(Abg. Reinhold Gall SPD: Was haben Sie denn die Jahre zuvor gemacht? In den Tag hineingeträumt! Meine Güte, diese Selbstherrlichkeit!)
Stattdessen wurde unter Ihrer Verantwortung im GS-Bereich die Zahl der Studienplätze um 33 % gekürzt, im Sekundarbe reich II um 22 %.
Lieber Herr Gall, Lehrer fallen nicht vom Himmel, das wis sen auch Sie. Das Studium beträgt acht bis zehn Semester, zu züglich 18 Monate Referendariat. Die Fehler der letzten Le gislaturperiode kommen nun zum Tragen, und deshalb wäre seitens der SPD mehr Demut gefragt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der AfD und der FDP/DVP – Abg. Reinhold Gall SPD: Schönreden und sonst nichts!)
Zur Lehreraus- und -fortbildung abschließend einige grund sätzliche Anregungen unserer Fraktion. Das Praxissemester sollte nach Meinung unserer Fraktion Bestandteil des Bache lorstudiums und eine Voraussetzung für den Eintritt in das Masterstudium sein. Lehramtsstudierende sollten frühzeitig das breite Spektrum des Schullebens aus Sicht der Lehrkräf te kennenlernen. Und wir plädieren – Frau Bogner-Unden hat es angesprochen – für weitere Ausbildungsschulen im ländli chen Raum. Das Studium und das 18-monatige Referendari
at sollten mit Blick darauf geprüft werden, dass sich viele Re ferendare nach Abschluss keinen vollen Lehrauftrag zutrau en.
Um jetzt abschließend auf Hattie zurückzukommen: Auch Schüler und Elternhaus sind Einflussfaktoren, und mit großer Sorge sehen wir die steigende Zahl emotional und sozial ver haltensauffälliger Schüler und den zunehmend fehlenden Re spekt von Eltern und Schülern gegenüber den Lehrern.
Geschätzter Kollege Röhm, Sie haben ganz viele Gründe genannt, warum Lehrer unzu frieden sind. Sie haben zu Recht erschreckende Zahlen ge nannt: 582 Lehrkräfte im Alter von unter 55 Jahren beende ten im Jahr 2017 ihre Tätigkeit.
Sind Sie nicht auch der Meinung, dass die enorm gestiegene Heterogenität an den Schulen ein unheimlich hoher Belas tungsfaktor für die Lehrerinnen und Lehrer ist, dass sie nicht die entsprechenden Ressourcen haben, um dieser Heteroge nität gerecht zu werden? Sehen Sie nicht auch die Verantwor tung bei der letzten Landesregierung?
Sie haben das jetzt alles bei den Sozialdemokraten abgeladen. Aber meines Wissens gab es damals noch einen Koalitions partner, die Grünen. Wie sehen Sie denn die Verantwortung der Grünen für diese Heterogenität in den Schulklassen?
Zum zweiten Teil: Unser grüner Koalitionspartner ist mit uns gemeinsam auf dem Weg, die Fehler der Vergangenheit zu re vidieren.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU – Lachen bei Abgeordneten der SPD – Zuruf: „Wir schaffen das“!)
Um es abschließend klar zu sagen: Die Schule kann nicht der Reparaturbetrieb für die mangelnde Erziehung und die gesell schaftlichen Probleme sein, wenn sie nicht von ihrer Haupt aufgabe der Wissensvermittlung abrücken soll. Wir fordern – das tun Sie alle auch, dessen bin ich mir sicher – eine stärke re gesellschaftliche Wertschätzung für den Lehrerberuf.
Fazit: Wir danken den Lehrern für ihren engagierten Einsatz und möchten diese zukünftig stärker bedarfsgerecht und ziel gerichtet unterstützen. Den Antrag der AfD lehnen wir ab, da das Kultusministerium mit dem Maßnahmenpaket zur Unter
richtsversorgung vom Juli 2017 bereits in diesem Sinn voran geschritten ist. Individuelle Zulagen gibt es bereits, vor allem im Bereich der beruflichen Schulen.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen, liebe Kollegen! Zwei Anmerkungen vorab. Einmal an die AfD: Ich werde dieses Max-und-Moritz-Spiel nicht mit zeitgemäßen Beispielen aus „Die Sendung mit der Maus“ be antworten. An die CDU auch der Hinweis: Bis 2011 ist Ihnen das mit der Qualität ja prima gelungen, Kollege Röhm.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Ja! Kann ich bestätigen! – Abg. Reinhold Gall SPD: Lächerlich!)
Daher, denke ich, muss man das, was hier gesagt wurde, auch einmal in einer gewissen zeitlichen Abfolge sehen.
Zu meinen eigentlichen Ausführungen: Der Kollege Fulst-Blei hat mir berichtet, dass er vor Kurzem auf einer Podiumsver anstaltung von einer Mutter angesprochen wurde, die berich tet hat, dass ihre Tochter beim BIZ – beim Berufsinformati onszentrum – davor gewarnt wurde, Lehramt zu studieren.
Man könnte dann zum Thema „Lehrkraft in Baden-Württem berg“ formulieren: Selbst die Berufsberatung der Agentur für Arbeit rät davon ab.
Ich selbst habe schon viele Diskussionen geführt, bei denen ich auch von jungen Menschen angesprochen wurde wegen dieser Stellenstreichungen, die uns schon viele Jahre bewe gen – aktuell sind es 1 074 Stellen, die gestrichen werden sol len –: „Lohnt sich das überhaupt noch, Lehramt zu studieren? Habe ich da überhaupt eine Berufschance?“ Ich denke, für die Berufswahl ist das ein ganz fatales Signal, Frau Ministerin. Da muss dagegengearbeitet werden.
