Die großen Tanker bei den Onlinehändlern haben eigene Rechts abteilungen, wo sie solche Sachen locker regeln können. Das hat aber der kleine Onlinehändler nicht. Gerade diese kleinen Händler – auch aus Baden-Württemberg – brauchen wir, die se Innovationskraft brauchen wir. Daher ist es nicht richtig, dass diese kleinen Händler Opfer einer Abmahnindustrie wer den. Ich komme zu dem Ergebnis: Das, was früher die Mafia und ihre Schutzgelderpressung war, ist heute der Abmahnver ein, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der AfD – Abg. Rüdiger Klos AfD: Sehr richtig! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Besonders die Deut sche Umwelthilfe!)
Manche Onlinehändler bezeichnen Abmahnkönige wie z. B. IDO als Geschwür – als Geschwür, das sich durch die von der Politik geschaffenen Rahmenbedingungen überhaupt erst eta blieren konnte. Es darf nicht sein, meine Damen und Herren, dass wir zulassen, dass nach Flüchtigkeitsfehlern bei den Klei nen gesucht wird und die großen Datenschutzverletzungen von Facebook und Co. nicht verhindert werden.
Schauen wir doch einmal den Auftritt von Mark Zuckerberg vor dem Europäischen Parlament an. Wir dürfen nicht vor den Großen kuschen und bei den Kleinen zuschlagen. Das ist der falsche Weg.
Wenn die damalige Neufassung der Widerrufsregelungen im Onlinehandel für diese Abzockindustrie ein Turbo war, mei ne Damen und Herren, dann ist jetzt die Datenschutz-Grund verordnung und ihre Umsetzung ein Booster, auf dessen Schub Alexander Gerst und seine Kollegen von der ISS wirklich nei disch sein können. Nicht nur wir von der FDP, auch der Wirt schaftsrat, der LIM, die Arbeitgeber in der SPD – Sie haben das ja gehört –, alle schließen sich zusammen und sagen: Das kann doch nicht sein; wir müssen dafür sorgen, dass die klei nen Onlinehändler hier in unserem Land in dieser Situation nicht existenzbedrohend betroffen werden, meine Damen und Herren.
Wir werden von der Landesregierung wieder hören: Das ist ein Problem, das man insbesondere auf Bundesebene ange hen muss. Ja, meine Damen und Herren, aber man sollte da nicht warten. Denn Frau Sitzmann hat uns gerade erklärt, dass Baden-Württemberg vor einem Jahr zusammen mit Hessen eine Initiative gestartet hat, und das wird jetzt hier in dieser Aktuellen Debatte als Erfolg verkauft. Das ist auch gut. Aber
es zeigt, dass man zumindest theoretisch weiß, dass man aus dem Land Bundesthemen angehen kann. Wenn das also in der Theorie bekannt ist, meine Damen und Herren, sollte man es bei so einem wichtigen Thema auch in der Praxis umsetzen.
(Beifall bei der FDP/DVP – Vereinzelt Beifall bei der AfD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig!)
Aber nicht nur die bundesrechtlichen Regelungen bilden den Rahmen für die wirtschaftliche Betätigung als Onlinehändler hier im Land, auch die Strukturen in Innenstädten stehen vor großen Herausforderungen. Trends wie Einkaufszentren auf der grünen Wiese und der Internethandel stellen viele Händ ler gerade im Innenstadtbereich vor große Herausforderun gen. Hier müssen wir uns dazu bekennen, dass wir Rahmen bedingungen schaffen, um Onlinehandel, Arbeit 4.0 und die innerstädtische Entwicklung dementsprechend anzupassen. Wir brauchen den Handel vor Ort, aber wir brauchen ihn auch online.
Ganz zum Schluss möchte ich noch auf einen Punkt eingehen. Wir brauchen – das hat die Diskussion gezeigt; Kollege Ho felich, ich stimme Ihnen zu – auf europäischer Ebene die Möglichkeit des Handels. Aber wir brauchen auch weltweit den Freihandel. Dafür müssen wir uns einsetzen und dürfen nicht auf solche Restriktionen reagieren, wie sie jetzt aus den USA kommen.
Frau Präsidentin, Sie empfangen nachher den neuen amerika nischen Generalkonsul Elmo. Wir müssen auch unserem Part ner über den Teich hinweg klarmachen, dass wir zu Freihan del stehen. Es ist falsch, auf Bourbon und Peanuts irgendwelche zusätzlichen Steuern zu erheben. Wir müssen dafür eintreten, dass der Handel Zukunft hat, dass Abkommen wie CETA ra tifiziert werden. Vielleicht bekommen wir es auch hin, wenn es andere nicht hinbekommen, Frau Ministerin HoffmeisterKraut, dass das transatlantische Bündnis, dass das Handels abkommen hier aus Baden-Württemberg einen neuen Schub erhält. Wir, die FDP/DVP, würden Sie dabei unterstützen.
Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Ak tuelle Debatte beendet und Punkt 1 der Tagesordnung erle digt.
Aktuelle Debatte – Medizinische Versorgung in der Flä che sichern – mehr Landärzte für Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion der CDU
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung. Wie immer darf ich die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebe nen Redezeitrahmen zu halten.
Schließlich darf ich auf § 60 Absatz 4 unserer Geschäftsord nung verweisen, wonach im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, mei ne sehr verehrten Damen und Herren! Das Gesundheitswesen in Baden-Württemberg ist ein wichtiger Bestandteil der Da seinsvorsorge, und zwar nicht nur im ländlichen Raum, son dern auch in den Ballungsgebieten. Die Menschen in BadenWürttemberg sind aktuell noch gut versorgt. Das resultiert vor allem daraus, dass in den letzten Jahren viele Förderprogram me auf den Weg gebracht worden sind. Ein Grundanliegen un serer Politik besteht darin, dass wir auch in Zukunft ein flä chendeckendes Angebot medizinischer Leistungen sicherstel len wollen.
