Wir sind dazu verpflichtet, die Klimaschutzziele aus dem Pa riser Abkommen einzuhalten. Darauf hat auch Gouverneur Jerry Brown aus Kalifornien, als er hier im Landtag gespro chen hat, hingewiesen. Wir nehmen diese Verantwortung sehr ernst, und als Innovationsland ist es die Aufgabe Baden-Würt tembergs, auch in diesem Bereich eine Vorreiterrolle einzu nehmen.
Wenn wir 2050 weitestgehend emissionsfrei leben wollen und emissionsfrei mobil sein wollen, dürfen wir nicht erst 2030 oder 2040 – die SPD will ja erst in 30 Jahren anfangen – um steigen.
Dann müssen wir jetzt handeln, dann müssen wir jetzt etwas tun und jetzt aktiv werden. Genau das macht die Landesregie rung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die Zukunft gehört dem emissionsfreien Fahren. Mit wegwei senden Studien unserer Baden-Württemberg Stiftung zeigen wir Wege auf, wie diese Zukunft aussieht und wie sie gelin gen kann. Das gilt für die Antriebe beim Auto, bei Lastkraft wagen, bei Bussen und Bahnen.
Damit kein Zweifel entsteht: Die Zukunft gehört einer Mobi lität, die den Menschen die freie Wahl ihres Verkehrsmittels ermöglicht. Ob Auto, Fahrrad, Bus oder Bahn – alle Verkehrs mittel sollen vernetzt, verzahnt sein, sodass wir jederzeit ef fizient, kostensparend, ressourcensparend mobil sein können. Da kann uns die Digitalisierung helfen.
Wir dürfen in der aktuellen Lage nicht vergessen, dass die Ex portchancen für Fahrzeuge mit klassischem Verbrennungsmo tor sinken.
Immer mehr Länder werden in den nächsten Jahren Autos mit Verbrennungsmotoren nicht mehr zulassen. Hybrid- oder Elektrofahrzeuge werden künftig das Straßenbild in Großbri tannien, Frankreich, den Niederlanden, Norwegen, Indien und China bestimmen. Weitere Länder werden sich anschließen.
Für die baden-württembergische Automobilwirtschaft mit ih ren vielen Zulieferern, die Komponenten für den Verbren nungsmotor herstellen, birgt dies ein hohes Risiko. Wir müs sen deshalb dagegensteuern, das Risiko annehmen und unse re Chancen nutzen. Denn in einer neuen Technologieführer schaft in Sachen emissionsfreie Mobilität liegen auch Chan cen für Baden-Württemberg auf dem Weltmarkt.
Ich bin daher davon überzeugt: Mit dem Strategiedialog Au tomobilwirtschaft wird die Zukunft unseres Landes gesichert. Wir bieten Spitzentechnologien und Qualität „Made in Ger many“ und „Made in Baden-Württemberg“. Kleine und mit telständische Zulieferer bis hin zu den kleinen Werkstätten vor Ort profitieren davon und sind oftmals die Hidden Champi ons mit neuen Ideen und kreativen Lösungen.
Meine Fraktion hat allein im letzten Jahr mehr als hundert Ter mine mit Automobilunternehmen durchgeführt. Wir stellen dabei fest: Die Unternehmen sind bereit, die Transformation anzunehmen. Sie stehen in der Poleposition, und wir werden
sie dabei unterstützen. Aber ganz klar ist: Wir müssen das Tempo erhöhen, denn wir wollen langfristig erfolgreich sein.
Eines ist klar: Emissionsfreie Antriebe basieren auf Strom, den wir aus zusätzlichen erneuerbaren Quellen herstellen müs sen – sei es der batterieelektrische Antrieb, sei es die Brenn stoffzelle oder seien es unter Stromeinsatz synthetisch herge stellte Gas- oder Flüssigtreibstoffe.
Es gibt viele Argumente, die für die Batterie sprechen. Denn der direkte Einsatz in die Batterie verbraucht am wenigsten Strom. Deswegen haben im Pkw-Bereich – das ist keine Ent scheidung der Regierung gewesen, sondern der Industrie – die batteriebetriebenen Fahrzeuge derzeit die Nase vorn.
Hier bieten die baden-württembergischen Unternehmen gute Lösungen. Nehmen wir beispielsweise die eAchse von Bosch. Auch im Bereich des öffentlichen Verkehrs wird im nächsten Jahr eine Lücke geschlossen. Wir werden im nächsten Jahr in vielen Städten Baden-Württembergs elektrisch betriebene Busse von Daimler auf unseren Straßen sehen.
Auch der Straßengüterverkehr kann von Elektromobilität pro fitieren. Im Landkreis Rastatt wird bis Ende 2019 eine Test strecke für Oberleitungs-Lkws aufgebaut, die uns nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse bringt, sondern vor Ort unmit telbar für weniger Lärm und weniger Schadstoffe sorgt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Woran es noch fehlt, ist eine Batteriezellenproduktion in Ba den-Württemberg. Denn die Batterietechnologie ist der Schlüs sel zur E-Mobilität, zur auskömmlichen Reichweite und zum Erfolg im Markt. Deshalb ist es gut, dass sich ein Leuchtturm projekt im strategischen Dialog eine Batteriezellenprodukti on im Land zum Ziel gesetzt hat.
