Sie weisen darauf hin, dass nur 33 Unternehmen einen Antrag auf Registrierung als Saisonbetrieb gestellt haben, und folgern daraus, dass das gar nicht gewünscht sei. Andersherum wird ein Schuh daraus: Wenn man so viel Bürokratie verursacht, dass es sich für die Unternehmen gar nicht lohnt und sie es gleich lassen, dann muss man da herangehen
und darf nicht das Thema falsch herum aufzäumen. Wenn man das Ganze nur auf Saisonbetriebe bezieht, ist es zu kurz ge sprungen, Herr Stoch.
Die heutige Diskussion ist auch kein Selbstzweck und auch kein Angriff auf die Regierungsfraktionen, die in dieser Sa che tief verkracht scheinen, sondern es geht darum, hier nach vorn zu kommen. Ich bin Frau Kollegin Lindlohr dankbar, dass sie das Thema Sonntagsbacken angesprochen hat, dass sie zumindest einmal die Bereitschaft signalisiert hat, darüber zu reden. Denn wir müssen in diesem Bereich etwas ändern. Aber dann muss man das auch tun. Wir haben jetzt Ende des Jahres 2018, und der Koalitionsvertrag ist von 2016. Was ist in der Zwischenzeit passiert, Frau Ministerin? Nichts.
Deswegen darf der Ministerpräsident nicht bloß, wie im Jahr 2016 geschehen, in Sonntagsreden mit wohlklingenden Wor ten dem DEHOGA Hoffnung machen, den Koalitionsvertrag auch Realität werden zu lassen. Da muss mehr passieren, mei ne Damen und Herren.
Sie, Frau Hoffmeister-Kraut, haben in den letzten zweieinhalb Jahren immer die Möglichkeit gehabt, etwas zu tun. Wir hat ten Ihnen mit Antragsersuchen auf Bundesratsinitiativen Ge legenheit genug gegeben. Jedes Mal haben wir im Wirtschafts ausschuss eine neue Ausrede bekommen, warum das nicht funktioniert. In einer breiten Front, bestehend aus den Regie rungsfraktionen, zusammen mit der SPD – da habe ich es er wartet –, aber auch mit der AfD – Frau Wolle, das steht im Gegensatz zu dem, was Sie gerade hier gesagt haben –, wur de es jedes Mal abgelehnt.
Frau Ministerin, als ich gestern Abend nach Hause gekommen bin, hat meine Tochter noch nicht geschlafen. Da wollte sie, dass ich ihr etwas vorlese.
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was haben Sie vorge lesen? Das FDP-Parteiprogramm? – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Das Arbeitszeitgesetz!)
Die Gebrüder Grimm haben ein Märchen über eine Prinzes sin geschrieben, die aus einem tiefen Schlaf von einem Prin zen wachgeküsst worden ist. Kommen Sie darauf? Es geht um den Dornröschenschlaf.
Der stellvertretende Ministerpräsident Strobl hat gesagt, die CDU sei wachgeküsst worden. Es scheint, jetzt kommt der Prinz Merz,
zeigt, dass die Sozialdemokratisierung der CDU falsch war, und plötzlich erwacht Dornröschen aus dem Schlaf und mit
(Zuruf von der CDU: Was hat das mit der Prinzessin zu tun? – Abg. Andreas Stoch SPD: Das ist völlig falsch! Der Prinz wurde ein Frosch! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Und der Frosch wurde an die Wand geworfen!)
Kollege Paal hat ja gerade gesagt, man unterstütze den Vor stoß der Ministerin. Aus ein paar Zeitungsartikeln könnte man herauslesen, dass es vielleicht andersherum ist. Aber sei’s drum. Meine Damen und Herren, Sie müssen halt in die Pöt te kommen und dürfen nicht zur Wahrung des Koalitionsfrie dens wieder einmal irgendwelche Ausreden bringen und im mer auf Diskontinuität und anderes verweisen.
Meine Damen und Herren, man muss sich dann schon einmal fragen, was sich denn geändert hat, seit Sie, Frau Ministerin, z. B. am 10. Mai 2017 hier im Plenum gesagt haben – ich zi tiere –:
Wir vonseiten des Landes und ich als Arbeitsministerin verfolgen mit Argusaugen, was auf Bundesebene passiert. Die Diskussion hat in einem ganz ausführlichen Umfang stattgefunden. Wir erwarten jetzt eine Initiative, ein Ge setzgebungsverfahren. Da, Herr Schweickert, werden wir auch aktiv. Wir erwarten das zeitnah. Deswegen macht es keinen Sinn, jetzt eine Bundesratsinitiative zu starten.
Ich glaube, das Einzige, was sich geändert hat, ist, dass die CDU den Unmut in der Bevölkerung und den Unmut bei den Beschäftigten gespürt hat, z. B. darüber, dass sie keine Home office-Regelung machen können, wie sie wollen, dass wir hier ein zu starres, ein unflexibles Arbeitszeitrecht haben und dass das geändert werden muss. Das sind die Punkte, meine Da men und Herren, die vielleicht dazu geführt haben.
Jetzt stehen Sie, Frau Ministerin, zusammen mit dem Touris musminister Wolf beim DEHOGA, bei den Verbänden im Wort. Wir, die FDP, möchten Sie gern bei dem Vorstoß unter stützen. Ich bin schließlich nicht nachtragend, was meine Bun desratsinitiativen angeht. Klar, die Chance wäre früher da ge wesen. Aber seien Sie ohne Furcht, dass Sie und Herr Wolf jetzt zu den Chefgärtnern dieses zarten Pflänzchens dieser Ko alition bei der Arbeitszeitflexibilisierung werden. Ich bin mir sicher, wenn das Pflänzchen zu stark anwächst und zum Spalt pilz werden sollte, werden die Grünen es schon mit der Pla nierraupe plattmachen.
