Protokoll der Sitzung vom 28.11.2018

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich war 2006 dabei, als übrigens Müntefering als Hauptver handler für die SPD – das wissen Sie – die Föko I mit gelei tet hat. Diese hat damals die Länder aus guten Gründen ge stärkt. Wir wollten starke eigenständige Länder, die gerade in der Bildungspolitik eben nicht am goldenen Zügel hängen. Der Grund war, dass jeder für seine Verantwortlichkeit auch Verantwortung tragen soll.

Auch die FDP/DVP im Haus hat das übrigens damals unter stützt. Herr Kollege Goll schaut gerade in seine Unterlagen. Er hat übrigens 2006 bei der Föko I zugestimmt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Subsidiarität – –

Herr Abg. Dr. Reinhart, lassen Sie eine Kurzintervention des Abg. Dr. Goll zu?

Herr Kollege Goll, selbst verständlich.

Bitte.

Lieber Herr Kollege Rein hart, ich habe auch gerade darüber nachgedacht. Ich habe da rüber nachgedacht, warum wir in früheren Regierungen einen ähnlichen Standpunkt vertreten haben wie Sie heute. Dafür gab es aber einen entscheidenden Grund. Wir hatten Angst vor der Nivellierung. Wir hatten Angst, unsere Schulen würden schlechter, wenn wir den Bund reinlassen. Verzeihung, diese Angst brauchen wir heute nicht mehr zu haben.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Herr Kollege Goll, ich gehe davon aus, dass Sie als ehemaliger Justizminister höher rangige Werte wie Subsidiarität – oder ich nenne die Gewal tenteilung – im Blick hatten. Wir haben nicht nur eine hori zontale Gewaltenteilung, wir haben auch eine vertikale Ge waltenteilung. Das ist historisch bedingt. Unsere Verfassungs

väter wollten keinen Zentralismus. Deshalb wurden die Län der stark ausgestattet.

(Beifall bei der CDU und den Grünen – Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Deshalb kann ich nur sagen: Diese Landesregierung und der Ministerpräsident haben unsere Unterstützung. Der Minister präsident blockiert nicht. Er verlangt zu Recht, dass die föde ralen Spielregeln im Interesse der Länder erhalten bleiben – das übrigens in voller Kontinuität zu Ministerpräsidenten wie Erwin Teufel oder Günther Oettinger, um nur einige zu nen nen. Er hat unsere Unterstützung. Das will ich hier ausdrück lich sagen.

(Beifall bei der CDU und den Grünen)

Ich setze hier auch auf seine Überzeugungskraft, dass er un ter den acht grün mitregierten Ländern viele Mitstreiter für ei ne Ablehnung im Bundesrat bekommt.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das wollen wir einmal sehen!)

Ich hoffe, dass das Ganze zumindest in den Vermittlungsaus schuss geht. Es gibt Länder, die sich hierzu auch schon geäu ßert haben. Darauf können wir noch eingehen. Die zentrale Frage heißt: Gibt es zur Grundgesetzänderung wirklich keine Alternative? Das Grundgesetz ist unsere Verfassung. Jede Ver fassungsänderung muss eine strenge Ausnahme, die Ultima Ratio, bleiben und darf nicht Allheilmittel bei tagespolitischen Bedrückungen sein.

Auch hier will ich unterstreichen: Wenn sich der Bund tat sächlich um die finanzielle Leistungskraft der Länder sorgt – – Wir alle wollen die Bildung stärken, auch mit Geld des Bundes, Herr Kollege Stoch; das will ich vorausschicken; da haben wir keinen Dissens. Aber Sie wissen: Dafür gäbe es den einfachen, verfassungsgemäßen Weg, nämlich – das wurde völlig zu Recht gesagt – über Artikel 106 Absatz 3 des Grund gesetzes.

(Abg. Winfried Mack CDU: So ist es!)

Da kann man dies über Umsatzsteuerzuweisungen unproble matisch lösen und die Länder entsprechend ausstatten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Wir haben viel getan. Ich nenne die frühkindliche Bildung, die Verdopplung der Zuschüsse für die Kindergärten; ich nen ne den neuen Sanierungsfonds für Schulgebäude, den wir mit über 600 Millionen € ausgestattet haben. Wir tun viel für die Bildung, auch für die frühkindliche Bildung.

Der Wettbewerb zwischen den Ländern sichert Freiheit, er ga rantiert Bürgernähe, er fördert Dynamik, aber auch Vielfalt. Wir wollten immer Wettbewerbsföderalismus, und die gängi ge Kritik hat immer gelautet, dies sei Kleinstaaterei. Das hal ten wir für falsch. Es ist ein Fehlschluss. Gleiche Bildung ist nicht beste Bildung. Im Gegenteil: Ein offener, transparenter und föderaler Wettbewerb – das sehen wir jetzt übrigens auch bei den IQB-Ergebnissen – kann ein Qualitätstreiber sein. Das ist unsere Auffassung. So gehen wir an diese Frage heran.

Es ist kein Zufall, dass selbst klassische Einheitsstaaten wie mittlerweile auch Frankreich die Vorteile regionaler Vielfalt erkennen, dass sie ihre Macht dezentralisieren. Damit ist das Land näher an den Bürgerinnen und Bürgern als der Bund.

