Protokoll der Sitzung vom 18.07.2018

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Widerspruch des Abg. Sascha Binder SPD)

Wir führen in Baden-Württemberg einen Landestarif im öf fentlichen Nahverkehr ein. Das heißt, wir denken auch an die Menschen, die von außerhalb nach Stuttgart fahren werden. Die Einrichtung neuer Expressbuslinien ist eine umweltfreund liche Alternative.

(Unruhe bei der AfD)

Die Busspur am Neckartor trägt dazu bei, den Bus als umwelt freundliches Verkehrsmittel, mit dem Menschen schnell und zuverlässig in die Stadt kommen, weiter auszubauen.

(Zuruf)

Aber klar ist, liebe Kolleginnen und Kollegen: Allein schaf fen wir das nicht. Wir brauchen die Mitwirkung und die Un terstützung der Wirtschaft, und zwar zuallererst der Automo bilhersteller. Je schneller viele Fahrzeuge mit Softwareupdates nachgerüstet werden, desto zügiger bekommen wir die Luft sauber. Hier müssen auch die ausländischen Hersteller nach ziehen.

Wir versprechen: Wer seinen Euro-5-Diesel mit einem Soft wareupdate ausstattet, der darf für weitere zwei Jahre in Stutt gart fahren – wenn wir um Fahreinschränkungen nicht her umkommen sollten.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Für uns ist wichtig, dass die technisch möglichen Hardwarenach rüstungen rasch in Gang kommen. Dazu wünschen wir uns mehr Anstrengungen der Hersteller und eine Unterstützung des Bundes. Das Kraftfahrt-Bundesamt muss klare Kriterien benennen, nach denen Hardwarenachrüstungen zugelassen werden, und auch festlegen, wie diese kontrollierbar sind.

Wir, das Land, leisten unseren Beitrag. Wir garantieren den Menschen, dass Euro-5-Fahrzeuge mit Hardwarenachrüstung, die auf Euro-6-Niveau sind, weiter in Stuttgart fahren dürfen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Sascha Binder SPD: Ah!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gemeinsam können wir es schaffen, die Luft sauberer zu machen. Dazu müssen alle ei nen Beitrag leisten: die Politik, die Wirtschaft und die Bevöl kerung. Mit unserer Offensive für Busse, Bahnen und mehr Elektromobilität machen wir nicht nur die Luft sauberer. Un sere Landeshauptstadt kann so einen großen Schritt hin zu mehr Klimaschutz, mehr Freiflächen, mehr Verkehrssicher heit, kurzum, mehr Lebensqualität in Stuttgart und in BadenWürttemberg machen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Reinhart das Wort.

Frau Präsidentin, ver ehrte Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion will sau bere Luft, aber sie will auch moderne Mobilität. Die Zukunft der Automobilwirtschaft – im Wandel, in der Transformation – ist ein wichtiges Anliegen, dem wir uns auch in diesen Ta gen stellen. Am Freitag wird ein großer Kongress stattfinden, und darüber hinaus haben wir für morgen den Vorstandsvor sitzenden von Porsche zu uns in die Fraktion eingeladen.

Warum sage ich das? Dieser Standortfaktor „Premiumklasse und Innovationstreiber der modernen Automobilwirtschaft“ ist wesentlich für unser Land Baden-Württemberg und we sentlich für uns alle. Deshalb wollen wir eine zukunftsfähige Mobilität.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Zuruf: Reden Sie mal zur Sache!)

Eben wurde – zur Sache – davon gesprochen, dass man zwar ein Urteil eines höchsten Gerichts habe, aber ganz andere Wünsche hat. Wir haben auch Wünsche: Wir, die CDU, wol len keine Fahrverbote oder -beschränkungen. Aber eines ha ben wir auch: Wir haben in diesem Staat eine Gewaltentei lung, wir leben in einem Rechtsstaat, und zu dieser Gewalten teilung gehört, dass wir als erste Gewalt dieses Staates auch die dritte Gewalt in diesem Staat respektieren – insbesonde re, wenn es um ein höchstrichterliches Urteil geht.

(Beifall bei der CDU und den Grünen – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Umgekehrt!)

Herr Kollege Bullinger, da ist der Begriff „umgekehrt“ eben fehl am Platz.

(Zuruf: Genau!)

Uns hat das Urteil auch nicht gefallen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Warum sind Sie dann nicht in Berufung gegangen?)

Aber ich will Ihnen eines sagen: Es gehört in einem Rechts staat dazu, dass man ein Urteil, das dann von der höchsten In stanz der dritten Gewalt, vom Bundesverwaltungsgericht, ge sprochen wird, auch dann, wenn es einem vom Inhalt her nicht zusagt, akzeptiert. Das ist Grundvoraussetzung für eine De mokratie.

