Protokoll der Sitzung vom 29.06.2016

Bevor Sie sich aufplustern, Herr Rülke, denken Sie an Herrn Möllemann und Ihr eigenes Problem, bevor Sie hier mit dem Finger auf andere zeigen. Das könnte ich anderen in diesem Raum auch sagen.

Terroristen – ein Wort, das sich so leicht sagt und doch so schwer zu greifen ist. Allein für islamistische Terroristen, wel che nach Syrien auswandern, gibt es mittlerweile 450 ver schiedene Profile. Auf den ersten Augenschein haben sie alle eines gemeinsam: eine Kindheit, in der sie keine Liebe erfah ren haben und nicht als individuelle, wichtige Person wahr genommen wurden. Auf der Suche nach einer neuen Heimat und einer Identität gerät man schnell in die falschen Hände, in die Hände von Extremisten. Die fehlende Identität weicht der großen Idee.

Die Frage ist: Warum fühlen sich diese Menschen hier nicht zu Hause, sind es doch meist Migranten der dritten Generation? Die Antwort ist ganz einfach: Wir haben versagt – die Gesell schaft, aber allen voran die Regierung.

(Lachen der Abg. Beate Böhlen GRÜNE – Abg. Ni cole Razavi CDU: Welche?)

Ein Blick auf die Zahlen reicht, um zu wissen, dass Deutsch land eines der größten Terrorcamps in Europa ist.

(Zurufe: Was?)

Deutschland ist das Land in Europa, aus dem ein Großteil der ausländischen IS-Soldaten in den Heiligen Krieg zieht.

(Zuruf: Stimmt doch gar nicht!)

Gettoisierung, Flüchtlingslager und schlechte Integrations maßnahmen bilden den Nährboden für zukünftige Terroris ten. – Sie schütteln den Kopf. Lesen Sie den Verfassungs schutzbericht doch einmal durch; darin steht das nämlich.

Frankreich und Brüssel – der Terror hat Europa erreicht.

(Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

Doch stimmt das wirklich? Kugelhagel und Bomben in Deutsch land kosteten vor nicht allzu langer Zeit 33 Menschen das Le ben; hinzu kommen Hunderte von Verletzten. Die RAF brach te die Herrschaft des Terrors in unser Land, und der Terror von rechts hinterließ ebenfalls eine breite Blutspur. Deswegen sind wir – Herr Professor Meuthen hat völlig recht – absolut dafür, dass Terrorismus jeder Orientierung – 360 Grad ist unser Blick – erkannt und bekämpft wird.

(Beifall bei der AfD)

Das alles nur, weil Menschen für etwas standen, was ihre Fein de für widerwärtig hielten. Doch ist die RAF mit Islamismus zu vergleichen? Wer genauer hinschaut, findet schnell erste Übereinstimmungen, seien es die blinde Entschlossenheit der Täter, die Erbarmungslosigkeit oder das skrupellose Vorge hen. Was früher Che Guevara war, ist heute Osama bin La den.

(Abg. Winfried Mack CDU: Ach komm! So ein Schmarrn! Wirklich! – Weitere Zurufe)

Salafismus ist zum Teil eine neue Jugendrevolte,

(Lachen der Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP und Nicole Razavi CDU)

eine Jugendrevolte, die es mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt. Oder sind Sie nicht der Meinung, dass man diese Art der Ju gendrevolte bekämpfen sollte? – Vielen Dank.

(Zurufe)

Auch wenn man das im ersten Moment vielleicht glauben mag: Islamistische Terroristen sind weder verrückt, noch wur den sie einer Gehirnwäsche unterzogen. Was mindestens ge nauso interessant ist: Sie sind religiös eher ungebildet.

Auch die Annahme, dass das Internet bei der Radikalisierung die Hauptrolle spielt, ist falsch. Das Internet ist lediglich ein wichtiges Hilfsmittel. Letztlich fand die Radikalisierung je doch immer über einen Rekrutierer statt, etwa einen Bekann ten oder ein Familienmitglied, und mittlerweile geschieht dies nur noch selten durch radikale Imame. Darum müssen wir um denken.

