Protokoll der Sitzung vom 21.03.2018

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Denn es geht hier wirklich um Strategiefähigkeit. Die Wirt schaftsministerin hat ja auch frühzeitig einen wesentlichen Anstoß gegeben. Wegweisende Programme zur Förderung der E-Mobilität stammen außerdem schon aus der Zeit früherer CDU-geführter Regierungen. Wir haben bereits 2009 unter der Regierung Oettinger den Aufbau von e-mobil BW oder auch die Initiative zum Spitzencluster Elektromobilität begon nen.

Wir müssen aus einer grundlegenden industriepolitischen Per spektive schauen, wie wir den Standort Baden-Württemberg für die automobile Zukunft aufstellen, wie wir Wertschöpfung im Land halten, wie wir Spitzenkompetenz in unserem Auto motivesektor weiterdenken, neu formieren und auch neu er finden. Deshalb führen wir Themen, Trends und Technologi en rund um die Mobilität der Zukunft in ganzer Breite zusam men. Wir tun das strukturiert, koordiniert und zielorientiert in einem intelligenten Format und mit dem klaren Commitment aller Beteiligten. Die CDU-Fraktion unterstützt diesen Weg ganz ausdrücklich, denn es geht hier um die Zukunft unseres Landes.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Dieser Strategiedialog ist keine Schaufensteraktion. Er bein haltet konkrete Projekte. Er wird konkrete Ergebnisse brin gen. Dafür unterlegen wir ihn auch mit konkreten Mitteln. Die 20 Millionen €, die wir im Haushalt dafür bereitgestellt ha ben, wurden angesprochen. Er betrifft die wichtigsten Fragen unserer Zeit; das hat der Kollege Schwarz zu Recht angespro chen. Vor allem müssen wir sehen: Es ist gut angelegtes Geld,

das in strategisch wichtigen Punkten wie ein Katalysator für den Wandel in der Automobilindustrie wirken wird.

Herr Kollege Stoch, Sie sagen: Bitte nicht in den Rückspie gel schauen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das habe ich nicht ge sagt!)

In die Windschutzscheibe schauen, haben Sie gesagt.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Um Probleme zu lösen!)

Ich sage Ihnen: Nicht nur in die Windschutzscheibe schauen – das Fernlicht einschalten, das ist das Entscheidende, um das es geht.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Reinhold Gall SPD: Aber nur außerhalb ge schlossener Ortschaften! – Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)

Für die CDU-Landtagsfraktion ist klar: Mobilität ist ein we sentliches Bedürfnis der Menschen, hier bei uns genauso wie in den Exportmärkten unserer Automobilunternehmen. Die ses Bedürfnis wird weltweit weiter wachsen. Auch die Mobi lität der Zukunft muss dabei zuallererst – ich finde, das haben Sie zu Recht angesprochen, Herr Kollege Stoch – dem Be dürfnis im Alltag standhalten. Das ist eine Herausforderung, der wir uns alle stellen müssen; das betrifft uns alle. Die Mo bilität der Zukunft muss schnell sein, direkt sein, komfortabel sein.

Natürlich wird das Auto dabei immer eine zentrale Rolle spie len. Aus der Sicht des Automobillands Baden-Württemberg ist dies auch gut so für unseren Standort. Die Politik hat da bei die Aufgabe, die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen zu erfüllen, nicht sie zu beschränken oder gar zu reglementieren. Darauf wird es ankommen, und dem müssen wir uns stellen, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD)

