Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Den Geschäftsordnungsantrag von Herrn Gall kön nen wir als AfD-Fraktion zu 100 % unterstützen.
(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Interessantes Bündnis! – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: So weit ist es gekommen! – Gegenruf des Abg. Sascha Bin der SPD – Unruhe)
Herr Schwarz und die CDU, Herr Reinhart, haben hier die Ge schäftsordnung herangezogen und auf parlamentarische Ge pflogenheiten verwiesen.
(Abg. Sascha Binder SPD zu den Grünen: Es gibt kein Parlament in Deutschland, wo die Opposition nicht einen Präsidenten stellt! Das ist euer Umgang mit der Opposition!)
Zunächst möchten wir von der AfD betonen, dass das Parla ment die Regierung zu kontrollieren hat. Das kann sie in ver schiedenen Funktionen tun: hier im Plenum, im Präsidium, in der Außendarstellung des Parlaments. Unser Demokratiever ständnis gebietet uns hier ganz klar – und Ihnen sicherlich auch –, dass die Opposition in diesen Gremien vertreten ist. Das jedoch ist seit zwei Jahren nicht mehr der Fall.
Deshalb ist der Antrag der SPD hier zunächst einmal zu be fürworten, damit wir in eine interfraktionelle Diskussion da rüber kommen, in welcher Form die Opposition zukünftig auch im Landtagspräsidium vertreten ist – in der Führung des Landtags und insbesondere auch in der Außendarstellung, in der Repräsentanz des Landtags im Bundesland Baden-Würt temberg. Das ist ganz entscheidend, meine Damen und Her ren.
Hier geht es nicht um Wahlangelegenheiten; es ist eine Pflicht, die Opposition hier mit in die Repräsentanz zu nehmen.
Denn wir vertreten zusammen Hunderttausende, wahrschein lich über eine Million – ich habe das heute Morgen nicht aus gerechnet – Wähler hier in Baden-Württemberg, und diese Wähler haben ebenfalls das Recht, ihre Repräsentanten zu hö ren und zu sehen und sie als Vertreter in diesen parlamentari schen Gremien zu wissen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst darf ich mich na mens meiner Fraktion beim Kollegen Klenk herzlich für die in den letzten beiden Jahren als Vizepräsident geleistete Ar beit bedanken. Sie haben das Parlament nach außen würde voll vertreten, und Ihre Sitzungsleitung war unparteiisch und effektiv. Herzlichen Dank dafür.
Wir wünschen Ihnen natürlich auch für die künftige Aufgabe alles Gute. Sie haben sich ja entschlossen, das Haus zu wech seln. Ob es eine Verbesserung ist, wird sich zeigen; darüber kann man unterschiedlicher Auffassung sein. Aber Ihnen per sönlich alles Gute.
Nun zu dem Geschäftsordnungsantrag der SPD: Das, was der Kollege Gall vorgetragen hat, war ja einigermaßen vielschich tig. Da war Kritik dabei, da waren Vorschläge dabei, da wa
ren durchaus auch Befindlichkeiten dabei. Wir können man ches von dem, was Sie vorgetragen haben, teilen. Wir können manches von dem, was Sie vorgetragen haben, verstehen. Wir teilen aber nicht alles von dem, was Sie vorgeschlagen haben. Wir teilen beispielsweise die Kritik, die Sie geäußert haben, zur Anwesenheit der Regierung. Heute ist es mal etwas bes ser –
Ich habe gesagt: Am heutigen Tag geht es einigermaßen. Sonst ist es öfter etwas dürftig; diese Einschätzung teilen wir. Wir teilen beispielsweise auch Kritik zum Erstverwertungsrecht von Anträgen; auch das haben Sie angesprochen. Wir sind al lerdings nicht sicher, dass das alles besser wird, wenn wir ei nen zusätzlichen Vizepräsidenten haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Anwesenheit auf der Regierungsbank grö ßer wird, wenn es statt einem zwei Vizepräsidenten gibt. Die ser Zusammenhang erschließt sich uns nicht zwingend. Wir glauben auch nicht, dass die Defizite, die jetzt angesprochen worden sind, davon abhängen, wie viele Präsidenten und Vi zepräsidenten der Landtag von Baden-Württemberg hat. Ich denke, Frau Aras und Herr Klenk haben in den letzten beiden Jahren bewiesen, dass es ausreicht, mit zwei Personen die Sit zungen des Landtags von Baden-Württemberg zu leiten.
Wir haben damals als FDP/DVP-Fraktion deutlich gesagt, die ses Sparsignal – ein Vizepräsident weniger – tragen wir mit. Das Argument, das uns damals dazu bewogen hat – der Vor schlag kam ja ursprünglich aus der AfD, von Ihrem Vorgän ger, Herr Gögel; da hat er mal einen guten Vorschlag gemacht –, war, einen Vizepräsidenten weniger, um den Steuerzahler zu entlasten. Aber offensichtlich ist es so: Wenn Sie die Chan ce wittern, sich vielleicht selbst zu bedienen, dann ist es plötz lich nicht mehr so weit her mit der Sparsamkeit.
