Protokoll der Sitzung vom 12.12.2018

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Brauer.

Meine Damen und Herren, dies ist die erste Rede unseres Kol legen Herrn Brauer. Wir haben ja die Regelung, dass da von Zwischenfragen abgesehen wird. Ich bitte Sie insgesamt um mehr Ruhe. – Vielen Dank.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin! Sie sind ja nicht Ministerin, wie Herr Hofelich gera de gesagt hat, aber das ist immer noch besser als beleidigt zu werden, wie vorhin geschehen. Liebe Kolleginnen und Kol legen! Am 21. November sprachen Sie, Frau Finanzministe rin, zur Einbringung des Nachtragshaushalts. Ich zitiere:

Wir machen den Haushalt noch stabiler, noch nachhalti ger und noch wetterfester.

Diese Aussage stimmt – aber nur, wenn es, finanzpolitisch ge sehen, immer wärmer wird. Dann und nur dann ist dieser Nachtragshaushalt wetterfest.

Nun ist ja der Klimawandel ein Phänomen, das insbesondere von den Grünen bei jeder passenden und unpassenden Gele genheit ins Feld geführt wird.

(Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Richtigerweise!)

Offenbar sind Sie, Frau Ministerin Sitzmann, der Meinung, dass sich der Klimawandel auch finanzpolitisch interpretieren lässt und dass auch weiterhin der warme Wind wehen wird, mit dem die grün-schwarzen Träume immer weiter in den Himmel steigen können. Wir alle wissen, dass dies nicht so ist, und ebenso wissen wir, dass der Anteil der Politik an den sprudelnden Einnahmen eher gering ist.

(Beifall bei der FDP/DVP)

In diesem Jahr betrugen die Gesamteinnahmen 53,5 Milliar den €, mehr als 13 Milliarden € über dem Wert von 2013. Wir erkennen ausdrücklich an, dass Sie der Versuchung nicht er legen sind, gar keine Schulden abzubauen.

In der gedruckten Version Ihrer Rede steht auf der ersten Sei te: „Die Schuldenuhr läuft rückwärts.“ Das stimmt, und zwar

um genau 1,25 Milliarden €. Leider beginnt der Titel Ihrer Re de mit der Aussage, die Tilgung betrage über 6 Milliarden €. Das stimmt eben nicht. Sie tilgen gerade einmal ein Fünftel dieser Summe.

Wie kommen Sie auf diese Zahl von 6 Milliarden €? Das ist doch sicherlich nicht Ihre Idee, Frau Ministerin. Sie sind doch eine nüchtern kalkulierende Frau

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Stimmt! – Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: „Nüchtern betrach tet“!)

und wissen, dass nur die Differenz der Gesamtverschuldung von Zeitpunkt A zu Zeitpunkt B eine Tilgung darstellt. Wer hat Ihnen denn ins Ohr geflüstert, dass es anders sein könnte? Eventuell Ihr Vorgänger im Amt, Nils Schmid? Oder hat er Ihnen gar schriftliche Anweisungen mit der Überschrift „Hüt chenspiele für Fortgeschrittene“ hinterlassen?

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Na, na, na!)

Sie kennen die Hütchenspieler. Egal, welches Hütchen man aufdeckt: Nie ist die Kugel drunter. Übertragen auf die Finanz politik Ihrer Regierung bedeutet das: Unter keinem Hütchen steckt echte Tilgung.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Immer nur der Abbau sogenannter impliziter Verschuldung. Das ist sozusagen ein Trostpreis – um im Bild zu bleiben. Sie geben Geld aus und behaupten einfach, damit eine bereits be stehende oder künftige Verpflichtung abzubauen, sozusagen zu tilgen.

Viele Häuslebauer tilgen zu wenig und kommen nicht herun ter von den Schulden. Die Tilgung impliziter Schulden kann so zur Lebenslüge werden.

Zum Landeshaushalt: Die Kreditmarktschulden werden real auf 45 Milliarden € sinken. Damit haben Sie eine große Chan ce verpasst, die Chance, 5,9 Milliarden € echte Schulden, Kre ditmarktschulden, zu tilgen.

Wohin ist das Geld geflossen? 188 Millionen € gingen als Zu schuss an die NECKARPRI, die aufgrund guter Entwicklung der EnBW diesen Zuschuss überhaupt nicht braucht. Dies wusste übrigens Herr Reinhart bereits im Sommer, leidet aber jetzt wohl an akuter Koalitionsamnesie.

120 Millionen € flossen in den Versorgungsfonds. Diese Aus gabe ist von allen noch die plausibelste. Weitere 600 Millio nen € wurden in den kommunalen Sanierungsfonds einge stellt.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Ist das nicht plau sibel?)

Das ist gut für die Kommunen, aber auf keinen Fall eine Til gung von Landesschulden, wie der Rechnungshof bereits rich tig bemerkte.

Der größte Brocken, 3,8 Milliarden €, soll für die Tilgung der ominösen impliziten Schulden zurückgelegt werden.

