Protokoll der Sitzung vom 09.05.2018

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen – Zuruf des Abg. Stefan Räpple AfD)

Ich bin daher auch besonders dankbar, dass am vergangenen Montag 170 junge Menschen hier in diesem Saal nicht popu listisch, wie das manche andere tun, sondern engagiert und begeistert über die Zukunft Europas diskutiert haben.

Europa ist vielfältig, und genauso vielfältig sind auch die Vor teile Europas. Für den einen ist es das Leben in Frieden und Freiheit. Der andere findet es besonders toll, dass er die glei che Währung wie zu Hause auch im Urlaubsland hat, und für die junge Generation ist es ein besonderer Mehrwert, dass jetzt die Roaming- und die Streaminggebühren weggefallen sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

In den letzten Tagen hat unser geschätzter ehemaliger Minis terpräsident und heutiger EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger den Mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 vorgelegt.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Drei Dinge sind mir hier besonders wichtig. Wir müssen ers tens objektiv und verantwortungsbewusst mit unserer Zukunft umgehen. Was will ich damit sagen? Der Finanzrahmen von 1,3 Billionen € hört sich natürlich nach verdammt viel Holz an, nach verdammt viel Geld, aber das muss man auch in Re lation zu dem Zeitraum von sieben Jahren und insbesondere auch ins Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen setzen. Dann sind das noch 1,1 %. Dann relativiert sich das Ganze.

Ich nenne eine andere Zahl. Nehmen wir die öffentlichen Aus gaben aller EU-Staaten für Europa: Das sind dann 2 %. Ich bin der Meinung, dass uns Europa so viel wert sein muss, dass uns ein Leben in Frieden und in Freiheit so viel wert sein soll te.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Zweitens muss aber auch klar sein, dass wir mehr darüber dis kutieren müssen, wofür das Geld denn ausgegeben wird.

(Zuruf von der AfD)

Kommissionspräsident Juncker hat hierzu eine wichtige Aus sage gemacht, als er gesagt hat: „Jeder Euro, den wir ausge ben, muss einen europäischen Mehrwert erzeugen.“ Genau daran sollten wir den Mehrjährigen Finanzrahmen auch mes sen.

Ich sehe einen europäischen Mehrwert insbesondere in der Verstärkung der europäischen Außengrenzen, bei der Intensi vierung des Austauschprogramms ERASMUS und bei der In vestition in Forschung und Innovation. Denn eines ist klar: Genau so, wie die Industrialisierung im 19. Jahrhundert vor unseren Toren nicht stoppgemacht hat, wird auch die Digita lisierung nicht vor unseren Toren stoppmachen. Deswegen müssen wir hier sehr, sehr viel Geld in die Hand nehmen, um auch weiterhin in Frieden, in Freiheit und in Wohlstand leben zu können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Drittens ist mir sehr wichtig, dass wir die Rechtsstaatlichkeit der Europäischen Union stärken. Wer sich nicht an die Grund werte der Europäischen Union hält, darf auch nicht als Mit gliedsstaat der Europäischen Union an den Fördertöpfen par tizipieren.

(Beifall des Abg. Manuel Hagel CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, 170 junge Menschen haben es uns am Montag vorgemacht. Sie haben über die Zukunft Europas gesprochen. Denn die Europäische Union in ihrer heutigen Form ist weder selbstverständlich, noch ist sie gott gegeben. Europa steht für die Grundsätze, steht für Frieden, für Freiheit, für ein Leben in Wohlstand. Die Europäische Uni on muss sich daher aus meiner Sicht auch um die großen Din ge kümmern und sich den großen Dingen widmen wie z. B. der Außen- und Sicherheitspolitik oder aber auch den Han delsabkommen, damit wir nicht nur unsere Waren, sondern eben auch unsere Werte in die Welt exportieren.

Die großen Aufgaben, die uns hier bevorstehen, werden wir nur erfolgreich bewältigen, wenn wir flexibler und auch schneller werden. Deswegen kann aus meiner Sicht der gro

ße Wurf in der Europäischen Union nur gelingen, wenn wir das Einstimmigkeitsprinzip ad acta legen.