(Beifall bei der CDU und den Grünen)

Es zeichnet übrigens die FDP aus, dass sie sich immer als Rechtsstaatspartei bezeichnet hat.

(Zuruf von der SPD: Bezeichnet hat!)

Ich sehe hier ehemalige Justizminister wie den Kollegen Goll und den Kollegen Stickelberger. Die werden hier sicherlich Nachhilfe geben können.

Meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kolle gen, für uns in der Fraktion war es immer wichtig, Fahrver bote so weit wie irgend möglich natürlich zu verhindern. Da für haben wir gekämpft, und das haben wir auch erreicht. Die se Koalition hat klar bekräftigt: Fahrverbote für Euro-5-Die sel sollen vermieden werden. Das war für uns eine entschei dende Bedingung, und wir freuen uns, dass wir uns hierüber in der Koalition klar verständigt haben und uns auch darauf verständigen konnten.

(Beifall bei der CDU und den Grünen)

Wir gehen davon aus, dass die Schadstoffwerte mit unserem Paket schnell weiter sinken und dass wir den Grenzwerten da mit absehbar näher kommen. Ich will auch sagen – das wur de zu Recht angesprochen –: Es gibt keinen Automatismus,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aha!)

und zwar nicht deshalb, weil es politisch unterschiedlich in terpretiert wird, sondern weil dem Urteil des Bundesverwal tungsgerichts zu entnehmen ist, dass es keinen Automatismus geben wird. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Deshalb ist für uns klar: Es wird in einem Jahr weitere Mes sungen geben. Es wird auch erst dann gegebenenfalls einen weiteren Luftreinhalteplan geben können. Unser gemeinsa mes Ziel, freie Fahrt für Euro 5, steht und bleibt auch beste hen. Da sind wir uns einig.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Wir werden außerdem Handwerker, Lieferanten, Pflegediens te, Taxen, Kranken- und Notfallfahrten und vieles mehr von den Fahrverboten ausnehmen.

(Zuruf des Abg. Klaus Dürr AfD)

Benziner sind ebenfalls von vornherein zu 100 % ausgenom men – obwohl das auch ein Thema war –, und zwar ohne je de Einschränkung.

(Zuruf des Abg. Nico Weinmann FDP/DVP)

Die Regelungen, die wir getroffen haben, sind das nötige Mi nimum in Bezug darauf, was das Urteil hergibt, was es erfor dert. Das mussten wir tun – nicht weil wir es wollen, sondern weil wir es rechtlich umzusetzen haben. Wir vermeiden Här ten, wir nutzen aktiv alle Spielräume, die – das wurde zu Recht zitiert, Herr Kollege – im Sinne der Verhältnismäßig keit und damit auch der Zumutbarkeit nötig sind, erforderlich sind, angemessen sind, dies aber auch sein müssen. All das gehört zusammen.

Ein zweiter Bereich – das haben wir immer betont – ist das Gebot: Innovationskultur vor Verbotskultur.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Deshalb werden wir mit innovativen Maßnahmen dafür sor gen, dass die Stickoxidwerte schnell weiter sinken. Wir set zen z. B. auf die Filterung der Stickoxide aus der Luft oder auf einen neuen Asphaltbelag – dieser wurde letzte Woche hier vorgestellt – sowie auf Lärmschutzwände, die Stickoxide fo tokatalytisch abbauen können.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Seit Jahren hät te man das machen können!)

Außerdem werden smarte Verkehrslenkungen, aber auch di gitale Parkleitsysteme eingeführt. Denn weniger Stau heißt auch weniger Schadstoffe.

(Zuruf des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP)

Ich füge hinzu – das war uns wichtig, Herr Kollege Hauß mann –: Bei der Hardwarenachrüstung – das haben wir im mer betont – müssen wir vorankommen. Die CDU-Fraktion hat mit der Präsentation eines SCR-Systems in der vergange nen Woche gezeigt: Nachrüstung ist machbar. Die Hersteller können sich da auch keinen schlanken Fuß machen, meinen wir. Wir müssen jetzt endlich zur Nachrüstung kommen und einsteigen. Damit muss auch von den Herstellern die Verant wortung dafür übernommen werden. Auch das ist unsere Hal tung. Das ist höchste Zeit.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der SPD)

Wir werden im September, Oktober – das war schon vorbe reitet – über diese Landesregierung eine Bundesratsinitiative zur Dieselnachrüstung haben. Direkt nach der Sommerpause kommt das wieder auf die Tagesordnung.

Für uns ist klar: Es gibt intelligente Lösungen jenseits von Verboten. Die Technologien sind verfügbar. Sie sind einsatz bereit, und sie wirken. Wir müssen sie aber auch einsetzen. Deshalb steht die Union für mehr Mut zu innovativem Den ken bei der Luftreinhaltung.