Protokoll der Sitzung vom 18.07.2018

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Herr Ministerpräsident, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Fiechtner zu?

Ich habe ja fast noch gar nichts gesagt.

(Heiterkeit)

Also nicht.

Jetzt warten wir einmal, bis ich die Dinge etwas darlege.

Beim Stickstoffdioxid halten wir die Grenzwerte im Jahres mittel noch nicht ein, aber wir sind auf einem sehr guten Weg. Die Entwicklung der Werte in den letzten Jahren ist beeindru ckend. Am Neckartor lagen die Jahresmittelwerte von Stick stoffdioxid im Jahr 2006 bei 121 Mikrogramm pro Kubikme ter Luft, 2017 waren es noch 73 Mikrogramm, in diesem Jahr sind es – Stand Juli – 68 Mikrogramm. Der Trend ist eindeu tig: Die Schadstoffwerte gehen zurück.

(Abg. Anton Baron AfD: Welchen Anteil haben Sie daran?)

Schon jetzt haben wir also viel erreicht, und zwar nicht durch lautes Geschrei, sondern durch beharrliche Arbeit. Wir haben den ÖPNV entschlossen ausgebaut und attraktiver gemacht,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Gar nichts hat sich daran geändert! – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD – Zu rufe von der SPD)

Expressbuslinien eingeführt, Metropolexpresszüge geschaf fen und den Takt beim ÖPNV verdichtet, sodass die Menschen ein besseres Angebot bei Bahn und Bus haben.

(Unruhe bei der SPD)

Wir haben die Elektromobilität durch verschiedene Förder programme für Autos, Lkws, Lastenräder und Ladestationen gefördert. Wir haben ein Jobticket für Landesbedienstete ein geführt, damit sie vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Der Landeszuschuss beträgt 25 € pro Beschäftig tem. Die Unternehmen sind dem zum großen Teil gefolgt. All diese Maßnahmen zeigen Wirkung, die Schadstoffwerte sin ken.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Wir sehen es auch daran, dass andere Länder und Regionen jetzt auch diesem Weg mit diesen Maßnahmen folgen. Das heißt, die Erfolge können sich wirklich sehen lassen.

Aber wir machen uns nichts vor; wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen und hinmüssen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom Februar klare Vorgaben zur Luftrein haltung gemacht. Allen, die sich hier leichtfertig über dieses Urteil hinwegsetzen wollen,

(Abg. Andreas Stoch SPD: Wir haben es genau gele sen!)

sage ich ganz klar: Überlegen Sie sich einmal gut, was Sie da tun.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Bitte?)

Schauen Sie sich in Europa um: Da gibt es Staaten, die wir dafür kritisieren, dass sie den Rechtsstaat beschneiden.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Jetzt wird es peinlich!)

Ich will nur einmal sagen: Dazu bin ich nicht bereit, und da zu ist diese Koalition nicht bereit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für diese Landesregierung ist klar: Wir halten uns an den Rechtsstaat, und die Regierungsfraktionen tun dies ebenso. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Da hat mich Ihre Auslassung doch sehr verwundert, Herr Kol lege Rülke.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ich will, dass Sie das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts einhalten und nicht das, was irgendein Verwaltungs richter in Briefen schreibt!)

Verstehen Sie: Ihre Reaktion darauf war eine wüste Richter beschimpfung.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zurufe von den Grünen, u. a.: So ist es! – Genau!)

Das können Sie natürlich machen. Die Indemnitätsklausel schützt Sie; Sie können erzählen, was Sie wollen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sie auch! – Heiterkeit bei der AfD)

Aber ich muss Sie schon fragen: Ist die FDP eine Rechtsstaats partei, oder war sie eine Rechtsstaatspartei?

(Lebhafter Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zuruf von den Grünen: War sie!)

Eine Rechtsstaatspartei weiß nämlich: Man muss sich auch an Urteile halten, die man nicht für richtig hält,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das wollen wir!)

und man muss sich auch an Gerichtsurteile und Richtersprü che halten, wenn man gegen den Richter polemisiert. Das ist Rechtsstaatlichkeit, und alles andere ist der Abweg davon, den Sie hier vorgegeben haben.

(Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Sie dürfen den Richter beschimpfen, aber trotzdem muss man sich an sein Urteil halten. Das muss man mal begreifen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos] meldet sich.)

Was soll denn der Richter Kern anderes machen? Er ist am Vollstreckungsgericht; natürlich muss er das Urteil von Leip zig interpretieren. Es ist doch seine Aufgabe, seine Schlüsse daraus zu ziehen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Es ist nicht seine Aufgabe, sich ständig in der Öffentlichkeit da durch zu profilieren, dass er Briefe schreibt!)

Aber er spricht nun einmal Recht, egal, was Sie von ihm per sönlich halten. Sie sind nicht der Oberrichter über Herrn Kern. Das ist einfach der Punkt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Und der Herr Kern ist nicht der Oberrichter über das Bundes verwaltungsgericht!)

Darum ist auch alles, Herr Kollege, was Sie dazu erzählt ha ben, wer sich über den Tisch hat ziehen lassen, ganz merk würdig. Sie sind offensichtlich schon vom Trumpismus etwas angesteckt und glauben, es gäbe nur Deals in der Politik. Die Verhandlungen, die wir in der Koalition geführt haben, waren sehr sachorientiert. Es ging viel weniger um Kompromisse zwischen den Koalitionsfraktionen als darum, wie wir das Ur teil des Bundesverwaltungsgerichts selbst interpretieren

(Abg. Anton Baron AfD: Ich interpretiere das Urteil anders!)

und seine Spielräume im Sinne der Bürgerschaft ausnutzen. Das war Gegenstand der Verhandlungen, und da hat sich ein gutes Ergebnis gezeigt. Da hat sich überhaupt niemand über den Tisch ziehen lassen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Herr Ministerpräsident – –

Das kann ich auch Ihnen und der AfD sagen. Es ist schon ein merkwürdi ger Gleichklang in dieser Frage.

(Lachen und Widerspruch bei der AfD und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja, ja, etwas Besseres fällt Ihnen auch nicht ein!)

Man kann Rechtsnormen materiell infrage stellen. Man kann Grenzwerte infrage stellen.