Protokoll der Sitzung vom 11.07.2018

Für die technische Ausstattung der Schulen sollten eigentlich der Digitalpakt von Land und Kommunen sowie der Bund sor gen. Seit 2016 warten die fertigen baden-württembergischen Multimediaempfehlungen darauf, endlich umgesetzt zu wer den. Aber das Land lässt die Kommunen hängen. Die Begrün dung der grün-schwarzen Regierung lautet, der Bund komme nicht in die Pötte, und solange dort die Förderkriterien nicht klar seien, könne auch kein Landesprogramm aufgelegt wer den.

Erstaunlich ist nur, Frau Kultusministerin, dass Bayern sein „digitales Klassenzimmer“ schon gestartet hat. Wann endlich, Frau Kultusministerin Eisenmann, nehmen Sie den schuli schen Wettbewerb mit Bayern auf? Oder geben Sie sich mit einem Bildungsplatz unseres Landes im hinteren Drittel schon zufrieden? Wir Freien Demokraten jedenfalls akzeptieren Mit telmäßigkeit im Bildungsbereich für unser Land nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Den betroffenen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern hilft es überhaupt nicht, wenn die Kommunen mit dem Fin ger auf das Land zeigen und das Land auf den Bund zeigt, aber dieser das Thema nicht anpackt. Denn die Tatsache, dass die CDU-geführte Bundesregierung es entweder nicht schafft oder nicht will, den Digitalpakt Schule im aktuellen Bundes haushalt mit Ausgaben von 343,6 Milliarden € zu etatisieren, zeigt doch, dass die Schulen in Deutschland beim Thema Di gitalisierung einfach nicht mit der CDU rechnen können, lie be Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der AfD – Abg. Raimund Haser CDU: Das ist aber auch eine Frage der Zuständigkeit!)

Lassen Sie mich auch zum Thema „ella“ noch etwas sagen, also zur Software im digitalen Bildungsbereich, einem weite ren „Glanzstück“ grün-schwarzer Regierungspolitik. Es stimmt, dass für die Beauftragung von „ella“ die Kultusministerin und für das bisherige Scheitern dieses Projekts der Innenminister verantwortlich sind.

Es stimmt aber auch, dass der Ministerpräsident in dieser wie in der letzten Wahlperiode die Gesamtverantwortung trug. Er kann die Letztverantwortung für das BITBW-Gesetz nicht ab streiten. Wenn er die Digitalisierung wirklich zur Chefsache gemacht hätte, wie er in seiner Regierungserklärung am 15. Oktober 2014 ankündigte, wäre der Startschuss für das Schlüsselprojekt „ella“ nicht erst Mitte 2017 erfolgt. Und schließlich ist die Digitalisierung bei unserem Innenminister wahrlich nicht gut aufgehoben.

Um ein Potemkinsches Kulissendorf für den grünen Minister präsidenten abzugeben, ist die Gestaltung der Digitalisierung

aus unserer Sicht zu wichtig für unsere Gesellschaft und für unseren Wohlstand.

Wir Freien Demokraten erneuern deshalb unsere Forderung, ein eigenständiges Digitalisierungsministerium zu schaffen, damit sich endlich ein Kopf, ein Haus und ein Stab aus einem Guss dieser Zukunftsaufgabe verschreiben und ihr damit auch endlich gerecht werden.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Rainer Podeswa AfD)

Jetzt hat Frau Kultusmi nisterin Dr. Eisenmann das Wort. – Bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich ausdrücklich für die An frage bedanken, weil sie sich aus meiner Sicht mit einer Fra ge befasst, die wir bei der Digitalisierung nicht aus den Au gen verlieren sollten, nämlich: Mit welchem Mehrwert gehen wir das an?

Ich freue mich für die Opposition, die das Thema „ella“ an gesprochen und Schulgebäude mit Potemkinschen Dörfern in Zusammenhang gebracht hat. Dafür habe ich vollstes Ver ständnis. Herr Kern, ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich habe großen Respekt vor dem, was die Kommunen in vielen Tei len dieses Landes in die Schulgebäude investieren. Sie stehen in vielen Teilen deutlich besser da, als Sie das jetzt dargestellt haben. Ein Potemkinsches Dorf ist etwas völlig anderes.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Deshalb muss ich sagen: Ich möchte mich ausdrücklich bei den Schulträgern bedanken,

(Abg. Raimund Haser CDU: Genau!)

dass sie sich zu ihrer Verantwortung für Gebäude – so ist die geteilte Verantwortung in der Bildung – bekennen und wir in vielen Teilen hervorragende Standorte haben. Dass wir im Be reich der Digitalisierung, was Schulausstattung und schnelles Internet angeht, in Baden-Württemberg wie in ganz Deutsch land Nachholbedarf haben, ist ja völlig unbestritten. Dass wir, die grün-schwarze Landesregierung, bis zum Ende dieser Le gislaturperiode 1 Milliarde € in den digitalen Ausbau stecken, das ist überfällig. Das hätte man auch schon früher machen können.

(Beifall bei der CDU)

Aber klar ist: Man tut es jetzt. Das ist, glaube ich, auch ein ganz wichtiger Schritt.

