Wie immer werden die Leidtragenden vor allem die Kinder sein, in diesem Fall die an den Gemeinschaftsschulen. Aber ich bin gespannt, was die Stiefmutter dazu nachher erzählen wird.
Die Grünen haben sich bildungspolitisch aufgegeben. Herz lichen Glückwunsch, CDU! Ich spreche bildungspolitisch ab heute nur noch von Schwarz-Grün.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! In den bisherigen Beratungen zum vorliegenden Gesetzentwurf ist eines noch deutlicher gewor den: Die Einführung der Gemeinschaftsschuloberstufen ver ursacht Unruhe, Ungerechtigkeit und Unfrieden in unserem Schulwesen, und das ohne jede Not.
Allein das triumphierende Auftreten der Grünen vor zwei Wo chen beim Koalitionszankapfel, ob der Satz im Koalitionsver trag, wonach die Koalitionspartner davon ausgehen, dass bis zum Ende dieser Legislaturperiode an nicht mehr als zehn Standorten Schülerinnen und Schüler an den Oberstufen der Gemeinschaftsschule unterrichtet werden, als „Obergrenze zehn“ oder als „Prognose zehn“ zu verstehen ist, zeigt die Tragweite und die hohe Symbolik dieses Projekts. Es geht
schließlich darum, zu beweisen, dass die Gemeinschaftsschu le auch das Abitur kann, so wie es die damalige, grün-rote Re gierung Kretschmann einst versprochen hat. Die SPD hat mit ihrer Kritik an der geforderten Verzichtserklärung der umlie genden Kommunen, wenn eine Gemeinschaftsschuloberstu fe eingeführt werden soll, gezeigt, welches Potenzial diese Oberstufe zur Kannibalisierung von Schulstandorten hat.
Der Versuch der Vorgängerregierung, das Bildungswesen in ein Zweisäulensystem umzuwandeln, ist nicht aufge gangen. Im Gegenteil, mit der Einführung der Gemein schaftsschulen wurde das Schulsystem sogar noch erwei tert. Doch mit mir wird es keine weiteren Strukturdiskus sionen geben.
Sie betonen ja auch stets, statt über Schulstrukturen vielmehr über Qualität reden zu wollen. Deshalb frage ich Sie: Warum führen Sie denn dann mit der Einführung der Oberstufe an Ge meinschaftsschulen diese völlig überflüssige Strukturdiskus sion?
Im Grunde widerlegen Sie mit Ihrer Gesetzgebung die eige nen Ankündigungen, liebe Kultusministerin. Wir Freien De mokraten finden, die beruflichen Gymnasien, die seit Jahren sehr erfolgreich junge Menschen von der mittleren Reife zur Hochschulreife führen, haben keine unnötige Konkurrenz, sondern eine Stärkung verdient, liebe Kolleginnen und Kol legen.
Im Sinne des Schulfriedens fordern wir ein weiteres Mal, auf die Oberstufe an Gemeinschaftsschulen zu verzichten und die hierdurch frei werdenden Mittel den beruflichen Gymnasien zugutekommen zu lassen, damit jeder Bewerber, der über die entsprechenden Voraussetzungen verfügt, auch einen Platz er hält. Da die Koalition diese unsere Forderung immer wieder abwies, lehnen wir diesen Teil des Gesetzentwurfs ab.
Dem anderen Teil stimmen wir dagegen zu. Vielen Dank, Frau Kultusministerin, dass Sie unserem Antrag entsprochen und einen Gesetzentwurf zur Abschaffung eines Schutzzauns um die Gemeinschaftsschule vorgelegt haben. Konsequenterwei se hat die Landesregierung auch die Aufhebung der entspre chenden Verordnung vorgesehen. Schulverbünde mit einer Gemeinschaftsschule dürfen bislang nur „ausnahmsweise“ ge bildet werden, wenn „der Schulverbund eine zeitlich befris tete Übergangslösung bis zur Schaffung der notwendigen Ak zeptanz einer Gemeinschaftsschule ist“. Das Kultusministe rium hätte einen Schulverbund wieder auflösen können, wenn „die Umwandlung zur Gemeinschaftsschule nicht innerhalb von fünf Jahren erfolgt ist“.
