Protokoll der Sitzung vom 29.11.2018

Dabei haben Lösungen auf betrieblicher und überbetrieb licher Ebene für uns Vorrang vor gesetzlichen Regelun gen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: „Vorrang“!)

Sie sehen: Auch diese Koalition sieht kollektive Lösungen im Fokus. Denn die Sozialpartnerschaft ist für uns wichtig. In diesem Sinn werden wir das Thema weiter bearbeiten.

Arbeitszeitregeln sind ein unverzichtbarer Bestandteil des Ar beitsschutzes. Es gibt in der Praxis einige nicht gelöste Prob leme, z. B., wie ich hier schon sagte, bei der Einhaltung der Tageshöchstarbeitszeit. Diese wollen wir gern lösen. Dabei kann auch eine Bundesratsinitiative ein Weg sein, sollte der Bund hier nicht vorankommen. – So gehen wir voran.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Paal.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Guter Mann! – Abg. Nicole Razavi CDU: Gute Rede!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal zu Ihnen, Herr Stoch: Das war wahrscheinlich noch ein Teil Ihrer Bewerbungsrede für den SPD-Parteitag.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen – Abg. Reinhold Gall SPD: Der ist schon rum! – Abg. Andreas Stoch SPD: Herr Paal, da machen Sie sich mal keine Sorgen! Das ist es nicht wert!)

Das ist ein ernstes Thema;

(Abg. Reinhold Gall SPD: Genau! – Abg. Andreas Stoch SPD: Sehr ernst!)

ich komme gleich noch darauf. Bei Fragen, bei denen es um Arbeitsplätze geht, bei denen es um Menschen geht, bei de nen es um Sorgen, Ängste, aber auch Wünsche der Menschen geht, halte ich es für ein bisschen schwierig, hier Wahlkampf reden im Stakkato zu halten. Die Menschen erwarten von der Politik Lösungen; sie erwarten, dass wir Verantwortung über nehmen, dass wir ihre Zukunft mitgestalten.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Sehr gut!)

Das tut diese Landesregierung, und das tun die Fraktionen, die diese Regierung tragen – aber ruhig, überlegt, natürlich auch diskutierend, und nicht im Wahlkampfmodus. Denn sonst lan det man eben bei 11 %, Herr Stoch.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Andreas Stoch SPD: Schlechter Anfang! – Ge genruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Und das bei die sem ernsten Thema!)

Dass wir Veränderungen erleben, steht außer Frage. Wir ha ben die Digitalisierung, wir haben die Globalisierung; das Thema „Arbeit 4.0“ müssen wir uns anschauen, das lebens lange Lernen und die Weiterbildung. Wir haben neue Arbeits formen, die gewünscht werden und die auch notwendig sind, wie Telearbeit oder auch Homeoffice. Es gibt neue Arbeits zeitmodelle, und es gibt den wachsenden Wunsch der Men schen nach besserer Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Freizeit.

Herr Stoch, wenn Sie mal mit jungen Menschen sprechen, werden Sie feststellen: Die haben ein Bedürfnis nach mehr

Flexibilität bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeit. Viele derzeit geltende Arbeitszeitregelungen stammen noch aus einer an deren Zeit – ich glaube, das ist unstrittig – und sind nicht prak tikabel. Deshalb müssen wir sie uns anschauen und müssen handeln; Nichtstun ist keine Option.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei den Grünen – Abg. Nicole Razavi CDU: Genau!)

Ich setze voraus, dass wir alle die EU-Arbeitszeitrichtlinie kennen, ebenso auch die deutsche Gesetzgebung. Wir befol gen diese ja auch sicherlich jeden Tag und halten die Vorga ben ein.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Dass es mit der aktuellen deutschen Gesetzgebung Probleme gibt, bekommen Sie alle mit, wenn Sie mit den Menschen sprechen, und zwar nicht nur aus dem Bereich Hotel und Gas tronomie, sondern auch aus anderen Bereichen.

Deshalb unterstützt die CDU-Landtagsfraktion die Initiative der Wirtschaftsministerin ausdrücklich. Unsere Vorschläge zur Arbeitszeitflexibilisierung liegen jetzt auf dem Tisch und werden diskutiert. Genau das war unsere Absicht.

(Beifall bei der CDU)

Übrigens können Sie auch im grün-schwarzen Koalitionsver trag nachlesen, dass wir das Thema Flexibilisierung auf dem Schirm haben, es angehen und nach einer guten Lösung su chen werden. Was die CDU betrifft, ist im Bundestagswahl programm 2017 nachzulesen, was wir vorhaben. In den aktu ellen Koalitionsverträgen in Nordrhein-Westfalen und Bay ern ist nachzulesen, dass auch diese Länder das Thema ange hen. Es ist im Koalitionsvertrag des Bundes nachzulesen. Die SPD macht dabei in der Großen Koalition mit, Herr Stoch. Das ist nachzulesen.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Ach was? Haben die das unterschrieben? – Abg. Andreas Stoch SPD: Da müssen Sie mal genauer lesen! Tarif! Kennen Sie das Wort „Tarifbindung“? – Weitere Zurufe von der SPD)

Frau Nahles war an dem Thema auch schon dran, allerdings muss man auch sagen, in der letzten Legislaturperiode recht wenig erfolgreich.

