Protokoll der Sitzung vom 07.11.2018

Schließlich brauchen wir neue Impulse für Qualifizierung. Wir fordern die Einrichtung eines Modellversuchs „Lernendes Kollegium 4.0“,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Oi!)

mit dem Konzepte für schulinterne und schulübergreifende Fortbildung entwickelt werden können. Es geht eben nicht al lein um eine individuell absolvierte Fortbildung, sondern es geht um Organisationsentwicklung von ganzen Schulen. Es geht nicht allein um Lehrkräfte, es geht um multiprofessio nelle Teams und Rahmenbedingungen, die ein permanentes Up-to-date-Sein am Lernort sicherstellen.

„Vor Ort“ ist für uns ein zentrales Kriterium. Sie dagegen set zen auf Zentralisierung. Deswegen fordern wir die Auflage ei nes Innovationsfonds „Digitale Zukunftswerkstatt Schule“, damit dort endlich neue Ideen ausprobiert werden können, wo die Köpfe von morgen ausgebildet werden sollen – virtuelle Realität, erweiterte Realität, 3-D-Druck, „Bring your own de vice“. Wie gehen wir damit um, machen wir da etwas oder nicht? Coding, Gamification, neue Prozesse in der beruflichen Bildung, das Ganze wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Hier spielt die Musik, und hier ist Zukunftspotenzial.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Baden-Württemberg kann an dieser Stelle deutlich mehr als das, was Sie bisher liefern.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Für die Regierung hat Herr Staatssekretär Schebesta das Wort.

Frau Präsidentin, sehr ge ehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich in der Ab folge der Themen, die es im Bereich der Digitalisierung für Schulen anzusprechen gilt, daran orientieren, wie auch Sie die Schwerpunkte gesetzt haben, und mit dem Thema IT-Ausstat tung anfangen.

Herr Dr. Fulst-Blei, ich kann Ihnen heute bei einem Punkt auch mal etwas Positives sagen, aber beim ersten Punkt muss ich leider wieder Kritik an dem üben, was Sie gesagt haben, nämlich dass die SPD die Digitalisierungsmilliarden durch gesetzt habe. Ich habe den Anfang so in Erinnerung, dass sie

„Wanka-Milliarden“ genannt wurden. Da weiß ich jetzt nicht, wie das mit der Parteizugehörigkeit entsprechend unterzubrin gen ist. Richtig daran ist – –

Herr Staatssekretär, jetzt haben Sie Herrn Abg. Dr. Fulst-Blei schon so provoziert, dass er eine Zwischenfrage stellen möchte.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Er soll erst einmal zuhören!)

Nach der Parteimitglied schaft der früheren Bundesministerin? Diese Frage kann ich beantworten. – Bitte.

Die kann ich Ihnen selbst sagen. – Herr Staatssekretär, würden Sie bestätigen, dass Frau Wankas Vorstoß damals mit keinem einzigen Euro im Haus halt von Herrn Schäuble abgesichert war und wir im Nachhi nein eigentlich sagen müssen, dass wir dadurch einen „Wan ka-Lag“ haben? Drei Jahre lang ist nämlich nichts passiert au ßer einer großen Marketingankündigung. Das hat dazu ge führt, dass Ihre Regierung beispielsweise drei Jahre lang ge sagt hat: Jetzt warten wir erst einmal ab.

Ich verstehe nicht, warum Sie bei einer gemeinsam getragenen Regierung immer die ei ne Seite dieser Regierung kritisieren.

(Abg. Daniel Born SPD: Weil Frau Wanka schlechte Arbeit gemacht hat!)

In diesem Punkt haben wir uns auf Bundesebene gemeinsam – das wäre mein nächster Satz gewesen – nicht mit Ruhm be kleckert,

(Beifall des Abg. Daniel Rottmann AfD)

weil es in der Tat im Jahr 2017 noch nicht in den Haushalt ge kommen ist und wir – jetzt komme ich zur FDP – auch nach der Bundestagswahl leider viel Zeit verloren haben, weil die Regierungsbildung ihre Zeit gedauert hat.

(Zuruf des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Vorher waren Schwerpunkte, die auch von Frau Wanka von Anfang an für diese und nicht die letzte Legislaturperiode an gedacht waren, nicht im Haushalt hinterlegt. Deshalb hängen wir in diesem Bereich auch zu unserem Leidwesen hinterher. Aber die Monate, die wir durch die Regierungsbildung auf Bundesebene dafür verloren haben, sind nicht das Einzige, was mich an der Einlassung der FDP zu diesem Thema wun dert.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Wieso?)