Deshalb, finde ich, hat der Ministerpräsident zu Recht ange sprochen, dass sich dieser Strategiedialog gezielt mit den Chancen des Wandels befassen muss. Sie haben die Leucht turmprojekte erwähnt. Diese müssen und werden zeigen, dass hier vieles schnell und wirksam umsetzbar ist. Autonomes Fahren, digitale Vernetzung, neue Antriebsformen und Infra strukturen, Industrie 4.0 in der Produktion, Digitalisierung – all das sind spannende Möglichkeiten für das Hightechland Baden-Württemberg, und all das müssen wir mit dem Dialog sichtbar machen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Uns ist dabei besonders wichtig, das wir gerade – das ist ja die Stärke unseres Landes – den Mittelstand in den Fokus der Pilotprojekte rücken. Jeder weiß: In Baden-Württemberg gibt es 1 000 mittelständische Firmen, die Zulieferer in dieser Branche sind. In Baden-Württemberg geht es eben nicht nur um die Zukunft der großen, kapitalstarken Branchenplayer. Sie werden die Veränderungen aus eigener Kraft bestehen und

antreiben. Entscheidend ist vielmehr, dass auch die hoch spe zialisierten, hoch innovativen mittelständischen Zulieferbe triebe auf diesem neuen Weg in die Zukunft mitkommen.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Denn sie bilden sowohl das eigentliche Rückgrat als auch das wertvolle Tiefengeflecht des Autolands Baden-Württemberg. Deshalb wurde von den Vorrednern zu Recht auf die Chancen in der neuen Technologieführerschaft hingewiesen, die wir nutzen müssen. Diese Betriebe brauchen jetzt die gezielte Un terstützung, um ihre Geschäftsfelder neu zu justieren. Sie brauchen Begleitung, um in dem Wandel – auch angesichts des Medienrummels, den wir haben – kurzlebige von sub stanziellen Technologieentwicklungen zu unterscheiden.

Deshalb setzt die Landesregierung mit ihren Projekten hier den richtigen Schwerpunkt. Wir stehen an der Seite des Mit telstands und arbeiten mit ihm gemeinsam für die Zukunft und an der Zukunft.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Auch dass wir den Blick zusätzlich auf die Batterietechnik lenken, ist strategisch elementar. Denn die Batterie entschei det über Reichweite, Kosten, Schnellladefähigkeit und damit letztlich auch über die Qualität von Elektroautos.

Richtig ist: Ein großer Einstieg in die herkömmliche LithiumIonen-Zellproduktion lohnt sich aus Sicht Baden-Württem bergs. Daimler sagt zwar, dies lohne sich nicht, davon würde teilweise schon zu viel in Fernost produziert. Ich füge aber hinzu: Für Baden-Württemberg als Hochtechnologieland kann Elektromobilität nicht heißen, einfach einige Tausend Laptop akkus in Reihe zu schalten. Für ein Lifestyleprodukt wie Tesla mag das genügen, für ein technologisch ambitioniertes Quali tätsprodukt sicher nicht.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Anton Baron AfD: So ist es!)

Denn die Batterie – das wurde zu Recht angeführt – ist immer noch so etwas wie die Achillesferse in der Elektromobilität. Wichtige Fragen sind noch ungelöst.

Es wurden zu Recht die Chancen, gerade bei den Elektrobus sen, angesprochen. Die Teststrecken in Rastatt wurden zu Recht erwähnt, Kollege Schwarz. Aber auch Sicherheitsas pekte, Rohstoffe und Recycling sind wichtige Themen. Der ökologische Fußabdruck der Batterieelektrik ist immer noch eine große Herausforderung.

Unser Anspruch muss es daher sein, auch hier überzeugende Technologielösungen zu finden und dann im Batteriegeschäft mit von der Partie zu sein. Das wurde zu Recht angesprochen. Baden-Württemberg muss einen Fuß in die Tür zur Batterie produktion der Zukunft stellen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Genau darauf zielt der zweite Schwerpunkt im Rahmen der geplanten Leuchtturmprojekte.

Noch wichtiger ist allerdings: Nach wie vor ist keineswegs ausgemacht, wie die Antriebe der Zukunft genau aussehen

werden. Wir haben hier sozusagen einen Wandel, der in die Zukunft führt. Teilweise halten Experten batterieelektrische Fahrzeuge auch nur für eine Übergangstechnologie. Die He rausforderung, vor der wir stehen, heißt in der Tat Technolo gieoffenheit – da sind wir vollkommen bei Ihnen.

