Protokoll der Sitzung vom 09.05.2018

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung kommunalwahlrechtlicher Vor schriften – Drucksache 16/3870

Zur Begründung darf ich Herrn Minister Thomas Strobl das Wort erteilen.

Frau Vizepräsidentin Sabine Kurtz!

(Zurufe, u. a. Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Prä sidentin!)

Frau Vizepräsidentin

(Zurufe, u. a. Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Am tierende Präsidentin!)

und Frau amtierende Präsidentin Sabine Kurtz!

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: So viel Zeit muss sein!)

Unbedingt, Herr Abg. Dr. Lasotta.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Im kommen den Jahr stehen, wie Sie wissen, die nächsten Kommunalwah len an. Wenn sie wieder zusammen mit der Europawahl durch geführt werden, was ich persönlich für sinnvoll hielte, wer den sie voraussichtlich im Mai 2019 – wie ich höre, ist der 26. Mai 2019 angedacht – stattfinden. Die Vorbereitungen für eine solche Wahl beginnen freilich deutlich früher.

Die Landesregierung legt deshalb bereits heute diesen Gesetz entwurf vor, mit dem einige Bestimmungen des Kommunal wahlrechts angepasst werden sollen. Wie nach jeder Wahl hat das Innenministerium auch im Nachgang zu den Kommunal wahlen 2014 geprüft, ob und, wenn ja, an welcher Stelle es Verbesserungsbedarf gibt. Dazu haben uns eine Vielzahl von Vorschlägen erreicht, vor allem von den Kommunen und ihren Verbänden, aber auch aus der Bürgerschaft, von Kandidatin nen und Kandidaten, von Wahlhelfern und anderen Personen.

Freilich können nicht alle Vorschläge berücksichtigt werden. Viele Vorschriften sind eben aus gutem Grund in unserem Kommunalwahlrecht so, wie sie sind. Dort jedoch, wo ein nachvollziehbarer Bedarf besteht und der Gesetzgeber mit ent sprechenden Regelungen Verbesserungen erreichen kann, soll ten wir das meines Erachtens auch sorgfältig tun. Denn schließlich handelt es sich bei den Kommunalwahlen um die eigenen Wahlen unserer Städte, Gemeinden und Kreise, die Grundlage für die bürgerschaftliche Selbstverwaltung vor Ort sind.

Aus dem Inhalt des Gesetzentwurfs möchte ich Ihnen zunächst die Änderung der Vorschrift für die Wahlvorschläge in klei nen Gemeinden bis zu 3 000 Einwohnern vorstellen. Dort gibt es vielerorts keine Parteilisten oder konkurrierenden Wähler gruppen. Bei den Bürgerinnen und Bürgern besteht dann oft mals der Wunsch, eine einheitliche Kandidatenliste aufzustel len, aus der die Wählerinnen und Wähler ihre Favoriten wäh len können und diejenigen mit den meisten Stimmen dann in den Gemeinderat einziehen. In fast noch stärkerem Maß gilt dies für die Aufstellung der Kandidatenlisten für Ortschafts ratswahlen in den zumeist nur sehr kleinen Ortschaften.

Wir wollen deshalb die Möglichkeit schaffen, dass in diesen kleinen Gemeinden und Ortschaften die Wahlvorschläge bis

zu doppelt so viele Kandidatinnen und Kandidaten enthalten dürfen, wie Räte zu wählen sind. Damit kann vermieden wer den, dass mehrere Listen aufgestellt werden müssen, um alle Interessenten aufzunehmen, und dann zwangsläufig eine Ver hältniswahl mit einer mathematisch berechneten Sitzvertei lung stattfinden muss, obwohl eigentlich gar keine Konkur renzsituation besteht bzw. gegeben ist.