Wenn ich das richtig sehe, ist das größere Problem der von der Bundesregierung vorgesehenen Grundgesetzänderung nicht, eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat zu erzielen, wo sich Baden-Württemberg kritisch zum Weg der Finanzierung äu ßert – nicht über die Frage der Unterstützung insgesamt, aber über den Weg dieser Grundgesetzänderung. Wenn ich es rich tig sehe, wollen die Mitglieder der FDP im Deutschen Bun destag keinen Beitrag leisten, um die Zweidrittelmehrheit für diese Grundgesetzänderung zu erreichen, weil sie noch viel

weiter gehen wollen. Sie wollen also das Hohelied des Föde ralismus, das Sie hier singen, gerade ins Gegenteil verkehren

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Das sehen Sie falsch!)

und durch die entsprechenden Grundgesetzänderungen, die Ihnen vorschweben, zu einer noch sehr viel weiter gehenden Regelung für den Bund kommen.

Da sehen wir uns auf dem richtigen Boden, indem wir badenwürttembergische Interessen vertreten. Das ist auch der rich tige Ansatz, die richtige Ebene. Bund, Länder und Kommu nen tragen gemeinsam Verantwortung, damit es bei diesem Thema vorangeht. Aber der Weg sollte nicht so aussehen wie nach dem Vorschlag, der jetzt auf dem Tisch liegt, dass wir die Kompetenz der Länder ausschalten. Diese Kritik der Lan desregierung ist aus unserer Sicht völlig berechtigt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Weil wir aber in diesem Bereich gerade nicht weiter nur ab warten wollen, bis es Lösungen gibt, ist jetzt in der Gemein samen Finanzkommission von Land und Kommunen vorge sehen, bereits eine Anschubfinanzierung für die Digitalisie rung an Schulen bereitzustellen, ohne dass der Digitalpakt ei ne gesetzliche Grundlage hat, eine Verwaltungsvereinbarung dazu besteht oder ein anderer Weg gefunden ist. Die angekün digten 150 Millionen € werden auch so vorgelegt – über das, was in der gesetzlichen Regelung für den Finanzausgleich im Landtag vorgelegt wird; 75 Millionen € werden davon pau schal für die Umsetzung der Multimediaentwicklung an den Schulen zur Verfügung gestellt.

Das ist ein in der gemeinsamen Verantwortung von Land und Kommunen sowie in der Tradition der guten Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen in Baden-Württemberg ge fundener Weg, den wir jetzt gehen. Damit wird auch klar ge macht: Wir sehen auch, dass es zu lange dauert, dass zu viele warten – übrigens nicht das Land allein. Auch die Kommu nen, die vorangehen wollen, wollen natürlich wissen, auf wel cher Grundlage wer wann wie welche Investitionen unter stützt.

Daran sieht man, wenn der Schulträger das so macht, dass auch wir, das Land, gut daran tun, zu wissen, wie das Gesamt gebäude aussieht. Auch uns wäre es zugegebenermaßen lie ber, wenn wir dieses Gesamtgebäude schneller hätten. Im nächsten Jahr stehen Mittel zur Verfügung, und wir bleiben bei unserer Position, dass der Weg dieser vorgelegten Grund gesetzänderung aus unserer Sicht nicht der richtige ist.

Jetzt musste heute auch an diesem Punkt – beim E-Govern ment-Gesetz hat es auch schon eine Rolle gespielt – noch ein mal „ella“ angesprochen werden. Sie kennen ja den Stand der Dinge, den auch Ministerin Dr. Eisenmann im Bildungsaus schuss mit Ihnen besprochen hat. Jetzt ist es an der Lan desoberbehörde BITBW, Vorschläge zur Umsetzung des Pro jekts zu unterbreiten. Wir haben im Kultusministerium solche Vorschläge von BITBW noch nicht. Deshalb kann ich Ihnen heute weder solche Vorschläge präsentieren, noch kann ich über das hinaus, was zur Zeitplanung schon gesagt worden ist, Angaben machen. Dass dies kein Punkt ist, bei dem wir

sagen, es sei doch alles prima, sondern wir selbst darüber auch unzufrieden sind, weil wir uns einen Nutzen von der digita len Bildungsplattform versprochen haben und versprechen, ist hinreichend deutlich gemacht worden. Ich kann es an die ser Stelle nur wiederholen.

In diesem Zusammenhang haben Sie die Datenschutzbeauf tragung angesprochen. Nicht verstanden habe ich, dass Sie sa gen, es solle an jeder Schule gemacht werden.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: In greifbarer Nähe!)

Ja. – Mir sagen ganz viele Schulen: „Helft uns bei dieser Aufgabe.“ Datenschutzverantwortlich sind wir, aber die Da tenschutzbeauftragung würden wir gern bei der Schulverwal tung haben. Deshalb hat das Kultusministerium in die Auf stellung des Nachtragshaushalts eingebracht, entsprechende zusätzliche Stellen für die Verwaltung vorzusehen – das wird dem Landtag dann bei der Nachtragsberatung auf dem Tisch liegen –, damit wir die entsprechenden Serviceleistungen auch für die Schulen besser abbilden können. Ich glaube, es ist rich tig, dass wir das Angebot machen, Datenschutzbeauftragte in der Schulverwaltung zu nutzen.

