Das Gericht fasst seine ausführliche Abhandlung zur Verhält nismäßigkeit folgendermaßen zusammen – Zitat –:
Um dem gebotenen Interessenausgleich gerecht zu wer den, wird... zu prüfen sein, dass in einer ersten Stufe nur ältere Fahrzeuge (etwa bis zur Abgasnorm Euro 4) von Verkehrsverboten erfasst werden...
Für die noch neueren Euro-5-Fahrzeuge... kommen zo nale Verbote jedenfalls nicht vor dem 1. September 2019 in Betracht.
Hinsichtlich der Dieselfahrzeuge, die nur die Anforderun gen der Abgasnorm Euro 4 erfüllen,... bedarf es keiner Übergangsfristen.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Andreas Stoch SPD: Natürlich gibt es Spielraum! – Abg. Klaus Dürr AfD: Das heißt nicht, dass es zwingend notwendig ist!)
Die Leipziger Richter haben uns also klar vorgegeben, dass wir schnellstmöglich für saubere Luft in Stuttgart sorgen müs sen. Das Setzen auf Infrastrukturprojekte, die erst in zehn oder 20 oder noch viel mehr Jahren umgesetzt werden, bringt uns aktuell gar nichts. Genauso wenig können wir warten, bis die Autoindustrie nur noch emissionsarme Fahrzeuge anbietet und die Flotte tatsächlich kaum noch Schadstoffe ausstößt.
Diese Zeit haben wir einfach nicht mehr, weil die Grenzwer te schon viel zu lange überschritten werden. Wir brauchen jetzt saubere Luft und nicht erst 2030 oder 2040.
Umso mehr rächt es sich, dass die letzten drei Jahre mit der Blockade der Bundesregierung in Sachen blaue Plakette und Hardwarenachrüstung verlorene Jahre waren.
Ja, der jüngste Beschluss der Bundesregierung enthält durch aus gute Ansätze wie z. B. die 80-prozentige Förderung der Nachrüstung von schweren kommunalen Fahrzeugen und die Förderung von Handwerker- und Lieferfahrzeugen. Auch die Idee, Fahrzeuge mit einem Schadstoffausstoß von weniger als 170 mg NOx pro Kilometer von Fahrverboten auszunehmen, ist in Ordnung, solange – was wohl wirklich der Fall sein wird – der Ausstoß im realen Fahrbetrieb gemessen wird und nicht auf irgendeinem Prüfstand. Es bleibt nur die Frage, wie sol che Fahrzeuge dann bei Stichproben zu erkennen sind.
Die Kaufprämien verlaufen im Sand und werden mit den bis her schon gewährten Rabatten verrechnet. Die wenigsten wer den sich durch diese Prämien ein neues Auto leisten können. Davon abgesehen ist es schlichtweg auch eine riesige Res sourcenverschwendung, drei oder vier Jahre alte Fahrzeuge einfach aus dem Verkehr zu ziehen, statt sie nachzurüsten.
Die Konzeption zur Hardwarenachrüstung von Dieselfahrzeu gen der Norm Euro 5 – nur Euro 5 – kommt viel zu spät. Die entsprechenden Zusagen der Autoindustrie sind, sagen wir mal, überschaubar. VW macht mit, wenn alle anderen mitma chen, die aber wiederum gar keine Lust dazu haben.
Dabei zeigt der ADAC-Test doch: Die Hardwarenachrüstung funktioniert, und das auch im Dauerbetrieb. Erst am Dienstag wurden neue Zwischenergebnisse des Versuchs veröffentlicht, die genau das belegen. Dieser Test war im Übrigen eine Idee unseres Verkehrsministers, er wird von unserem Verkehrsmi nisterium bezahlt. Von wegen, Winfried Hermann habe nur Fahrverbote im Kopf!
Ich komme zum Schluss. Sie sehen, diese Koalition handelt. Sie handelt mit Augenmaß, sie handelt gemeinsam
und vor allem mit großem Respekt – im Gegensatz zu Ihnen, Herr Rülke –, Respekt vor der Rechtslage und vor Gerichts urteilen. Wir liefern, und deswegen dürfen wir auch erwarten.
