Protokoll der Sitzung vom 28.11.2018

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

Die Väter des Grundgesetzes haben Grundentscheidungen auch zum Verhältnis zwischen Bund und Ländern getroffen. Lesen Sie es nach. Die Grundentscheidungen sind zu den Ar tikeln 7, 30 und 70 ff. des Grundgesetzes getroffen worden.

Sie erklären im Gegensatz zur Weimarer Reichsverfassung die Länder zu ausschließlichen Trägern der Kulturhoheit, die für den Bereich der Gestaltung des Schulwesens nur durch die Bestimmung des Artikels 7 des Grundgesetzes begrenzt ist. Somit weist das Grundgesetz die Ausgestaltung des Schulwe sens ausschließlich dem Hoheitsbereich der Länder zu.

Souverän ist, wer über Eigenes entscheidet. Selbstbehauptung in eigenen Aufgaben – das muss doch das Ziel dieses Land tags, das muss doch das Ziel von uns allen, den Abgeordne ten, sein.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

Meine Damen und Herren, wir, die AfD-Fraktion, haben den Willen zur Gestaltung des Landes Baden-Württemberg und werden allen zentralistischen Einmischungsversuchen eine klare Absage erteilen.

(Beifall bei der AfD)

In Artikel 91 b des Grundgesetzes wurde bewusst die Einfluss nahme des Bundes auf die gesamtstaatliche Evaluation der Bildung beschränkt.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Völlig hochgezogen!)

Das gilt aber nur für das konsensuale Zusammenwirken. Ei ne einseitige Einflussnahme ist ausgeschlossen. Der Vor schlag, Artikel 104 c des Grundgesetzes zu ändern, führt zu einer Aushöhlung der Länderhoheit nicht nur im Bereich des Schulwesens. Die Einführung einer Finanzierungsmöglich keit im Schulbereich durch den Bund steht in offensichtlichem Widerspruch zur Befugnis der Länder, das Schulwesen inner halb der sachlichen Schranken des Grundgesetzes frei zu ge stalten.

Zudem sind die Befugnisse zu weitgehend. Finanzhilfen aus dem Bundeshaushalt an die Länder dürfen nicht zum Mittel der Einflussnahme auf die Entscheidungsfreiheit der Glied staaten bei der Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben werden.

Sieht man sich die Kommentare und die Rechtsprechung zu diesem Gebiet an, dann kann man zusammenfassen: Es ist be denklich, wenn der Bund allein über das Ob und das Wie ent scheidet. Es ist bedenklich, wenn die Länder bzw. die Kom munen auf die Mittel angewiesen sind, und es ist bedenklich, wenn durch deren Gewährung wesentliche Teile der Haus haltsmittel der Länder bzw. der Kommunen gebunden wer den, weil eine Eigenbeteiligung Voraussetzung für die Mittel gewährung ist.

Wir müssen dafür sorgen, dass der Bund nur sehr begrenzt Planungs- und Einwirkungsbefugnisse hat. Die Auswahl ein zelner Projekte muss den Ländern und ihrer Prioritätenfest setzung überlassen bleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Der Bund darf seine Hilfen nicht von Dotationsauflagen oder -bedingungen abhängig machen. Soweit Finanzhilfen für Ge meinden oder Gemeindeverbände bestimmt sind, müssen sie über die Länder vergeben werden. In deren Händen liegt die

verantwortliche Vergabe der Mittel an die kommunalen Inves titionsträger. Föderale Partner können immer nur Bund und Land, aber niemals Bund und Kommunen oder Bund und Ge meinden sein, meine Damen und Herren.

Außerdem setzt die Bundesratsdrucksache keine wirksamen sachlichen Grenzen. Die Grundsätze der Beschränkung von Finanzmitteln werden nicht beachtet. Artikel 104 c Satz 1 des Grundgesetzes in der neuen Fassung würde lauten:

Der Bund kann den Ländern Finanzhilfen für gesamt staatlich bedeutsame Investitionen der Länder und Ge meinden... im Bereich der kommunalen Bildungsinfra struktur gewähren.

Aber die Bildungsinfrastruktur umfasst ein breites Spektrum der Sachmittel, und zwar vom Gebäude bis hin zu den Lern mitteln.

Dieser Versuch, unser Grundgesetz zu ändern, ist von zentra listischem Gedankengut völlig durchsetzt. Der Vorteil des Wettbewerbs, der eine leistungsfähige Volkswirtschaft immer stärker in Innovationen bringen muss, der Vorteil, dass sich die Nationalstaaten im Wettbewerb messen und so auch ver bessern, wird komplett übersehen. Ebenso werden die Nach teile der Egalität – wir haben ja beim Euro gesehen, dass die Egalität nichts Gutes war – einfach ignoriert.

Das heißt, die Vorteile des Föderalismus werden ignoriert, und die Nachteile der Egalität werden auch ignoriert. So kann man keine vernünftige Politik machen, meine Damen und Herren. Der Bund untergräbt mit der Aufhebung der Untersagung nach Artikel 91 b des Grundgesetzes die Hoheit der Länder.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

Jetzt kommen wir einmal zum Kern des Ganzen. Warum macht der Bund denn das? Weil der Bund permanent Kompe tenzen nach Brüssel und Straßburg delegiert hat

(Beifall des Abg. Stefan Räpple AfD)

und weil die im Bundestag merken, dass sie auf lange Sicht bald nichts mehr zu sagen haben.