Zudem haben die Wähler und die Wählerinnen dann eine ech te Auswahl auf dem einzigen Stimmzettel. Ich halte diese Re gelung deshalb für einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Demokratie vor Ort, gerade in den kleineren Ortschaften und Gemeinden.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Verehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich möchte aber ausdrücklich darauf hinweisen, dass natürlich auch in den kleinen Gemeinden weiterhin die Möglichkeit besteht, meh rere Wahlvorschläge aufzustellen. Das ist selbstverständlich. Wir nehmen nicht etwas, sondern wir geben eine weitere Mög lichkeit dazu.

Selbstverständlich muss auch niemand mehr Bewerberinnen und Bewerber aufbieten, als am Ende Räte zu wählen sind. Auch hier schreiben wir nicht zwingend etwas vor, sondern geben eine Option, eine weitere Möglichkeit, von der man Ge brauch machen kann, aber keinesfalls Gebrauch machen muss.

In den Gesetzentwurf wurde außerdem eine Regelung zum Mandatsverlust im Fall eines Partei- oder Vereinsverbots auf genommen. Baden-Württemberg ist neben Berlin das einzige Land, in dem es eine solche Regelung noch nicht gibt. Diesen Zustand – das war jedenfalls unsere Auffassung – sollten wir jetzt ändern; denn es könnte der Eindruck entstehen, es wäre akzeptabel, wenn in den Kommunalparlamenten auch Vertre ter von verfassungswidrigen Parteien sitzen. Das ist es aber nicht. Ganz abgesehen davon wäre es für die Bürgerinnen und Bürger ebenso wie für die vielen engagierten ehrenamtlichen Rätinnen und Räte eine Zumutung, wenn solche Personen über die Geschicke unserer Kommunen mit entscheiden könn ten.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der SPD und der FDP/DVP)

Auch wenn derzeit kein akuter Anlass besteht, soll vorsorg lich eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, um die Vertre ter von verbotenen Parteien und Gruppierungen aus den kom munalen Vertretungen entfernen zu können. Damit wird auch ein Zeichen gesetzt, dass verfassungsfeindliche Umtriebe auf keiner Ebene geduldet werden.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Daneben, verehrte Damen und Herren Abgeordnete, enthält der Gesetzentwurf noch eine Reihe weiterer kleinerer Ände rungen. Dabei handelt es sich um Anregungen aus der kom munalen Praxis, von den kommunalen Landesverbänden, so wie um Anpassungen an die Vorschriften des Bundesrechts. Letzteres betrifft u. a. eine Regelung, nach der die Mitglieder der Wahlorgane für Kommunalwahlen in Ausübung ihres Am tes ihr Gesicht nicht verhüllen dürfen.

Auf weitere Einzelheiten hierzu möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen. Sofern zu den einzelnen Punkten Erläute rungs- oder Diskussionsbedarf besteht, stehe ich dafür im In nenausschuss selbstverständlich und gern zur Verfügung.

Erwähnen möchte ich noch, dass im Rahmen – –

(Glocke der Präsidentin)

Entschuldigung, Herr Mi nister. Lassen Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Wölfle zu?

Selbstverständlich, Frau Kollegin Wölfle.

Bitte, Frau Abg. Wölfle.

Vielen Dank. – Herr Minister, Sie haben gerade einige Punkte aufgeführt. Der Kollege Stickel berger wird dazu auch gleich reden und einen Änderungsan trag der SPD-Fraktion ankündigen.

Ich habe aber folgende Frage: Sie haben das inklusive Wahl recht nicht genannt. Wir haben eine Landes-Behindertenbe auftragte. Daher frage ich Sie: Wie wird diese Frau mit ihren Aufgaben eingebunden? Ich halte diese Position für sehr wich tig. Offensichtlich hat die Landes-Behindertenbeauftragte den Gesetzentwurf vorher nicht zu lesen bekommen; denn ich bin sicher, Frau Aeffner hätte dazu etwas zu sagen gehabt.

Ich kann Ihnen im Augenblick die Frage nicht beantworten, ob sie den Gesetzentwurf vorher gelesen hat. Ich kann nur anbieten, dass wir ihn ihr sofort geben.

