Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

Wir haben das Anliegen – und Sie sollten es auch haben –, dass dieses Haus nach dem Wählerwillen gemeinsam nach au ßen repräsentiert wird. Wir alle sind Volksvertreter, wir alle sind vom Volk gewählt. Das Volk hat mit seiner Wahl darüber entschieden, wer in welcher Stärke das Volk im Landtag re präsentiert und dort wirken soll, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Unserer Meinung nach ist es eine dringende Notwendigkeit und eine pure Selbstverständlichkeit, dass ein stellvertreten der Landtagspräsident aus den Reihen der Opposition kom men muss. Diese Beteiligung gehört wesensmäßig zur Demo kratie. Diese Beteiligung ist nicht abstimmbar und auch nicht verhandelbar.

Das Parlament muss als Gegengewicht zur Regierung diese kontrollieren. Deshalb ist es wichtig, dass auch und gerade die Opposition bei der Leitung und bei der Repräsentanz nach au ßen beteiligt wird. Das ist keine Geschmacksfrage; das ist ei ne Frage des Demokratieverständnisses, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

Die Regierungsmehrheit darf nicht über den Zuschnitt des Prä sidiums ihre Exekutivrolle mit anderen Mitteln fortsetzen und die parlamentarische Beteiligung der Opposition hintertrei ben. Die Demokratie ist in einer tiefen Krise, wenn der Land tag in dieser Weise den Wählerwillen missachtet und sich die Institution Landtag nicht selbst ernst nimmt.

Wir verwahren uns gegen einen derartigen Missbrauch der Mehrheit zum Nachteil der parlamentarischen Opposition

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

und letztlich zum Nachteil des Parlaments insgesamt.

Niemand kann begründen, warum die Opposition prinzipiell von der Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten und sei ner Stellvertreter ausgeschlossen werden soll. Warum, frage ich Sie, soll die Vertretung des Landtags nach außen, warum soll seine Führung, warum soll die Diskussionsleitung nur das Privileg der Regierungsfraktionen sein, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

Warum soll die AfD als stärkste Oppositionskraft nicht auch an diesen Rechten beteiligt sein? Sie tun damit nicht der AfD einen Gefallen – mir persönlich schon gar nicht. Darum geht es nicht. Es geht um die Repräsentanz des Landtags. Wir er heben den Anspruch auf das Amt eines stellvertretenden Prä sidenten aufgrund unseres parlamentarischen Verständnisses, aufgrund unseres Demokratieverständnisses, aufgrund des Wählerwillens.

Kraft der Entscheidung des Volkes ist die AfD stärkste Oppo sitionskraft. In der Geschäftsordnung ist verankert, dass das Präsidium in parlamentarischen Angelegenheiten über die Form der Verständigung entscheidet. Das ist nicht geschehen. Stattdessen haben Sie es zugelassen, in Windeseile – das ist erst seit gestern Nachmittag 15 Uhr bekannt – die Nachfolge kandidatin der CDU ausrufen zu lassen, ohne den Parlaments fraktionen eine Gelegenheit zur Vorstellung oder zur Überle gung zu geben.

Die AfD-Fraktion hat kein Angebot zur Vorstellung bekom men. Das möchte ich hier auch meinen Fraktionskollegen noch einmal klar sagen.

(Zuruf von der AfD: So ist es! – Abg. Rüdiger Klos AfD: So sieht es nämlich aus! – Zuruf des Abg. Klaus Dürr AfD)

Vielleicht haben Sie die Strategie – das lassen Ihre Handlun gen, Äußerungen und die Behandlung unseres Antrags deut lich erkennen –, unsere aufstrebende und wachsende Partei

(Lachen des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: „Aufstre bend“!)

bei jeder sich bietenden Gelegenheit in ihrer Arbeit zu behin dern. Ich kann Ihnen versprechen, dass diese Strategie der Ausgrenzung und Zurücksetzung nicht aufgehen wird. Sie werden das bei den kommenden Wahlen schon in diesem Jahr in Bayern und Hessen erleben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Ich bitte aus Ihrem Demokratieverständnis heraus um Zustim mung zu diesem Antrag, die Opposition auch in dem Gremi um der Landtagspräsidenten zu unterstützen.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

Ich sehe keine Wortmeldung mehr. – Doch, Herr Stoch. Der Fraktionsvorsitzende der SPD hat das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen, ich möchte ganz kurz das Wort ergreifen, um zu erklären, warum die SPD-Fraktion dem Antrag der AfD-Fraktion nicht zustimmen wird.

(Vereinzelt Heiterkeit – Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben erklärt – durch Kollegen Gall wurde das, glaube ich, sehr deutlich ge macht –, dass wir eine Verschiebung für sinnvoller halten, weil die SPD-Fraktion die Frage, ob ein zweiter Vizepräsident bzw. eine zweite Vizepräsidentin gewählt werden soll, im Konsens mit den Fraktionen erörtern und bearbeiten wollte. Deswegen ist heute sicherlich der falsche Zeitpunkt, um hier eine Ent scheidung herbeizuführen.