Es ist nach Überzeugung von uns Freien Demokraten in der Bildungspolitik das Gebot der Stunde, solche Schutzzäune einzureißen, einseitige Privilegierungen abzuschaffen und fai re und verlässliche Bedingungen für alle Schulen vor Ort zu schaffen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Dass Sie, Frau Kultusministerin, auf diesem Weg einen Schritt vor und zwei Schritte zurück machen, mögen Sie uns als Tri but an Ihren grünen Koalitionspartner erklären. Es ist aber aus unserer Sicht ein viel zu hoher Preis, wenn in einer Situation, in der eigentlich alle Anstrengungen darauf ausgerichtet sein müssten, Baden-Württembergs Bildungswesen von einem der hinteren Plätze wieder an die Spitze der Leistungsfähigkeit zurückzuführen, die Bildungsqualität dem Koalitionsfrieden geopfert wird.
Einen Satz noch zum Kollegen Jürgen Walter – ich hätte Sie gern eben schon gefragt, aber Sie haben die Zwischenfrage ja nicht zugelassen; deshalb frage ich Sie jetzt an dieser Stelle –: Sie haben gesagt, die Gemeinschaftsschule sei entscheidend für das demokratische Funktionieren in Baden-Württemberg. Ich frage Sie: Welche der anderen in Baden-Württemberg existierenden Schulen sind denn nicht entscheidend für das Funktionieren der Demokratie? Darauf hätte ich sehr gern von Ihnen eine Antwort.
Sie haben zudem gesagt, an der Gemeinschaftsschule würden sich Schüler, Lehrer und Eltern auf Augenhöhe begegnen. Ich frage Sie: An welcher Schule in Baden-Württemberg begeg nen sich Lehrer, Schüler und Eltern eigentlich nicht auf Au genhöhe?
Diese Fragen wollten Sie vorhin nicht beantworten; denn dann hätten Sie erst recht noch viel deutlicher alle anderen Schul arten diffamieren müssen. Das haben Sie hier nicht getan, und das war auch schlau von Ihnen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns in der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs über die Oberstufe an der Gemeinschaftsschule. Es wurde da rauf hingewiesen, dass wir schon bei der Einbringung des Ge setzentwurfs über dieses Thema diskutiert haben.
Sehr verehrter Herr Kern, ich beantworte Ihnen gern die Fra ge, warum eine Schulstruktur – in diesem Fall Sekundarstu fe II – eingeführt wird und ob dies ein Widerspruch zu mei ner Aussage ist, dass ich Schulstrukturdiskussionen nicht für sinnvoll erachte:
Schon bei dem Gesetz zur Einführung der Gemeinschaftsschu le im Jahr 2012 war die Sekundarstufe II vorgesehen. Deshalb ist dies nun die Fortführung dessen, was seinerzeit beschlos sen wurde, und es ist auch ein klares Bekenntnis der grünschwarzen Koalition zu den Gemeinschaftsschulen und zu de ren Existenz. Das ist also nichts, was neu aufgesetzt wird, son dern wir führen etwas fort, wofür die Grundlage schon im Schulgesetz 2012 gelegt worden war.
Ich habe bei der Einbringung des Gesetzentwurfs darauf hin gewiesen: Wir haben jetzt zwei Gemeinschaftsschulen, näm
lich in Konstanz und in Tübingen, die zum kommenden Schul jahr mit der gymnasialen Oberstufe beginnen. In Abstimmung und in enger Zusammenarbeit mit den nachgeordneten Schul behörden wurden die entsprechenden Entwicklungen vorge nommen; die pädagogische Ausgestaltung läuft momentan, ebenso ist die organisatorische Umsetzung in vollem Gang. Deshalb können wir uns freuen, wenn im kommenden Sep tember die gymnasiale Oberstufe dort startet. Dann werden wir uns auch anschauen, wie die Anmeldezahlen aussehen und nach welcher grundsätzlichen Vorgehensweise dort verfahren wird.