Aus diesem Grund wäre es schon wichtig, dass wir die Unter nehmen und die Beschäftigten bei dieser Debatte wieder in den Blick nehmen und schauen, wie wir hierbei vorankom men können. Die Wandlungen des Arbeitsmarkts sind da.
Man kann sicherlich auch über den kleinen Fauxpas hinweg sehen, dass man wahrscheinlich vergessen hat, früher mit dem grünen Koalitionspartner über diese Initiative zu reden; das ist so.
Der Herr Ministerpräsident scheint etwas verschnupft zu sein. Er hat über seinen Sprecher erklären lassen, er stehe für Ge spräche bereit. Ich meine, man will daran die grün-schwarze Zweckehe nicht scheitern lassen. Aber jetzt, Frau Ministerin, möchte ich von Ihnen wissen, was Sie bisher in der Koalition besprochen haben. Was ist besprochen? Was soll besprochen werden? Bis wann haben Sie das besprochen? Wie sieht das Ganze mit Blick auf den Zeitplan aus?
Frau Ministerin, legen Sie bitte jetzt die Karten auf den Tisch. Nun haben Sie die Möglichkeit, das Parlament zu informie ren. Denn egal, von welcher Warte aus man das sieht – von der Warte der SPD aus, von unserer Warte aus oder von der Warte der Regierungskoalition aus –: Eine klare Antwort, Frau Ministerin, sind Sie bislang schuldig geblieben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema ist es wert, dass wir es sachlich diskutieren. Deswegen lassen Sie mich mit drei Feststellungen beginnen.
Ich nehme erstens zur Kenntnis, dass in der Schweiz eine täg liche Höchstarbeitszeit von maximal 13 Stunden möglich ist. Trotzdem ist die Schweiz Sehnsuchtsort für viele Arbeitssu chende aus aller Welt und gerade auch aus Deutschland.
(Abg. Andreas Stoch SPD: Machen Sie doch 15 Stun den möglich, dann kommen noch mehr! Was ist denn das für eine Argumentation?)
Ich nehme zweitens zur Kenntnis, dass es einen Passus im jüngsten Jahresgutachten des Sachverständigenrats zur Begut achtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung gibt, worin es heißt, dass im Zuge einer Reform des Arbeitszeitgesetzes eine Anpassung der Tageshöchstarbeitszeit auf eine Wochen höchstarbeitszeit dabei helfen kann, die Arbeitszeit flexibler auf die Wochentage zu verteilen.
Ich stelle drittens fest, dass das Weißbuch „Arbeiten 4.0“ in der Tat keiner unkonditionierten Erhöhung der Tageshöchst arbeitszeit das Wort redet, aber im Zusammenhang mit dem Erlass eines Wahlarbeitszeitgesetzes die Einrichtung von so genannten Experimentierräumen für sinnvoll hält, in denen Abweichungen von bestehenden Regeln des Arbeitszeitgeset zes möglich sein sollen.
Niemand, schon gar nicht die CDU, will das durchschnittli che wöchentliche Arbeitspensum der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland erhöhen. Wer das behauptet, tut es wider besseres Wissen.
Denn es geht nicht um mehr Arbeit, sondern es geht um mehr Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung,
Alle Welt redet von Digitalisierung und Globalisierung. Alle Welt redet davon, dass sich in modernen arbeitsteiligen Wert schöpfungsketten die Arbeit verändert. Alle Welt redet davon, dass es auch aufseiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh mer ein neues Bedürfnis in Bezug auf Arbeit und Freizeit, Ar beit und Familie, Arbeit und Pflege gibt, um diese Beanspru chungen besser austarieren zu können. Ich nehme das sehr ernst.
Man kann mir vielleicht vorwerfen, einen Vorschlag gemacht zu haben, der an der einen oder anderen Stelle etwas zu weit geht. Man kann mir vielleicht auch vorwerfen, einen Vor schlag gemacht zu haben, der an der einen oder anderen Stel le etwas zu kurz greift. Aber man kann mir nicht vorwerfen, dass ich überhaupt einen Vorschlag in dieser Zeit gemacht ha be. Ich kann Ihnen versichern: Ich bin bereit, mit Ihnen über diesen Vorschlag zu diskutieren.
Auch die damalige Bundesministerin Nahles hat auf der Grund lage des Weißbuchs „Arbeiten 4.0“ schon im Jahr 2016 fest gestellt, dass eine Reform des Arbeitszeitrechts notwendig ist.
Ein entsprechender Reformauftrag ist im Koalitionsvertrag auf Bundesebene enthalten, den bekanntlich auch die SPD un terschrieben hat. Und wo bleiben die Vorschläge für die Um setzung dieses Reformauftrags vom zuständigen Bundesmi nister? Die Welt verändert sich gerade jetzt rasant. Bedarfe ändern sich, die Bedürfnisse ändern sich, die Welt sortiert sich neu. Und was ist die Antwort der SPD hier im Land?
(Abg. Andreas Stoch SPD: Schutz der Arbeitsneh mer! Das ist die Antwort! Schutz des wichtigsten Gu tes in einem Unternehmen!)
Aber wenn sich alles um uns herum mit einer Geschwindig keit verändert, die wir uns vor zehn oder 20 Jahren überhaupt noch nicht vorstellen konnten, dann ist es meiner Ansicht nach grob fahrlässig, nicht darauf zu reagieren und nichts zu tun.