schutz und die Informationsfreiheit Baden-Württem berg vom 18. Januar 2018 – 33. Datenschutz-Tätigkeits bericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg für die Jahre 2016/2017
schutz und die Informationsfreiheit Baden-Württem berg vom 21. Februar 2018 – 1. InformationsfreiheitsTätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Da tenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Würt temberg für die Jahre 2016/2017
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.
Das Wort erhält zunächst der Landesbeauftragte für den Da tenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg, Herr Dr. Stefan Brink. – Ich darf Sie ans Redepult bitten.
Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Infor mationsfreiheit Dr. Stefan Brink: Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich freue mich sehr, dass meine Tätigkeitsberichte zum Datenschutz und zur Informationsfreiheit für die Jahre 2016/2017 heute hier im Plenum diskutiert werden.
Im Fokus des Datenschutzes steht natürlich im Moment die europäische Datenschutz-Grundverordnung, die in der öffent lichen Darstellung ein „Bürokratiemonster“ aus Brüssel ist. Aus meiner Sicht jedoch sollten wir an diesem Punkt nicht vergessen: In erster Linie ist die Datenschutz-Grundverord nung eine Stärkung der Bürgerrechte.
Jeder Einzelne von uns soll wieder in die Lage versetzt wer den, Herr seiner Daten zu sein. Wir hatten in den letzten Jah ren gerade im Internet und in den sozialen Netzwerken mehr und mehr die Kontrolle über unsere persönlichen Informatio nen verloren und sollen sie jetzt zurückgewinnen. Ich meine, das ist ein sehr positiver Ansatz.
In der öffentlichen Diskussion zum Datenschutz steht ein an deres Thema. Das ist die Überforderung vieler kleiner und mittelständischer Unternehmen durch die Datenschutz-Grund verordnung. Insofern kann ich bestätigen: Ja, die Anforderun
gen, die dort gestellt werden, sind hoch. Aber sie waren in Deutschland schon immer hoch. Wir hatten in Deutschland seit jeher ein vergleichsweise hohes Datenschutzniveau. Ca. 90 % der Pflichten, die die Datenschutz-Grundverordnung jetzt neu ausgebracht hat, sind in Deutschland seit mehr als 20 Jahren ständige Übung.
Eine einschneidende Veränderung enthält die DatenschutzGrundverordnung natürlich: Das sind die exorbitanten Buß gelder, die bis zu 20 Millionen € oder bis zu 4 % des weltwei ten Jahresumsatzes von Unternehmen reichen können. Was sich also verändert hat, ist offensichtlich der Druck, der auf die Unternehmen ausgeübt wird, und das Risiko, für Daten schutzverstöße auch tatsächlich sanktioniert zu werden.
Damit sind wir bei einer offenkundigen Schwäche der Daten schutz-Grundverordnung, die bei den Pflichten, die sie den Unternehmen auferlegt, nicht hinreichend differenziert zwi schen großen Internetkonzernen und Kleinunternehmen oder sogar ehrenamtlich, nicht gewerblich tätigen Vereinen.
Diese Schwäche kann man nicht übersehen. Man wird wohl attestieren müssen, dass Brüssel in diesem Punkt das Augen maß oder möglicherweise auch die nötige Erdung fehlte, die ein Gesetzgeber auch in diesem Bereich natürlich braucht.
Die entscheidende Frage ist: Wie korrigiert man solche Schwä chen der Datenschutz-Grundverordnung? Da meine ich, dass das, was z. B. in Österreich gerade zu beobachten ist, dass man versucht, durch nationale gesetzgeberische Maßnahmen Sanktionen abzumildern, nicht der richtige Weg ist. Ich glau be, dieser Zug ist schon lange abgefahren, jedenfalls seitdem wir einen Anwendungsvorrang des europäischen Rechts ken nen.
