Sehr geehrter Herr Präsident, Kol leginnen und Kollegen! Herr Innenminister Strobl, ich habe mir extra noch vier Minuten Redezeit übrig gelassen,
weil ich gedacht habe, dass Sie – neben Ihren Äußerungen und neben Ihrer Beantwortung der Fragen aus den Reihen der AfD, die Sie aus meiner Sicht richtig beantwortet haben – auch noch etwas zu Ihren Taten sagen. Aber leider bleibt, wenn man die Überschrift der heutigen Aktuellen Debatte liest, nämlich „Lehren aus dem Verfassungsschutzbericht“, unklar: Was macht diese Landesregierung konkret in den kom menden Monaten im Nachtragshaushalt? Was soll aufeinan der folgen? Herr Blenke, Sie sagen: „1 500 Polizeistellen“.
Das geht schon seit drei Monaten so. Wir wissen nicht: Wie viele davon sind Vollzugsstellen und wie viele nicht? Wie sind sie eingruppiert? In welchen Jahren werden sie kommen? Wie wird ausgebildet? Reicht die vorhandene Ausbildungskapazi tät? Zu all diesen Fragen gab es heute keine Antwort, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion.
„Die 1 500 Stellen stehen nicht un ter Finanzierungsvorbehalt.“ Sie sagen: „Es steht immer noch alles unter Finanzierungsvorbehalt.“ Vielleicht sollten Sie sich einmal zusammensetzen, damit Sie sich einig werden, wo es bei der inneren Sicherheit in Baden-Württemberg zukünftig langgeht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herr Minister Strobl, Sie können mir aber entgegnen, Sie hät ten natürlich etwas getan und beispielsweise heute verkündet, Sie würden die Erschwerniszulage für die Spezialeinheiten um einen erklecklichen Betrag erhöhen.
Ist beschlossen – richtig, Herr Strobl –, aber bereits im No vember 2015 in einem Kabinettsbeschluss von der grün-roten Landesregierung, von diesen beiden Fraktionen, liebe Kolle ginnen und Kollegen.
Das ist keine neue Idee, sondern dies war bereits vor der Land tagswahl beschlossene Sache. Vielleicht haben Sie es deshalb heute nicht erneut erwähnt.
Kollege Sckerl, ich finde es gut, dass zumindest der Innenmi nister versteht, warum es bei den Grünen zu einem radikalen Wandel in der Sicherheitspolitik in Baden-Württemberg kommt.
und nicht mehr in die Vergangenheit blicken sollten. Sie müs sen aber nicht uns, sondern Ihrer eigenen Klientel erklären, warum Sie bei der Abwägung zwischen Freiheit und Sicher heit jetzt plötzlich eine andere Wertigkeit ansetzen, als Sie das
noch vor ein paar Monaten oder Jahren getan haben. Und ich dachte immer, der Paradigmenwechsel in der Sicherheitspo litik in Europa und auch in Deutschland kam mit dem 11. Sep tember 2001. Ich kann mich an viele Debatten erinnern, bei denen die Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit in Ih rer Partei zu einer anderen Antwort geführt hat, liebe Kolle ginnen und Kollegen von den Grünen.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Herr Minister Strobl, ich habe mich zunächst gefreut, weil Sie gesagt haben, Sie hätten mir sehr gut zugehört. Auch ich habe Ihnen sehr gut zugehört. Sie ha ben gesagt: „Wir wollen das Landesamt für Verfassungsschutz stärken.“ Gut, richtig, unterstützen wir. Sie haben gesagt: „Wir wollen die Polizei stärken.“ Ebenso gut, auch richtig, unter stützen wir. Aber das sind natürlich Aussagen, hinter die sich alle hier im Haus stellen können. Uns hätte heute interessiert: Welches konkrete Konzept haben Sie denn, um diese Aussa gen auch tatsächlich zu hinterlegen?
Ich habe Ihnen die Chance gegeben, konkret auf meine Fra gen zu antworten. Ich habe Ihnen fünf Fragen gestellt. Im Grunde sind Sie auf keine einzige eingegangen. Das bedaure ich, das finde ich schade.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP zu Minister Thomas Strobl: Sechs, setzen! – Zuruf des Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE)
Sie können ja nach mir noch einmal ans Redepult gehen und versuchen, wenigstens eine Frage zu beantworten, nämlich die Frage: Wie stehen Sie zur Forderung der FDP/DVP nach einem flächendeckenden muslimischen Religionsunterricht an baden-württembergischen Schulen? Da besteht ein grundle gender Unterschied zu dem, was Sie von der AfD gerade eben gesagt haben. Sie haben von einem Religionskundeunterricht gesprochen. Nein, genau das ist nicht gemeint.
Wir wollen einen muslimischen Religionsunterricht, genauso wie es den christlichen Konfessionsunterricht gibt. Denn von muslimischen Schülern wird der Religionskundelehrer über haupt nicht ernst genommen.
Von denen werden nur in Deutschland ausgebildete muslimi sche Religionslehrer ernst genommen. Wir sollten uns diese nicht von woanders holen, sondern wir brauchen einen Islam unterricht in Deutschland. Das ist das Mittel, um dem Salafis mus – Sie haben zu Recht gesagt, Herr Minister, das sei un ser Hauptproblem – den Nachwuchs abzuschneiden, damit die Hetzparolen des Salafismus eben nicht auf fruchtbaren Boden bei denjenigen Schülerinnen und Schülern fallen, die im Grun de keine Ahnung von ihrer eigenen Religion haben.
Das ist aus Sicht der FDP/DVP der richtige Weg. Wir brau chen natürlich die Stärkung der Dienste. Aber wir brauchen auch ein Präventionsprogramm. Nur so wird ein Schuh dar aus.
Ausgerechnet aus der Fraktion, aus der die Fra gen gestellt werden, kommen Oh-Rufe. Herr Binder, sorgen Sie einmal für Ordnung.