Ob in den Ballungsgebieten oder im ländlichen Raum, die Menschen in unserem Land haben Anspruch auf eine gute und verlässliche medizinische Versorgung. Um dies weiterhin si cherzustellen, bedarf es gemeinsamer Anstrengungen von Po litik, Ärzten, Krankenkassen und Kommunen.
Fast 35 % der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen den Ärzte sind 60 Jahre alt und älter. Dass sich die bestehen de Ärztelücke in den kommenden Jahren erhöhen wird, un terstreicht auch eine Analyse der Kassenärztlichen Vereini gung, wonach in den nächsten Jahren über 500 Hausarztpra xen nicht nachbesetzt werden können. Insbesondere im länd lichen Raum zeichnen sich sowohl im hausärztlichen wie auch im fachärztlichen Bereich Nachfolgeengpässe ab.
Die sektorenübergreifende Zusammenarbeit ist unseres Er achtens ein entscheidender Faktor, um auch die ärztliche Ver sorgung im Land Baden-Württemberg sicherstellen zu kön nen. Die demografisch bedingte Zunahme von Patientinnen und Patienten mit chronischen und Mehrfacherkrankungen macht eine Stärkung des Zusammenwirkens der Gesundheits- und Pflegeberufe erforderlich.
Den Sicherstellungsauftrag hat auch in Baden-Württemberg die Kassenärztliche Vereinigung. Wir anerkennen die Anstren gungen der Kassenärztlichen Vereinigung. Dennoch müssen in den nächsten Wochen und Monaten dringend notwendige Schritte zur Vermeidung vorhandener Versorgungslücken un ternommen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, parallel müssen zu sätzliche Anreize geschaffen werden. Eine Möglichkeit ist die Schaffung von speziellen Förderprogrammen. Auf Initiative der CDU-Landtagsfraktion konnte hier in den vergangenen Monaten ein wichtiges Förderprogramm implementiert wer den: das Stipendienprogramm für Medizinstudierende, die sich verpflichten, im Anschluss an ihr Studium in ein unter versorgtes Gebiet zu gehen.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Sehr gut! Das ist wichtig!)
Des Weiteren fordert die CDU-Landtagsfraktion eine Land arztquote und zusätzliche Medizinstudienplätze im Land.
Nordrhein-Westfalen, das große Flächenland in Deutschland, setzt diese Landarztquote bereits um. Ich lade die Wissen schaftsministerin ein, eine Delegationsreise nach NordrheinWestfalen zu machen, um dort dieses Best-Practice-Beispiel anzusehen.
(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Sehr gut! Ja! Da fehlen bei manchen noch Kenntnisse!)
Wir wollen 10 % mehr Studienplätze im Land; das sind 150 Plätze. Von den dann insgesamt 1 650 Medizinstudienplätzen sollen über 10 % über die Landarztquote vergeben werden.
Zudem kommen wir aus meiner Sicht auch nicht daran vor bei, über die Zugangsvoraussetzungen zum Medizinstudium zu sprechen – Stichwort Numerus clausus.
Ein Paradebeispiel geben aus meiner Sicht momentan die Uni versitäten Siegen und Bonn ab. Sie erproben aktuell in einem gemeinsamen Studiengang neue Wege in der Humanmedizin. Ein Kernziel ist es, die schwindende medizinische Versorgung auf dem Land zu stoppen und angehende Akademiker für neue Facetten des Landarztberufs zu begeistern. Ein Modellprojekt zeigt einen digitalen Schwerpunkt und ein innovatives Berufs feld auf. Denn eines ist klar: Der neue Landarzt ist digital und mobil.
Wir begrüßen ausdrücklich den Vorstoß der Wissenschaftsmi nisterin zur Einführung einer Talentquote, um den starren Zu gangsstrukturen für das Medizinstudium entgegenwirken zu können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Schere bei der medizinischen Versorgung zwischen Städten und ländlichen Regionen geht weiter auseinander. Während auf dem Land schon jetzt Hausärzte fehlen, sind einzelne Städte überver sorgt.
Zudem gilt: Je kleinräumiger die Bedarfsplanung, desto ziel gerichteter kann einer Über- oder Unterversorgung entgegen gewirkt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen geziel te Sicherstellungszuschläge für Landarztpraxen schaffen, weil es zunehmend schwerer wird, Landärzte in ländlichen Regi onen zu halten und zusätzliche zu holen. Vor dem Hintergrund, dass über 65 % der Medizinstudierenden weiblich sind, brau
Wir haben von unserer Fraktion aus auch auf Bundesebene immer wieder Wert darauf gelegt, dass dort, wo es notwendig ist, für die Einführung von medizinischen Versorgungszent ren neue Impulse gesetzt werden müssen.
Hausärztinnen und Hausärzte können bei uns über eine Lan desförderung 30 000 € erhalten, wenn sie sich in einem länd lichen Gebiet niederlassen und wenn es der Förderkulisse ent spricht.
Gleichzeitig steht die CDU für Innovation im medizinischen Bereich. Bis zur Initiative zum Thema Fernbehandlungsver bot wurde aus unserer Sicht das Zukunftsfeld Telemedizin im Land Baden-Württemberg vernachlässigt, obwohl mit der Te lemedizin ein wichtiger Beitrag zur Versorgung geleistet wer den kann.