jetzt kommt auch viel Lob, hoffe ich!)

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund der zum 25. Mai 2018 unmittelbar zur Anwendung kommenden DatenschutzGrundverordnung – die im Übrigen, Herr Kollege Binder, be dauerlicherweise nicht für die Behörden gilt – ist es notwen dig, die Rundfunkstaatsverträge und das Medienrecht an die entsprechenden Vorgaben anzupassen.

Dass dabei auch weiterhin nur Vorgaben zum Datengeheim nis und zur Datensicherheit für die journalistische Arbeit gel ten sollen, also das sogenannte Medienprivileg bestehen bleibt, ist richtig. Damit ist der von den Datenschutzbeauftragten ge forderte Ausgleich von Datenschutz einerseits und Presse- und Informationsfreiheit andererseits erfüllt. Auch der Forderung der Datenschützer nach einer unabhängigen Aufsicht wird ent sprochen. Weiter unterliegt die Datenverarbeitung zu eigenen journalistischen Zwecken der Selbstregulierung.

Dies alles findet die grundsätzliche Unterstützung unserer Fraktion. Allerdings hatte bereits die Konferenz der Daten schutzbeauftragten gefordert, dass die rechtlichen Regelun gen spezifisch und konkret ausgestaltet sein müssen. Die zwi schenzeitliche Ausgestaltung weist nach unserer Auffassung durchaus einige nicht unerhebliche Mängel auf, wie beispiels weise auch der Verband Privater Rundfunkanbieter BadenWürttemberg vorbringt.

So wird einerseits kritisiert, dass der Pflichtenkatalog des Ka pitels VIII der Datenschutz-Grundverordnung, beispielswei se das Beschwerderecht bei einer Aufsichtsbehörde, vollum fänglich in das Medienrecht übernommen werden soll. Die entsprechende Anwendbarkeitsdeklaration schafft Unsicher heit, Inkohärenz und Rechtsunsicherheit. Tatsächlich erscheint nicht ausgeschlossen, dass so das Medienprivileg unterminiert wird.

Auch die Verpflichtung zur Speicherung und zur Übermitt lung von Gegendarstellungen sowie Verpflichtungserklärun gen und Beschlüssen zur Unterlassung erscheint nach Ansicht des Verbands durchaus überzogen. Hierüber werden wir uns im Ausschuss sicherlich dezidiert unterhalten, genauso wie auch über den Punkt, dass eine Differenzierung von großen und kleinen Unternehmen, was den Verwaltungsaufwand an geht, von der Datenschutz-Grundverordnung bedauerlicher weise nicht übernommen wurde. Da sich der Verwaltungsauf wand infolge der Datenschutz-Grundverordnung – das ist be reits absehbar – sicherlich nicht verringern wird, ist eine Dif ferenzierung umso wichtiger, um kleine Medienunternehmen damit nicht noch zusätzlich unverhältnismäßig zu belasten.

Wenn uns Freien Demokraten bereits diese nicht von der Hand zu weisenden erheblichen Mängel bei der geplanten Umset zung der Datenschutz-Grundverordnung, über die wir – das habe ich bereits angekündigt – im weiteren Verfahren disku tieren müssen und diskutieren werden, aktuell eine Zustim

mung zum Gesetzentwurf unmöglich machen, so begegnet die dort vorzufindende sogenannte Betrauungsnorm grundlegen deren Bedenken. Nach unserer Auffassung ist die Betrauungs norm einerseits überflüssig, andererseits aber auch ein mög liches Einfallstor für weitere Wettbewerbsnachteile der priva ten Medienunternehmen. Zweck der Betrauungsnorm ist die Klarstellung, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstal ten kooperieren dürfen. Gemeint ist beispielsweise die An schaffung von Großgeräten oder der Aufbau gemeinsamer Verwaltungen durch ARD und ZDF gemeinsam. Zweifellos sind solche Synergien sinnvoll und ganz im Sinne des Bei tragszahlers wünschenswert.

Wettbewerbsrechtlich problematisch könnten aber Koopera tionen zu kommerziellen Zwecken wie beispielsweise zum Erwerb und zur Verbreitung von Programmrechten sein. Die Wettbewerbsverzerrung entsteht insbesondere durch die Fi nanzierung der öffentlich-rechtlichen Anstalten durch Pflicht beiträge. Infolgedessen könnte sich bei der Konzentration der Marktmacht nicht nur die Marktposition der privaten Rund funkanbieter erheblich verschlechtern. Auch schädliche Wech selwirkungen mit anderen geplanten Regelungen, beispiels weise beim Urheberrecht, wären zu befürchten. Dabei ist ei ne solche rechtliche Normierung der Kooperation nach An sicht des Bundeskartellamts und im Übrigen auch des Bun deswirtschaftsministeriums gar nicht nötig.

Die FDP/DVP-Fraktion tritt für den Wettbewerb auf dem Rundfunk- und Fernsehmarkt ein. Einschränkungen, gar mög lichen Bedrohungen treten wir entgegen. So können wir vor diesem Hintergrund dem Einundzwanzigsten Rundfunkände rungsstaatsvertrag nicht zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP – Vereinzelt Beifall bei der AfD – Abg. Raimund Haser CDU: Nicht zustimmen? – Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Sehr enttäu schend! Sie waren auf einem so guten Weg!)