Mir fehlt tatsächlich bis heute jeder Beweis dafür, dass bei zentralen Strukturen Aufgaben besser erfüllt werden können als bei dezentralen. Wir wollen die Chancen der Digitalisie rung nutzen. Wir wollen beste Bildung für die Kinder. Wir wollen starke Länder in einem starken föderalen Deutschland. Da hat die Regierung unsere Unterstützung.

(Beifall bei der CDU und den Grünen)

Meine Damen und Herren, be vor der nächste Redner an der Reihe ist, darf ich auf der Zu hörertribüne eine Delegation aus der Region Nordfinnland un ter der Leitung von Frau Generaldirektorin Terttu Savolainen begrüßen.

(Beifall bei allen Fraktionen und auf der Regierungs bank)

Die finnischen Gäste sind zu Gesprächen nach Stuttgart ge kommen, um die langjährig bestehenden Beziehungen zwi schen Baden-Württemberg und Oulu in Nordfinnland zu pfle gen und zu vertiefen.

Sehr geehrte Frau Generaldirektorin Savolainen, sehr geehr te Gäste aus Nordfinnland, ich heiße Sie nochmals sehr herz lich in unserer Plenarsitzung willkommen und wünsche Ihnen weiterhin einen informativen und erfolgreichen Aufenthalt in unserem Land.

Wie es seit vielen Jahren guter Brauch ist, wird heute Abend traditionell der finnische Weihnachtsmarkt auf dem Karlsplatz eröffnet. Hier lassen wir zusammen mit Kolleginnen und Kol legen des Landtags den Besuch unserer finnischen Partner aus klingen.

Vielen Dank, und nochmals herzlich willkommen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Nun erteile ich das Wort für die Fraktion der AfD Herrn Abg. Klos.

Frau Präsidentin, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Der Titel der Aktuellen Debatte – da für übernimmt tatsächlich die FDP/DVP-Fraktion die Verant wortung – lautet: „Unsere Schulen brauchen eine digitale Aus stattung, die funktioniert – und keinen Ministerpräsidenten, der blockiert!“. Der erste Satz ist schlicht eine Plattitüde. Das ist eine völlig belanglose Aussage; selbstverständlich muss das so sein.

(Abg. Martin Rivoir SPD: So ungefähr wie das Rauch verbot!)

Der zweite Teil des Titels wie auch Ihre Rede, Herr Dr. Rül ke, zeigen: Sie haben überhaupt nicht verstanden, worum es hier geht. Hier geht es um eine Änderung des Grundgesetzes. Hier geht es um die Bundesratsdrucksache 165/18, die in der 969. Sitzung des Bundesrats beschlossen wurde. Es geht hier

um den Änderungsantrag Drucksache 165/2/18, der vom Land Baden-Württemberg eingebracht wurde.

Als Ratschlag: Lesen Sie sich einmal die Rede des Minister präsidenten durch. Die war nämlich inhaltlich gut.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Spätestens jetzt wird er da rüber nachdenken!)

Wir haben im Moment eine föderale Struktur in der Bundes republik Deutschland. Föderalismus bedeutet Bundesstaat lichkeit, die Zusammenfassung mehrerer Länder, die ihre Ei genständigkeit behalten, zu einem Gesamtstaat. In der Bun desrepublik Deutschland haben daher sowohl der Bund als auch die Länder einen eigenen politischen Gestaltungsraum und eine eigene Verantwortung.

Gegenüber einem Einheitsstaat überwiegen bei föderalen Strukturen die Vorteile: Es gibt einen Schutz vor Machtmiss brauch, mehr Demokratie, mehr Aufgabennähe und Bürger nähe, mehr Wettbewerb – Konkurrenz belebt das Geschäft –, eine Ausgleichsfunktion durch den Kompromisszwang sowie Vielfalt durch viele wirtschaftliche, politische und kulturelle Mittelpunkte.

Historisch gesehen besitzt der Föderalismus eine lange Tra dition in Deutschland. Den Gegensatz zum Föderalismus, den Zentralstaat, gerade auch im Bereich des Schulwesens, hatten wir schon einmal, und zwar von 1933 bis 1945. Ich meine nicht, dass das eine gute Zeit für Deutschland war.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesre publik Deutschland will das nicht, und wir, die AfD als Rechtsstaatspartei, wollen das auch nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: „Rechtsstaatspartei“! – Abg. And reas Schwarz GRÜNE: Wie gehen Sie denn dann mit Ihrem Herrn Räpple um?)

Meine Damen und Herren, dieser Versuch, das Grundgesetz zu ändern, ist ein schwerer Angriff auf den Föderalismus, und diesen gilt es mit aller Kraft abzuwehren.

(Beifall des Abg. Stefan Räpple AfD)

Es ist die vergiftete Pille, es ist das Trojanische Pferd, es ist der angeblich wohlschmeckende finanzielle Köder, der uns aus Berlin gereicht wird. Aber wenn Sie da hineinschnappen, hängen Sie am Angelhaken des Bundes. Der Bund wird Sie herausfischen, und er wird Baden-Württemberg filetieren, bis wir unsere Selbstständigkeit völlig aufgeben müssen. Meine Damen und Herren, das kann es nicht sein.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])