Dass Ihnen das nicht gefällt – Herr Meuthen ist immer noch nicht da, obwohl er vorhin dazu gesprochen hat –, kann ich gut verstehen. Aber Herr Meuthen selbst bläst in dasselbe Horn wie Frau Petry, wenn er sagt, die AfD wolle – Zitat – „weg vom links-rot-grün verseuchten 68er-Deutschland“ –
Bundesparteitag in Stuttgart. Damit heizt Ihre Fraktion, heizt Ihr Vorsitzender diese intolerante Stimmung in Teilen der Be völkerung ganz bewusst an, meine Damen und Herren.
Verantwortungsvolle Politik sieht anders aus. Sie darf sich hierfür nicht hergeben. Vielmehr muss verantwortungsvolle Politik diesem intoleranten Klima entgegensteuern – in Wor ten und Taten. Dabei hat sie sich eines besseren Umgangstons und besserer Umgangsformen zu bedienen. Sie hat den Rechts staat wehrhaft zu halten, nicht nur in der Nachsorge, auch ge rade in der Vorsorge.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade am heutigen Tag – wir haben es gehört –, nach dem schrecklichen Anschlag in der Türkei, muss uns der Islamismus besondere Sorgen berei ten. Der Salafismus hat im Vergleich zu 2014 mehr Anhänger im Land gefunden, und noch immer ziehen Menschen von Deutschland aus in den sogenannten Heiligen Krieg. Wir müs sen uns dessen bewusst sein. Glücklicherweise kam es in Deutschland noch zu keinem größeren Anschlag.
Für uns Freie Demokraten ist die Verfassung unseres Landes eines unserer höchsten politischen Güter. Diese Verfassung
Angesichts der zunehmenden Bedrohungen ist aus unserer Sicht eine nachhaltige Stärkung des Landesamts für Verfas sungsschutz und der Polizei längst überfällig. Während wir seit Jahren konkrete Verbesserungen einfordern, blieb die al te, grün-rote Landesregierung weitgehend passiv. Ihr Amts vorgänger, Herr Strobl, wollte die Beobachtung des Islamis mus phasenweise sogar an den Bund abgeben.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist doch gar nicht wahr! – Zuruf von der SPD: Was? Woher haben Sie das?)
Nun hoffen wir, dass die CDU in Regierungsverantwortung mehr zustande bringt. Die Einrichtung eines Kompetenzzen trums zur Koordinierung des Präventionsnetzwerks gegen Ex tremismus geht da in die richtige Richtung. Zur Erinnerung: Die Landtagsfraktion der FDP/DVP forderte ein solches Zen trum bereits im Frühjahr 2015.
Was uns allerdings nicht reicht, ist der Verweis auf den Koa litionsvertrag. Papier ist geduldig und erträgt auch vage Ver einbarungen und Finanzierungsvorbehalte.
Wir Freien Demokraten wollen mehr. Um der Regierung auf die Beine zu helfen und den vagen Vereinbarungen im Koali tionsvertrag zeitnah Substanz zu geben, hat die FDP/DVPFraktion letzte Woche mit der Großen Anfrage Drucksache 16/171 die zukünftige Ausrichtung des Landesamts für Ver fassungsschutz thematisiert. Wir hoffen sehr, dass die Regie rung dies zum Anlass nimmt, die vorhandenen Defizite nun zügig abzubauen.
Herr Innenminister Strobl, deshalb möchte ich folgende Fra gen an Sie richten – ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie gleich möglichst konkret darauf eingehen würden –: Wie ste hen Sie zu der Forderung der FDP/DVP, mehr Fachleute zur Auswertung gewonnener Informationen und mehr Dolmet scher einzustellen? Auf zusätzliche Stellen in Ihren Ministe rien haben Sie sich nun ja schnell einigen können. Wann wird das Landesamt über mehr Personal verfügen können? Wie ste hen Sie zu unserer Forderung, das Landeskriminalamt in den Bereichen Staatsschutz und organisierte Kriminalität durch Ermittlungsgruppen zu stärken? Wann, Herr Minister, wollen Sie dies umsetzen? Wann werden Sie bei den Aussteiger- und Deradikalisierungsprogrammen aktiv? Werden Sie dazu auch die Initiative „Polizei und Moscheevereine“ und den runden Tisch „Islam“ nutzen?
Aus Sicht der FDP/DVP – ich möchte das an dieser Stelle noch einmal betonen – brauchen wir dringend einen möglichst flächendeckenden Islamunterricht im Land, um fundamenta listischen Hasspredigern nachhaltig den fruchtbaren Boden zu entziehen. Herr Minister, unterstützen Sie diese Forderung der FDP/DVP?