Bei diesem Leuchtturm müssen wir darauf achten, dass wir uns von den anderen Produzenten absetzen und Qualität „Ma de in Baden-Württemberg“ anbieten. Als Land der Tüftler und Denker mit hoch qualifizierten Fachkräften kann Baden-Würt temberg nach meiner Überzeugung nur erfolgreich sein, wenn wir die besten Batterien anbieten – nicht die billigsten.
Mein Argument geht hier klar in Richtung Ressourceneffizi enz und Recyclingfähigkeit. Mit diesem Ansatz können wir nicht nur die besten, sondern auch die umweltverträglichsten Batterien anbieten. Rohstoffe wie Lithium oder Kobalt kön nen bis zu zehnmal recycelt werden, Erdöl nicht. Forscher sind dabei, Ansätze zu entwickeln, wie sich Rohstoffe noch besser recyceln lassen, welche Alternativen es gibt. Es ist gut, dass sich die Landesregierung dieses Themas annimmt. Das ist Wirtschaftsförderung pur, das ist Innovationsförderung, und das ist gut für das Land, seine Menschen und die Arbeitneh mer.
Die auch vom Ministerpräsidenten genannten Projekte zeigen, welche umfassenden Ergebnisse der Strategiedialog nach noch nicht einmal einem Jahr Betrieb mit sich bringt. Diese Ge schwindigkeit, Herr Ministerpräsident, wünschen wir uns wei ter. Unsere Ziele sind klar: Wir wollen, dass die Mobilitäts dienstleistungen und die Fahrzeuge der Zukunft weiterhin aus Baden-Württemberg kommen. Wir wollen, dass die beste und ökologisch verträglichste Batterietechnologie in Baden-Würt temberg erforscht, entwickelt sowie produziert wird und hier zum Einsatz kommt. Wir schreiben nicht vor, wie die Welt in Zukunft aussehen wird, aber wir wollen Zukunft ermöglichen und kluge Rahmenbedingungen setzen.
Der größte Stolz der deutschen Industriegeschichte, der deut schen Industrie- und Ingenieurskunst war der Dieselmotor. In zehn Jahren werden wir stolz darauf sein, dass das emissions freie Fahren der Inbegriff von „Made in Germany“ ist.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Es gibt kein emissionsfrei es Fahren! – Gegenruf des Ministers Winfried Her mann)
Wir stoßen Denkprozesse an; das ist die Aufgabe der Landes regierung. Die Umsetzung der Prozessergebnisse liegt in den Händen der Unternehmen. Wir schalten auf Grün und erwar ten von allen Beteiligten das gleiche Engagement.
Die Landesregierung geht mit Projekten, die ein Volumen von rund 20 Millionen € umfassen, in Vorleistung. Das ist gut so. Aber dieser verbindliche Dialog kann nur gelingen, wenn sich alle Beteiligten auf Augenhöhe begegnen und einbringen. Die Industrie ist aufgefordert, für ehrliche Testverfahren bei der Überprüfung von Schadstoff- und Kohlendioxidausstößen zu sorgen. Es muss Schluss sein mit Betrugssoftware und trüge rischen Verfahren, die mit dem wirklichen Leben nichts zu tun haben und eine schöne, heile Welt nur auf den Prüfständen vorspiegeln.
Dabei geht es auch darum, dass die Industrie verloren gegan genes Vertrauen zurückgewinnen muss, und Politiker – unse re Kollegen im Europäischen Parlament – müssen für eine am bitionierte Weiterentwicklung der CO2-Grenzwerte sorgen. Ich bedanke mich bei unserer Wirtschaftsministerin, die mit einer entsprechenden Forderung in die Offensive gegangen ist.
Wir werden die Menschen im Land mitnehmen auf unserem Weg zu einer emissionsfreien Mobilität der Zukunft, auf un serem ehrlichen und offenen Weg
von der baden-württembergischen Automobilindustrie zur ba den-württembergischen Mobilitätsindustrie, und wir werden diesen Strategiedialog zu einem positiven Prozess und einem vollen Erfolg für Baden-Württemberg machen.
Frau Präsidentin, ver ehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Zukunft der Automobil wirtschaft ist die Standortfrage für Baden-Württemberg. Kaum irgendwo auf der Welt hängen Innovationskraft, Wohl stand und Beschäftigung so direkt mit dem Auto zusammen wie bei uns. 30 % der Industrieumsätze im Land kommen aus der Autoproduktion, Hunderttausende verdanken dem Auto sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze. Baden-Württemberg ist Autoland, und das soll auch in Zukunft so bleiben.
(Beifall bei der CDU, Abgeordneten der Grünen, der SPD und der FDP/DVP sowie des Abg. Klaus Dürr AfD)
Aber klar ist: Für das Auto brechen neue Zeiten an. Dem müs sen wir uns stellen, und wir wollen in Baden-Württemberg als Innovationsland und weltweit führender Automobilstandort nicht zusehen, wie andere die Märkte aufrollen.
Wir in Baden-Württemberg müssen den Wandel gestalten. Vor allem müssen wir der Welt beweisen, dass man mit Knowhow aus Baden-Württemberg auch zukünftig immer noch am besten fährt, und wir müssen den Wandel von der Spitze her führen. Deshalb ist es richtig, dass wir diesen Strategiedialog Automobilwirtschaft begonnen haben. Das war eine kluge Entscheidung der Landesregierung, Herr Ministerpräsident.