Da müsste man über eine Polizeireform reden, die durch Ent scheidungsschwäche des Innenministers halbgar verschlimm bessert wurde. Man müsste über Wahlbetrug reden, als es hieß, man wolle bis 2021 1 500 zusätzliche Stellen bei der Polizei schaffen – was von Anfang an gar nicht durchführbar gewe sen ist, weil absehbar war, dass durch die Zahl der Pensionie rungen nur ein Bruchteil davon erreicht werden kann.
Man müsste darüber reden, dass Sie ein Polizeigesetz durch den Landtag von Baden-Württemberg gepeitscht haben, das in der Anhörung von Experten zunächst einmal als verfas sungsrechtlich problematisch verrissen worden ist. Dann wur de es im Landtag von Baden-Württemberg beschlossen. Jetzt stellt man fest, dass Teile gar nicht funktionieren, weil es bis zum heutigen Tag keine Software gibt, die wirklich wirksam TKÜ und Onlinedurchsuchung zu trennen vermag.
Und dann kommen Sie und wollen schon wieder ein neues Gesetz durch den Landtag von Baden-Württemberg peitschen mit der durchsichtigen Intention, von Ihrem operativen Ver sagen dadurch abzulenken, dass Sie ständig neue Gesetze vor schlagen. Das ist Ihre Strategie in diesem Zusammenhang.
In Sigmaringen haben Sie durch Geschwätzigkeit die Ermitt lungsarbeit der Polizei zunichtegemacht, in Ellwangen durch Untätigkeit rechtsfreie Räume zugelassen, bei „ella“ haben Sie durch Dilettantismus bei dieser Digitalisierungsplattform das Land Baden-Württemberg blamiert. Das ist Ihre Bilanz, Herr Minister Strobl.
Jetzt kommt, wie es die SPD formuliert, die Spitze des Eis bergs, nämlich Freiburg. Ich bin dem Kollegen Reinhart dank bar, dass er darauf hingewiesen hat, dass man an einer solchen Stelle vielleicht zunächst einmal über das Opfer, über diese junge Frau und ihre Familie nachdenken sollte.
Nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihrem Fraktionsvorsitzen den, Herr Minister Strobl. Es wäre besser gewesen, sich zu nächst einmal um das Opfer zu kümmern, als gleich von An fang an Pressearbeit mit dem Ziel zu machen, als Minister in dieser ganzen Angelegenheit möglichst gut dazustehen.
Wenn man sich anschaut, welche Versionen da von Ihnen in die Welt gesetzt worden sind, wie viele Erklärungen unter schiedlichster, widersprüchlichster Natur es zum Geschehen in Freiburg gibt, dann kann man nur sagen: Von Ihnen sind ungefähr so viele Versionen zu Freiburg im Umlauf, wie Horst Seehofer Verwendungen für Herrn Maaßen hatte.
Nein, nicht genau eine. Ich zähle es gleich auf. Da war zu nächst einmal die Rede davon, man habe aus ermittlungstak tischen Gründen diesen Straftäter nicht festgesetzt. Dann hat man gemerkt, der Verweis auf Ermittlungstaktik ist vielleicht ein bisschen schwierig, wenn anschließend ein solches Ver brechen in Kauf genommen wird. Dann wurde plötzlich be hauptet, man habe ihn nicht gefunden. Das hat die „Bild“-Zei tung durch Bilder von Überwachungskameras widerlegt: Der ist zu Hause ein und aus gegangen.
Dann haben Sie wieder die Version gewechselt und haben be hauptet: Na ja, man wusste vielleicht schon, wo er war, aber man hatte den 23. Oktober als Datum der Festnahme festge setzt. Da stellt sich die Frage: Wenn jemand ein schwerkrimi neller Intensivtäter ist, warum wartet man dann 14 Tage mit der Festnahme? Oder Sie bleiben bei der Version, man habe nicht gewusst, wo er war. Wie können Sie dann den 23. Ok tober als Tag der Festnahme festsetzen? Das passt doch alles nicht zusammen, meine Damen und Herren.
Als Sie dann gemerkt haben, es wird alles schwierig und wi dersprüchlich, haben Sie plötzlich versucht, die Verantwor tung abzuschieben. Da haben Sie plötzlich erklärt: Es war ja alles vor Ort in Freiburg. Ja, wenn das alles vor Ort in Frei burg war, warum haben Sie dann von Anfang an Pressearbeit zu diesem Fall gemacht? Das müssen Sie einmal erklären, Herr Strobl.