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Oje!)

Also versuchen sie jetzt, sich Kompetenzen der Länder anzu eignen.

Meine Damen und Herren, das jahrelang verfolgte Ziel der Bundesregierung – jetzt unter dem Deckmantel der Digitali sierung –, die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutsch land auszuhebeln, rückt immer näher. Der Föderalismus ist das politische Prinzip der Bundesrepublik Deutschland, das es jetzt zu verteidigen gilt.

In unserem föderalen System der einzelnen Gliedstaaten gibt es keinen Raum für Bevormundung. Baden-Württemberg muss von Stuttgart aus regiert werden und darf nicht von Ber lin und schon gar nicht von Brüssel und Straßburg aus regiert werden.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

Jetzt für fünf Milliarden Silberlinge die Eigenständigkeit, die Länderhoheit und das Subsidiaritätsprinzip infrage zu stellen, das finde ich eigentlich unvorstellbar. Baden-Württemberg muss selbstständig bleiben.

Es wäre ein Leichtes, die zum Ausbau der Digitalisierung be reitgestellten Mittel über die Länder zweckgebunden an den Ort der Verantwortung zu kanalisieren. Dem Treiben der Bun desregierung muss über den Bundesrat Einhalt geboten wer den.

Meine Damen und Herren, wir stehen am Scheideweg.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE und Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP unterhalten sich.)

Entweder, Herr Ministerpräsident – –

Moment! – Ich darf da vorn um etwas Ruhe bitten. – Danke.

Danke, Frau Präsidentin. – Entwe der, Sie lassen sich am Nasenring vom Bund an die Fleisch töpfe des Bundes führen, die wir selbst gefüllt haben, oder aber Sie zeigen sich standhaft. Wir wollen einmal Letzteres hoffen.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos] – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Stoch das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! In der heutigen Debatte tun wir das, was viele Menschen nicht wirklich interessiert. Wir diskutieren hier über eine Thematik auf einer verfassungsrechtlichen Ebe ne, die für viele Menschen wahrscheinlich nicht nachvollzieh bar ist.

(Abg. Winfried Mack CDU: Dann musst du es erklä ren!)

Ich werde zu diesem Thema, nämlich zur Kompetenzabgren zung in unserer Verfassung, auch noch etwas sagen.

(Abg. Anton Baron AfD: Als Landesvorsitzender, oder was?)

Aber lassen Sie mich mit etwas anderem beginnen. Die Tat sache, dass es inzwischen endlich eine klare Mehrheit der Re gierungsfraktionen – SPD, CDU und CSU – und auch der Grünen und der FDP im Deutschen Bundestag geschafft hat, das zentrale Zukunftsthema für unser Land, nämlich das The ma Bildung, in den Mittelpunkt zu rücken, ist ein Grund zur Freude, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der FDP/DVP)

Denn wie viele Sonntagsreden habe ich schon gehört, auch von dieser Landesregierung und diesem Ministerpräsidenten, in denen immer das Hohelied der Bedeutung der Bildung ge sungen wird. Endlich scheinen einige in unserem Land – nein, ich sollte sagen: in unserem Staat; im Land ist es ja anders – zu erkennen, dass wir dringend mehr Mittel für Bildung brau

chen. Es wächst endlich auch ein Bewusstsein dafür, dass die Länder bzw. die Kommunen überfordert sind, die dafür not wendigen Aufgaben und Ausgaben allein zu schultern. Denn wenn es um das Thema Bildung geht, ist das Hohelied der Bil dung ganz leicht gesungen. Wenn es aber um die finanzpoli tische Frage der Ausstattung geht, stoßen wir dort, wo die größten Fördertöpfe sind, nämlich im Bund, bisher meist nur auf ein Schulterzucken.

Dass wir in Deutschland mehr Mittel für Bildung bitter nötig haben, zeigt doch schon ein Blick auf die Statistik. Beschäf tigen Sie sich einmal damit, wie viel ein reiches Land wie Deutschland für Bildung ausgibt. Dazu gebe ich Ihnen den Hinweis, den OECD-Durchschnitt heranzuziehen – das sind die wirtschaftlich erfolgreichen, entwickelten Länder dieser Welt.

(Abg. Winfried Mack CDU: Es will doch niemand 1 € weniger für Bildung ausgeben!)

Sie werden sehen: Deutschland liegt um 20 Milliarden € im Jahr unter dem OECD-Durchschnitt. Glauben Sie, Deutsch land so in eine gute Zukunft führen zu können, meine sehr ge ehrten Damen und Herren?

(Beifall bei der SPD und der FDP/DVP – Abg. Ste fan Räpple AfD: Sie sind dafür verantwortlich! – Weitere Zurufe von der AfD, u. a. des Abg. Anton Ba ron – Unruhe)