Sie haben dann die inhaltlichen Fragen des Unterrichts ange sprochen. Wenn es, Herr Dr. Kern, das Einzige ist, was Sie daran zu kritisieren haben, dass die anderen Schulen der Se kundarstufe 1 ein Jahr länger als die Gymnasien haben war ten müssen, bis der Informatikunterricht kommt, kann das Ge samtkonzept so schlecht gar nicht sein. Es ist auch im Bil dungsplan 2016 so vorgesehen: nicht nur mit dem Informa tikunterricht in der Klassenstufe 7, sondern auch mit einem Basiskurs Medienbildung in Klasse 5 und mit dem, was sich in Informatik in den Wahlfachangeboten, Profilfachangebo ten an den Schulen der Sekundarstufe 1 anschließen kann und soll, aufwachsend jetzt anschließen wird.

Doch nur auf die Informatik, auf Medienbildung zu blicken, greift, glaube ich, für die Herausforderungen, vor denen die Gesellschaft bei der Digitalisierung steht, zu kurz. Deshalb möchte ich den Blick schon darüber hinaus weiten. Die Schü lerinnen und Schüler stehen bei dem, was sie an Veränderun gen in ihrem Erwerbsleben und in ihrem persönlichen Leben in späteren Jahren erfahren werden, vor noch mal schnelleren, noch mal rasanteren Veränderungen, sodass wir sie vor allem darauf vorbereiten müssen, mit diesen Veränderungen umzu gehen.

Ich finde, das muss man auch immer sehen, wenn es um Di gitalisierung geht. Es wird sehr viel mehr die heutigen Kin der und Jugendlichen betreffen, dass sie sich ihre Berufslauf bahn in Berufen aufgebaut haben, die dann während ihrer Be rufstätigkeit komplett wegfallen werden, und sie sich während ihrer Berufstätigkeit noch einmal völlig neu auf andere Be rufsfelder werden einstellen müssen. Ich glaube, wir müssen bei dem, wie wir darüber reden, immer auch mitdenken, dass Kinder und Jugendliche in unseren Schulen auf das Leben vor bereitet werden.

Was erst wieder Herr Dr. Fulst-Blei angesprochen hat, ist das, was über die inhaltlichen Fragen und die methodisch-didak tischen Fragen hinausgeht, nämlich die Lehrerqualifizierung. Ich hätte das auch von mir aus angesprochen; Sie haben es schon erwähnt, Herr Dr. Fulst-Blei.

Lassen Sie mich noch darauf hinweisen, dass es nicht nur mit den Fächern und Fachinhalten getan ist, sondern wir uns auch damit auseinandersetzen müssen, wie die technischen Mög lichkeiten auch für einen methodisch-didaktischen Mehrwert an den Schulen eingesetzt werden können.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Das ist die Vorfrage zu der Frage, wie wir die Lehrerinnen und Lehrer dafür qualifizieren.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Es ist nicht so, dass wir da sagen könnten, in der Ausbildung vergangener Jahre hätte etwas gefehlt. Wenn sich die Welt so schnell ändert und die Herausforderungen in der Welt so ra sant ändern, dann ist doch völlig klar, dass auch diejenigen Lehrerinnen und Lehrer, die ihre Ausbildung bereits abge schlossen haben und an den Schulen tätig sind, sich damit aus einandersetzen müssen, dass auch für sie die Herausforderun gen der Digitalisierung eine immer größere Rolle spielen.

Die Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen haben hier völlig unterschiedliche Voraussetzungen. Es gibt welche, die sich mit den digitalen Techniken sehr gut auskennen, und andere, die sich nicht so gut mit den digitalen Techniken auskennen. Für jede und jeden dieser Lehrerinnen und Lehrer brauchen wir Fortbildungsangebote, mit denen sie für den richtigen Um gang mit der Herausforderung vorbereitet werden.

Deswegen haben wir ein neues, abgestuftes Fortbildungskon zept entwickelt, gerade auch um den unterschiedlichen Wis sensständen besser gerecht zu werden. 130 Multiplikatoren sind bereits geschult worden. Sie werden das Know-how ab Ende dieses Jahres an die rund 2 800 Fortbildnerinnen und Fortbildner im Land bringen, und diese werden dann das The ma künftig in ihren fachbezogenen Fortbildungsveranstaltun gen aufgreifen, und zwar in einer differenzierten Art und Wei se, um auf die unterschiedlichen Kenntnisstände genau ein zugehen.

Die Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer, die in den Schu len sind, spielt also natürlich eine große Rolle. Wir haben Vor bereitungen getroffen, damit diese Fortbildung auch weiter ausgeweitet werden kann.