Die Bundesregierung versucht gerade, bestimmte Folgen der Datenschutz-Grundverordnung abzumildern, insbesondere mit Blick auf das Abmahnrisiko bzw. die sogenannte Abmahnin dustrie. Das ist auch aus meiner Sicht durchaus sinnvoll. Aber die übrigen Schwächen oder Nachteile der Datenschutz-Grund verordnung lassen sich wohl tatsächlich nur im Vollzug behe ben oder so weit wie möglich ausgleichen. Es kommt also da rauf an, einen Vollzug mit Augenmaß für die DatenschutzGrundverordnung zu finden.
Der Landesdatenschutzbeauftragte wird seine Linie im Da tenschutz deswegen fortsetzen. Schwerpunkt wird auch zu künftig unter der Datenschutz-Grundverordnung die Beratung von Unternehmen, von Vereinen und Verbänden sein. Die Sanktionen, die möglich sind und die auch kommen werden, sind eine Ausnahme und werden es bleiben, wenn alle übri gen Möglichkeiten der DS-GVO erschöpft sind.
Dieser Beratungsansatz wird von den Unternehmen in BadenWürttemberg durchaus gut angenommen. Mit den Großunter nehmen finden seit dem letzten Jahr sogenannte Quartalsge spräche statt, also anlassunabhängige Gespräche über aktuel le und moderne Datenverarbeitung in den Unternehmen. Die kleinen und mittleren Unternehmen erreichen wir aus meiner Sicht recht gut über die Verbände bzw. über die Industrie- und Handelskammern mit zahlreichen Veranstaltungen, insbeson dere auch zur DS-GVO.
Die Frage ist also: Überfordert die Datenschutz-Grundverord nung die Unternehmen in unserem Land? Ich meine, das ist nicht der Fall.
Ein Beispiel, wie man sehr gut diesen Übergang vom deut schen, nationalen Datenschutzrecht zum europäischen schaf fen konnte, haben Sie gestern einer Pressemitteilung aus mei nem Haus entnehmen können. Wir haben einen Motorenbau er am Bodensee über sechs Monate lang bei diesem Prozess der Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung begleitet. Aus meiner Sicht ist die Umsetzung sehr gut, sogar hervorra gend gelungen einschließlich der Schulung von nahezu 10 000 Mitarbeitern dieses Unternehmens. Das ist aus meiner Sicht wirklich ein Vorzeigebeispiel dafür, dass man die DatenschutzGrundverordnung durchaus auch als Chance begreifen kann.
Was dahintersteckt, ist die Möglichkeit, dass wir zukünftig als Datenschutzaufsichtsbehörde sogenannte Zertifizierungen vor nehmen, dass wir also besonders gute oder besonders verläss liche Datenverarbeitung mit einem Zertifikat versehen kön nen, das dann auch im Wettbewerb durchaus Vorteile bringen kann. Das ist auch ein wichtiger Aspekt der DatenschutzGrundverordnung: Datenschutz als Wettbewerbsvorteil.
Dass das für die kleinen Unternehmen und insbesondere für Vereine kein Mittel der Wahl ist, ist klar. Deswegen unterstüt zen wir auf dieser Ebene anders: mit Praxisratgebern, mit Checklisten, mit Schulungsveranstaltungen. Dementsprechend können Sie auch meinem Tätigkeitsbericht entnehmen, dass seit 2017 die Zahl der Eingaben, der Anfragen von verant wortlichen Stellen, aber auch von Bürgerinnen und Bürgern beim Landesdatenschutzbeauftragten massiv steigt.
Gleichzeitig steigt auch unser Output. Wir machen jetzt im Vergleich zu 2016 – die genauen Zahlen können Sie dem Tä tigkeitsbericht entnehmen – dreimal so viele Vorträge zum Datenschutz, halten fünfmal so viele Schulungen mit verant wortlichen Stellen. Wir geben uns also Mühe, das ganz offen sichtlich bestehende Informationsinteresse und das Bedürfnis nach Anleitung und nach einer gewissen Sicherheit zu befrie digen.