Im Übrigen finde ich auch die Argumentation bemerkenswert, die Opposition müsse vertreten sein. Also, da gibt es offen sichtlich plötzlich ein Gemeinschaftsgefühl, ein oppositionel les Gemeinschaftsgefühl zwischen AfD, SPD und FDP. Das ist dann d i e Opposition, während sonst bei all Ihren Re den SPD und FDP mit Grünen und CDU in einen Topf gewor fen werden, und dann wird von den „Kartellparteien“ gespro chen. Aber wenn Sie die Chance wittern, ein Pöstchen abzu stauben, dann gibt es plötzlich d i e Opposition.
Die Argumente gelten also fort. Es überzeugt uns nicht, dass nun der Wechsel im Amt des Vizepräsidenten zwingend dazu führen soll, die Zahl derjenigen, die im Landtag präsidieren, auszuweiten. Ich kann mir auch nicht vorstellen, meine Da men und Herren, dass es ein besonders kluges Signal an die
Öffentlichkeit wäre. Was glauben Sie, wie die Reaktionen der Öffentlichkeit wären, nachdem – ich sage es einmal vorsich tig – die Diskussion um die Altersversorgung der Abgeordne ten im letzten Jahr nicht ganz optimal glücklich abgelaufen ist? Wenn heute Morgen nun der Landtag von Baden-Würt temberg sagt: „Es gibt einen Wechsel im Amt des Vizepräsi denten, und dann machen wir aus einem Vizepräsidenten zwei“, dann glaube ich nicht, dass das ein kluges Signal in Richtung Öffentlichkeit wäre.
Das Dritte, das Sie angesprochen haben, ist die Frage, inwie weit es Sinn macht, die für heute vorgesehene Wahl des Vize präsidenten bzw. der Vizepräsidentin zu verschieben, weil vielleicht die SPD-Fraktion noch Beratungsbedarf hat, weil die SPD-Fraktion noch Vorstellungsbedarf hat. Gut, man mag das Verfahren als etwas holprig bezeichnen. Da wird am Diens tagnachmittag jemand gewählt, dann gibt es das Angebot auf Zuruf: „Die Kandidatin kommt in die Fraktionen und stellt sich vor“, und am nächsten Morgen wird gewählt. Das kann man durchaus unterschiedlich betrachten; für die Reaktion der SPD-Fraktion habe ich durchaus Verständnis. Wir, die FDP/ DVP-Fraktion, haben das Angebot angenommen; wir waren da flexibel und haben Frau Kurtz kurzfristig in unsere Frakti on eingeladen. Sie hat sich vorgestellt, und vor diesem Hin tergrund sind wir heute entscheidungsbereit.
Die andere Frage ist, wie die Koalitionsmehrheit mit diesem Antrag umgehen möchte. Ich habe die Ausführungen des Kol legen Schwarz und des Kollegen Reinhart so verstanden, dass man quasi den Geschäftsordnungsantrag der SPD-Fraktion überstimmen möchte. Das ist Ihr gutes Recht; ob es klug ist, wird sich dann möglicherweise im Angesicht des Ergebnisses weisen. Möglicherweise wäre es tatsächlich klüger, zu sagen: Wir warten eine Woche, nehmen noch eine zusätzliche Frak tion ins Boot und geben vielleicht auch manchen innerhalb der Koalition die Gelegenheit einer einwöchigen Abkühlungs phase –
vielleicht ist auch so etwas notwendig. Aber Sie müssen das selbst entscheiden. Ob Sie sich am heutigen Tag klug oder we niger klug verhalten möchten, liegt ganz und gar in Ihrem Er messen.
Wir jedenfalls sind entscheidungsbereit. Wir können manches von dem, was die SPD-Fraktion vorgetragen hat, verstehen, manches teilen wir aber nicht. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung zu diesem Geschäftsordnungsantrag enthalten.
Damit kommen wir zur Abstimmung über den Geschäftsord nungsantrag der SPD-Fraktion auf Vertagung. Wer diesem An trag zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Ge
Frau Präsidentin, vielen Dank. – Meine Damen und Herren, nachdem der Antrag auf Vertagung abgelehnt wurde, stellt die AfD-Fraktion einen eigenen Ge schäftsordnungsantrag, und diesen möchte ich kurz begrün den.
Ihnen liegt schriftlich der Antrag zur Durchführung von Wah len der stellvertretenden Präsidenten vor. So müsste er Ihnen vorliegen, allerdings liegt Ihnen der Text im Singular und nicht im Plural vor, wie es in der Geschäftsordnung eigentlich aufgeführt ist. Wir schlagen vor, dass nicht nur die Regie rungsfraktionen, sondern auch die parlamentarische Opposi tion an der Parlamentsleitung beteiligt wird und einen eige nen Vizepräsidenten stellt.
Das soll unter Berücksichtigung der Landtagswahlergebnisse entsprechend der Stärke der Fraktionen erfolgen. Wir bean tragen daher, neben der Wahl des ersten stellvertretenden Landtagspräsidenten auch die Wahl eines zweiten stellvertre tenden Landtagspräsidenten durchzuführen.
Wir haben das Anliegen – und Sie sollten es auch haben –, dass dieses Haus nach dem Wählerwillen gemeinsam nach au ßen repräsentiert wird. Wir alle sind Volksvertreter, wir alle sind vom Volk gewählt. Das Volk hat mit seiner Wahl darüber entschieden, wer in welcher Stärke das Volk im Landtag re präsentiert und dort wirken soll, meine Damen und Herren.