Für die Landesregierung erteile ich noch einmal Herrn Staatsminister Murawski das Wort.

Herr Präsident, mei ne sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich will mit dem letzten Argument beginnen. Das, was Sie, Herr Abg. Weinmann, gesagt haben, entspricht in seiner Zielsetzung ge nau der Zielsetzung dieses Gesetzentwurfs.

Wir wollen verhindern, dass durch die Betrauungsnorm – ich habe es vorhin auszudrücken versucht – die Wettbewerbsre gelungen, die gewissermaßen bei Inhouse-Geschäften der An stalten untereinander wie – Sie haben ja selbst Beispiele ge nannt – bei der Personalverwaltung, bei der IT-Nutzung und Ähnlichem, Ersparnisse ermöglichen, die wiederum den Ge bührenzahlern bzw. Beitragszahlern zugutekommen, übergrei fen in wettbewerbsrechtlich unzulässige Gebiete. Das betrifft insbesondere kommerzielle Tochterfirmen im Bereich der Pro duktion und Ähnliches.

Da haben wir durchaus die kritischen Einwendungen der pri vaten Rundfunkanbieter zur Kenntnis genommen und, wie wir meinen, auch umgesetzt. Es kann natürlich nicht sein, dass ei ne Betrauungsnorm dazu führt, dass sich eine von den Beiträ

gen her monopolartig ausgestattete Rundfunkanstalt in den Wettbewerb mit Privaten begibt und damit einen entscheiden den Wettbewerbsvorteil hätte. Es ist gerade unsere Absicht, dies zu verhindern.

Ich hoffe, dass ich Ihnen bei der Beratung im Ausschuss dar legen kann, dass wir mit unserem Vorschlag diese Absicht auch erreichen. Wir wollen diese Betrauungsnorm gerade des halb, weil sie, wenn Sie so wollen, eine Deckelung der Aus weitung in den wettbewerbsrechtlich nicht möglichen und nicht zulässigen Bereich beinhaltet und nur im Bereich der unmittelbaren Aufgabenstellung der Rundfunkanstalten die se Art der Zusammenarbeit und der Zusammenschlüsse er möglicht.

Dies ist im Übrigen beim Deutschlandfunk – früher Deutsch landradio – schon Realität, weil der frühere Landessenderdi rektor des SWR, Willi Steul, schon in vorbildlicher Weise die se Backofficeleistungen bei anderen ARD-Anstalten längst eingekauft hat.

Es ist sehr richtig, Herr Abg. Sänze, dass das Ganze wahnsin nig komplex ist. Der gesamte Komplex der EU-DatenschutzGrundverordnung ist, wenn man sich das insgesamt anschaut, ein unglaubliches Konvolut. Man muss allerdings den Kolle ginnen und Kollegen auf europäischer Verwaltungsebene zu gutehalten, dass es nicht gerade einfach ist, die äußerst unter schiedlichen nationalstaatlich geregelten Datenschutzbestim mungen irgendwie zu einer europäischen Plattform zusam menzufassen. Die Ermächtigung zum Erlass nationalstaatli cher Sonderregelungen ist ja ausdrücklich enthalten, von der wir jetzt bei diesem konkreten Punkt Gebrauch machen, in dem wir Ihnen eine Regelung vorlegen, die die bestehenden Medienprivilegien und damit die journalistischen Freiheiten, die Herr Abg. Binder zu Recht hervorgehoben hat, erhält.

Herr Abg. Haser, zu Ihnen möchte ich zum Schluss noch sa gen: Glauben Sie mir, diese Landesregierung ist bei der Mo dernisierung im Rahmen der Digitalisierung der Rundfunk anstalten völlig an Ihrer Seite – auch bei der Ausübung von Druck auf diese Anstalten, sich noch mehr der Wirtschaftlich keit zu widmen. Aber wer es kennt: Es ist allein schon relativ schwierig, 16 Länder unter einen Hut zu bringen, aber 16 ver schiedene Standorte, die von wirtschaftspolitischer Relevanz sein können, dabei mit zu berücksichtigen, ist noch einmal et was schwieriger.

(Vereinzelt Beifall – Zuruf: Wir schaffen das! – Glo cke des Präsidenten)

Herr Staatsminister, ge statten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Fraktionsvorsitzen den Stoch?

Gern.

Bitte schön.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Das war aber schon ein gutes Ende!)

Herr Staatsminister Murawski, ist Ihnen bekannt, dass bei einer Einbringung eines Gesetzes, das die Landesregierung einbringt, zunächst die Fraktionen ihre Stellungnahmen abgeben? Es gibt anschließend eine Aus

schussberatung und eine zweite Lesung im Plenum. An die ser Stelle ist nicht der richtige Platz, um alle Kommentierun gen aus den Fraktionen noch einmal zu kommentieren. Wür den Sie das zur Kenntnis nehmen? Für die Zukunft spart uns das etwas Zeit.

Herzlichen Dank.

Herr Fraktionsvor sitzender, das war mir nicht bekannt. Ich habe ausdrücklich gefragt, ob es die Möglichkeit gibt, dass mir noch einmal das Wort erteilt wird.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Die Möglichkeit gibt es!)

Das wurde mir bejaht. Davon habe ich Gebrauch gemacht. Ich werde mich in Zukunft bemühen, Sie weniger zu langweilen.

Vielen Dank.