Ich habe aber schon darauf hingewiesen – auch das ist Teil der gesetzlichen Grundlage –: Das Abitur an Gemeinschaftsschu len entspricht vollumfänglich dem Abitur an allgemeinbilden den Gymnasien. Deshalb unterrichten dort auch nur Gymna siallehrkräfte. Die Bedingungen, die Anforderungen und die Erwartungen sind identisch mit denen an allgemeinbildenden Gymnasien, und ich bin zuversichtlich, dass diese Herausfor derung auch an den Gemeinschaftsschulen im positiven Sinn gestemmt wird.
Der zweite Teil – auch dieser ist wichtig – betrifft die Gleich stellung der einzelnen Schularten; dabei geht es auch um Ver änderungen im Bereich der Schulverbünde. Dies war überfäl lig – darauf haben mehrere Redner auch schon hingewiesen, so etwa Herr Abg. Haser –; denn gerade in Kommunen vor Ort bestand der Wunsch, eine solche Art der Schulentwick lung zu ermöglichen. Deshalb stellen wir in diesem Zusam menhang die Gemeinschaftsschulen mit den anderen Schul arten gleich – im Sinne von Wertschätzung und im Sinne des sen, dass keine Sonderbehandlung nötig ist.
Eine Sonderbehandlung hat diese Schulart tatsächlich nicht nötig. Sie hat ihren Platz, und sie wird sich entwickeln; dies hat sie bereits getan, und sie wird sicherlich auch in Zukunft ein stabiler Bestandteil unserer Schullandschaft in BadenWürttemberg sein.
Auch zu den Deputaten und zur Ausgestaltung des Gymnasi allehramts an Gemeinschaftsschulen gibt es – darauf sei ver wiesen – keine Unterschiede zum Grundsatz im allgemeinbil denden Bereich.
Sie können also erkennen, dass wir die Gleichbehandlung der Gemeinschaftsschulen Schritt für Schritt im Sinne von Wert schätzung realisieren. Wir haben eine Gleichbehandlung mit den Gymnasien im allgemeinbildenden Bereich – eine Her ausforderung, auf die, meine ich, die Gemeinschaftsschulen auch Wert legen sollten. Es ist wichtig, dass sie dieses Niveau haben und dass sie all das auch leisten können. Ich bin über zeugt, dass dies der Fall ist, und auch die Gemeinschaftsschu len sind sicherlich davon überzeugt.
Wir begleiten die Gemeinschaftsschulen durch das Kultusmi nisterium, durch mich als Kultusministerin mit der gleichen Wertschätzung und mit dem gleichen Respekt, mit dem wir auch alle anderen Schularten begleiten.
Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 16/3685. – Entschuldi gung, Herr Abg. Gall.
Frau Präsidentin, wir bitten Sie, bei Artikel 1 über die Nummern 1 und 2 getrennt abstimmen zu lassen.
Vielen Dank. So werden wir verfahren. – Wir kommen nun also zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 16/3685. Abstimmungs grundlage ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultus, Jugend und Sport, Drucksache 16/3916. Der Aus schuss empfiehlt Ihnen in Abschnitt I der Beschlussempfeh lung, dem Gesetzentwurf unverändert zuzustimmen.
mit den Nummern 1 und 2. Den Antrag auf nummernweise Abstimmung hatte sowohl die FDP/DVP-Fraktion als nun auch die SPD-Fraktion gestellt.
Wer Nummer 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist Num mer 1 mehrheitlich zugestimmt.
Ich stelle nun die Nummer 2 zur Abstimmung. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent haltungen? – Nummer 2 ist damit ebenfalls mehrheitlich zu gestimmt.