(Beifall der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)

Was unter den sechs Gründungsstaaten noch sinnvoll war, das ist bei zukünftig 27 Mitgliedsstaaten eben nicht mehr so prak tikabel. Deswegen ist mein Ansinnen: Lassen Sie uns heute, am Europatag, für ein Europa der Chancen, für ein Europa des Friedens und für ein Europa der Zukunft einstehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Merz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Damen und Her ren! Bericht über aktuelle EU-politische Themen. Jetzt ist es raus: 12 Milliarden € mehr soll Deutschland nach dem Wil len von EU-Kommissar Oettinger künftig in die EU einzah len – jährlich, versteht sich, zusätzlich zu den ohnehin schon mehr als 24 Milliarden €, die wir jedes Jahr nach Brüssel über weisen.

(Abg. Winfried Mack CDU: Was hat denn der Erste Weltkrieg gekostet? Was hat der Zweite Weltkrieg ge kostet? Wie viele Menschenleben haben die gekos tet?)

Sie sehen hier einen 50-€-Schein, und hier habe ich ein Buch mit 200 Seiten, das heißt 100 Blättern. Es ist 1 cm dick. Wären das aufeinandergestapelte 50-€-Scheine, wären das 5 000 €, bei 10 cm wären es 50 000 €,

(Abg. Fabian Gramling CDU: Und wie hoch wären die Leichenberge? – Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

bei 1 m 500 000 € und bei 2 m 1 Million €. 12 Milliarden € mehr jährlich von Deutschland an die EU heißt 12 000 Millio nen € mehr. 2 m mal 12 000 sind 24 km gestapelte 50-€-Schei ne – ein Stapel von hier bis Backnang.

(Abg. Thomas Marwein GRÜNE: Wie ist das eigent lich mit 20-€-Scheinen? – Gegenruf des Abg. Dr. Rai ner Podeswa AfD: Mal 2,5! – Heiterkeit bei der AfD)

Der Gesamtbetrag von Deutschland an die EU: 24 Milliar den € sind es sowieso, dazu kommen 12 Milliarden € mehr, das ergibt insgesamt 36 Milliarden €. Das sind 72 km gesta pelte 50-€-Scheine – ein Geldstapel von hier bis Aalen.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Dr. Merz, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Gramling zu?

Selbstverständlich, gern.

Bitte, Herr Abg. Gramling.

Vielen Dank für das Zulassen der Zwischenfrage. – Kann ich sitzen bleiben, oder muss ich aufstehen?

(Zuruf: Nein, ans Mikro! – Abg. Fabian Gramling CDU begibt sich zu einem der Saalmikrofone. – Abg. Reinhold Gall SPD: Jetzt lässt er sich von der AfD sagen, wohin er sich stellen muss!)

Vielen Dank für das Zulassen der Zwischenfrage. – Ich habe eine ganz einfache Frage: Wie hoch ist der Wert eines Men schen, und wie hoch waren die Berge von Leichen aufgrund des Zweiten Weltkriegs?

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Der Wert eines Menschen ist un bezahlbar, er ist nicht bezifferbar.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Ah, okay!)

Und was hat jetzt der Zweite Weltkrieg mit der EU zu tun?

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zurufe, u. a. Abg. Andreas Stoch SPD: Da hätte man ein bisschen aufpassen müssen, gell?)

Bitte schön, der Frieden in Europa hat nichts mit der EU zu tun. Das war die NATO. Das muss man unterscheiden.

(Lebhafte Zurufe, u. a. Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Auf was für eine Baumschule sind Sie ei gentlich gegangen? – Unruhe – Glocke der Präsiden tin)

Die EU, die es heute gibt, kann für sich nicht in Anspruch neh men, für diese lange Friedenszeit quasi verantwortlich zu sein.

(Beifall des Abg. Stefan Räpple AfD)

Die EU gibt es in der heutigen Form ja erst seit ein paar Jah ren. Früher gab es eine EWG, eine freundschaftliche Gemein schaft von Staaten.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Dieser zentralistische Moloch, dieses zentralistische Ungetüm in Brüssel hat überhaupt nichts mit dem langjährigen Frieden in Europa zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)