Ich möchte ein Weiteres sagen – Sie können das auch gern in den Parlamentsprotokollen nachlesen –: Vor zwei Jahren, in der ersten Sitzung des neu gewählten Landtags, ging es in der Diskussion um die Frage: Wie viele Vizepräsidenten braucht dieser Landtag, um arbeitsfähig zu sein? Von den Kollegin nen und Kollegen der anderen Fraktionen war ein – aus mei ner Sicht vorgeschobenes – Argument, nämlich das Thema „Finanzielle Ersparnis“, in den Vordergrund gerückt worden. Wir, die SPD-Fraktion, haben damals schon ganz deutlich ge macht, dass wir die Entscheidung davon abhängig machen, zu prüfen, ob das tatsächlich der Fall ist – dazu hat Herr Kolle ge Gall etwas gesagt –, und zwar aus Sicht der Opposition, der SPD-Fraktion in der Opposition.

Noch etwas kommt hinzu: Wir haben damals bereits sehr deut lich gemacht, dass wir, die SPD-Fraktion, uns, falls ein zwei ter Vizepräsident gewählt worden wäre, vorbehalten hätten, einen eigenen Kandidaten oder eine eigene Kandidatin aufzu stellen. Denn für die SPD ist eines ganz klar – nach den zwei Jahren in dieser Zusammensetzung des Parlaments gilt das noch mehr als zu Beginn der Legislaturperiode, weil wir heu te die entsprechende Erfahrung haben –: Ein Mitglied der Fraktion der AfD kann nicht Teil des Gesichts dieses Parla ments in Baden-Württemberg sein, meine sehr geehrten Da men und Herren.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Anton Baron AfD: Das haben Sie nicht zu ent scheiden! – Weitere Zurufe von der AfD)

Genau aus diesem Grund hielten wir es für überlegenswert, einen zweiten Vizepräsidenten zu haben, und wir hielten es auch für mit demokratischen Gepflogenheiten vereinbar, wenn in einem demokratischen Wettbewerb die SPD-Fraktion eine Kandidatin oder einen Kandidaten aufstellen würde. Wir ha ben aber gesagt: Wir wollen diese Lösung im Konsens.

Heute ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Deswegen wird meine Fraktion den Antrag der AfD-Fraktion ablehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Beate Böhlen GRÜ NE – Abg. Udo Stein AfD: Tolles Demokratiever ständnis! – Weitere Zurufe)

Ich sehe keine weiteren Wort meldungen. – Doch. Herr Abg. Dr. Gedeon, bitte.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Jetzt kommt der Kandidat! – Vereinzelt Heiterkeit – Weitere Zu rufe)

Zur Geschäftsordnung ist das möglich. – Bitte, Herr Abg. Dr. Gedeon.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sie haben wieder ein Beispiel da für geliefert, wie Sie demokratische politische Kultur verste hen. Das ist wirklich hanebüchen. Das wollen wir nur einmal bemerken.

Vorerst möchte ich aber persönlich auch noch einmal Herrn Klenk ganz herzlichen Dank sagen. Er hat das ganz souverän gemacht. Ein Präsident muss viele Eigenschaften haben, aber ich glaube, Souveränität ist die wichtigste. Das haben Sie ganz hervorragend gemacht. Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Heinrich Fiecht ner [fraktionslos])

Zum zweiten Vertreter will ich etwas Wichtiges sagen, was Sie eigentlich überzeugen müsste. Meine Damen und Herren, stellen Sie sich vor, wir haben zwei – Frau Aras und dann noch die Neue –, und dann wird eine krank. Dann brauchen wir au tomatisch jemanden. Wer ist das? Das ist der Alterspräsident. Jetzt hören Sie einmal gut hin: Das ist dann Herr Drexler, da nach kommt Herr Voigtmann, und wenn die nicht da sind, dann komme schon ich. Und dann stellen Sie sich bitte vor, dass ich da oben sitze. Das müsste doch schon als Argument genügen, dass Sie einen zweiten Stellvertreter wählen.

(Heiterkeit – Abg. Reinhold Gall SPD: In der Tat, das ist echt ein gutes Argument!)

Ich gebe Ihnen das zu bedenken, meine Damen und Herren. – Ich würde es mir übrigens sehr überlegen, ob ich es mache. – Aber das müsste Sie doch überzeugen.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Andreas Stoch SPD zu den Grünen: Habt ihr euch das über legt? – Weitere Zurufe – Glocke der Präsidentin)

Ich darf um etwas Ruhe bit ten. Ich habe eine weitere Wortmeldung, und zwar vom Frak tionsvorsitzenden der CDU-Fraktion, Herrn Abg. Dr. Rein hart.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Nein, ich wollte zu TOP 1, zum Thema sprechen!)

Entschuldigung. Das war ein Missverständnis.

Es gibt also keine weiteren Wortmeldungen zur Geschäftsord nungsdebatte. Damit ist die Geschäftsordnungsdebatte abge schlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der AfD-Frak tion, die Stelle eines zweiten Vizepräsidenten bzw. einer zwei ten Vizepräsidentin zu schaffen. Wer dem Antrag der AfD

Fraktion zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –

(Zurufe – Heiterkeit)