Protokoll der Sitzung vom 07.11.2018

Deswegen weiß jeder kommunal Aktive vor Ort, auch jeder Flüchtlingshelfer, jeder Gemeinderat, dass wir eine solche un gesteuerte Flüchtlingswelle wie im Jahr 2015 nicht noch ein mal über unser Land schwappen lassen dürfen. Wir müssen

das Ding steuern; wir müssen es bewältigen können, und wir als Baden-Württemberger haben ein großes Interesse daran, dass wir illegale Migration stoppen, dass wir der internatio nalen Schleuserkriminalität endlich das Handwerk legen,

(Zuruf: Genau!)

dass wir die Flüchtlingsproblematik endlich vor Ort angehen und nicht warten, bis die hier sind, und Probleme erst dann lö sen. Schließlich müssen wir endlich die Verantwortung der Herkunfts- und Transitländer einfordern. Meine Damen und Herren von der AfD, genau das steht so in diesem Abkommen drin.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Deshalb ist es richtig, dass endlich einmal auf UN-Ebene et was passiert. Denn so kann es doch nicht weitergehen.

(Zuruf des Abg. Udo Stein AfD)

Die AfD sagt doch immer, man müsse das Ganze aus drei Per spektiven betrachten: die Zuhausegebliebenen, die Ausgewan derten und die Ankunftsgesellschaft – Ihr Credo. Dann ma chen wir das doch einmal. Was steht denn da drin? Wenn Sie das nachlesen und nicht bloß eine Suchmaschine drüberlau fen lassen würden, die Ihnen sowohl bei den Zielen als auch bei den Maßnahmen irgendwelche Stichworte doppelt aus wirft, würden Sie feststellen, dass da zum Stichwort Zuhau segebliebene steht – ich zitiere –:

Dieser Globale Pakt hat das Ziel, die nachteiligen Trieb kräfte und strukturellen Faktoren zu minimieren, die Men schen daran hindern, in ihren Herkunftsländern eine nach haltige Existenzgrundlage aufzubauen und aufrechtzuer halten, und die sie dazu veranlassen, anderswo nach ei ner besseren Zukunft zu suchen.

(Abg. Stefan Räpple AfD: Das ist doch okay!)

Richtig ist es! Darum müssen wir uns kümmern.

(Abg. Anton Baron AfD: Was ist daran falsch? – Abg. Bernd Gögel AfD: Sprechen Sie von den Prekären?)

An anderer Stelle wird auch der Braindrain thematisiert. Für die Zuhausegebliebenen ist das also ein guter Pakt.

(Unruhe bei der AfD)

Zweitens: die Ausgewanderten.

Es ist beabsichtigt, die Risiken und prekären Situationen,

ich zitiere wieder –

denen Migranten in verschiedenen Phasen der Migrati on ausgesetzt sind, zu mindern, indem ihre Menschenrech te geachtet, geschützt und gewährleistet werden und ih nen Fürsorge und Unterstützung zukommen.

Wer, bitte, will das verwehren? Das sind wir als Menschen an deren Menschen schuldig.

(Beifall bei der FDP/DVP und den Grünen sowie Ab geordneten der CDU – Abg. Bernd Gögel AfD: Was glauben Sie, was das ist?)

Meine Damen und Herren, jetzt kommen wir zur Ankunfts gesellschaft. Ich habe vorhin gesagt, dass wir insbesondere deshalb ein Hauptzielland von internationaler Migration sind, weil die Migranten Gesundheitsvorsorge, Sozialleistungen und Bildung von uns gewährt bekommen. Wenn wir jetzt mit einem solchen Migrationspakt dafür sorgen, dass das auch in anderen Ländern der Fall ist, dann werden wir den Migrati onsdruck nach Deutschland auch senken können.

(Unruhe bei der AfD)

Deswegen ist es in unserem Interesse, dass dieser Migrations pakt kommt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Das ist im Interesse der baden-württembergischen Ankunfts gesellschaft. Sie sind nur zu feige, das zu sagen.

(Widerspruch bei der AfD – Unruhe)

Moment! – Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe. – Fahren Sie bitte fort.

(Abg. Anton Baron AfD: Frau Präsidentin, das ist ei ne Debatte! – Anhaltende Unruhe)

Es wurde ja behaup tet, hier würden souveräne Staaten eingeschränkt werden. Sa gen wir einmal so: Wenn ich jetzt die Kritik von links an dem Pakt aufnehme, dann ist dieser eigentlich gar nicht da. Denn wenn man es nicht moralisch, sondern rein rechtlich betrach tet, ist dieser Pakt ein zahnloser Tiger. Rechtlich ist das kein Klimaschutzabkommen. Da ist das ein zahnloser Tiger. War um regen Sie sich dann eigentlich so auf?

(Unruhe bei der AfD)

Da keine direkt einklagbaren Rechte in den Unterzeichner staaten fixiert werden, meine Damen und Herren, müssen wir uns schon einmal darüber klar werden, was für eine Debatte wir hier führen. Man fragt sich natürlich schon, wie man bei einem so klaren Ausschluss direkter Wirkungen, wie er in die sem Text vorgenommen wird, auf solche Ideen kommen kann. Aber, meine Damen und Herren, mir wird jetzt klarer, warum Sie von der AfD bei Parteitagen manchmal stundenlang über Satzung und Geschäftsordnung reden. Die Lesekompetenz scheint noch etwas ausbaufähig zu sein.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der Grü nen)

Herr Abg. Dr. Schweickert, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Gögel zu?

Auch bei Herrn Gö gel gehe ich davon aus, dass er noch etwas lernen kann. Wenn ich nachher noch Zeit habe, gern.

(Zurufe von der AfD)

In Punkt 7 steht:

In der Erkenntnis, dass die Migrationsproblematik von keinem Staat allein bewältigt werden kann, fördert er die

internationale Zusammenarbeit zwischen allen relevan ten Akteuren im Bereich der Migration und

Achtung! –

wahrt die Souveränität der Staaten und ihre völkerrecht lichen Pflichten.

Nennen Sie doch einmal ein konkretes Beispiel, wo das in Ba den-Württemberg bei dieser vagen Absichtserklärung nicht schon jetzt erfüllt oder übererfüllt wird.

Wenn es Sie immer noch nicht überzeugt: Weiter unten steht:

Der Globale Pakt ist ein rechtlich nicht bindender Ko operationsrahmen...

Meine Damen und Herren, das ist das, was ist. Wenn man nicht inhaltlich darauf eingeht, dann ist es eben so.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Ich gebe Ihnen zwei Fehler zu – –

(Abg. Stefan Räpple AfD: Papier ist geduldig, Herr Kollege! – Abg. Stefan Herre AfD: Ab in den Reiß wolf! – Abg. Udo Stein AfD: Warum wird dann über haupt noch gesprochen? – Weitere Zurufe von der AfD)

Ich gebe zu, dass man über zwei Fehler bei diesem Integrati onspakt reden kann.

Erster Fehler: Die Bundesregierung hat die Debatte um die sen UN-Migrationspakt nicht proaktiv geführt. Man hat es, ebenso wie bei CETA und TTIP, den Populisten in den sozia len Medien überlassen, den ersten Aufschlag zu machen, und niemand hat für einen Return bereitgestanden, um dem Fak ten entgegenzusetzen.

(Abg. Stefan Herre AfD: Gar nichts ist gekommen!)