Protokoll der Sitzung vom 06.06.2018

Wir haben übrigens im Gegensatz zu den Kolleginnen und Kollegen in Bayern, wo das nicht der Fall ist, das G 9 flächen deckend in Baden-Württemberg – in den Städten, in ländli chen Gebieten –, und zwar auf hohem Niveau. Das ist wich tig für den Bildungsstandort, wichtig für die Wahlfreiheit der Schülerinnen und Schüler, wichtig auch für den Wirtschafts standort. Ferner sind – über der Realschule und künftig der Gemeinschaftsschule – unsere beruflichen Gymnasien zu nen nen; sie wurden von manchen Rednern beiläufig erwähnt. Sta bil über 35 % der Abiturientinnen und Abiturienten machen auf einem beruflichen Gymnasium ihr Abitur.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Genau so ist es!)

G 9, herzlich willkommen, ein Angebot in hoher Stabilität und hoher Qualität in ganz Baden-Württemberg – alles da.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Unter den rund 370 allgemeinbildenden öffentlichen Gymna sien wurde – die Betonung liegt auf der Vergangenheitsform – in 44 in der letzten Legislaturperiode ein Wechsel auf das G 9 angeboten. Das Wohnortprinzip entscheidet darüber, wie lange die Gymnasialzeit dauert – das kann man politisch als Grundlage deutlich hinterfragen. Von den 44 haben – Frau Felder hat es angesprochen – 43 den Schulversuch verlängert. Bei einem G-9-Gymnasium in Mannheim hat die Schulge meinde beschlossen, zum G 8 zurückzukehren.

(Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

Ich empfehle dringend, einmal mit den dortigen Verantwort lichen darüber zu sprechen, warum sie das gemacht haben. Es war keine politische Entscheidung, es war eine ausschließli che Entscheidung der Schulgemeinschaft – auch eine interes sante Entwicklung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Deshalb gibt es nun noch 43 Schulversuche in diesem Bereich.

Natürlich bezeichnet der Begriff „Schulversuch“ – ich werde danach oft gefragt – alles, was nicht flächendeckend ist. Des halb handelt es sich in dieser Hinsicht nicht um einen Versuch.

Es wurde sowohl von Frau Boser als auch von Frau Felder an gesprochen: Wir haben ja insgesamt Erfahrungen mit dem G 9. Natürlich bietet das G 9 mehr Zeit als das G 8, um den gleichen inhaltlichen Stoff zu vermitteln.

Und dass wir uns dazu bekannt haben, 44 – oder jetzt 43 – Standorte mit G 9 in Baden-Württemberg zu haben, ist nicht, Herr Dr. Kern, darauf zurückzuführen, dass wir uns nicht ge traut hätten, irgendeine Entscheidung zu treffen, sondern das hat etwas damit zu tun, was in der Politik aus meiner Sicht auch sehr wichtig ist, nämlich mit Verlässlichkeit und Stabi lität. Hinzu kommt, dass sich die Schulstandorte und die Kom munen darauf verlassen können: Das, was man eingerichtet hat, bleibt auch erhalten, und wir machen nichts ruck, zuck hin und her, wie es vielleicht eher Ihre Politik wäre.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Deshalb war es uns als Koalition wichtig, dieses Bekenntnis auszusprechen. An diesen Standorten wurde in der letzten Le gislaturperiode gesagt: „Ja, wir wollen dies tun.“ Kommunen haben dort Geld investiert. Deshalb ist es für mich ein Teil der politischen Selbstverständlichkeit, dann auch zu sagen: Dazu bekennen wir uns, und ihr dürft dies fortführen, weil ihr euch auf uns verlassen könnt und wir nicht heute so und morgen so entscheiden.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Ministerin, lassen Sie ei ne Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Fulst-Blei zu?

Ja.

Bitte.

Frau Ministerin, herzlichen Dank für das Zulassen der Zwischenfrage. – Sie haben Mann heim ausdrücklich aufgeführt; das ist ja meine Heimatstadt.

Ja, deshalb habe ich es gesagt.

(Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

Genau. – Sie haben gesagt: „Unterhalten Sie sich mit der Schulleitung.“ Das habe ich na türlich auch gemacht. Das Gymnasium hat darauf hingewie sen, dass man das G 9 sehr gern weiterführen würde, wenn die organisatorischen Rahmenbedingungen stimmen würden. Das ist in diesem Fall nicht Ihre Baustelle, sondern das ist die Baustelle der Stadt Mannheim, weil man dem Gymnasium da mals zugesagt hat – es ist vom Schnitt her das beste in der Stadt –, dass man das G 8 und das G 9 parallel weiterführen kann.

Jetzt steht aber im Raum, aufgrund der Räumlichkeiten kön ne nur noch eine dieser beiden Formen weitergeführt werden, und es stand auch im Raum, das Gymnasium müsse perspek tivisch sogar ausschließlich das G 9 anbieten. Da hat man aber

von Anfang an gesagt, dass man das nicht will. Daher ist dies der Schulgemeinschaft nicht anzulasten.

Es gibt aber auch vonseiten Ihrer Partei eindeutige Forderun gen, in Mannheim G 9 zu erhalten, und es gibt auch Interes senten. Wären Sie bereit, wenn in Mannheim ein anderes Gymnasium für G 9 an den Start geht, das zu akzeptieren, so dass Mannheim ein öffentliches G 9 erhalten kann?

