EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und US-Prä sident Donald Trump haben am 25. Juli 2018 in Washington verkündet, dass die Verhandlungen über den Abbau von Zöl len bald beginnen sollen. Die EU solle während dieser Ver handlungen vorerst von den US-Autozöllen ausgenommen werden.
Natürlich ist die Frage, wie belastbar dieser verkündete Deal tatsächlich ist. Bei der gesamten Debatte gilt es zu bedenken, dass deutsche Investitionen in den USA die Wirtschaft mas siv stärken. Die deutschen Automobilfirmen und Zulieferer betreiben mehr als 300 Produktionsstätten, Forschungszent ren und Verwaltungssitze in den USA.
Frau Staatssekretärin, es gibt eine Zwischenfrage, und zwar von Herrn Abg. Dr. Fiechtner. Lassen Sie diese zu?
Diese Unternehmen sichern 118 000 Arbeitsplätze. Das Inves titionsvolumen der deutschen Automobilindustrie in den USA beläuft sich auf knapp 33 Milliarden US-Dollar. Die Produk tion von Fahrzeugen deutscher Hersteller in den USA hat sich seit 2009 vervierfacht. Letztes Jahr wurden 804 000 Automo bile von deutschen Unternehmen in den USA hergestellt; 60 % dieser Autos, die in den USA hergestellt wurden, wurden ex portiert. Insgesamt wurden 2017 1,3 Millionen deutsche Au tos in den USA verkauft.
Jetzt muss man schon sagen: Die Gefahr von Zöllen ist noch nicht vom Tisch. Ob eine Einigung zwischen Juncker und Trump zur EU Bestand hat, hängt natürlich insbesondere von den Ergebnissen und von der Geschwindigkeit dieser Verhand lungen ab.
Jenseits der Zölle gibt es in den USA aber noch weitere be deutende Barrieren, z. B. in der öffentlichen Auftragsverga be. Auch hier besteht ein ganz dringender Handlungsbedarf. Das gilt umso mehr, als die USA für Baden-Württemberg mit 12,2 % aller Exporte das mit Abstand wichtigste Absatzland und das sechstwichtigste Land für den Import sind. Daher ist es ganz wichtig, dass die EU weiterhin geschlossen, entschlos sen und WTO-konform agiert.
Die Sorge um einen neuen Handelskonflikt und um wachsen den Protektionismus durch die Trump-Administration wurde von Herrn Ministerpräsident Kretschmann bei der USA-Rei se im September mehrfach ausdrücklich in Reden themati siert. Dabei erfolgte ein klares Bekenntnis zum Freihandel und der Hinweis auf die große Bedeutung der USA als wichtigs ter Handelspartner Baden-Württembergs.
Unter den strategischen Schwerpunktthemen Handel, Produk tion und Technologie besuchte die Wirtschaftsministerin, Frau Dr. Hoffmeister-Kraut, bereits im Oktober 2017 die US-Haupt stadt Washington, den Bundesstaat Alabama und den Bundes staat Kalifornien. Dabei traf sie politische Mandats- und Ent scheidungsträger aus Senat, Repräsentantenhaus und Regie rung. Hier ging es im Wesentlichen allgemein um die transat lantischen Handelsbeziehungen, die Freihandelsabkommen und die Interessen des Exportstandorts Baden-Württemberg.
Wir haben uns eindeutig positioniert, und zwar dahin gehend, dass man die Zukunftsfragen der Automobilindustrie nicht mit Zöllen löst, dass Abschottung keine Antworten bietet und es dabei am Ende nur Verlierer gibt.
Aufgrund der Bedeutung sage ich – auch wenn dies bereits bei allen sich bietenden Gelegenheiten thematisiert wird –: Ich halte es für elementar wichtig, einen gelebten Freihandel zu praktizieren und auch zu demonstrieren. Das sehen Sie auch an den Landespartnerschaften mit unterschiedlichen Län dern, so wie jetzt in Kalifornien. Da lebt man es, und man praktiziert es.
Dies stand auch bei der von mir geleiteten Teildelegation „Di gitalisierung und Industrie 4.0“ im Fokus. Dabei kam es zu zahlreichen Treffen zwischen baden-württembergischen Un ternehmen und Unternehmen in den USA.
Nicht zuletzt muss man auch das von uns initiierte Programm „Innovation Camp BW Silicon Valley“ hervorheben. Das bie tet eine sehr gute Gelegenheit, sich auf der Ebene der Unter nehmen frei auszutauschen und zu kooperieren. Das wird von uns ganz bewusst für kleine und mittlere Unternehmen ange boten. Wir haben hier einen Repräsentanten. Wir haben hier einen Innovationsscout vor Ort. Da wird beispielsweise bei der Ansiedlung von Unternehmen geholfen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung bekennt sich ganz klar zum fairen Freihandel. Die Handels konflikte zwischen den USA und der EU, aber auch mit Chi na, Russland und dem Iran zeigen, wie wichtig für uns der of fene Austausch und der faire Freihandel sind. Fairer Freihan del ist ein hohes Gut, gerade in den aktuell unruhigen Zeiten.
Protektionistische Entwicklungen im internationalen Handels system sind eine Bedrohung für den gesamten Welthandel, insbesondere auch für die exportorientierte Wirtschaft in Ba den-Württemberg. Entsprechende Handelsabkommen können da ein Zeichen für den multilateralen, regelbasierten Freihan del setzen, auf dem auch der Wohlstand hier in Baden-Würt temberg beruht.