(Zuruf der Abg. Sabine Wölfle SPD)

Wir sind jetzt am Beginn eines Gesetzgebungsverfahrens, und deswegen besteht jetzt noch die Möglichkeit, sie einzu binden, alles aufzunehmen, was sie uns zu sagen hat. Das Par lament ist ja frei, einen guten Gesetzentwurf immer noch bes ser zu machen. Insofern sind wir nicht am Ende der Entschei dungskette,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! Völlig richtig!)

sondern formal ganz am Anfang.

Vielen Dank für den Hinweis, Frau Abgeordnete. Wir werden ihn selbstverständlich im Gesetzgebungsverfahren berück sichtigen, und, falls es noch nicht geschehen ist, geben ihr auch sofort Kenntnis davon. Das ist kein Geheimpapier. Wenn ich mich recht erinnere, ist die Kenntnisgabe ohnehin schon seit vielen Wochen im Grunde genommen möglich.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Völlig in Ordnung!)

Erwähnen möchte ich noch, dass im Rahmen der Anhörung einzelne Rechtsänderungen angeregt wurden, die vor allem die Kandidatur zu Bürgermeisterwahlen betreffen. Darunter sind Punkte, die mir durchaus überlegenswert erscheinen, ins besondere um gewissen unerfreulichen Entwicklungen bei Bürgermeisterwahlen – gerade auch in der jüngeren Vergan genheit – entgegenzutreten. Ob man in diesem Bereich ge setzliche Änderungen vornimmt, muss man – das ist jeden

falls meine Meinung – gründlich prüfen, gründlich abwägen, sich gut überlegen. Insbesondere sollte man dann auch nicht über das Ziel hinausschießen.

Nachdem dieser Themenkomplex bisher nicht Gegenstand des Gesetzentwurfs war, hat die Landesregierung zum jetzigen Zeitpunkt von entsprechenden Ergänzungen und Änderungen abgesehen, auch um das Gesetzgebungsverfahren mit Blick auf die Kommunalwahlen 2019 nicht zu verzögern. Die Lan desregierung wird jedoch die weiteren Entwicklungen sehr sorgfältig beobachten. Sollte sich ein diesbezüglicher Ände rungsbedarf mit Blick auf Bürgermeisterwahlen ergeben, könnten die gesetzlichen Regelungen zu diesem Komplex „Wahl von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern“ über prüft und bei Bedarf in einem separaten Gesetzgebungsver fahren in Angriff genommen werden.

(Abg. Ulli Hockenberger CDU: Sehr gut!)

Ich darf abschließend zusammenfassen. Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf sorgen wir für ein Kommunalwahlrecht auf ak tuellem Stand, das mit den Rechtsänderungen im Bund har moniert. Wir schaffen eine wichtige Regelung zum kommu nalen Mandatsverlust im Falle eines Parteienverbots, und wir erreichen eine Flexibilisierung für die Aufstellung von Wahl vorschlägen in kleinen Gemeinden, Ortschaftsräten und an derem mehr.

Damit schaffen wir eine gute gesetzliche Grundlage für die Kommunalwahlen im Jahr 2019. Ich bin den Fraktionen dank bar dafür, dass wir das aller Voraussicht nach auch wirklich rechtzeitig vor den Kommunalwahlen im Mai 2019 schaffen, sodass alle Beteiligten zu einem frühen Zeitpunkt Rechtsklar heit haben. Es ist immer gut, wenn die Regeln feststehen, be vor das Spiel angepfiffen wird.

In diesem Sinn bitte ich Sie darum, den Gesetzentwurf der Landesregierung zu unterstützen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Damit treten wir in die Aussprache über den Gesetzentwurf ein. Das Präsidium hat für jede Fraktion fünf Minuten Redezeit vorgesehen.

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Abg. Bettina Lis bach das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Gesetz zur Änderung kommunalwahlrechtlicher Vorschriften werden jetzt Anregungen aus der kommunalen Praxis aufgenommen, Anpassungen an die Regelungen von Bund und anderen Län dern vorgenommen und die Organisation und Durchführung der Kommunalwahlen vereinfacht.