Nein. Das liegt ganz einfach daran, sehr geehrter Herr Fulst-Blei, dass das gesetzlich gar nicht möglich ist. Es geht nur die Verlängerung der Schulversuche. 44 Mal haben wir es angeboten, 43 Mal wurde gesagt: Ja, machen wir.

In Mannheim gab es Probleme. Ich wollte dem Mannheimer Oberbürgermeister nicht unterstellen, dass er die Schulpolitik nicht ernsthaft betreibt und deshalb keine Investitionen vor nimmt. Wenn Sie das damit ausdrücken wollten: in Ordnung.

(Heiterkeit bei der AfD)

Die grundsätzliche Frage war aber, was die Entscheidung zwi schen G 8 und G 9 angeht. Deshalb sollte man – in aller Auf richtigkeit – diese Entscheidung mit Respekt zur Kenntnis nehmen. Sie wurde durchaus mit Interesse vorgenommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich halte, Herr Dr. Kern, auch nichts von Ihrem Vorschlag der Parallelität. Denn selbige haben wir; ich habe auf die berufli chen Gymnasien hingewiesen. Ich glaube nicht, dass es unter Gesichtspunkten von Qualität und Leistungsfähigkeit unseres Schulsystems sinnvoll ist, an jedem Schulstandort, in jeder Schule alles mehrfach in unterschiedlichen Formen anzubie ten.

Ich glaube, dass Qualität und Leistung auch ein Bekenntnis bedeuten. Dieses Bekenntnis zu G 8 in der großen Breite der allgemeinbildenden Gymnasien bekommen Sie heute von mir, voller Überzeugung. Aus Gründen der Verlässlichkeit und der Fairness gegenüber den 44, jetzt 43 Standorten haben wir ver längert.

Ansonsten gibt es ein klares Bekenntnis meinerseits zum be ruflichen Gymnasium als klar implementierte und eingeführ te Alternative auf hohem Niveau. Andere Bundesländer be neiden uns hierum; das sind diejenigen, die sich überlegen, wie sie G 9 überhaupt anbieten können. Daher halte ich nichts von Parallelität und auch nichts von Veränderungen der Grund struktur.

Ich glaube, wir sollten uns bei der Qualität darauf konzentrie ren, das, was wir haben, zu stärken und uns zur Verantwor tung für Qualität und Leistungsfähigkeit bei der Unterstützung unserer Lehrerinnen und Lehrer in allen Schularten klarer zu bekennen – und nicht an jedem Standort jedes Fass aufzuma chen, wie es uns gerade im Jahr 2018, 2019 oder 2020 einfällt.

Vielen Dank.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Ministerin, es gab noch zwei Zwischenfragen bzw. jetzt Endfragen von Herrn Abg. Dr. Kern und Herrn Abg. Dr. Fulst-Blei. Lassen Sie diese zu?

Ja, selbstverständlich. Ich diskutiere immer gern mit den Herren.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Frau Ministerin, ich bzw. die FDP/DVP hatte nicht gefordert, dass das an allen allge meinbildenden Gymnasien eingeführt wird, sondern die Fra ge ist doch folgende: Wir haben ein Gerechtigkeitsproblem. Das hat das Verlosungsproblem im Landkreis Lörrach doch gezeigt. Für dieses Problem sind nicht Sie verantwortlich, son dern Ihr Vorgänger.

Um dieses Gerechtigkeitsproblem zu lösen, könnten Sie es den Schulen freistellen, ob sie beispielsweise G-8-Züge und zusätzlich einen oder mehrere G-9-Züge anbieten – aber nicht flächendeckend an allen, sondern nur an denjenigen allge meinbildenden Gymnasien, die das tatsächlich wollen, und das Ganze mit gleichen Ressourcen. Wo ist dabei das Prob lem?

Sie haben – wie ich finde, in unzulässiger Weise – verallge meinert, was ich den Schulen anbieten möchte, was ich ihnen einräumen möchte, was sie auch tatsächlich wollen. Denn ich gebe Ihnen recht: Lösungen, die für alle gleich sind, werden niemandem gerecht.

Eines ist auch klar: Je individueller ich jeden Stand ort behandle, desto weniger werden Sie Ergebnisse in der – wie ich Sie und die FDP immer verstanden habe – wichtigen Diskussion, was Leistung und Qualität angeht, bekommen. Je individueller alles ist, desto weniger kann ich definieren, was herauskommt.

Jetzt sagen Sie: an den Standorten, die es beantragen. Die ei nen beantragen. Die Kommunen müssen dann investieren – viel Vergnügen. Drei Jahre später wird die Beantragung zu rückgenommen, weil sich die Tendenz plötzlich wieder ver ändert.

Deshalb bleibe ich dabei: Wir haben G 8 flächendeckend und G 9 in den bekannten Alternativen.

Es gibt eine Verlässlichkeit, dass wir G 8 weiterentwickeln. Das ist unsere Aufgabe. Wir sind Partner auch für die Kom munen bei den Investitionen, und das heißt, dass wir nicht kontinuierlich an jedem Standort jede mögliche Alternative auf Beantragung hin zulassen. Aus diesen Gründen lehne ich Ihr Modell ab.

Jetzt noch die Frage von Herrn Abg. Dr. Fulst-Blei.

Herzlichen Dank, dass ich noch einmal nachfragen darf.

Frau Ministerin, Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Der Gesetzesstandard ist uns bekannt. Die Frage ist, ob Sie bereit wären, zu unterstützen,...

Nein.