Protokoll der Sitzung vom 09.05.2018

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Ein wichtiger Grund ist auch mit der EU-Arbeitnehmerfrei zügigkeit – heute Morgen war bereits die Rede davon – zu nennen, die sich unter der Hand in eine Freizügigkeit unserer Sozialsysteme entwickelt hat.

(Abg. Raimund Haser CDU: Und auf unseren Bau stellen! Oder in unseren Pflegeheimen!)

Keiner dieser Beschlüsse wurde zurückgenommen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Die Tatsache, dass die Schüler und Schülerinnen ab der sechs ten Klasse zieldifferenziert unterrichtet werden sollen, ist wie der eine Inkonsequenz. Es wird versucht, mit viel Geld die Differenzen zwischen den Koalitionspartnern auszugleichen. Zudem werden dabei die Wähler irregeführt. Entgegen dem Wahlversprechen wird das Ziel eines Zweisäulenschulsystems weiterverfolgt – und die CDU schaut zu.

Da in der Realschule sowohl ein Realschul- als auch Haupt schulabschluss möglich ist, können die Schüler, die das mitt lere Niveau am Ende der Orientierungsstufe nicht erreicht ha ben, an der Realschule bleiben. Damit wird die Heterogenität weiter gefördert und die Haupt- oder Realschule ausgeblutet.

Ich habe den Eindruck, in den kommenden Jahren werden wir eine Angleichung von Gemeinschaftsschulen und Realschu len beobachten und genau das Zweisäulenmodell, das die Grü nen haben wollen, erreichen. Und Sie schauen zu. Herzlichen Dank, Herr Röhm, Frau Kurtz. Wie erklären Sie das eigent lich Ihren Wählern? Das würde mich durchaus einmal inter essieren.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Meine Wähler ver stehen mich gut!)

Trotz der Poolstunden für die Realschulen – da habe ich ge linde Zweifel; ich werde es heute Abend in Balingen wieder hören – wird die Realschule eine Gemeinschaftsschule zwei ter Klasse sein. Denn sie bietet ja nur das mittlere und das grundlegende Niveau, und die Gemeinschaftsschule bekommt

das erweiterte Niveau. Eine wirkliche Stärkung der Realschu le wäre es, wenn sie nur auf mittlerem Niveau unterrichten würde und auch nur die entsprechende Schülerschaft diese Schulen besuchen würde.

(Lachen der Abg. Sandra Boser GRÜNE)

Vor diesem konsequenten Schritt hat man sich jedoch ge scheut, und Sie schauen zu.

(Lachen der Abg. Sandra Boser GRÜNE – Abg. San dra Boser GRÜNE: Oh Gott!)

An der Gemeinschaftsschule ist die Einrichtung einer gymna sialen Oberstufe möglich – an der Realschule nicht. Auch hier besteht also eine Bevorzugung der Gemeinschaftsschulen ge genüber den Realschulen. Wir wollen diese Benachteiligung der Realschulen nicht hinnehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Die Realschule ist der leistungsfähigste Schultyp, der die Schüler auf das Berufsleben, auf die Lehre...

Herr Abg. Dr. Balzer, kommen Sie bitte zum Schluss.

... – jawohl, ich bin beim letz ten Satz – und auf das berufliche Gymnasium vorbereiten kann. Wir möchten diesen Schultyp erhalten und fördern und nicht durch die Gemeinschaftsschule langsam, aber sicher zer stören, wie es dem Programm der SPD und der Grünen ent spricht.

Ihr letzter Satz.

Und wir wollen sie schon gar nicht in eine Gemeinschaftsschule zweiter Klasse umwandeln lassen, auch nicht mit Zuschauen der CDU.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort für die FDP/ DVP-Fraktion hat Herr Abg. Dr. Kern.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Jetzt schauen Sie einmal nach vorn auf die Bänke, auf denen die Regierung dieses Landes sitzt.

(Zuruf des Abg. Tobias Wald CDU)

16 Plätze sind vorhanden, 15 Plätze sind leer.

(Zuruf des Abg. Raimund Haser CDU)

Frau Kultusministerin, ich bin Ihnen außerordentlich dankbar,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP, der CDU, der AfD und der SPD)

dass wenigstens Sie bei diesem Tagesordnungspunkt zum The ma Bildung anwesend sind.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Neue Schallplat te bitte machen! Die alte Schallplatte hat Risse! – Zu ruf des Abg. Raimund Haser CDU)

Da sieht man, welchen Stellenwert Bildung bei dieser Lan desregierung hat, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Fast so entspannt wie der Innenminister!)