Wir müssen deshalb sagen: Wir wollen nicht die billigsten, eher die besten Batterien anbieten. Herr Kollege Schwarz, da sind wir ganz beieinander. Wir müssen aber auch beim Was serstoff oder bei den synthetischen Kraftstoffen

(Abg. Anton Baron AfD: Genau!)

im Spiel bleiben, uns im Spiel halten.

(Abg. Anton Baron AfD: So ist es! – Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)

Ich erwähne auch den Erdgasantrieb. Der ist, wie ich finde, noch immer nicht abgeschrieben.

(Zuruf des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP)

All das ist eine Strategiefrage. Darum müssen wir uns küm mern.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Die Zukunft der Mobilität hat längst begonnen. Für die Auto hersteller und die Zulieferer in Baden-Württemberg ist sie in guten Teilen konkrete Realität. Laut Ernst & Young sind es die deutschen Automobilunternehmen, die weltweit am meis ten in neue Antriebs- und Fertigungstechnologien investieren. Allein Daimler hat seit 2010 über 40 Milliarden € für For schung und Entwicklung ausgegeben. ZF setzt Ausrufezei chen im Bereich „Smart Mobility“. Bosch hat das erklärte Ziel, ab 2020 Weltmarktführer bei der Elektromobilität zu sein.

Das unterstreicht: Die Branche macht ihre Hausaufgaben, um Arbeitsplätze und Wertschöpfung am Standort zu halten. Sie braucht die strategische Partnerschaft und die Unterstützung der Politik. Aber ich füge auch hinzu: Sie braucht keine Nach hilfe.

Die Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen in unse rem Land werden in den nächsten Jahren natürlich härter wer den. China hat ganz eigene technologische, ökonomische und politische Ziele – der Ministerpräsident hat es angesprochen. Die USA greifen unsere Marktposition aktuell mit Strafzöl len an. In diesem Umfeld sollten wir uns beim Negative Cam paigning gegen unsere Autoindustrie und ihre Produkte nicht selbst an die Spitze stellen.

(Zuruf des Abg. Rüdiger Klos AfD)

Die Zahlen rechtfertigen nämlich manche Schlagzeile nicht. Die Uni Duisburg hat herausgefunden: Die deutschen Herstel ler sind beim Stickoxidausstoß flottenbezogen weit besser als die Wettbewerber aus Frankreich, Italien oder Japan. Wir soll ten also aufhören, unsere Stärken schlechtzumachen, während sich die lachende Konkurrenz mit ihren schlechteren Produk ten die Hände reibt. Auch das gehört zum Zusammenhang.

(Beifall bei der CDU, Abgeordneten der Grünen und der FDP/DVP sowie des Abg. Andreas Kenner SPD)

Damit bin ich bei dem angesprochenen Thema Luftreinhal tung. Die deutschen Hersteller haben sich beim Dieselgipfel verpflichtet – das war immerhin ein Anfang. Nun müssen end lich auch die Importeure in die Verantwortung. Ich finde auch – wie bereits angesprochen wurde –, dass es um Nachrüstung gehen muss. Die Autoindustrie darf sich hier keinen schlan ken Fuß machen. Da hat man in der jüngsten Zeit manchmal den Eindruck, als würde es sie gar nicht betreffen.

Deshalb gilt für uns: Wir wollen saubere Luft, aber wir wol len das möglichst ohne Fahrverbote. Deshalb gilt für die CDU-Fraktion: Bevor irgendein Auto aus unseren Städten aus gesperrt wird,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Eingesperrt! – Gegenruf des Abg. Thomas Hentschel GRÜNE)

müssen wir alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft haben, um die Luft besser zu machen. Es kann nur die Ultima Ratio sein. Das ist auch der Normzweck des Urteils, der im Grun de genommen ausgesprochen wurde.