Dazu kommt, wie gesagt, das schlechte Image des Berufs. Die meisten Lehrerinnen und Lehrer im Land sind in der Tat über lastet. Das schreckt eben die jungen Menschen auch langfris tig ab, diesen Beruf zu wählen. Die Zahl von 582 Lehrern, die jünger als 55 Jahre sind und in den Vorruhestand gehen, zeigt schon eine bedenkliche Entwicklung. Wenn – diese Erfahrung habe ich gemacht – junge Lehrkräfte an der Schule nach rela tiv kurzer Zeit ihr Deputat um zwei, drei, vier, fünf Stunden kürzen, weil sie es sonst einfach nicht mehr schaffen, dann ist doch das auch ein ziemlich deutliches Indiz dafür, dass hier Handlungsbedarf besteht.
Neben der Rücknahme der Stellenstreichungen müssen sich die Arbeitsbedingungen in der Schule verbessern. Wenn wir etwas verbessern wollen, müssen wir ja erst einmal den Ist zustand kennen. Deshalb müssen wir das, was in der Stich probenerhebung auch schon erfasst wird, systematisch und
schulscharf protokollieren. Es geht nicht nur um den Unter richtsausfall, es geht auch um die Mehrarbeit, es geht um den fachfremd erteilten Unterricht, es geht um die kurz- und lang fristige Anhebung des Klassenteilers, und es geht auch um die stundenweise Zusammenlegung von Klassen.
Das sind alles Dinge, die wir wissen könnten, weil wir im Bil dungsausschuss ja gehört haben, dass die Planungsdaten über die Verwaltungssoftware ASV-BW erhoben werden können. Lassen Sie bei der Entwicklung bitte auch diese Faktoren mit erfassen.
Meine Damen und Herren, um Unterrichtsausfall zu vermei den, müssen wir insgesamt an vier Stellschrauben drehen – sicher nicht alles gleichzeitig, und sicher ist das nicht alles so fort realisierbar. Aber der Reihe nach: Zunächst einmal – da mit hatten wir, Grün-Rot, ja begonnen – muss die Krankheits reserve ausgebaut werden, und zwar um rund 20 % auf zu nächst 2 000 Lehrkräfte. Das Entlastungskontingent muss wie der aufgestockt werden, damit es neben dem Pflichtunterricht im Schulalltag etwas Luft gibt. Der Versorgungsgrad an Schu len muss zu Beginn des Schuljahrs mindestens einmal 105 % betragen. Als Viertes fordern wir auch, den Aufbau multipro fessioneller Teams an Schulen gezielt zu fördern, weil wir wis sen, dass nicht nur die Fachlichkeit eine Rolle spielt, sondern dass wir bei der Zukunftsfrage, wenn es um Schulen geht, au ßer den Lehrkräften auch andere Kompetenzen brauchen.
Dass wir mit diesen Maßnahmen den Blick nach vorn richten, heißt nicht, dass es hier und jetzt keinen Gestaltungsspielraum gibt. Wir hatten die Situation mit den Gymnasiallehrkräften ja schon angeführt: 2 250 Gymnasiallehrkräfte, die zu Beginn des Schuljahrs kein Stellenangebot bekommen haben. Man muss sich schon einmal fragen, was denn schiefläuft, wenn elfmal so viele Bewerber wie Stellen da sind, die 200 Stellen, die Sie für die Gemeinschaftsschule vorgesehen hatten, aber nicht besetzt werden können.
Was die Realschullehrkräfte an Grundschulen betrifft, haben Sie, Frau Ministerin, ja geschrieben, dass derzeit eine grund sätzliche Öffnung für Lehrkräfte von Realschulen für den Ein satz in Grundschulen nicht vorgesehen ist, aber mit einer ge wissen Flexibilität könnten wir da sicher auch den einen oder anderen Einzelfall umsetzen und vor Ort helfen.
Zwei Sätze noch, ja. – Es ist mit Blick auf die aktuelle Qualitätsdiskussion völlig unzurei chend, was hier in dem Antrag gefordert wird. In den weite ren Punkten geht es darum, dass hier große Fragen aufgewor fen werden mit Blick auf beamtenrechtliche Implikationen, mit Blick auf das Gehaltsgefüge oder auch mit Blick auf die se regionale Pauschalität, die Sie hier formulieren. Es gibt si cher auch in Heidelberg und auch in anderen Universitätsstäd ten Schulen mit unterschiedlichen Herausforderungen, die ent sprechende Bewerberinnen und Bewerber anlocken, weil es eben attraktiv ist, dort zu arbeiten.
Noch eine Zwischeninforma tion an die Ausschussmitglieder: Die heutigen Ausschusssit zungen beginnen unverzüglich nach Beendigung der Plenar sitzung. Sie haben keine zusätzliche Pause. Dies nur zu Ihrer Information.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Für uns Freie Demokraten lautet ei ne der drängendsten bildungspolitischen Fragen: Wie können wir ausreichend qualifizierte Lehrkräfte vor allem in Mangel bereichen gewinnen, um die Unterrichtsversorgung aller Schu len sicherzustellen? Denn für uns ist klar: Guter Unterricht kann natürlich nur derjenige sein, der überhaupt stattfindet.
635 Lehrerstellen waren zu Beginn des Schuljahrs 2017/2018 nicht besetzt, und 455 Lehrerstellen konnten gar nicht besetzt werden. Der Unterrichtsausfall beläuft sich laut Stichprobe auf durchschnittlich 3,6 %. Vor allem in Gebieten abseits der großen Ballungszentren und Universitätsstädte hat der Leh rermangel für manche Schulen mittlerweile ein besorgniser regendes Ausmaß angenommen.