CETA ist deshalb ein Vorbild für andere EU-Abkommen. Vor einem Jahr ist das europäisch-kanadische Freihandelsabkom
men CETA vorläufig in Kraft getreten. Neben Erleichterun gen für den Handel und für Investitionen der mit Kanada ver bundenen Unternehmen liefert das Abkommen einen Eckpfei ler der EU-Handelspolitik, gerade mit Blick auf die USA.
Die ersten Erfahrungen aus der Wirtschaft zeigen auch, dass das bisher modernste Abkommen der EU die Handelsbezie hungen und den Marktzugang in Kanada spürbar verbessert und den bilateralen Handel erleichtert. Daher kann es auch Vorbildfunktion für andere Abkommen der EU haben.
Das Abkommen mit Japan ist ebenso ein gutes Signal vor dem Hintergrund des wachsenden Protektionismus. Am 17. Juli 2018 unterzeichneten die EU und Japan ihr Freihandelsab kommen. Nach der Unterzeichnung ist jetzt eine rasche Rati fizierung durch den Rat und das Europaparlament wichtig. Damit würde die EU ihre Handlungsfähigkeit in der Handels politik deutlich unterstreichen.
Schon rein wirtschaftlich ist das EU-Japan-Abkommen, das Abkommen zwischen Europa und der drittstärksten Wirt schaftsmacht der Welt, wichtig. Aber fast noch wichtiger ist die symbolische Bedeutung. So setzen diese beiden großen Wirtschaftsräume ein ganz klares Zeichen für regelbasierten Handel und gegen Importbeschränkungen. Es ist ein wichti ges Signal, wenn die EU-Länder mit starken Partnern wie Ka nada, Japan oder auch dem Mercosur gegen den grassieren den Protektionismus voranschreiten. Hier müssen und wer den andere folgen.
Meine Damen und Herren, selbst wenn es im Moment nicht so aussieht: Jede Krise kann auch eine Chance sein. Der trans atlantische Handelskonflikt zwingt die EU zu größerer Ge schlossenheit. Nur geschlossen können wir beim Kräftemes sen mit den großen Wirtschaftsmächten USA und China mit halten. Wie ein im Haus bekannter Politiker schon einmal ge sagt hat: Wir müssen uns entscheiden, ob wir am Tisch sitzen möchten oder ob wir auf der Speisenkarte stehen möchten.
(Heiterkeit bei der CDU – Abg. Winfried Mack CDU: Wer hat denn das gesagt? – Abg. Dr. Erik Schwei ckert FDP/DVP: Wer war das?)
Wenn also am Ende der gegenwärtigen Krise der globale Han del freier und fairer ist als heute, dann wäre das insgesamt ein Gewinn.
Die Stoßrichtung der heutigen Debatte, dass man Donald Trump als Freihandelsfeind bezeichnet, wundert mich ohne hin. Der Freihandelsfeind sitzt wohl eher in der EU mit den entsprechenden asymmetrischen Zöllen.
Wie stehen Sie denn dazu? Was tut die Landesregierung, um auf EU-Ebene – das liegt uns ja nun wirklich nahe – dafür zu sorgen, dass die unvergleichlich hohen Zölle auf vielfältigen
Gebieten und auch die nicht tarifären Handelshemmnisse – Umweltschutzauflagen, Verbraucherschutzauflagen für Län der, die unter Umständen manche Dinge gar nicht erfüllen können, Mindestabnahmen für Importeure und Ähnliches – angepackt werden, damit hier endlich etwas geschieht und die EU echten Freihandel betreibt? Ich bin der Überzeugung, dass der Kaufmann Donald Trump, der nun auf der Hälfte seiner Legislatur einen ziemlich großen Erfolg hingelegt hat,
Wenn wir einmal auf das Thema dieser Aktuellen Debatte zurückkommen, dann ist das, was die Landesregierung macht, genau das, was gefordert wird. Denn wir führen Gespräche, wir leben Partnerschaften, wir sind dabei unterwegs. Wie Sie wissen, führte diese Reise nach Silicon Valley und nicht nach Washington, in die Haupt stadt. Themen der Reise waren z. B. Digitalisierung, Mobili tät, Industrie 4.0, und dabei hat dieser faire, freie Handel im mer eine Rolle gespielt.
Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Lindlohr, das habt ihr doch gar nicht nötig. Ich glaube, ich brauche gar nicht klar zustellen, dass für unsere Fraktion und für mich ganz persön lich die USA und Kanada unsere Freunde sind; das ist ja gar keine Frage.
Aber ich bezeichne – da bin ich überhaupt nicht einig mit Herrn Fiechtner – Herrn Trump schon als Freihandelsfeind.
Da kommt ihr immer mit den Zollsätzen für die Autos. Da muss man einmal die Historie betrachten, um zu erkennen, warum die eingeführt wurden. Es war Ronald Reagan, der sei ner Bevölkerung unbegrenzte Mobilität ermöglichen wollte. Deswegen haben die USA damals diese Zölle einseitig abge senkt. Lassen Sie uns darüber reden, wie wir fairen Handel hinbekommen. Aber probieren Sie nicht immer, die Faktenla ge zu verdrehen.
Um was geht es denn? Es geht doch darum – das haben der Kollege Mack und der Kollege Hofelich sehr gut herausgear beitet –: Es gibt jetzt eine Basis von Herrn Juncker. Da sind wir sehr froh, dass Europa gewirkt hat.