Nachdem sich unser Ministerpräsident – Frau Kollegin Lind lohr hat es gerade erwähnt – beim DEHOGA-Landesdelegier tentag klar geäußert hat, gehen wir dieses Thema jetzt in der Koalition an und werden es besprechen. Das ist ein ganz nor males Vorgehen. Wir wissen aber auch: Wir brauchen dazu andere, wir brauchen verbündete Länder, und wir müssen im Bund ganz dicke Bretter bohren, um dieses Thema anzuge hen. Aber es nicht anzugehen bedeutet eben auch, nichts zu bewegen, und das hilft den Menschen am wenigsten.

(Beifall bei der CDU)

Was wollen wir? Wir wollen mehr Flexibilität für Arbeitneh mer und Arbeitgeber bei der Ausgestaltung der Wochenar beitszeit. Dies geht natürlich immer nur gemeinsam, Arbeit nehmer und Arbeitgeber zusammen.

Wir wollen eine Begrenzung der täglichen Höchstarbeitszeit auf maximal zwölf Stunden bei maximaler Wochenarbeitszeit von 54 Stunden. Unverändert bleiben soll die Höchstgrenze für die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden über einen Zeitraum von vier bis sechs Monaten. Selbstver ständlich soll auch die elfstündige Ruhezeit erhalten bleiben. Für den Arbeitszeitausgleich schlagen wir einen Zeitraum von sechs Monaten vor. Aber auch das kann man sich in der Dis kussion noch anschauen.

Ziel ist ein modernes, der heutigen Lebenswirklichkeit in der Arbeitswelt gerechtes und angepasstes Arbeitszeitrecht im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Un ternehmen gemeinsam.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wollen das nicht! – Abg. Andreas Stoch SPD: Haben Sie die Äußerungen von Arbeit nehmerinnen und Arbeitnehmern gehört?)

Natürlich dürfen Tarifpartner auch davon abweichen. Das war seither auch so. Auch nehmen wir – das möchte ich für die CDU-Fraktion ausdrücklich sagen – den Arbeitsschutz sehr ernst. Das ist uns auch wichtig.

(Beifall bei der CDU – Abg. Andreas Stoch SPD: Das spürt man jeden Tag!)

Gesunde Unternehmen sind uns genauso wichtig wie gesun de Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Herr Stoch, das weiß übrigens jeder Unternehmer heutzutage ganz selbstver ständlich, dass er motivierte Arbeitnehmerinnen und Arbeit nehmer braucht, um ein Unternehmen erfolgreich zu führen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Viele wissen es, aber nicht alle!)

Sie bringen mich nicht durcheinander. Wir sind auf dem richtigen Weg.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Herr Stoch, eines möchte ich Ihnen noch mitgeben: Im Ge gensatz zur SPD hat die CDU einen ganz klaren Kompass.

(Lachen bei der SPD – Abg. Andreas Stoch SPD: Ah ja! Vor allem im Land! Sie wissen ja noch nicht ein mal, wer der Kapitän ist! – Abg. Reinhold Gall SPD: Die meisten bei euch wissen gar nicht, wie ein Kom pass funktioniert!)

Sie sind mit sich selbst beschäftigt. Hören Sie auf, sich mit sich selbst zu beschäftigen.

(Beifall bei der CDU)

Wir arbeiten an dem großen Ziel des Wohlstands für alle im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft, ergänzt um die Bewah rung der Schöpfung. Das ist für uns selbstverständlich. Übri gens arbeiten wir auch sehr erfolgreich. Dafür früh aufzuste hen und bis spätabends zu arbeiten, lohnt sich. – Ich bin als Unternehmer heute auch um 5 Uhr aufgestanden und halte die Arbeitszeitregelung wahrscheinlich auch nicht ein.

(Zurufe von der SPD)

Deshalb werden wir für die Arbeitnehmerinnen und Arbeit nehmer im Land eine Änderung anregen und versuchen, sie in Berlin herbeizuführen, gemeinsam mit den Sozialpartnern im Rahmen der Tarifpartnerschaft. Das werden wir jetzt dis kutieren und dann zu Lösungen kommen.

(Zurufe von der CDU: Sehr gut!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Andreas Stoch SPD: Suchen Sie Ihren Kapi tän!)

Für die AfD-Fraktion erteile ich Frau Abg. Wolle das Wort.