Die SPD fragt in ihrem Antrag, auf der Grundlage welcher wissenschaftlichen Erkenntnisse „die Realschulen wieder stär ker leistungsdifferenzierte Klassen bilden sollen“. Die Ant wort der Kultusministerin lautet:

Es gibt keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, die es rechtfertigen würden, die pädagogischen Reaktionsmög lichkeiten der Realschulen zu beschränken.

Da kann ich im Namen der FDP/DVP-Fraktion nur sagen: Volltreffer, Frau Dr. Eisenmann. Denn das weitgehende Ver bot der Bildung leistungsdifferenzierter Klassen durch die da malige grün-rote Regierungskoalition stellte eine erhebliche Einschränkung der pädagogischen und organisatorischen Möglichkeiten der Realschulen dar, und diese Einschränkung der pädagogischen Freiheit der Lehrer wäre doch wissen schaftlich nachweispflichtig gewesen und nicht die spätere Rücknahme dieser Einschränkung, wie es die SPD nun for dert, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der AfD)

Abgesehen davon sollte Bildungspolitik nach Auffassung von uns Freien Demokraten nur danach fragen, was für jeden ein zelnen Schüler das Beste ist, und parteipolitische Motive au ßen vor lassen. Das aber ist mit der selbst ernannten Komple mentärkoalition leider nicht zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der AfD – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Der neuseeländische Bildungswissenschaftler John Hattie ver öffentlichte im Jahr 2008 eine große Studie zur Frage, wel cher Faktor den stärksten Einfluss auf Schülerleistungen be sitzt. Und er kam zu dem offensichtlich für manchen überra schenden Ergebnis: Auf den Lehrer kommt es an.

Die Hattie-Studie war bei Regierungsantritt von Grün-Rot im Jahr 2011 allgemein bekannt. Ich selbst habe sie beispielswei se auch in einer Plenardebatte im Jahr 2012 angesprochen. Leider hat sich die Regierung Kretschmann I auch durch die Hattie-Studie nicht davon abhalten lassen, mit der Gemein schaftsschule den Lehrer durch den Lernbegleiter zu ersetzen.

Dieses Leitbild des Lernbegleiters lag auch der grün-roten Re alschulreform zugrunde, inklusive eines grundlegenden Miss trauens gegenüber den Lehrerinnen und Lehrern an den Real schulen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Immer die glei che Platte!)

Denn warum sonst sollte man ihnen vorschreiben, dass sie nur im Ausnahmefall Klassen auf unterschiedlichen Leistungsni

veaus bilden können und ansonsten nach der Methode der Ge meinschaftsschulen binnendifferenziert zu unterrichten ha ben? Ganz offensichtlich befürchtete man, dass viele Real schullehrer dann selbst entscheiden, wie sie ihre Schüler auf den jeweiligen Abschluss vorbereiten wollen. Das wäre päd agogisch naheliegend gewesen – hätte aber die beabsichtigte Einführung der Gemeinschaftsschule durch die Hintertür ver hindert. Vergeblich hat die FDP/DVP-Fraktion damals bean tragt, die Entscheidung über die Bildung leistungsdifferen zierter Klassen denen zu überlassen, die diese am besten tref fen können, nämlich den Lehrerinnen und Lehrern an den Re alschulen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Rainer Podeswa AfD)

Dass die grün-schwarze Regierung Kretschmann II das Real schulgesetz der grün-roten Regierung Kretschmann I teilwei se wieder zurücknahm, haben wir Freien Demokraten begrüßt. Die Kultusministerin setzte sich sogar über den Koalitions vertrag hinweg,

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Warte mal, bis Kretsch mann III kommt, dann wird das bitter für euch! Wir wollten ja nie regieren!)

der leistungsdifferenzierende Kurse eigentlich nur in den Kernfächern vorsah. Leider mussten wir dann aber feststel len, dass auch das neue Realschulgesetz einen schmerzlich grünen Kratzer hatte: Die Realschullehrer erhielten ihre päd agogische Freiheit nämlich erst ab Klasse 7 zurück. Die Ori entierungsstufe in den Klassen 5 und 6 blieb bestehen; das heißt konkret, dass das Sitzenbleiben am Ende von Klasse 5 abgeschafft bleibt und dass es in beiden Jahrgangsstufen kei ne Kurse auf unterschiedlichem Leistungsniveau geben darf. Die Rückabwicklung ist damit wieder einmal ein Komple mentärkompromiss, wie er gerade für die Bildungspolitik der grün-schwarzen Koalition leider mittlerweile typisch gewor den ist.

(Beifall des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Abg. Raimund Haser CDU: Na, na, na!)