Herr Minister Strobl, sind Sie nicht auch der Meinung, dass der Gemeinschaftskundeunterricht im Grunde weiter gestärkt werden müsste, um die politische Bildung in unserem Land zu stärken und die Schülerinnen und Schüler bei uns möglichst
immun zu machen gegen politische Hassprediger? Schließ lich entfaltet aus Sicht der FDP/DVP auch die konsequente Rechtsdurchsetzung bis hin zur Abschiebung straffälliger Blei beberechtigter eine Präventionswirkung, die es zu nutzen gilt.
Es darf in Deutschland nirgendwo rechtsfreie Räume geben. Hierfür brauchen wir mehr Polizei auf der Straße. Die Vor schläge sind vorhanden; sie liegen auf dem Tisch. Es sind ge nügend. Jetzt müssen sie nur umgesetzt werden. Ich bin auf Ihre Antworten gespannt, Herr Minister Strobl.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kolle gen! Anknüpfend an die Europadebatte heute Vormittag in die sem Hause möchte ich sagen: Wir haben etwas zu verlieren.
Wir haben nicht nur unseren Wohlstand, nicht nur Euro und Cent zu verlieren, sondern etwas, was mit unseren Werten zu tun hat: unsere Freiheit, unsere Demokratie, den Parlamenta rismus, den Frieden.
Unsere Freiheit ist bedroht. Es gibt sie, die Feinde unserer Freiheit, und es sind nicht wenige. Es gibt auf diesem Plane ten eine beachtliche Anzahl von Menschen, die genau die Art, wie wir leben, verachten. Nicht wenige sind bereit, diese Art, wie wir leben, zu bekämpfen. Manche sind bereit, dafür in ei nen bewaffneten Krieg zu ziehen, auch bei uns –
Deswegen ist es wichtig, dass uns unsere Freiheit etwas wert ist und dass wir sie schützen. Deswegen bin ich dankbar, dass es bei allen Rednerinnen und Rednern den Konsens gegeben hat, diese Freiheit schützen zu wollen.
Die Herausforderungen – das zeigt der Bericht des Landes amts für Verfassungsschutz deutlich – liegen in den Bedro hungen durch den internationalen islamistischen Terrorismus, und sie liegen in den Bedrohungslagen durch Rechtsextremis mus und Linksextremismus. Wenn Herr Professor Meuthen seine Expertise und Philosophie der extremistischen Bedro hungen in unserem Land aus dem Abzählen von Seiten im Be richt des Landesamts zieht,
dann muss ich sagen – – Im Übrigen ist es ein schöner parla mentarischer Brauch, während einer Debatte auch anwesend zu sein, wenn man sich daran beteiligt hat und dabei andere angegriffen hat.
(Beifall bei den Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Nicole Razavi CDU: Er gibt lieber Interviews! – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD)
Lieber Herr Dr. Fiechtner, jeder muss einmal hinaus, das ist doch gar keine Frage. Es hat aber etwas mit Respekt vor die sem Haus, vor den Kolleginnen und Kollegen und dem Par lament zu tun, dass man, wenn man sich selbst beteiligt und andere angreift, wenigstens anwesend ist, wenn diejenigen da rauf antworten. Das ist der Punkt.
Schön wäre, wenn Sie sich vielleicht nicht nur mit dem Zäh len der Seiten des Verfassungsschutzberichts beschäftigen würden,
Dann würden Sie feststellen können: In den Ausführungen des baden-württembergischen Landesamts für Verfassungsschutz ist auch über Linksextremismus einiges zu finden. Ich werde darauf zu sprechen kommen. Dieses Amt in Baden-Württem berg hat einen 180-Grad-Blick und ist auf keinem Auge blind. Diesen Vorwurf weise ich entschieden zurück.
(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Dr. Heinrich Fiechtner und Emil Sänze AfD – Zuruf von der SPD: 180 Grad? 360 Grad!)
Im Übrigen sind Sie der Meinung und finden dies nicht gut, dass sich das Amt auch ausführlich mit Rechtsextremismus beschäftigt. Überlegen Sie sich, zu wessen Anwalt Sie sich machen. Diesen Rat will ich Ihnen geben.
Ist es richtig, dass auch Aus einandersetzungen zwischen verschiedenen Nationalitäten in den Asylantenheimen zu rechtsextremistischen Taten zählen?
Mir ist bekannt, dass es Angriffe auf Asylanten wohnheime gibt, Angriffe, die einen rechtsextremistischen Hintergrund haben. Mir ist nicht bekannt, dass es innerhalb von Asylantenwohnheimen Auseinandersetzungen gibt, die einen solchen Hintergrund haben.
Allerdings: In einem Fall gab es einen Angriff auf ein Flücht lingswohnheim, dem manche – nicht ich im Übrigen – zu nächst einmal einen rechtsextremen Hintergrund zugerechnet hatten und bei dem sich schließlich herausgestellt hat, dass der Angriff einen anderen Hintergrund hatte, nämlich den,
dass zwei Sicherheitsfirmen in Konkurrenz zueinander stan den. Vielleicht ist das der Fall, den Sie meinten.