Protokoll der Sitzung vom 09.05.2018

Ich würde bei dieser europapolitischen Debatte gern noch ein mal aufnehmen, was mit dem Wort Subsidiarität immer gern ausgespart wird. – Jetzt könnte der Ministerpräsident, da es um die katholische Soziallehre geht, wirklich dabei sein, aber er wirbt gerade für die Staatsräson außerhalb des Plenarsaals.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD – Abg. Sascha Binder SPD: Er kümmert sich um die Störche in Oberschwaben!)

Der Begriff Subsidiarität ist Teil einer Trias. Diese Trias heißt – in der katholischen Soziallehre –: Personalität, Subsidiari tät, Solidarität. Subsidiarität ist immer nur in dieser Trias zu sehen. Deswegen rate ich allen, nicht allein das Mantra der Subsidiarität durch den Raum wehen zu lassen, sondern die sen Dreiklang zu hören. Wir brauchen hier etwas, was in Eu ropa zusammenwirkt. Wer, wenn nicht Baden-Württemberg, soll mit seiner Stärke diesen Dreiklang leben, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/DVP – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Schweickert.

Frau Präsidentin, mei ne Damen und Herren! Ich glaube, von diesem Europatag soll te auch eine Revitalisierung der europäischen Idee ausgehen. Wir müssen einen Brexit einfach auch als Chance nutzen. Na türlich fehlen die Engländer im Bereich der Haushaltspolitik, aber sie haben sich auch immer gegen eine weitere Zusam menarbeit in der Außen- und Sicherheitspolitik gewehrt. Las sen Sie uns die Chance nutzen, dass wir beim Thema „Euro päische Außengrenzen“ mehr zusammenarbeiten, dass wir bei Frontex, aber auch beim Thema „Europäisches FBI“ nach vorn kommen. Ich glaube, das ist der Mehrwert, den man braucht.

Kollege Frey, ich finde es richtig, dass Herr Oettinger sagt: „Wir müssen schauen, was einen europäischen Mehrwert bie tet, und da müssen wir hinterher dann auch das Geld bringen.“ Aber es ist in meinen Augen falsch, dass man sich von vorn herein hinstellt und sagt: „Ja, wir sind bereit, mehr zu geben“, weil dann diese Aufgabenkritik nicht stattfindet. Es wäre deut lich besser, man wäre Herrn Oettinger mit der deutschen Po sition nicht in den Rücken gefallen, sondern hätte tatsächlich geschaut: Wo ist dieser europäische Mehrwert?

Meine Frau hat mir eine Kappe geschenkt,

(Der Redner hält eine Kappe hoch.)

die ich hier nicht aufziehen darf, sonst wird die Frau Präsi dentin böse. Das mache ich nicht, nein. Aber da steht drauf: „Make Europe great again“.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Erst habe ich gedacht, das sei gegen den Amerikaner gerich tet. Aber das ist es nicht, meine Damen und Herren. Wenn wir nicht zwischen Amerika und Russland zerrieben werden wol len, wenn wir im Iran-Deal – Kollege Stoch hat es gesagt – eine Rolle spielen wollen, dann muss Baden-Württemberg da für sorgen, dass Europa wieder größer wird. Dass wir da zu sammen mitspielen können, liegt im baden-württembergi schen Interesse. Und das muss heute, am Europatag, auch im Fokus stehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der SPD – Vereinzelt Beifall bei den Grünen und der CDU)

Nun erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Gedeon.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Hofelich, natürlich kann man für Fußball sein und gegen die Bundesliga. Aber wenn die EU das an Europa böte, was die Bundesliga an Fußball bietet, dann wäre ich auch nicht gegen die EU. Ich sage Ihnen des wegen ganz klar: Die Situation ist so: Wer für Europa ist, muss gegen die EU sein.

(Beifall bei der AfD)

Ich spreche nicht von der Verschuldung, ich spreche nicht von dem Zuwanderungschaos, das unter Brüsseler Regie angerich tet worden ist, ich spreche nicht von der Islamisierung,

(Zuruf: Gedeonisierung!)

von der Entchristlichung dieses Kontinents, ich spreche vom geopolitischen Aspekt, und da war diese EU bzw. EWG, EG, wie sie damals hieß, als wirtschaftlicher Arm der NATO und somit unter der Regie der USA gedacht.

Solange Sowjetrussland die Hauptgefahr für Europa war, war das für uns das kleinere Übel, und die EG hatte bestimmte po sitive Effekte für uns. Das änderte sich 1989 kolossal. Die So wjetunion ist implodiert, und die Amerikaner sind die einzig verbliebene Supermacht. Das bedeutet, sie spielen rücksichts los diese Herrschaftsrolle in der Welt – und das nicht erst seit Trump, sondern schon unter Bush und unter Obama. Unter Trump wird es nur sichtbar, sodass jetzt auch der letzte Idiot

in Sachen Geopolitik feststellen kann, dass es vielleicht kei ne langfristige Lösung ist, die Westbindung zu kultivieren.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Meine Damen und Herren, was geschieht denn heute geopo litisch? Was macht die EU? Es sind nicht nur die Russland sanktionen. Es wäre die einzig adäquate Antwort auf die trumpsche Politik, diese Russlandsanktionen endlich aufzu geben und einzustellen und mit Russland zu kooperieren.

