Protokoll der Sitzung vom 14.06.2018

Zweitens: Für die offene Ganztagsschule gilt, die Anmeldung für das Nachmittagsangebot ist freiwillig, aber eine Anmel dung für mindestens ein Schulhalbjahr verbindlich.

Drittens: Der Schulträger soll mit Zustimmung der Schulkon ferenz und der Gesamtlehrerkonferenz über die Einrichtung einer offenen Ganztagsschule allein entscheiden können.

Viertens: Für die Ganztagsschulen werden differenziert nach der jeweiligen Form Lehrerwochenstunden zur Verfügung ge stellt, die wie bisher auch zur Kooperation mit außerschuli schen Partnern verwendet werden können.

Fünftens: Horte und andere Betreuungseinrichtungen sollen wieder bezuschusst werden.

Sechstens: Die Bestimmung wird gestrichen, wonach die Ge meinschaftsschulen automatisch verbindliche Ganztagsschu len sind, sodass für sie fortan hinsichtlich der Einrichtung von Ganztagsschulen die gleichen Bedingungen gelten wie für die übrigen Schularten.

(Zuruf von der FDP/DVP: Gut!)

Siebtens: Die geltenden Schulbezirke werden abgeschafft, um die Wahlfreiheit zwischen unterschiedlichen Ganztagsange boten an unterschiedlichen Standorten zu ermöglichen.

(Zuruf von der FDP/DVP: Sehr gut!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Vorschläge der Frei en Demokraten sind finanzierbar und werden den unterschied lichen, berechtigten Wünschen vor Ort gerecht.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Nach allem, was wir über das angekündigte Ganztagskonzept von Grün-Schwarz erfahren haben, soll die offene Ganztags schule bislang nicht im Schulgesetz verankert werden. Viel mehr sollen Horte und weitere Betreuungsangebote in der Zu ständigkeit der Kommunen vonseiten des Landes bezuschusst werden und den Vormittagsunterricht ergänzen.

Sicherlich ist nicht ohne Grund in diesem Modell auch nicht von „Schule“ die Rede. Diese grün-schwarze Lösung wäre aber kein Modell aus einem Guss mit einem umfassenden pä dagogischen Ganztagskonzept, sondern ein Ganztag zweiter Klasse.

Ich darf Sie von der CDU-Fraktion im Übrigen daran erin nern: Ihre Fraktion hat unserem Gesetzentwurf aus dem Jahr 2013 damals zugestimmt. Zugegeben: Damals waren Sie noch nicht von den Grünen umklammert.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir kriegen noch Luft!)

Die Frage ist nur, wie viel, Herr Kollege.

(Heiterkeit)

Unser Gesetzentwurf soll der CDU-Fraktion mit Wolfgang Reinhart an der Spitze Gelegenheit geben, sich von dieser Umklammerung zu befreien und sowohl der bildungspoliti schen Vernunft als auch der berechtigten Wahlfreiheit für El tern und Schüler beim Ganztag zum Durchbruch zu verhel fen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

25 Verbände und Institutionen haben zu unserem Gesetzent wurf Stellung bezogen, überwiegend mit grundsätzlicher Zu stimmung und teilweise mit Änderungsvorschlägen. Wir be danken uns sehr herzlich für die Zeit und das Engagement, die

die Verbände und Institutionen in die Stellungnahmen inves tiert haben. Die Ausschussberatung wollen wir nutzen, um diejenigen Anregungen, die uns zielführend erscheinen, auf zunehmen.

Ich danke Ihnen sehr herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Nico Weinmann FDP/DVP: Sehr gut!)

Nun darf ich das Wort Frau Abg. Sandra Boser für die Fraktion GRÜNE erteilen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Herr Kollege Dr. Kern schon ausgeführt hat, ist der vorliegende Gesetzentwurf eine Neuauflage aus der letzten Legislaturperiode – und wie in der letzten Legislaturperiode werden wir auch in diesem Fall den Gesetzentwurf ablehnen.

(Abg. Dr. Gerhard Aden FDP/DVP: Nichts hinzuge lernt! – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Ein gutes pädagogisches Konzept ist für uns Grüne eine wich tige Voraussetzung, um den Schülerinnen und Schülern im Ganztag die bestmögliche Förderung mit auf den Weg zu ge ben. Dies ist Teil des aktuellen Ganztagsschulgesetzes, denn gerade im Bereich der Grundschulen, bei den jüngsten Schü lerinnen und Schülern in unserem Land ist dies umso wichti ger, um ihnen den Spaß am Lernen und den Spaß an Schule mit auf den Weg zu geben.