Aber was erreichen wir mit dieser Vorgehensweise? In der Boomphase, in welcher sich die Baubranche gerade befindet, werden diese Maßnahmen als Preistreiber wirken. Zusätzlich werden die privaten Bauherren dann auch noch damit bestraft, dass Sie ihnen eine dringend notwendige Senkung der Grund erwerbsteuer verweigern.

Einen anderen sinnvollen Einsatz von Finanzmitteln sehen wir bei den kleinen Hochschulstandorten im Land wie beispiels weise beim Campus Nordschwarzwald oder beim Campus Schwäbisch Hall.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Sehr richtig!)

Hier wurden Außenstellen genehmigt, deren Finanzierung nur durch das Engagement der örtlichen Wirtschaft überhaupt ge sichert ist. Hier wäre eine Kostenübernahme durch das Land dringend angezeigt.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Und war zugesagt!)

Meine Damen und Herren, ich gebe zu, diese Idee ist geklaut. Ministerpräsident Kretschmann ist zuerst darauf gekommen. Er hat den kleinen Hochschulen Mut zugesprochen und hat Anfang dieses Jahres, im Februar, in Horb Unterstützung von seiten des Landes zugesagt. Lassen Sie den Ministerpräsiden ten nicht im Regen stehen, und unterstützen Sie unseren An trag auf Einrichtung eines Strukturfonds für kleine Hochschu len in Höhe von 12 Millionen €.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Vollkommen richtig!)

Dieser Fonds ist dringend erforderlich für eine bessere Ver sorgung des ländlichen Raums mit Studienplätzen und zur Stärkung der kleineren Hochschulstandorte im Land.

Aber selbst dann ist dieser Haushalt weder nachhaltig noch wetterfest. Er spiegelt allenfalls die Hoffnung auf einen dau erhaften Temperaturanstieg im finanziellen Sinn, sozusagen einen finanzpolitischen Klimawandel wider. Dieser wird aber leider ausbleiben. Deshalb lehnen wir diesen Nachtragshaus halt ab.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Landesregierung er teile ich Frau Ministerin Sitzmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir nutzen die guten Zeiten, um für schlechtere vorzusorgen. Wir sanie ren die Landesgebäude und Landesstraßen, und dafür nehmen wir in drei Jahren – also 2017, 2018 und 2019 – über 2,5 Mil liarden € in die Hand. Meine Damen und Herren, das ist die größte Sanierungsoffensive in der Geschichte unseres Landes.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Wir lösen Kreditermächtigungen in Höhe von 1,5 Milliarden € ab, wir tilgen Schulden bei der Landesbeteiligungen BadenWürttemberg, LBT, in Höhe von 400 Millionen €, und wir werden Kreditmarktschulden in Höhe von 1,25 Milliarden € zurückzahlen. Ja, meine Damen und Herren, auch wenn ins besondere die FDP/DVP das nicht anerkennen mag, ist es ei

ne historische Trendwende. Wir beenden die Politik auf Pump, und ab sofort läuft die Schuldenuhr rückwärts, und zwar re levant.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Konrad Epple CDU)

Wir verdoppeln die Rücklagen für zukünftige Pensionsver pflichtungen. 2014 lag der Stand bei 4 Milliarden €, bis Ende des Jahres 2020 werden wir diese Rücklagen von 4 Milliar den € auf 8 Milliarden € verdoppelt haben, meine Damen und Herren. Zudem führen wir 1 Milliarde € einer Rücklage für Haushaltsrisiken zu.

Das alles zeigt: Wir sorgen heute für Morgen vor, meine Da men und Herren. Wir sanieren, tilgen, und wir nutzen die gu ten Zeiten, um für schlechtere gerüstet zu sein. Ja, wir machen den Haushalt wetterfest.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Wetterfest, werte Kollegin und Kollegen der FDP/DVP, das heißt natürlich, auch wenn es stürmisch ist, wenn die wirt schaftliche Situation – was wir nicht hoffen, aber möglich ist es ja – einmal nicht mehr so gut sein sollte wie heute.

Aber mit diesem Nachtrag investieren wir auch gezielt in ei ne gute Zukunft für unser Land. Manche Punkte sind hier schon angesprochen worden. Beispielsweise werden 5 Milli onen € für die Auszahlung von Überstunden unserer Polizis tinnen und Polizisten zur Verfügung gestellt. Und ja, wir schaffen 131 neue Stellen in der Justiz, vor allem deshalb, um Asylverfahren zu beschleunigen. Das, finde ich, sind richtige und wichtige Investitionen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Gleiches gilt auch für die Förderung nach dem sogenannten LGVFG. Wir werden die Mittel für kommunale Straßen, für Radwege, für den Ausbau von Bus und Bahn nicht nur auf der jetzigen Höhe von 165 Millionen € fortführen, nein, wir wer den sie ab 2020 fast verdoppeln auf dann 320 Millionen €. Wir stellen zusätzlich ein Maßnahmenpaket für die Luftreinhal tung im Volumen von über 100 Millionen € zur Verfügung, und wir führen die Wohnraumförderung mit 250 Millionen € pro Jahr auf Rekordniveau fort.