Aber neben der Frage, wie ich ausstatte, stellt sich eben auch die Frage: Was mache ich, wenn ich in den Schulen dieses Thema habe? Richtig ist: Die Multimediaempfehlungen sind eine Basis, die wir momentan – Herr Kern, Sie haben es an gesprochen – nicht in Kraft gesetzt haben, weil die Frage, wie wir – Bund, Land und Schulträger – Digitales gemeinsam fi nanzieren, noch nicht abschließend verhandelt ist.

Zunächst: Die 3,5 Milliarden € für den Digitalpakt stehen im Bundeshaushalt drin. Die Bundesregierung, die Koalition in Berlin, hat sich für eine Grundgesetzänderung entschieden, und ich bin sehr dankbar, dass die FDP, der dieses Thema am Herzen liegt – – Die FDP sollte als Partner dieser Grundge setzänderung ja zustimmen, sonst wird die erforderliche Mehrheit für eine Grundgesetzänderung nicht erreicht. Des halb freue ich mich, wenn Sie dann in Berlin Seite an Seite mit Schwarz-Rot dieses Thema möglich machen, damit wir in Stuttgart auch zügig zu einer Umsetzung kommen. Nur: Was ich aus Berlin von der FDP höre, hört sich wieder ganz anders an, was die Zustimmung, die Bedingungen und eige ne Ideen angeht.

Deshalb die herzliche Bitte, hier lieber mal mitzuregieren, als gar nichts zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich sind wir in dieser Frage davon abhängig, was der Bund macht. Richtig ist: Ich halte die Änderung von Artikel 104 c des Grundgesetzes – bezogen auf den Digitalpakt wie auch generell – nicht nur für falsch, sondern auch für über flüssig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Rainer Balzer AfD)

Entgegen dem, was hier gesagt wurde, gab es letzte Woche im Bundesrat eine sehr große Initiative der baden-württembergi schen Landesregierung für eine Alternative zu einer Änderung von Artikel 104 c des Grundgesetzes.

Übrigens hätte ich mir, was die Ausgestaltung von Artikel 104 c des Grundgesetzes angeht, gewünscht, dass auch unser Koalitionspartner in Berlin die Thematik ernster nimmt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der AfD)

Vor diesem Hintergrund kann ich nur sagen: Natürlich ist Ba den-Württemberg aktiv. Wenn wir die Grundgesetzänderung nicht machen würden und stattdessen über den Artikel 91 c gehen würden, könnte die Bundesregierung morgen beginnen, das Geld auszuzahlen.

(Beifall des Abg. Winfried Mack CDU)

Warum brauche ich den Bund in dieser Frage? Weil ich die Ausführungsbestimmungen brauche. Die Schulträger fragen mich zu Recht: „Schließen Investitionen, die wir jetzt vorneh men, nachher womöglich Bundesmittel aus, ja oder nein?“ Das kann ich aber nur dann wissen, wenn ich mit dem Bund verhandelt habe.

Deshalb blockieren wir nicht, wir schieben auch nicht von A nach B, sondern wir handeln verantwortungsbewusst und brauchen eine klare Vorgabe des Bundes. In der Frage, wie wir dies unterstützen, wird sich die Landesregierung mit den kommunalen Landesverbänden mit Sicherheit einigen.

(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Sandra Boser und Martin Grath GRÜNE)

Aber so geht halt Politik: Es kommt eines zum anderen und läuft nicht parallel, sodass nachher womöglich Entscheidun gen getroffen werden, die wir gemeinsam bereuen.

(Zuruf des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Inhaltlich ist die grundsätzliche Frage, was wir denn machen, wenn wir Digitales an den Schulen haben. Ich kann aus mei ner Überzeugung heraus nur dringend davor warnen, Digita lisierung zum Mantra zu machen. Wir neigen ein bisschen da zu.

(Beifall des Abg. Stefan Räpple AfD)

Lesen durch Wischen zu ersetzen ist keine Pädagogik.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Was im Computer ist, ist noch lange nicht im Kopf.

(Abg. Anton Baron AfD: Schreiben nach Gehör!)

Deshalb geht es nur additiv und nur mit Mehrwert im Sinne eines Mehrwerts im Rahmen der Digitalisierung.

(Abg. Raimund Haser CDU: Sehr gut!)

Wir haben die Tablet-Versuche deutlich ausgeweitet, und wir evaluieren sie. Wir sind von dem Standard der letzten Jahre, es ohne Evaluation einfach einmal einzusetzen, weggekom men. Wir führen über hundert Tablet-Versuche in allen Schul arten durch. Wir evaluieren, werten parallel aus, um pädago gische Mehrwerte klar zu definieren.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Genau! Haben wir auf den Weg gebracht!)

In der letzten Legislaturperiode war Evaluation in diesem Zusammenhang leider ein Fremdwort.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Ste fan Fulst-Blei SPD: Jetzt kriege ich aber die Le benskrise! Bei Ihnen ist Innovation ein Fremdwort!)

Vor diesem Hintergrund geht es natürlich ganz entscheidend auch um die Frage der Medienbildung.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Was haben Sie an deres gemacht, als SPD-Projekte weiterzuführen?)