Wir erwarten vom Bundesverkehrsminister und den Autobos sen, dass sie schnellstmöglich den Weg frei machen für Hard warenachrüstungen auf Herstellerkosten. Dazu haben sie üb rigens beim heutigen Dieselgipfel Gelegenheit. Wir sind ge spannt, ob Berlin endlich liefert.
Sie machen doch überhaupt keine eigenen Vorschläge. Sie be nehmen sich doch wie pöbelnde Zuschauer auf dem Sport platz. Sie schimpfen nur auf die spielenden Teams – also die Koalition – und den Schiedsrichter – also die Richter hier und in Leipzig –, ohne selbst in die Verantwortung zu gehen. Und es kommt dann ja noch dicker: Sie meinen noch, den Schieds richter – also die Richter – maßregeln zu dürfen. Sie meinen, er müsse nach Ihrer Pfeife tanzen. Ihnen gehört die Rote Kar te gezeigt. Ihre Versuche, zu spalten, gehen schlichtweg fehl. Sie sollen sehr, sehr offensichtlich nur vom Fehlen eigener Konzepte ablenken.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich sollte ich der FDP/ DVP-Landtagsfraktion dankbar sein, dass sie uns die Mög lichkeit gibt, unsere Positionen nochmals deutlich zu machen. Dennoch, Herr Rülke, habe ich mich auch geärgert. Warum? Ausgerechnet die FDP/DVP hat als einzige Fraktion im Land tag bisher weder im Parlament noch im Verkehrsausschuss ei gene Lösungsvorschläge eingebracht. Von der FDP/DVP kam bisher nichts, null, nada.
Sehr geehrter Herr Kollege Rülke, diesem Stil sind Sie in der heutigen Debatte treu geblieben. Nur Probleme zu beschrei ben oder auszusitzen, keine eigenen Lösungen zu bieten und dann mit dem Finger auf andere zu zeigen, das ist deutlich zu wenig.
So gilt der bekannte Spruch, der hierzu sehr gut passt: Wenn die Ebbe kommt, sieht man, wer ohne Badehose badet. Sie, lieber Herr Kollege Rülke, baden ohne jeden Zweifel textil frei.
(Heiterkeit – Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Jetzt klauen Sie auch noch meine Sprüche!)
Die Koalition und die Landesregierung müssen dagegen Lö sungsmöglichkeiten liefern, und das haben sie auch gemacht. Glauben Sie mir: Die Verhandlungen der Koalitionsrunde hierzu waren kein „Wünsch dir was“-Spiel. Es geschah alles unter dem Eindruck des Urteils des Bundesverwaltungsge richts.
Natürlich hätten wir uns auch eine Berufung und ein anderes Urteil gewünscht; das ist bekannt. Auch ich halte das Urteil für schlichtweg falsch. Rechtsstaat bedeutet aber auch, dass man Urteile akzeptieren muss, zu akzeptieren hat,
Bei aller Kritik am Urteil selbst, so gibt es auch Spielräume her, die wir ausgenutzt haben, um besonders Härtefälle zu ver meiden. Gemeinsam hat Grün-Schwarz beschlossen, dass Handwerker, Lieferanten, Pflegedienste, Taxen, Kranken- und Notfallfahrten und vieles mehr von den Fahrverboten ausge nommen bleiben.
Meine sehr geehrte Damen und Herren, wer einen Benziner fährt, hat keinerlei Einschränkungen zu erwarten.
Wir haben bei den Ausnahmen das Maximum aus dem Urteil herausgeholt. Auch das, Herr Kollege Rülke, gehört zur Wahr heit dazu.
Jetzt muss es in einem weiteren Schritt darum gehen, dass es für den Euro-5-Diesel keine Fahrverbote in Stuttgart, aber auch keine Fahrverbote sonst im Land geben darf. Das ist die klare Haltung der CDU-Landtagsfraktion. Dafür werden wir kämpfen.