(Beifall bei der AfD)

Nein, die EU geht noch darüber hinaus, sie bombardiert bei Syrien mit: ein völkerrechtswidriges Vorgehen, ein Kriegsver brechen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

An der Seite von Trump erst bombardieren und dann sagen: „Wir wollen zwischen Trump und Syrien vermitteln“,

(Glocke der Präsidentin)

das ist doch ein Witz.

Reden Sie bitte zur Sache.

Das ist doch die Sache schlechthin, Frau Präsidentin.

(Unruhe)

Es geht um die EU und um Friedenspolitik. Das, was hier ge macht wird, ist nicht Friedenspolitik, sondern gefährdet den Weltfrieden noch mehr.

(Abg. Manfred Kern GRÜNE: Sie haben doch Herrn Trump zur Wahl gratuliert!)

Eine EU, die in Syrien herumbombt – der Macron neben dem Trump; England ist ja auch noch Mitglied –: EU-Staaten bom bardieren Syrien und agieren gegen Russland. Das ist keine Friedenspolitik, meine Damen und Herren, das ist eine Bedro hung des Weltfriedens.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

So eine EU ist keine Hoffnung für Europa, sondern ein Sarg nagel zu seinem Untergang, meine Damen und Herren.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Ak tuelle Debatte beendet und Punkt 1 der Tagesordnung erle digt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Anpassung des allgemeinen Datenschutz rechts und sonstiger Vorschriften an die Verordnung (EU) 2016/679 – Drucksache 16/3930

Zur Begründung erteile ich Herrn Minister Strobl das Wort.

Frau Präsidentin Aras, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die europäische Datenschutz-Grundverordnung wird in ungefähr zwei Wochen, nämlich ab dem 25. Mai die ses Jahres, unmittelbar geltendes Recht in Deutschland und damit natürlich auch in Baden-Württemberg. Was müssen wir beachten? Was ändert sich nun?

Um eines, verehrte Kolleginnen und Kollegen, müssen wir nicht lange herumreden: Der europäische Gesetzgeber hat auch eine Vielzahl neuer Anforderungen an den Datenschutz gestellt. Mir ist bewusst, dass vor allem viele Vereine sowie mittlere und kleine Unternehmen in großer Sorge sind. Ich kann das auch gut nachvollziehen. Wir alle erhalten derzeit Anforderungen von Unternehmen, unser Einverständnis etwa dazu zu erklären, dass wir weiterhin zu Veranstaltungen ein geladen werden dürfen. Solche Bürokratie – das muss ich ehr lich sagen – leuchtet auf den ersten Blick niemandem ein. Nur: Das können wir, der Landesgesetzgeber, freilich nicht ändern.

Dort, wo es im öffentlichen Bereich Spielräume gibt, haben wir versucht, sie so bürgerfreundlich wie nur möglich zu ge stalten. Es war die Intention unseres Gesetzentwurfs, den wir Ihnen heute vorlegen, die Spielräume im Datenschutzrecht der Europäischen Union so auszugestalten, dass sie maximal bür gerfreundlich sind.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Auch die öffentlichen Stellen des Landes müssen sich auf die neuen Anforderungen einstellen und dem Datenschutz erhöh te Aufmerksamkeit widmen.

In einer Beziehung besteht freilich Grund zur Erleichterung. Die Datenschutz-Grundverordnung ändert das Datenschutz recht nicht von Grund auf, sondern es bleibt im Wesentlichen bei den vertrauten und bewährten Prinzipien des Datenschutz rechts, die bereits dem bisherigen Landesdatenschutzgesetz zugrunde liegen.

Auf eines müssen sich alle betroffenen Stellen indessen ein stellen: Die Datenschutz-Grundverordnung enthält in Zukunft alle wesentlichen Vorschriften zum Schutz von personenbe zogenen Daten. Im Landesdatenschutzgesetz werden zukünf tig nur noch konkretisierende oder ergänzende Regelungen zu finden sein. Etwas anderes lässt die europäische Rechtslage nicht zu.

Die Landesregierung hat sich bei der Erarbeitung des Gesetz entwurfs zur Anpassung des allgemeinen Datenschutzrechts an die Datenschutz-Grundverordnung so weit wie möglich von dem Ziel leiten lassen, das bisherige Datenschutzniveau des Landesdatenschutzgesetzes im Wesentlichen beizubehal ten. Die Öffnungsklauseln und Regelungsaufträge der Daten schutz-Grundverordnung bieten dem Gesetzgeber die Mög lichkeit, einen vernünftigen Ausgleich zwischen den Interes sen an der Datenverarbeitung einerseits und den Interessen der Bürger, über die Verwendung ihrer Daten selbst zu bestim men, andererseits herbeizuführen.