Schließlich haben Sie Ihren Sonderstab ins Spiel gebracht und erklärt: Ja, man hat diesen Fall möglicherweise deshalb nicht vordringlich behandelt, weil man ja nach Syrien gar nicht ab schieben kann. Das ist wieder eine Nebelkerze, Herr Strobl. Es ging gar nicht um eine Abschiebung, sondern es ging um eine Verhaftung. Bevor Sie abschieben können, müssen Sie erst einmal verhaften. Davon haben Sie auch wieder versucht abzulenken.
20 000 offene Haftbefehle in Baden-Württemberg, dahinter haben Sie sich dann versteckt. Dann werden Sie gefragt: „Ja, wie schlüsseln die sich auf?“ Der Innenminister erklärt dar aufhin: „Das weiß ich auch nicht, aber es werden schon über wiegend Fälle von Leuten sein, die für Ordnungswidrigkeiten die Strafgelder nicht gezahlt haben.“ So kann man doch nicht in die Öffentlichkeit hinein kommunizieren, meine Damen und Herren. Dieser Innenminister ist überfordert – und das sa ge nicht ich, sondern das sagt der grüne Koalitionspartner.
War es nicht Ihr Landesvorsitzender Hildenbrand, der in der „Stuttgarter Zeitung“ gesagt hat – ich zitiere –, „Strobls Irr weg gefährdet die innere Sicherheit“? Das hat doch Ihr grü ner Landesvorsitzender gesagt, nicht ich.
War es nicht die Grüne Jugend, die erklärt hat – ich zitiere –, „Strobl dreht völlig am Rad...“? War das die Grüne Jugend, oder waren es die Jungen Liberalen? War es nicht der Kolle ge Sckerl, der neben Ihnen sitzt, der von widersprüchlichem Agieren des Herrn Strobl spricht? Das kommt doch alles vom grünen Koalitionspartner, von niemand anderem.
Es sind sich doch alle in diesem Haus einig – das haben wir in den letzten Tagen gemerkt –: Dieser Innenminister ist bei der Verbrechensbekämpfung ein Sicherheitsrisiko und bei der Digitalisierung ein Standortrisiko, meine Damen und Herren. Das ist die Bilanz.
Da ziehen Sie, Herr Ministerpräsident, mit diesem Innenmi nister als Ihrem Stellvertreter auf Kosten des Steuerzahlers durch die Lande und feiern diese Regierung unter dem Mot to „Nüchtern betrachtet erfolgreich“.
Also, Herr Ministerpräsident, wie sind Sie denn darauf ge kommen, Ihre Landesregierung sei „nüchtern betrachtet er folgreich“?
Da stellt sich doch die Frage: Bis zu welchem Punkt ist man in Ihrer Regierung noch nüchtern, Herr Ministerpräsident?
Das ist schon ein gewaltiges Schelmenstück, welches da der Öffentlichkeit zugemutet wird. Kollege Binder sagt, das sei Selbstironie. Das mag sein. Jedenfalls ist die Halbzeitbilanz Ihres Innenministers eindeutig die: Dieser Innenminister muss zurücktreten. Berufen Sie einen anderen Innenminister. Jeder, wirklich jeder kann dieses Amt besser ausüben.
unsubstantiierte Anwürfe gegenüber dem Innenministerium und der Polizei haben wir heute wieder gehört.
Bei allem Respekt für die Funktion der Opposition lässt dies nur einen Schluss zu: Ihnen geht es nicht um Aufklärung oder um Sacharbeit, sondern es geht Ihnen um Show,
es geht Ihnen um persönliche Angriffe. Leider diskreditieren Sie dabei auch rücksichtslos die Arbeit der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten im Land.
Sie verunsichern die Menschen in diesem Land, und der kla maukhafte Ton, den Sie in dieser Debatte anschlagen, ist vor dem Hintergrund des schrecklichen Verbrechens in Freiburg wirklich nicht angemessen.
Ich lebe gut damit, dass Sie, noch bevor die Freiburger Poli zei überhaupt die Fakten öffentlich bekannt gegeben hat, den Rücktritt des Innenministers gefordert haben.