Aber nicht nur die individuelle Förderung ist ein Mehrwert für unseren Ganztag. Die Einbindung von außerschulischen Partnern, um ein breites Angebot im Sport, im musischen oder im künstlerischen Bereich zu liefern, ist ein wichtiger Bau stein in unserem Ganztagsangebot. Aber weder ein qualitativ gutes pädagogisches Konzept noch die Einbindung von au ßerschulischen Partnern spielen in dem Gesetzentwurf der FDP/DVP eine Rolle.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Karl-Wilhelm Röhm und Klaus Burger CDU)

Mit dem Gesetzentwurf wird nur ein Ziel verfolgt: Flexibili tät um jeden Preis, vor allem auf Kosten der Qualität. Für uns ist klar: Qualität ist auch in der Ganztagsschule die wichtigs te Grundlage. Denn für uns Grüne ist Ganztagsschule mehr als ein Betreuungsangebot. Eine gute Ganztagsschule ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit.

Qualität ist im Übrigen neben der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch für die Eltern eines der wichtigsten Kriterien bei der Auswahl aus verschiedenen Angeboten. Dazu empfeh le ich Ihnen die Studie der Bertelsmann Stiftung, in der sich 70 % der Eltern für einen gebundenen Ganztag ausgesprochen haben, weil ihres Erachtens dort die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler am besten umgesetzt werden kann.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Konrad Epple CDU)

In Bezug auf die flexiblen Betreuungsangebote, die Sie auch angesprochen haben, werden wir in der Koalition beraten. Wir

werden prüfen, wie wir die kommunalen Betreuungsangebo te weiterentwickeln werden, um das Angebot der flexiblen Nachmittagsbetreuung für die Zukunft ausgestalten zu kön nen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Was die Gemeinschaftsschulen betrifft, die Sie in Ihrer Rede überhaupt nicht aufgeführt haben – Sie haben auch nicht zu den weiterführenden – –

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Doch!)

Da muss ich es verpasst haben; da waren Sie sehr leise in dem Bereich. – Was die Gemeinschaftsschulen betrifft, für die Sie die Möglichkeit des offenen Ganztags fordern, sage ich ganz klar: Der gebundene Ganztag ist eine wichtige Säule des pädagogischen Konzepts; daher lehnen wir Veränderungen an dieser Stelle ab.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Sehr gut!)

Darauf wird zum überwiegenden Teil in den Stellungnahmen der verschiedenen Verbände hingewiesen. Wir sind da also mit den Verbänden auf einer Linie. Kaum ein Verband fand den Vorschlag, den Sie dort eingebracht haben, positiv. – Im Übrigen finde ich es erstaunlich, dass Sie Veränderungen bei der Gemeinschaftsschule fordern, den Verband der Gemein schaftsschulen aber überhaupt nicht mit in die Anhörung ein bezogen haben.

(Beifall bei den Grünen)

Was die anderen weiterführenden Schulen betrifft, sehen wir durchaus den Bedarf, zu prüfen, wie der Modellversuch zur Ganztagsschule an den weiterführenden Schulen in eine ge setzliche Grundlage überführt werden kann. Nach unserer Auffassung braucht es da in Zukunft bessere Rahmenbedin gungen; aber das werden wir in der Koalition prüfen und klä ren.

Was die finanziellen Auswirkungen des vorliegenden Gesetz entwurfs betrifft, auf die Sie auch nicht eingegangen sind, ist für mich nicht nachvollziehbar, wie die komplett flexible Handhabung günstiger sein soll. Ganz im Gegenteil: Dadurch, dass nicht planbar ist, wie viele Kinder an welchem Angebot, an welchem Tag teilnehmen, kann es passieren, dass derjeni ge, der das Angebot durchführt, plötzlich allein dasteht; be zahlt werden muss es aber doch.

So weist auch der VBE in seiner Stellungnahme darauf hin, dass eine höhere Flexibilisierung mehr Organisation und mehr Personal bedeutet. Der Landkreistag geht in seiner Stellung nahme ebenfalls darauf ein und bezieht die steigenden Kos ten auf zusätzliche Angebote in der Schülerbeförderung.

Ein weiterer kritischer Punkt, den ich ansprechen möchte, ist, dass Ihr Gesetzentwurf vorsieht, dass die kommunalen Trä ger nicht in die Entscheidung einbezogen werden sollen, ob ein Ganztag eingerichtet werden soll oder nicht. Das geht völ lig an der Realität vorbei. Fragen Sie mal die „Kommunalos“ hier im Saal: Wenn die Schule allein entscheiden soll, welche zukünftigen Kosten auf den Schulträger zukommen, dann wird Ihnen, glaube ich, niemand zustimmen. Somit wurde auch das von den meisten Verbänden in der Anhörung zu Ih rem Gesetzentwurf abgelehnt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Was Herr Dr. Kern aber verschwiegen hat!)

Zusammenfassend kann ich sagen: Wir meinen, dass der vor liegende Gesetzentwurf eine falsche Zielsetzung verfolgt. Sie verschweigen die zusätzlichen Kosten,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

die dieses Gesetz mit sich bringen würde, und der Entwurf geht an der Realität vorbei. Ich meine, unser bestehendes Ge setz zur Ganztagsschule ist hervorragend. Alles Weitere – die Frage, wie wir kommunale Betreuungsangebote und Flexibi lisierung weiter gestalten können – regeln wir in der Koaliti on, und da sind wir auf einem guten Weg.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)