Wir sind so konzentriert darauf, uns Gedanken zu machen, wie wir Terroristen bestrafen, dass wir ganz vergessen, das Problem an der Wurzel zu bekämpfen.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD)

Erst seit letztem Jahr gibt es die zentrale Koordinierungsstel le zum Aufbau und zur nachhaltigen Etablierung eines Prä ventionsnetzwerks gegen islamistischen Extremismus in Ba den-Württemberg. Unsere sicherheitspolitischen Maßnahmen und Präventionsprojekte sind zum Scheitern verurteilt, wenn wir das Problem nicht an der Wurzel angehen. Die orthodo xen Lehren des Islam von Ibn Taimiya müssen endlich abge legt werden. Eine humanistische Auslegung des Islam ist un abdingbar, wenn wir den Terror bekämpfen wollen. Doch ei ne Relativierung dieses gewaltsamen Islam lehnt der Main stream-Islam in Europa ab. Stattdessen bevorzugt er die Recht fertigung und betont lieber, dass die Gewalt als unislamisch abzulehnen sei. Das ist aber nicht glaubwürdig, solange Ge lehrte wie Ibn Taimiya eine derart zentrale Rolle einnehmen.

Außerdem wird nach solchen Terroranschlägen wie gestern regelmäßig diskutiert, dass die Benachteiligung von muslimi schen Migranten die Ursache für ihre Radikalisierung sei. Si cherlich ist es wichtig, Diskriminierung zu bekämpfen. Aller dings werden auch andere soziale Gruppen in Deutschland und in Europa diskriminiert, die nicht zum willkürlichen Ter ror greifen.

Eine besondere Herausforderung im Kampf gegen den Isla mismus sind die Flüchtlinge. Gerade bei den Flüchtlingen fällt es besonders schwer, den Radikalisierungsprozess zu erken nen. Umso erstaunlicher ist es, dass in einem Land, das einen so großen Wert auf Ordnung legt, mindestens 500 000 Flücht linge leben, die nicht registriert sind –

(Zurufe von den Grünen und der SPD)

mindestens 500 000 Menschen, von denen wir nichts wissen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Freie Erfindung!)

Für mich ist das Staatsversagen.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Freie Erfindung! – Weitere Zurufe – Glocke des Präsidenten)

Das sind alles Zahlen, die Sie – –

(Anhaltende Zurufe)

Für mich ist das Staatsversagen.

Wir sind es den Bürgern schuldig

(Zurufe – Glocke des Präsidenten)

ich bringe Ihnen die Dokumente gern –, Sicherheit und Ord nung in diesem Land zu wahren.

Drei große Herausforderungen im Flüchtlingsbereich in Be zug auf den Islamismus liegen klar auf der Hand:

Erstens: Wir können nicht ausschließen, dass Terroristen über Flüchtlingsrouten nach Deutschland kommen.

Herr Kollege Dr. Fiecht ner, haben Sie mit Ihren Blättern die Redezeitanzeige abge deckt? Die Redezeit ist beendet. Bitte kommen Sie zum Schluss.

Okay. – Zweitens: Flücht linge können sich in Unterkünften radikalisieren.

Drittens: Islamisten sprechen gezielt Flüchtlinge in missiona rischer Absicht an – unter dem Deckmantel humanitärer Hil fe.

Für mich ist es unverständlich, dass es diese Regierung zu lässt, dass islamistische Netzwerke aktiv Flüchtlingshilfe leis ten. Dabei wird die angestrebte Integration verhindert und der Nährboden für Radikalisierung geschaffen. Ich fordere eine Registrierung sämtlicher Flüchtlinge, eine bessere Grenzüber wachung, eine Erweiterung der Präventionsmaßnahmen. Wir müssen auch die Vernetzung der Polizei und des Verfassungs schutzes vorantreiben, damit Polizisten bei Einsätzen über po tenzielle Gefährder besser Bescheid wissen. Ein einfaches In tegrationsgesetz reicht nicht. Wir brauchen auch dringend – –

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege!

Ich habe noch drei Sätze, dann bin ich fertig.

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Einen!

Wir müssen aktiv gegen islamistische Plattformen wie z. B. Bücherstände vorgehen, Hassprediger möglichst ausweisen und einen religionswissen schaftlichen Unterricht

(Abg. Winfried Mack CDU: Religionswissenschaft licher Unterricht?)

in den Schulen etablieren.