Lassen Sie mich zum Abschluss einen etwas weiteren Blick auf die Situation des Datenschutzes wagen. Aus meiner Sicht ist ein vernünftig gemachter Datenschutz durchaus auch eine Chance für Europa, im globalen Wettbewerb um die digitale Zukunft zu bestehen. Wir werden kaum schneller sein als Chi na. Denn wir müssen bei all dem, was wir tun, die Anforde rungen eines Rechtsstaats erfüllen. Wir werden auch nicht un bedingt schneller sein als die US-Internetkonzerne. Aber die europäische Entwicklung wird nachhaltiger sein, denn sie be ruht auf fairen Regeln, die mit Augenmaß umgesetzt werden.
Das hat – wenn Sie den jüngsten Facebook-Skandal verfolgt haben – sogar Mark Zuckerberg ausdrücklich zugestanden, indem er darauf hingewiesen hat, dass die europäische Lö sung in vielen Bereichen gegenüber dem, was im US-ameri kanischen Recht versäumt wurde, tatsächlich bessere und nachhaltigere Lösungen anbietet.
Europa hat die Chance – und nutzt sie aus meiner Sicht mit der Datenschutz-Grundverordnung –, einem rücksichtslosen Big-Data-Verwertungsansatz, der alles, was persönlich und
privat ist, zu verwerten sucht, eine ausgewogene und faire Re gelung zur Datenverarbeitung entgegenzusetzen. Diese Chan ce gibt uns die Datenschutz-Grundverordnung. Es kommt jetzt darauf an, dass wir sie nutzen. Ich werde mit meinen Mitar beiterinnen und Mitarbeitern hier einen Beitrag leisten.
Zweiter Aspekt der heutigen Aussprache ist der erste Tätig keitsbericht zur Informationsfreiheit, den ich Ihnen vorlegen konnte. Dazu möchte ich eigentlich nur ganz allgemein sagen, dass Digitalisierung und Informationsfreiheit selbstverständ lich zusammengehören.
Im Zeitalter des Internets können gerade auch öffentliche Stel len viel mehr an Transparenz leisten. Dabei geht es nicht da rum, unseren Staat gläsern zu machen, sondern die Möglich keiten von Transparenz und Offenheit auch aufseiten der öf fentlichen Stellen der Verwaltung auszuschöpfen.
Wenn unsere Landesregierung – was ich sehr begrüße – eine Digitalisierungsstrategie verfolgt, dann gehört die Informati onsfreiheit, dann gehören Open Government Data und Trans parenzportale notwendigerweise dazu.
Meine zentrale Forderung im Bereich der Informationsfrei heit lautet: Schaffen wir die Gebühren für Informationsfrei heitsanträge ab. Klar, solche Anträge machen der Verwaltung Arbeit. Sie bringen für unser Gemeinwesen jedoch aus mei ner Sicht einen wesentlich höheren Ertrag, sodass man diese Anträge nicht mit Gebühren belegen sollte.
Zunächst einmal sind die mit solchen Gebühren landesweit jährlich eingenommenen Beträge gerade einmal fünfstellig. Auf sie zu verzichten würde kein Loch in irgendeinen Haus halt reißen.
Zweiter Gesichtspunkt: Die Bürgerinnen und Bürger, die sich für die Informationen der Verwaltung interessieren, weil sie sich in Bürgerinitiativen engagieren, weil sie die Qualität un serer staatlichen und kommunalen Verwaltung verbessern wollen oder weil sie ganz einfach von ihrem demokratischen Teilhaberecht Gebrauch machen wollen, sollten für dieses En gagement nicht auch noch zur Kasse gebeten werden.
Das Informationsfreiheitsgesetz Baden-Württemberg lässt aus meiner Sicht noch viel Raum für weitere Verbesserungen. Ich lade ganz herzlich zu einem gemeinsamen Gespräch, einer ge meinsamen Evaluation dieses Gesetzes ein.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Wort des Dankes sa gen: Dank zunächst einmal an den Landtag für die personel le Ausstattung meiner Behörde, Dank an die Landesregierung für die, wie ich meine, gute und vertrauensvolle Zusammen arbeit und Dank an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die engagierte Unterstützung, von der auch die beiden Tä tigkeitsberichte zeugen.